Etwas fühlt sich falsch an: Wenn wir lächeln, obwohl wir eigentlich streiten möchten. Wenn wir unsere Freundinnen ghosten, weil wir Konfrontation fürchten und Konflikte vermeiden wollen. Wenn wir uns für Feminismus einsetzen, aber anderen Frauen* nicht vertrauen und instinktiv nach ihren Fehlern und Schwächen suchen. Was lauert da in uns weiblich sozialisierten Menschen, dass wir uns immer wieder gegen uns selbst und andere richten? In mutiger Selbstbefragung führt uns Sophia Fritz dorthin, wo es weh tut, und zeigt uns ein Phänomen, von dem wir gerade erst begreifen, wie sehr es unsere Lebenswelt bestimmt: Toxische Weiblichkeit. Der Essay der Stunde für alle, die sich nach einem neuen feministischen Miteinander sehnen, von einer der kreativsten und klarsten Denkerinnen der neuen Generation.
Das Bonusmaterial finden Sie hier: dav-go.de/toxisch
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Elisa Schüler empfiehlt das Buch von Sophia Fritz als feministisches Wohlfühlsachbuch. Mit Fritz, meint Schüler, kann sich jeder und jede darauf einigen, dass es auch bitchige Frauen gibt, die mit passiv-aggressiven Verhalten an der Etablierung toxischer Weiblichkeit arbeiten. Oder doch nicht? Toxische Weiblichkeit ist jedenfalls kein fester Begriff, gibt Schüler zu bedenken. Richtig gut fühlt sich dennoch an, wenn Fritz sich einen theoretischen Rahmen erarbeitet und ihn mit Erkenntnissen aus Freundinnen-Gesprächen, eigenen Erfahrungen und allerthand sprachlichen Codes, Humor und Popkulturellem füllt, versichert die Rezensentin. Das kann wirklich jeder begreifen und unterschreiben, glaubt Schüler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2024Obacht, Powerfrau!
Sophia Fritz über toxische Weiblichkeit
Es ist schwer zu sagen, wann genau es sich vom Sprachregister medizinischer Nomenklatur gelöst und seinen Platz auf dem Treppchen küchenpsychologischer Begriffe eingenommen hat. War es Britney Spears kurz nach der Jahrtausendwende mit "Toxic"? Oder sind die sozialen Medien schuld? So schnell werden wir dieses Wort jedenfalls nicht mehr los: "Toxisch" ist das Modewort einer Zeit, in der viel hinterfragt und noch mehr problematisiert wird. Besonders häufig trifft es Männerbilder, die einen Platz im Giftschrank verdienten. Bis jetzt.
Ausgerechnet aus der linksfeministischen Ecke kommt mit "Toxische Weiblichkeit" nun ein Vorstoß, der das Feld zu ebnen scheint. Fünf Typen weiblicher Sozialisierung, darunter das gute Mädchen und die Powerfrau, aber auch die Bitch, werden von Sophia Fritz auf ihre Toxizität hin untersucht. Das Ergebnis: Im Patriarchat sind nicht nur die Männer giftig. "Es gibt manipulative Partnerinnen, flaky Freundinnen und bitchige Arbeitskolleginnen", schreibt Fritz. Aber macht sie das gleich toxisch?
Eine einheitliche Definition gibt es nicht, schon gar keine pathologische. "Toxische Weiblichkeit ist kein feststehender Begriff, er lässt sich stetig ergänzen, überschreiben und neu denken", schreibt Sophia Fritz und nimmt sich seiner an, um dem rechtskonservativen Lager zuvorzukommen. Weil sich bei Fritz alles um Macht dreht, fasst sie toxische Weiblichkeit als "Performance einer Unterordnung", die nur darauf abzielt, sich aus der Position der Schwächeren doch noch zu ermächtigen. Wenn schon nicht mit Muskelkraft und Dominanzgehabe, dann eben mit passiv-aggressiven Kommentaren und verinnerlichtem Perfektionsdruck oder gleich dem urteilenden Blick der Mutter. Anders gesagt: Wo Frauen von Männern unterdrückt würden, unterdrückten sie sich auch gegenseitig.
Mit viel Fingerspitzengefühl wagt sich Fritz an das Thema. Hier schreibt eine Autorin, die ihre Jugend hinter einer Art "Lärmschutzwall" verbracht haben will. Das Wahlrecht für Frauen und mit Mutti Merkel eine Frau an der Spitze des Landes: Einstige Errungenschaften sind für die junge Sophia Fritz längst etablierte Realität und der Feminismus als Bewegung bloß noch Relikt. Bis sie sich selbst in den Blick nimmt, vor allem die eigene Prägung als gutes Mädchen, das selbst dann noch verständnisvoll sitzen bleibt, wenn ihr Partner die Beziehung über einem Bananensplit schon längst beendet hat. Wo Querverweise auf feministische Literatur von Audre Lorde und Virginie Despentes den theoretischen Rahmen bilden, steuert Fritz den Blick auf die eigene Weiblichkeit und Erkenntnisse aus Gesprächen mit Freundinnen bei - und wird zur Identifikationsfigur.
Kein Wunder, dass Leserinnen aus einem ähnlichen sozioökonomischen Umfeld hier ihr eigenes Verhalten wiederfinden. Überhaupt fühlt es sich fast ein wenig so an, als wäre man in den sozialen Medien unterwegs, wo Fritz den Begriff der toxischen Weiblichkeit zum ersten Mal aufgeschnappt haben will. Hier wie dort ist ein digital affines Publikum zu Hause, das mit Verweisen auf Greta Gerwigs "Barbie" und den Film "Mean Girls" auch ohne Erklärung viel anfangen kann und das versiert mit Begriffen wie "red flags", "gaslighting" oder "mansplaining" um sich wirft. Und hier wie dort entsteht ein schambefreites Miteinander über das Outing einer Einzelnen, nicht über wissenschaftliche Abhandlungen.
Neben Kenntnissen der Popkultur und bestimmter sprachlicher Codes braucht es dann auch nicht viel, um sich in dieser Flut von Eingeständnissen und Utopien ("Ich frage mich, wie die Welt wohl aussähe") wohlzufühlen. Die Natürlichkeit und der Humor, mit denen sich Fritz an der Schwelle zu einer neuen Form feministischer Selbstreflexion positioniert, machen ihre Ausführungen für nahezu jeden - oder jede - lesenswert.
"Dieses Buch ist ein feministisches Projekt", heißt es, und wie könnte ein solches Projekt anders enden als auf einer versöhnlichen Note? Nur im beigefügten Fragenkatalog wird es vermeintlich etwas unangenehm. "Und, hast du toxisch weibliche Anteile?", wird da zur Selbstreflexion eingeladen. Wer nach diesem Essay nicht mit "Ja" antwortet, hat ihn vermutlich nicht verstanden. ELISA SCHÜLER
Sophia Fritz: "Toxische Weiblichkeit".
Hanser Berlin Verlag, Berlin 2024.
192 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sophia Fritz über toxische Weiblichkeit
Es ist schwer zu sagen, wann genau es sich vom Sprachregister medizinischer Nomenklatur gelöst und seinen Platz auf dem Treppchen küchenpsychologischer Begriffe eingenommen hat. War es Britney Spears kurz nach der Jahrtausendwende mit "Toxic"? Oder sind die sozialen Medien schuld? So schnell werden wir dieses Wort jedenfalls nicht mehr los: "Toxisch" ist das Modewort einer Zeit, in der viel hinterfragt und noch mehr problematisiert wird. Besonders häufig trifft es Männerbilder, die einen Platz im Giftschrank verdienten. Bis jetzt.
Ausgerechnet aus der linksfeministischen Ecke kommt mit "Toxische Weiblichkeit" nun ein Vorstoß, der das Feld zu ebnen scheint. Fünf Typen weiblicher Sozialisierung, darunter das gute Mädchen und die Powerfrau, aber auch die Bitch, werden von Sophia Fritz auf ihre Toxizität hin untersucht. Das Ergebnis: Im Patriarchat sind nicht nur die Männer giftig. "Es gibt manipulative Partnerinnen, flaky Freundinnen und bitchige Arbeitskolleginnen", schreibt Fritz. Aber macht sie das gleich toxisch?
Eine einheitliche Definition gibt es nicht, schon gar keine pathologische. "Toxische Weiblichkeit ist kein feststehender Begriff, er lässt sich stetig ergänzen, überschreiben und neu denken", schreibt Sophia Fritz und nimmt sich seiner an, um dem rechtskonservativen Lager zuvorzukommen. Weil sich bei Fritz alles um Macht dreht, fasst sie toxische Weiblichkeit als "Performance einer Unterordnung", die nur darauf abzielt, sich aus der Position der Schwächeren doch noch zu ermächtigen. Wenn schon nicht mit Muskelkraft und Dominanzgehabe, dann eben mit passiv-aggressiven Kommentaren und verinnerlichtem Perfektionsdruck oder gleich dem urteilenden Blick der Mutter. Anders gesagt: Wo Frauen von Männern unterdrückt würden, unterdrückten sie sich auch gegenseitig.
Mit viel Fingerspitzengefühl wagt sich Fritz an das Thema. Hier schreibt eine Autorin, die ihre Jugend hinter einer Art "Lärmschutzwall" verbracht haben will. Das Wahlrecht für Frauen und mit Mutti Merkel eine Frau an der Spitze des Landes: Einstige Errungenschaften sind für die junge Sophia Fritz längst etablierte Realität und der Feminismus als Bewegung bloß noch Relikt. Bis sie sich selbst in den Blick nimmt, vor allem die eigene Prägung als gutes Mädchen, das selbst dann noch verständnisvoll sitzen bleibt, wenn ihr Partner die Beziehung über einem Bananensplit schon längst beendet hat. Wo Querverweise auf feministische Literatur von Audre Lorde und Virginie Despentes den theoretischen Rahmen bilden, steuert Fritz den Blick auf die eigene Weiblichkeit und Erkenntnisse aus Gesprächen mit Freundinnen bei - und wird zur Identifikationsfigur.
Kein Wunder, dass Leserinnen aus einem ähnlichen sozioökonomischen Umfeld hier ihr eigenes Verhalten wiederfinden. Überhaupt fühlt es sich fast ein wenig so an, als wäre man in den sozialen Medien unterwegs, wo Fritz den Begriff der toxischen Weiblichkeit zum ersten Mal aufgeschnappt haben will. Hier wie dort ist ein digital affines Publikum zu Hause, das mit Verweisen auf Greta Gerwigs "Barbie" und den Film "Mean Girls" auch ohne Erklärung viel anfangen kann und das versiert mit Begriffen wie "red flags", "gaslighting" oder "mansplaining" um sich wirft. Und hier wie dort entsteht ein schambefreites Miteinander über das Outing einer Einzelnen, nicht über wissenschaftliche Abhandlungen.
Neben Kenntnissen der Popkultur und bestimmter sprachlicher Codes braucht es dann auch nicht viel, um sich in dieser Flut von Eingeständnissen und Utopien ("Ich frage mich, wie die Welt wohl aussähe") wohlzufühlen. Die Natürlichkeit und der Humor, mit denen sich Fritz an der Schwelle zu einer neuen Form feministischer Selbstreflexion positioniert, machen ihre Ausführungen für nahezu jeden - oder jede - lesenswert.
"Dieses Buch ist ein feministisches Projekt", heißt es, und wie könnte ein solches Projekt anders enden als auf einer versöhnlichen Note? Nur im beigefügten Fragenkatalog wird es vermeintlich etwas unangenehm. "Und, hast du toxisch weibliche Anteile?", wird da zur Selbstreflexion eingeladen. Wer nach diesem Essay nicht mit "Ja" antwortet, hat ihn vermutlich nicht verstanden. ELISA SCHÜLER
Sophia Fritz: "Toxische Weiblichkeit".
Hanser Berlin Verlag, Berlin 2024.
192 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Natürlichkeit und der Humor, mit denen sich Fritz an der Schwelle zu einer neuen Form feministischer Selbstreflexion positioniert, machen ihre Ausführungen für nahezu jeden - oder jede - lesenswert." Elisa Schüler, F.A.Z., 17.05.24
"Die Feminismusdebatte steckt fest in einer Spirale aus Vorwürfen und Trotzreaktionen. Fritz versucht es mit Empathie und bietet einen überfälligen neuen Ansatz: Sie beginnt bei sich selbst." Lena Karger, Welt am Sonntag, 8.12.
"Sophia Fritz öffnet einen Diskursraum, der spannende Impulse zur feministischen Zukunft liefert." Anna Dreussi, Der Spiegel, 16.03.24
"Toxische Weiblichkeit wird bislang im feministischen Diskurs kaum thematisiert. ... Ein sehr kluges Buch, das den feministischen Diskurs deutlich bereichert." Stefanie Gerold, prozukunft 1/2025
"Eine der großen Stärken des Buches liegt in der schonungslosen Selbstanalyse der Autorin... Hart, wahr - und bitter nötig." Gerlinde Pölsler, Falter, 05.04.24
"Ichliebe die Denkanstöße, mit denen ich mein eigenes Handeln neu reflektieren kann." Marie Nasemann, Brigitte, 12.07.24
"Ich empfinde eine große Demut und Dankbarkeit für die Arbeit, die Sophia Fritz geleistet hat ... Dieses Buch ist eine ausgestreckte Hand, ein Gesprächsangebot." Laura Lucas, Lila Podcast, 16.06.24.
"Fritz Forderungen nach einer neuen, nicht hierarchischen Gesprächskultur erscheinen gerade jetzt absolut dringlich und auf der Höhe der Zeit." Astrid Mayerle, Bayern 2 Kulturwelt, 18.03.24
"Die Feminismusdebatte steckt fest in einer Spirale aus Vorwürfen und Trotzreaktionen. Fritz versucht es mit Empathie und bietet einen überfälligen neuen Ansatz: Sie beginnt bei sich selbst." Lena Karger, Welt am Sonntag, 8.12.
"Sophia Fritz öffnet einen Diskursraum, der spannende Impulse zur feministischen Zukunft liefert." Anna Dreussi, Der Spiegel, 16.03.24
"Toxische Weiblichkeit wird bislang im feministischen Diskurs kaum thematisiert. ... Ein sehr kluges Buch, das den feministischen Diskurs deutlich bereichert." Stefanie Gerold, prozukunft 1/2025
"Eine der großen Stärken des Buches liegt in der schonungslosen Selbstanalyse der Autorin... Hart, wahr - und bitter nötig." Gerlinde Pölsler, Falter, 05.04.24
"Ichliebe die Denkanstöße, mit denen ich mein eigenes Handeln neu reflektieren kann." Marie Nasemann, Brigitte, 12.07.24
"Ich empfinde eine große Demut und Dankbarkeit für die Arbeit, die Sophia Fritz geleistet hat ... Dieses Buch ist eine ausgestreckte Hand, ein Gesprächsangebot." Laura Lucas, Lila Podcast, 16.06.24.
"Fritz Forderungen nach einer neuen, nicht hierarchischen Gesprächskultur erscheinen gerade jetzt absolut dringlich und auf der Höhe der Zeit." Astrid Mayerle, Bayern 2 Kulturwelt, 18.03.24