Der kleinen Hanno Dietz schlägt sich mit seiner Mutter im Hamburg der Nachkriegsjahre durch. Steine klopfen, Altmetall suchen, Schwarzhandel - das ist sein Alltag. Eines Tages entdeckt er in den Trümmern eine Tote - und etwas abseits einen etwa dreijährigen Jungen, der erstaunlich gut gekleidet ist. Das Kind spricht kein Wort, Verwandte sind nicht auffindbar. Und so wächst das Findelkind bei den Dietzens auf. Jahre später kommt das einstige Trümmerkind durch Zufall einem Verbrechen auf die Spur, das auf fatale Weise mit seiner Familie verknüpft ist ...
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buecher-magazin.deDie beißende Kälte begleitet Hanno bei jedem Schritt durch das zerbombte Hamburg im Winter 1947. Zusammen mit seiner kleinen Schwester sucht er nach allem, was sich irgendwie verwerten lässt, vor allem aber: Brennholz. In einem Keller entdeckt er ein Regal und dahinter etwas Marmorfarbenes. Eine nackte, tote Frau, keine Leiche wie die vielen, die er mit 14 schon gesehen hat. Diese ist "anders tot". Hanno und seine Schwester Wiebke sind Fiktion, genau wie der kleine Junge, auf den sie unweit der Leiche stoßen und den ihre Eltern als Findelkind bei sich aufnehmen. Die Tote aber war real. Borrmann verarbeitet eine Mordserie, der 1947 zwei Frauen, ein Mann und ein kleines Mädchen zum Opfer fielen. Sie alle wurden nackt und erdrosselt aufgefunden, die Täter nie gefasst. Verteilt auf drei Zeitebenen (1945, 1947 und 1992) und in einer schönen, geradlinigen Sprache entfaltet Borrmann das Schicksal zweier Familien, die durch jene Morde miteinander verbunden sind. Vera Teltz ist mit ihrer ausdruckstark oszillierenden Stimme im Nachkriegs- und Nachwendedeutschland gleichermaßen zu Hause. Sie klingt melancholisch, sanft, aber auch unwirsch, verächtlich, deprimierend, wenn es sein muss.
© BÜCHERmagazin, Stefan Volk (smv)
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"Ein Buch, in dem man versinken kann." STERN 20161229