Mit der Autorin Andrea Maria Schenkel assoziieren wir seit ihrem Erstlingswerk "Tannöd" die Beschreibung, Interpretation und Aufarbeitung von historischen Kriminalfällen, deren Tatort in Bayern liegt.
So auch in "Täuscher", ihrem neuesten Buch, dessen Geschichte auch auf einer wahren Begebenheit
beruht, nämlich einem Raubmord, der 1922 von Ludwig Eitele in Landshut verübt wurde.
Bei der…mehrMit der Autorin Andrea Maria Schenkel assoziieren wir seit ihrem Erstlingswerk "Tannöd" die Beschreibung, Interpretation und Aufarbeitung von historischen Kriminalfällen, deren Tatort in Bayern liegt.
So auch in "Täuscher", ihrem neuesten Buch, dessen Geschichte auch auf einer wahren Begebenheit beruht, nämlich einem Raubmord, der 1922 von Ludwig Eitele in Landshut verübt wurde.
Bei der Autorin heißt der Hauptverdächtige allerdings Hubert Täuscher und ist der nichtsnutzige Sohn eines reichen Bürstenfabrikanten, der mit Clara Ganslmeier, einer für damalige Zeit "alten Jungfer" verlobt ist. Als sowohl Clara als auch ihre Mutter ermordet und ausgeraubt in der Wohnung aufgefunden werden, geraten Täuscher und sein zwielichtiger Freund Luck Schinder unter Verdacht und werden verhaftet. Täuscher beteuert zwar seine Unschuld, wird aber dennoch vor Gericht gestellt und verurteilt.
Andrea Maria Schenkel schildert sehr sachlich und nüchtern, fast schon dokumentarisch, diesen Mordfall und den darauf folgenden Prozess. Wenn sie aber das Verhalten der Landshuter Bevölkerung auf die Geschehnisse in ihrer Stadt beschreibt, hält sie den Kleinbürgern gnadenlos den Spiegel vor. Da gibt es Klatsch und Tratsch, es werden Gerüchte in die Welt gesetzt, die nichts mit der Realität zu tun haben und Beschuldigungen ausgesprochen, die sich nicht beweisen lassen. Jeder hat etwas zu diesem Fall mitzuteilen und hat schon immer gewusst, dass mit diesem Hubert Täuscher etwas nicht stimmt. Anderssein ist gefährlich im Bayern dieser Zeit, denn es stellt tradierte Werte in Frage und nährt das Misstrauen der Landshuter. Und dass so jemand seiner gerechten Strafe zugeführt werden muss, steht außer Frage.
Es wirkt schon sehr authentisch, wenn die Autorin zwischen Dialogen, Zeitungsberichten und Prozessprotokollen hin und her wechselt. Aber gleichzeitig ist dies auch der Punkt, den ich in diesem Roman kritisch sehe, da es praktisch keine Zeitleiste gibt, an der man sich als Leser orientieren kann. Dies lässt den Lesefluss leider immer wieder stocken und bremst die Geschichte aus, vor allem, weil immer wieder Nebensächlichkeiten eingeflochten werden, die weder etwas zur Veranschaulichung des Zeitkolorits noch zu dem Kriminalfall beizutragen haben, sondern lediglich den regionalen Aspekt – meiner Meinung nach völlig unnötigerweise - betonen.
Alles in allem ist Andrea Maria Schenkel dennoch ein interessanter Roman gelungen, der dem Leser eindrucksvoll eine Vorstellung des „engen“ Klimas in einer bayerischen Kleinstadt vermittelt.