Tiefgründige, bedeutsame Herzensgeschichte – allerdings nur während eines Drittels des Buches
Kaum jemand schafft es, so wortgewaltig, authentisch und gedankenecht Emotionen zu erzeugen, die einen nicht nur fesseln, sondern auch prägen. Bei „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ galt das für mich
allerdings nur für das erste Drittel des Buches, genauer: den ersten der beiden Teile, in die sie ihr Buch…mehrTiefgründige, bedeutsame Herzensgeschichte – allerdings nur während eines Drittels des Buches
Kaum jemand schafft es, so wortgewaltig, authentisch und gedankenecht Emotionen zu erzeugen, die einen nicht nur fesseln, sondern auch prägen. Bei „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ galt das für mich allerdings nur für das erste Drittel des Buches, genauer: den ersten der beiden Teile, in die sie ihr Buch eingeteilt hat. In diesem ersten Teil wird beschrieben, wie sich die Teenager Eleanor Gable und Greyson East kennenlernen und wie eine besondere, tiefe Verbindung zwischen den beiden entsteht. Für Teil zwei geschieht ein Zeitsprung von gut 16 Jahren in die Gegenwart.
Der Schreibstil: Etwas, das definitiv etwas ist, das mir von diesem Buch „hängenbleiben“ wird: Da sind sympathische Ticks und Bewegungen der beiden Protagonisten Grey und Ellie, die die Autorin ihnen von Beginn an zuordnet und ähnlich wie ein musikalisches Thema während des ganzen Buches immer wieder einfließen lässt. Diese Wiederholungen geben den Charakteren eine besondere Authentizität, man lächelt unwillkürlich, wenn man sie bemerkt, als würde man einen guten Freund beobachten. Ähnlich verhält sich das mit sich wiederholenden Phrasen, die zwischen Ellie und Grey sind, die einer von ihnen einmal gesagt hat und die eine besondere Bedeutung für sie haben. Speziell mit diesen Phrasen und Satzbruchstücken habe ich mich irgendwann allerdings schwergetan, weil sie nicht immer zur Situation, in der sie verwendet werden, passen, man in diesen Momenten über sie nachdenken muss und das irgendwie den Lesefluss stört. Alles in allem ist Brittainy C. Cherrys Schreibstil allerdings einer, in dem man sich sofort verlieren kann. Da ist nichts Gekünstelt-Beschreibendes, keine unnötigen aufklärenden Absätze aus Sicht eines Dritten. Stattdessen neigt sie zu kurzen Sätzen, in denen auch einmal ein Satzglied herausgelassen wird, um Wirkung und Präzision der sehr alltäglich gewählten Worte zu verstärken. Kennzeichnend sind für mich auch gelegentlich einfließende, unvermittelte Gedanken, die das Gefühl erzeugen, mittendrin zu sein, verstärken. Raw, dieses kleine englische Wörtchen trifft es für mich am besten, mit welcher Art von Erzählstil man durchs Buch geführt wird.
Die Geschichte: Im ersten Drittel des Buches kann man ein junges Paar kennenlernen, das sehr schnell und sehr intensiv eine besondere, tiefgründige emotionale Ebene miteinander erreicht. Begünstigt durch ein Ereignis, das Ellie und Grey miteinander er- und durchleben – aber davon gibt es im zweiten Teil eigentlich auch einige. Was im ersten Teil allerdings anders ist als im zweiten, in der Gegenwart spielenden Teil: die Geschwindigkeit der Entwicklung zwischen den beiden Protagonisten. Im ersten Teil scheint sie mir gut angepasst an das, was sie erleben. Es ist alles vollkommen nachvollziehbar und schlüssig, man erlebt in realistischer Geschwindigkeit und passenden „Alltagsausschnitten“ mit, wie sie zusammenwachsen.
Im zweiten Teil ist das leider anders. Die Stellen, an denen die besondere Tiefe des ersten Teils zwischen den Charakteren wiederauflebt, fehlen mir im zweiten Teil. Leider verkommt Teil zwei für mich zu einer Aneinanderreihung vermeintlich bedeutungsschwerer, tiefgründiger Dialoge oder innerer Monologe, die anders als im ersten Teil ihre gewaltige Wortkraft, die mich bis zum Verdrücken einiger Tränen geführt hat, nicht entfalten können.
Fazit: „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ ist ein Buch, das einen mitten in das pulsierende Zentrum des Sturms hineinzieht, nur um im zweiten Teil wieder ausgespuckt zu werden und an einen Ort zu gelangen, an dem die Geschichte neu begonnen und leider vom ersten Teil her nicht richtig verknüpft wird. Die Bilder, die Brittainy Cherry erzeugt, sind bedeutend, fesselnd und schaffen es, ins Herz zu gelangen. Das ändert sich allerdings im zweiten Teil, als die Entwicklung der Story die Emotionen überholt und unter der Geschwindigkeit, die sie mitbringt, leider auch verschwinden lässt.