"Von Natur aus wollen wir immer mehr wissen und immer weiter lernen. Unser Wissen über die Welt wächst. Uns treibt der Drang nach Erkenntnis und lernend stoßen wir an Grenzen. In den tiefsten Tiefen des Raumgewebes, im Ursprung des Kosmos, im Wesen der Zeit, im Schicksal der Schwarzen Löcher und im Funktionieren unseres eigenen Denkens. Hier, an den Grenzen unseres Wissens, wo sich das Meer unseres Nichtwissens vor uns auftut, leuchten das Geheimnis der Welt, die Schönheit der Welt, und es verschlägt uns den Atem.", schreibt Carlo Rovelli. Wo kommen wir her? Seit ihren umwälzenden Entdeckungen im zwanzigsten Jahrhundert spüren Physiker den Kräften und Teilchen nach, die die Welt im Innersten und Äußersten zusammenhalten. Was können wir wissen? Für jedermann verständlich, hat Carlo Rovelli dieses zauberhafte Buch darüber geschrieben, das in eleganten, klaren Sätzen die Physik der Moderne erklärt: Einstein und die Relativitätstheorie, Max Planck und die Quantenmechanik, die Entstehung des Universums, Schwarze Löcher, die Elementarteilchen, die Beschaffenheit von Raum und Zeit - und die Loop-Theorie, Carlo Rovellis ureigenstes Arbeitsfeld. Physik, die jeder verstehen kann - ein Hörvergnügen zum Staunen, Genießen und Mitreden können.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dieses Buch hält mehr als es verspricht, schwärmt Rezensent Fritz Göttler nach der Lektüre von Carlo Rovellis "Sieben kurzen Lektionen über Physik". Euphorie und Schönheit erkennt der Kritiker in dem kleinen Band, in dem der Physiker Rovelli über Galaxien und das menschliche Gehirn, Quanten- und Astrophysik, Geschichte oder Philosophie derart spielerisch schreibt, dass Göttler an James Joyce denken muss. Wenn der Kritiker schließlich Einsteins Relativitätsphilosophie in all ihrer Schönheit begriffen hat, stellt sich bei ihm ein wohliges Glücksgefühl ein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2015Physikalische Erbauung
Bücher, in denen theoretische Physiker einem allgemeinen Publikum ihre Gedanken nahezubringen versuchen, neigen nicht selten zur Dickleibigkeit. Benötigte Stephen Hawking für seine "Kurze Geschichte der Zeit" noch knapp über zweihundert Seiten, sind die Ausführungen eines Brian Greene oder Lee Smolin nicht unter vierhundert Seiten zu haben. Was ist dann davon zu halten, wenn Carlo Rovelli von der Universität Marseille nun ein kleinformatiges Bändchen von knapp über neunzig Seiten vorlegt und darin bereits in den ersten vier der "Sieben kurzen Lektionen über Physik" sämtliche Säulen des gegenwärtigen Wissens über die Fundamente der materiellen Welt abhandelt?
Zunächst einmal ist er dafür zu bewundern. Diese vier kleinen Stücke über Gravitation, Quanten, Kosmologie und Teilchen gehen zwar nirgendwo ins Detail, streifen aber einige für das gegenwärtige physikalische Weltbild fundamentalen Aspekte und bringen sie umso besser zur Geltung: den paradigmatischen Charakter der Einsteinschen Gravitationstheorie etwa oder die unlösbare Verbindung zwischen quantenphysikalisch Beobachtetem und dem Beobachter. Die Kürze erreicht Rovelli dabei nicht durch Kompression seines Stoffes, sondern durch Konzentration auf das, was dem gebürtigen Italiener mit radikaler Studentenvergangenheit, der sich auch als Wissenschaftsphilosoph begreift, wesentlich erscheint.
In der fünften Lektion mit dem Titel "Raumkörnchen" stößt man dann allerdings auf die Kehrseite dieser Herangehensweise. Dort geht es um den Umstand, dass Einsteins Gravitationstheorie und die Quantenphysik, obgleich in ihren jeweiligen Anwendungsbereichen experimentell bestens bestätigt, nicht zueinanderpassen. Dazu schreibt Rovelli: "Bei der Suche nach einer Lösung des Problems konzentriert sich die Forschung hauptsächlich auf die Schleifen-Quantengravitation." Damit ist ein theoretischer Ansatz gemeint, dem Rovelli und einige andere Forscher seit vielen Jahren nachgehen. Das Wort "hauptsächlich" macht den Satz jedoch zu einer glatten Unwahrheit. Denn weit mehr Theoretiker versuchen Quanten und Gravitation im Rahmen einer sogenannten Stringtheorie unter einen Hut zu bringen.
Rovelli wird diesen Satz wohl mit allenfalls mäßig schlechtem Gewissen niedergeschrieben haben, ist er in Fachkreisen doch bekannt dafür, dass er den Vertretern der Stringtheorie vorwirft, Einsteins Erkenntnis nicht ausreichend ernst zu nehmen, wonach Raum und Zeit Mitwirkende des physikalischen Geschehens sind, nicht dessen bloße Bühne. Demnach könne und wolle die Stringtheorie besagtes Problem gar nicht lösen.
Nun ist die Beurteilung einer der Beobachtung bislang nicht zugänglichen physikalischen Theorie nach eigenen konzeptionellen oder philosophischen Vorlieben ein Phänomen, vor dem kaum ein Buch eines solchen Genres sicher ist. Rovellis letzte drei Lektionen, obgleich auch sehr interessant und lesbar, sind da mit besonderer Vorsicht zu genießen. Wenn er etwa das Vergehen der Zeit zu einem thermodynamischen Artefakt erklärt und sich über Heidegger und andere echauffiert, weil sie die Zeitlichkeit als fundamentale Eigenschaft der Welt betrachten, dann kann er dabei keineswegs von der höheren Warte des empirischen Naturforschers argumentieren. Das macht auch die erbaulichen Reflexionen in seiner siebten Lektion, wo es um die Stellung des Menschen im physikalischen Kosmos geht, so bedenkenswert wie die irgendeines Philosophen der Gegenwart oder Vergangenheit - und mindestens so zweifelhaft.
ULF VON RAUCHHAUPT.
Carlo Rovelli: "Sieben kurze Lektionen über Physik". Aus dem Italienischen von Sigrid Vagt. Rowohlt Verlag, Reinbek 2015. 94 S., geb., 10,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bücher, in denen theoretische Physiker einem allgemeinen Publikum ihre Gedanken nahezubringen versuchen, neigen nicht selten zur Dickleibigkeit. Benötigte Stephen Hawking für seine "Kurze Geschichte der Zeit" noch knapp über zweihundert Seiten, sind die Ausführungen eines Brian Greene oder Lee Smolin nicht unter vierhundert Seiten zu haben. Was ist dann davon zu halten, wenn Carlo Rovelli von der Universität Marseille nun ein kleinformatiges Bändchen von knapp über neunzig Seiten vorlegt und darin bereits in den ersten vier der "Sieben kurzen Lektionen über Physik" sämtliche Säulen des gegenwärtigen Wissens über die Fundamente der materiellen Welt abhandelt?
Zunächst einmal ist er dafür zu bewundern. Diese vier kleinen Stücke über Gravitation, Quanten, Kosmologie und Teilchen gehen zwar nirgendwo ins Detail, streifen aber einige für das gegenwärtige physikalische Weltbild fundamentalen Aspekte und bringen sie umso besser zur Geltung: den paradigmatischen Charakter der Einsteinschen Gravitationstheorie etwa oder die unlösbare Verbindung zwischen quantenphysikalisch Beobachtetem und dem Beobachter. Die Kürze erreicht Rovelli dabei nicht durch Kompression seines Stoffes, sondern durch Konzentration auf das, was dem gebürtigen Italiener mit radikaler Studentenvergangenheit, der sich auch als Wissenschaftsphilosoph begreift, wesentlich erscheint.
In der fünften Lektion mit dem Titel "Raumkörnchen" stößt man dann allerdings auf die Kehrseite dieser Herangehensweise. Dort geht es um den Umstand, dass Einsteins Gravitationstheorie und die Quantenphysik, obgleich in ihren jeweiligen Anwendungsbereichen experimentell bestens bestätigt, nicht zueinanderpassen. Dazu schreibt Rovelli: "Bei der Suche nach einer Lösung des Problems konzentriert sich die Forschung hauptsächlich auf die Schleifen-Quantengravitation." Damit ist ein theoretischer Ansatz gemeint, dem Rovelli und einige andere Forscher seit vielen Jahren nachgehen. Das Wort "hauptsächlich" macht den Satz jedoch zu einer glatten Unwahrheit. Denn weit mehr Theoretiker versuchen Quanten und Gravitation im Rahmen einer sogenannten Stringtheorie unter einen Hut zu bringen.
Rovelli wird diesen Satz wohl mit allenfalls mäßig schlechtem Gewissen niedergeschrieben haben, ist er in Fachkreisen doch bekannt dafür, dass er den Vertretern der Stringtheorie vorwirft, Einsteins Erkenntnis nicht ausreichend ernst zu nehmen, wonach Raum und Zeit Mitwirkende des physikalischen Geschehens sind, nicht dessen bloße Bühne. Demnach könne und wolle die Stringtheorie besagtes Problem gar nicht lösen.
Nun ist die Beurteilung einer der Beobachtung bislang nicht zugänglichen physikalischen Theorie nach eigenen konzeptionellen oder philosophischen Vorlieben ein Phänomen, vor dem kaum ein Buch eines solchen Genres sicher ist. Rovellis letzte drei Lektionen, obgleich auch sehr interessant und lesbar, sind da mit besonderer Vorsicht zu genießen. Wenn er etwa das Vergehen der Zeit zu einem thermodynamischen Artefakt erklärt und sich über Heidegger und andere echauffiert, weil sie die Zeitlichkeit als fundamentale Eigenschaft der Welt betrachten, dann kann er dabei keineswegs von der höheren Warte des empirischen Naturforschers argumentieren. Das macht auch die erbaulichen Reflexionen in seiner siebten Lektion, wo es um die Stellung des Menschen im physikalischen Kosmos geht, so bedenkenswert wie die irgendeines Philosophen der Gegenwart oder Vergangenheit - und mindestens so zweifelhaft.
ULF VON RAUCHHAUPT.
Carlo Rovelli: "Sieben kurze Lektionen über Physik". Aus dem Italienischen von Sigrid Vagt. Rowohlt Verlag, Reinbek 2015. 94 S., geb., 10,- [Euro].
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Das Buch hält mehr als es verspricht. Eine Physik, die alles im Blick hat, die Galaxien und das menschliche Gehirn, die Geschichte und die Philosophie, auf eine spielerische Weise, wie man sie von Michel Serres kennt oder von James Joyce. Ein kleines Buch des Glücks. Süddeutsche Zeitung