Paolo Giordano ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch promovierter Physiker. Schon in seinem Debüt „Die Einsamkeit der Primzahlen“ gießt er Fiktion und Wissenschaft mit Poesie in eine literarische Form, in der sich menschliche Kraft in ganz besonderer Weise ausdrückt.
Auch in TASMANIEN sind
die Protagonisten, allen voran der Ich-Erzähler Paolo, überwiegend Wissenschaftler und auch hier…mehrPaolo Giordano ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch promovierter Physiker. Schon in seinem Debüt „Die Einsamkeit der Primzahlen“ gießt er Fiktion und Wissenschaft mit Poesie in eine literarische Form, in der sich menschliche Kraft in ganz besonderer Weise ausdrückt.
Auch in TASMANIEN sind die Protagonisten, allen voran der Ich-Erzähler Paolo, überwiegend Wissenschaftler und auch hier verwebt Giordano das literarische Erzählen mit Elementen aus der Physik, womit er der Fiktion etwas sehr Gegenwärtiges und Greifbares hinzufügt.
Paolo hat der Forschung den Rücken gekehrt und ist Schriftsteller und Wissenschaftsjournalist. 2015, mit Anfang 40 steckt er in einer Krise, ausgelöst durch die Entscheidung seiner 10 Jahre älteren Frau, das Bemühen, um eine Schwangerschaft zu beenden. Dem Riss, den diese Entscheidung auch durch die Beziehung zieht, entzieht sich Paolo durch Flucht. Als ein Mann der verpassten Gelegenheiten, der sich zurückzieht, anstatt zu konfrontieren, reist er nach Paris, das gerade unter dem Einfluss schwerer Terroranschläge steht. Er unterstützt Freunde bei ihren privaten und beruflichen Problemen, fängt an sich mit Wolkenforschung zu beschäftigen, verstrickt sich in eigene amouröse Begegnungen und nimmt die Arbeit an seinem Buch über die Atombombe wieder auf. Doch unbewusst, indem er sich all den Facetten der krisengeschüttelten privaten und globalen Umgebung zuwendet, geht er doch auf die Suche nach SEINEM Platz in der Welt.
Ich mag den Schreibstil sehr: etwas lakonisch, manchmal poetisch und vereinzelt selbstironisch. Die Handlung mäandert durch viele Schauplätze, Zeitebenen und Themen. Ich muss aufpassen, dass ich den Faden nicht verliere. Wörtliche Rede ohne Anführungszeichen macht es mir nicht leichter. Das ist ein Buch, das man nicht einfach weg liest und das auch nicht auf jede Frage eine Antwort gibt. Vielleicht hat es mich am Ende sogar etwas ratlos zurückgelassen. Doch es wirkt nach, denn es erzeugt einen Klangteppich unserer Zeit, der genau meinem Gefühl entspricht: wir leben in einer durch die Klimakrise, unübersichtliche Kriegsgeschehen und extreme politische Entwicklungen höchst komplexen und beängstigenden Zeit. Eigentlich scheint die Menschheit diesem Planeten nicht zumutbar. Das führt auch im Privaten zu Brüchen. Doch sind wir auch Schönheit, Liebe, fühlende Wesen und durch etwas verbunden, das stark und uralt ist, das uns in die Lage versetzt, das Ruder doch noch irgendwie rumzureißen.
Für mich ein unbedingt lesenswertes Buch, das mich inhaltlich den Faden von T.C.Boyles „Blue Skies“ hat aufnehmen lassen und das mit ihm zusammen weiter in mir rumoren wird.