„Urteil: Ungerecht“ ist ein lesenswertes, spannendes, informatives Buch, das ich erst weglegen konnte, als ich sein Ende – und mit ihm das Ende des ersten Wochenendes nach seinem Erscheinen – erreicht hatte.
Thorsten Schleif dokumentiert, verständlich und nachvollziehbar für jedermann,
unabhängig von Vorbildung oder Gerichtserfahrung, wie die (S. 86) „extreme Belastung (…) der Richter (…) zum…mehr„Urteil: Ungerecht“ ist ein lesenswertes, spannendes, informatives Buch, das ich erst weglegen konnte, als ich sein Ende – und mit ihm das Ende des ersten Wochenendes nach seinem Erscheinen – erreicht hatte.
Thorsten Schleif dokumentiert, verständlich und nachvollziehbar für jedermann, unabhängig von Vorbildung oder Gerichtserfahrung, wie die (S. 86) „extreme Belastung (…) der Richter (…) zum einen Folge einer katastrophalen Einstellungspolitik, zum anderen das Ergebnis unorganisierter Gerichtsverwaltungen und schließlich einer verfehlten Geschäftsverteilung“ ist. Er weist (sozio-) logisch nach, daß das Rechtssystem spätestens seit dem III. Reich Richter anzieht (oder heranzieht), welche (S. 121) „diszipliniert, mit großem Bedürfnis nach Sicherheit und Bequemlichkeit sowie einem (…) bisweilen krankhaften Verlangen nach Macht verbunden mit mangelndem Selbstbewusstsein“ ihren Dienst versehen. Folgerichtig kommt er zu dem Schluß (S. 203): „Wenn es mehr Kollegen geben würde, die das System nicht stillschweigend erdulden, sondern aktiv dagegen ankämpfen, gäbe es auch die meisten der dargelegten Probleme längst nicht mehr.“
Das Buch ist ein Plädoyer für einen ersten Schritt in Richtung auf eine Demokratisierung des Rechtswesens, mit dem Deutschland (S. 52) „gegen die von der Europäischen Union festgelegten Standards verstoße und aus diesem Grund heute nicht mehr in die EU aufgenommen werden würde“ – wäre es nicht schon eines ihrer prägenden Kernländer. Dabei ist dem Autor durchaus (S. 203) „bewusst, dass die (…) geschilderten Probleme nur einen Teil der Schwierigkeiten ausmachen, die das deutsche Justizsystem charakterisieren“. Die Formulierung läßt auf weitere, grundlegende Studien hoffen. Immerhin wird schon zu Beginn (S. 16) eine Ikone der postfaschistischen Hoffnung auf Rechtsstaatlichkeit erwähnt: Gustl Mollath. Dennoch ist im restlichen Band keine Rede mehr von Richtern, die Gefälligkeitsgutachten bestellen / eigene Beschlüsse mißachten / nachweislich wahrheitswidrig protokollieren und Urteile begründen / Ermittlungen zu Vorwürfen des sexuellen Kindesmißbrauchs verweigern / Hausdurchsuchungen befehlen und sogar Verurteilungen aussprechen für fingierte Verbrechen, mit denen sie auch noch öffentlich prahlen. Unerwähnt bleiben Richter, die in Staatshaftungsverfahren Gesetzesübertretungen billigen, sofern die Anwälte der beklagten Landesregierung erkanntes Unrecht mit den (gerichtlich bestätigt demokratischen) „Einstellungen und Gesinnungen“ der klagenden Opfer erklären. Das wären Fragestellungen für einen Folgeband, evtl. vergleichbar „Staatliche Kindeswohlgefährdung?“ (Beltz 2019).
Im übernächsten Band könnte sich dann der Autor der Frage widmen, wie sich im postfeudalistischen Staatswesen eine sich demokratisch schimpfende und auf Lebenszeit besetzte Staatsgewalt legitimiert. Ohne Auseinandersetzung mit Büchern wie diesem werden aber die weiterführenden Themen kaum behandelt werden können.