„Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt“
Wie schön, dass Erich Mühsam wieder in den Blickpunkt rückt! Man freut sich. Und mit Erich Mühsam rückt die Zeit des engagierten Kampfes um Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie wieder in den Blickpunkt; ein Kampf, der Erich Mühsam und andere
das Leben kostete.
Henning Venske begleitet in seiner Lesung den Dichter und den Menschen. Dabei…mehr„Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt“
Wie schön, dass Erich Mühsam wieder in den Blickpunkt rückt! Man freut sich. Und mit Erich Mühsam rückt die Zeit des engagierten Kampfes um Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie wieder in den Blickpunkt; ein Kampf, der Erich Mühsam und andere das Leben kostete.
Henning Venske begleitet in seiner Lesung den Dichter und den Menschen. Dabei verknüpft er die vielen Stationen von Mühsams Leben mit dessen unterschiedlichen Werken. Und so entsteht beim Leser das Bild eines außergewöhnlichen Menschen, eines leidenschaftlichen Pazifisten und unbeugsamen Antifaschisten. Mühsam wendet sich gegen Militarismus und Unterdrückung in jeder Gestalt, sei es politisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich. Seine ganze Energie und Wortgewalt setzt er ein für eine Zukunft, die den Menschen frei macht, v. a. frei von Ungleichheiten, von Kriegen und von Auswüchsen des Nationalismus, die er sehr scharf erkennt. Für diese politischen Ziele setzte er sich auch als führendes Mitglied der Münchner Räterepublik ein.
Schon früh warnt Mühsam vor der Kriegstreiberei und der allgemeinen Kriegsbegeisterung, und weil er als Kriegsursache das Streben des Großkapitals nach Profit erkennt, wendet er sich dem Sozialismus und Kommunismus zu, allerdings ohne sich von einer Partei vereinnahmen zu lassen.
Wenn er die Völkerverständigung beschwört, gewinnen seine Texte eine aufrüttelnde Schärfe und einen bitteren Ernst:
Vergesst den Freund im Feinde nicht!
...
Dann sinken Grenzen, stürzt die Macht,
und alle Welt ist Vaterland,
und alle Welt ist frei!
Die Texte sind sehr schön ausgewählt, und auch Mühsams leichtfüßige Gedichte kommen nicht zu kurz, wie z. B. „Der Gesang der Vegetarier. Ein alkoholfreies Trinklied“, mit dem er das allzu gesunde Leben der bunten Aussteigerkolonie auf dem Monte Veritá bei Ascona ironisch-sarkastisch aufs Korn nimmt.
Henning Venske trägt seine Lesung mit derselben Leidenschaft vor, die den Texten Mühsams eigen ist. Mühsams Botschaft des Anarchismus – dass kein Mensch einen anderen Menschen beherrschen dürfe – hat hier einen engagierten Vertreter gefunden.
Ein eindrückliches Hörvergnügen!