Crash-Propheten, die den Zusammenbruch der Börse voraussagen, gibt es viele und ab und zu behält einer von ihnen Recht. Doch mit Vorhersagen hat das wenig zu tun, wie Kit Yates in seinem Buch „Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet“ anhand des Gesetzes der großen Zahl beweist: „Die riesige Zahl
an Vorhersagen gibt selbst dem einsamen Propheten eine gute Chance, irgendwann einmal einen Treffer…mehrCrash-Propheten, die den Zusammenbruch der Börse voraussagen, gibt es viele und ab und zu behält einer von ihnen Recht. Doch mit Vorhersagen hat das wenig zu tun, wie Kit Yates in seinem Buch „Wie man vorhersieht, womit keiner rechnet“ anhand des Gesetzes der großen Zahl beweist: „Die riesige Zahl an Vorhersagen gibt selbst dem einsamen Propheten eine gute Chance, irgendwann einmal einen Treffer zu landen.“ In seinem populärwissenschaftlichen Buch greift Yates viele weitere Beispiele aus dem Alltag auf (z. B. aus der Corona-Pandemie) und erklärt, wie man bessere und möglichst evidenzbasierte Vorhersagen trifft. Dazu nutzt er objektive Ergebnisse und Werkzeuge der Mathematik, indem er Studien aus Biologie, Psychologie, Soziologie und Medizin mit Theorien aus Ökonomie und Physik verknüpft. Wichtig sind ihm dabei Bezüge zu Erfahrungen aus der realen Welt.
Das Themenspektrum ist breit gefächert und reicht von Wahrsagern auf dem Jahrmarkt über Scheinkorrelationen, Wahrscheinlichkeiten und sich selbst erfüllende Prophezeiungen bis hin zu ausgefeilten und langjährig erprobten mathematischen Modellen. Auch diese sind nur ein Abbild der Realität und vor Fehlschlägen nicht gefeit. Daher ist von entscheidender Bedeutung, die Grenzen der Vorhersagefähigkeit eines Modells zu kennen. Zu wissen, wann wir nicht wissen können, was in der Zukunft passieren wird, ist genauso wertvoll wie der gegenteilige Fall.
Viele Beispiele haben bei mir ein Aha-Erlebnis ausgelöst. Zum Beispiel, dass wir einer zufälligen Handlung viel zu schnell eine Bedeutung zuschreiben und daraus schließen, dass hinter diesem Muster ein Wirkmechanismus steckt. In einem anderen Beispiel beschreibt Yates interessante Experimente, die zeigen, dass Menschen dazu neigen, linear zu denken und langfristige Prognosen auf kurzfristige Trends zu stützen. Andererseits verleiten uns unwahrscheinliche Ereignisse oft zu falschen Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung und machen uns blind für Fakten.
Yates verwendet in seinen Beispielen oft Schlagworte für Prinzipien und Effekte, die den Sachverhalt einprägsam beschreiben. Der „Underdog-Effekt“ erklärt beispielsweise, wie Trump bei den Präsidentschaftswahlen 2016 überraschend gegen Hillary Clinton gewinnen konnte. Für viele Sachverhalte gibt es sprechende Namen, wie z.B. das Schuhfach-, das Nahe dran- und das Double-Siding-Prinzip, den Nocebo- und den Streisand-Effekt. Bei den vielen Fachbegriffen hätte ich mir aber dringend ein Glossar und ein Stichwortverzeichnis gewünscht. Ein Wiederfinden der einmal gelesenen Informationen ist nur mit Hilfe des zu grob strukturierten Inhaltsverzeichnisses leider kaum möglich.
Durch die Beispiele und den flüssigen Erzählstil gelingt es Yates, die Problematik anschaulich und auch für Laien verständlich darzustellen. Mit einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung am Ende der einzelnen Kapitel hätte Yates seine Kernaussagen allerdings noch besser und einprägsamer transportieren können. So braucht man jedenfalls ein sehr gutes Gedächtnis.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)