Das Königreich Skogland ist ein fiktives Land, das aus dem reichen Süden mit überwiegend hellhäutigen, blonden Menschen und einem armen Norden mit dunkelhäutigeren und dunkelhaarigen Bewohnern besteht. Nach turbulenten Jahren, Rebellenkämpfen und einem Putschversuch ist Skogland demokratisch und
bemüht sich um Chancengleichheit und Gleichberechtigung für alle Skogen, doch Wohlstand und…mehrDas Königreich Skogland ist ein fiktives Land, das aus dem reichen Süden mit überwiegend hellhäutigen, blonden Menschen und einem armen Norden mit dunkelhäutigeren und dunkelhaarigen Bewohnern besteht. Nach turbulenten Jahren, Rebellenkämpfen und einem Putschversuch ist Skogland demokratisch und bemüht sich um Chancengleichheit und Gleichberechtigung für alle Skogen, doch Wohlstand und Aufstiegsmöglichkeiten sind noch immer ungleich verteilt. Nordische Rebellen auf der einen und rechtsextreme Kräfte auf der anderen Seite gefährden die junge Demokratie.
Prinzessin Jarven, die eine südskogische Mutter und einen nordskogischen Vater hat, besucht zusammen mit ihrer besten Freundin Ylva und ihrem Freund Joas ein Eliteinternat. Sie setzen sich für die Verständigung zwischen Nord- und Südskogen ein und planen ein gemeinsames Sommercamp. Hjalmar, ebenfalls Schüler dieses Internats, ist ein rechtsextremer Außenseiter und radikalisiert sich unbemerkt immer stärker.
Ich kannte die beiden Vorgängerbände der Skoglandreihe nicht, doch laut Verlag soll sich der dritte Teil auch separat lesen lassen. Dem stimme ich nur bedingt zu. Die Handlung an sich ist tatsächlich auch ohne Vorkenntnisse nachvollziehbar, und das Personenregister hilft, um in die Geschichte hineinzukommen. Dennoch nimmt die Autorin immer wieder Bezug auf Geschehnisse aus den Bänden 1 und 2, und es ist unbefriedigend, diese nicht zu kennen.
Kirsten Boie verarbeitete in diesem Buch im Teilen das Attentat von Anders Behring Breivik in Norwegen vom 22. Juli 2011, bei dem in Oslo und auf der Insel Utoya insgesamt 69 Menschen ermordet wurden, darunter viele Jugendliche, die an einem Sommercamp auf der Insel teilgenommen hatten.
Angesichts des erschreckenden Zulaufs rechter Parteien, gerade auch unter der jungen Generation, halte ich es für äußerst wichtig, dass sich auch Jugendliteratur mit dieser Thematik auseinandersetzt und sich für Vielfalt und demokratische Werte einsetzt. Da Kirsten Boie eine der renommiertesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen ist, waren meine Erwartungen dementsprechend hoch.
Der Schreibstil ist gewohnt ansprechend, die Kapitel, die jeweils aus der Sicht eines der Protagonisten erzählt sind, sehr kurz, so dass ein gewisses Tempo erzeugt wird. Bereits im Prolog wird deutlich, dass sich das Buch an eine Altersgruppe ab ca. 15 Jahren richtet, da die Details des Attentates für jüngere schockierend sein könnten. Boie bezieht über Jarven, Ylva und Joas klar Stellung für Toleranz und Vielfalt. Auch die Schwierigkeiten einer jungen Demokratie, deren Prozesse Zeit brauchen, werden deutlich, ebenso wie die Unzufriedenheit der Nordskogen, die sich schnellere Fortschritte bei der Gleichberechtigung erhofft hatten.
Leider hat das Buch für mich jedoch deutliche Schwächen. Erstens ist die Figurenzeichnung wenig komplex und sehr schwarz-weiß. Dies gilt für alle Charaktere, wird aber besonders deutlich bei Bolström und Hjalmar. Sie werden als abgrundtief böse dargestellt, und gerade bei Hjalmar fehlt mir hierzu der Unterbau der Figur: Warum wurde er so? Welche Rolle spielt sein Elternhaus, welche Erfahrungen hat er gemacht? Stattdessen wird er als von Kindheit an boshaft und unberechenbar dargestellt, geradezu überzeichnet. Das ist mir zu einfach, und auch die Realität ist komplexer. Die Geschichte lehrt uns, dass im Dritten Reich die schlimmsten und grausamsten Nazis häufig vom Umfeld als unauffällig, nett und hilfsbereit geschildert wurden. Gerade diejenigen, die ihren Charme einzusetzen wissen, sind als politische Verführer besonders gefährlich. Hier hätte ich mir angesichts der Altersklasse ab 15 gewünscht, dass Boie ihren Lesern und Leserinnen mehr zutraut und ein differenzierteres Bild zeichnet.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Boie mit Body Positivity, Liebeskummer und Influencertum auf Social Media viele Themen einbaut, jedoch die Kernhandlung selbst an Tiefe vermissen lässt. Vieles wird nur angerissen und ist unrealistisch, gerade bei den Thrillerelementen (etwa die Abläufe des Sicherheitsapparates bei verdeckten Operationen und die gesamte Handlung um Joas). Hier spürt man, dass dieses Genre einfach nicht Boies Metier ist. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es besser gewesen wäre, ein komplett neues Buch zu schreiben, anstatt die Skoglandreihe zu erweitern, da die bestehenden Figuren nicht so recht passen zu scheinen. Norlin und Nahira etwa werden als reine Tippgeber ohne echte Handlung nur knapp eingebaut.
Nun kann man einwenden, dass es sich um ein Jugendbuch handelt und hier eine gewisse Reduktion der Komplexität vertretbar ist. Da sehe ich nur bedingt so, da die Altersgruppe ab 15 in der Schule bereits Hochliteratur analysiert, und auch andere Autoren zeigen, dass komplexe Welten und ambivalente Charaktere durchaus auch bei Jugendbüchern möglich sind, etwa in der Tintenwelt bei Cornelia Funke.
Insgesamt bleibt Skogland 3 leider deutlich hinter meinen Erwartungen zurück.