Das kleine Mädchen Marina lügt gern und mit poetischer Hingabe. Ein Akt rebellischer Selbstbehauptung gegenüber einer Welt, in der es die strengen Regeln der Mutter gibt, um deren Liebe sie ringt, aber auch den glutäugigen Vater, der erst mittags aufsteht und sich an keinerlei Regeln zu halten scheint. Einer Welt, in der sie getauft und trotzdem jüdisch sein soll - wie ihr russischer Großvater, den die Mutter verachtet. Marina Jarre erzählt von der Kindheit im multikulturellen Riga der 1930er Jahre. Vom jähen Bruch, als sie nach der Trennung der Eltern zu ihren Großeltern ins faschistische Italien kommt. Von der Aneignung einer neuen Sprache, in der sie zu ihrer Stimme und ihrer Wut findet, in der sie mit ihren Kindern spricht und sich von der Tochterrolle befreit, von der Wandlung der kleinen Lügnerin zur großen, wahrhaftigen Schriftstellerin.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Für Rezensentin Sarah Elsing ist es ein Glück, die Bücher der in Riga geborenen, im Piemont aufgewachsenen Marina Jarre zu lesen. Jarre erzählt ihre komplexe Familiengeschichte als Schicksal des 20. Jahrhunderts zwischen Holocaust und Flucht, Entwurzelung und Fremdheit, so Elsing. Wie die Mutter der Autorin das Leben rettete, indem sie sie zur Großmutter ins Piemont gab, berichtet die Autorin laut Elsing in einer poetischen, dennoch klaren Sprache. Jarres Geschichte ist emblematisch für den Zustand des modernen Menschen, findet die Rezensentin, der Leser identifiziert sich schnell mit der Protagonistin.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH