Erst kommt das Sterben, dann der Tod – doch manchmal ist es umgekehrt Winter 1983. Auf der Glienicker Brücke ist alles bereit für den spektakulärsten Agentenaustausch der Geschichte. KGB-Offizier Rem Kukura - Deckname Pilger - soll gegen den Sohn eines Politbüromitglieds ausgetauscht werden. Mittendrin: Nina Winter, die Kukura als Einzige identifizieren kann. Doch auf der Brücke wird Nina in ein Inferno gerissen, und das Schicksal von ihr und Rem wird zu einer Frage von Krieg und Frieden zwischen den Supermächten. Drei Jahre zuvor: Nina ist Analystin beim BND und wertet Spionage-Informationen aus. Eine Schreibtischagentin. Bis man ihr mitteilt, dass Pilger, der geheimnisvolle Moskauer Top-Agent des BND, seine weitere Zusammenarbeit von ihr abhängig macht: Er will, dass Nina als seine Führungsoffizierin nach Russland kommt. Sie weiß, dass es die Chance ihres Lebens ist. Doch Nina ahnt nicht, dass sie beim KGB einen Todfeind haben wird. Um zu überleben, muss sie zu einer anderen werden, zu einer Frau, die mit dem Tod tanzt. Ungekürzte Lesung mit Britta Steffenhagen 15h 7min
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»Lustig, bissig, präzise - mit Abstand Gewinner der Agententhriller-WM 2023.«
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Andreas Pflügers "Wie Sterben geht" hat alles, was ein ausgezeichneter Spionageroman braucht, und mehr, lobt Rezensent Tobias Gohlis. Einen spannungs- und actionreichen Plot, eine schnelle Erzählweise, den politischen Kontext, und eine Passage, in der auf aufreibende Art die Ausbildung des Spions oder der Spionin beschrieben wird - das alles kann man erwarten und das alles bietet Pflüger. Was Pflügers Roman zu einem brillanten Roman macht, ist jedoch das, was er darüber hinaus schafft: Die Eindringlichkeit und Versiertheit, mit der Pflüger das Training seiner BND-Agentin beschreibt, die nicht nur schnelle, sondern auch "anspielungsgreiche" und "originär poetische" Sprache, und die große politische Relevanz. Denn: Wenngleich dieser Roman von den achtziger Jahren in Moskau erzählt und obwohl der Autor ihn vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen hat zu schreiben, sind die Verbindungen zwischen dem Kalten Krieg damals und dem aktuellen Konflikt zwischen Russland und "dem Westen" nicht zu übersehen, so der mitgerissene Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2023Getäuschte Täuscher
Krimis in Kürze: Brunow, Pflüger und Juretzka
Es wird wohl niemand behaupten wollen, man könne sich auf dem Markt für neue Kriminalromane vor Qualität kaum retten. Hier dominiert unangefochten das Mittelmaß, da sind viel zu viele, zu lang geratene und zu wenig lektorierte Titel. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass ein renommierter Drehbuchautor für Film und Fernsehen nur Absagen erhält und sein Krimidebüt als Book-on-Demand publiziert, weil er keine Lust hat, weiter Klinken zu putzen.
Jochen Brunows "Verdeckte Spuren" (BoD, 330 S., br., 15,90 Euro) ist der Auftakt einer Trilogie, die zwischen Berlin und Sardinien pendelt. Verstecken muss der Roman sich nicht vor der Konkurrenz. Im Gegenteil. Das Genre neu erfunden hat Brunow natürlich nicht, aber die Erfahrung des Drehbuchautors ist jederzeit zu spüren: in der Struktur des Buches, in der Abfolge der Szenen, die ökonomisch geschrieben und gut verfugt sind.
Auch die Hauptfigur, der pensionierte und verwitwete Kriminalrat Beckmann, der sich in sein Haus auf Sardinien zurückgezogen hat, ist plausibel gezeichnet und nicht einer dieser Ermittler, denen Spleens und irre Hobbys angedichtet werden, um sie halbwegs interessant erscheinen zu lassen. Als ein junger, ehrgeiziger und vielleicht etwas zu überspannter Journalist Beckmann aufsucht wegen eines alten Falls, wird es dann gefährlich. Viel mehr soll an dieser Stelle gar nicht verraten sein über den Plot - außer dass er präzise konstruiert ist und funktioniert wie ein Uhrwerk.
Auch Andreas Pflüger ist ein erfahrener Drehbuchautor, der allerdings schon einige Romane veröffentlicht hat. Er weiß, wie man Szenen entwickelt und dass im Kino wie im Roman die Auflösung und die Übergänge stimmen müssen, weil sonst weder Fluss noch Rhythmus entstehen. Pflüger hat in "Richie Girl" bewiesen, dass er das sehr gut beherrscht. "Wie Sterben geht" (Suhrkamp, 448 S., geb., 25,- Euro) hält dieses Niveau. Der Spionagethriller aus dem Kalten Krieg verschränkt geschickt Fakten und Fiktion, er ist, wenn man so will, in seiner ganzen Erzählweise eher Kino als braves Fernsehspiel.
Die Protagonistin Nina Winter wird Ende der Siebzigerjahre aus Pullach nach Moskau entsandt, um eine wichtige Quelle namens "Pilger" aus dem Innern des KGB zu führen. Für die junge BND-Agentin und studierte Slawistin ist dieser Auftrag so etwas wie ein lebensgefährlicher Bildungsroman. Die Geschichte ist gut recherchiert, es wirkt, als sei Pflüger im Moskau jener Jahre ein- und ausgegangen wie seine Hauptfigur, so anschaulich schildert er die traditionsreiche und dann doch so graue, aufs Monumentale fixierte Sowjethauptstadt, leuchtet in deren verschiedene Milieus und lässt auf diese Weise immer wieder auch die Risse und die Sklerose des Systems sichtbar werden.
Der Plot ist komplex, wie es der Welt der Dienste angemessen ist: ein fintenreiches Spiel der getäuschten Täuscher, in dem es überlebenswichtig ist, die nächsten zwei, drei Züge des Gegners zu antizipieren, wie beim Schach, aber auch beim Boxen. Weil Pflüger bildhaft und pointiert schreiben kann und sich auf Dramatik versteht, darf es auch eine große Liebesgeschichte geben wie in dem Film "Das Rußland-Haus", und es ist bei diesem Format sehr einleuchtend, dass gleich zu Beginn die Glienicker Brücke in die Luft gesprengt wird. Man liest das atemlos und bedauert es, wenn das Buch zu Ende ist. Mehr kann man nicht erwarten von einem Thriller.
Jörg Juretzka hat auch ein paar Drehbücher geschrieben. Aber vor allem ist er gelernter Tischler und Zimmermann. Er weiß, wie man baut. Und er hat Kristof Kryszinski erfunden, der uns nun schon zum fünfzehnten Mal begegnet. In "Nomade 2. Der weiße Vogel" (Rotbuch, 304 S., geb., 22,- Euro) hat er ihn in die Wüste geschickt. Das ist kein Schaden. Für trockene Sprüche ist die Sahara ein idealer Ort. Und natürlich wird Kryszinski widerwillig auch jetzt wieder eingreifen, wenn die weibliche Punkband Las Surfsistadoras auf den verrückten Gedanken kommt, in einem nuklear verstrahlten Geisterdorf ein Musikvideo zu drehen, und dann plötzlich verschwunden ist. Auch dieser Roman hat den Hang zum leicht durchgeknallten Plot, den man an Juretzka seit Jahren schätzt, und überzeugt durch seine Lakonie. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Brunow, Pflüger und Juretzka
Es wird wohl niemand behaupten wollen, man könne sich auf dem Markt für neue Kriminalromane vor Qualität kaum retten. Hier dominiert unangefochten das Mittelmaß, da sind viel zu viele, zu lang geratene und zu wenig lektorierte Titel. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass ein renommierter Drehbuchautor für Film und Fernsehen nur Absagen erhält und sein Krimidebüt als Book-on-Demand publiziert, weil er keine Lust hat, weiter Klinken zu putzen.
Jochen Brunows "Verdeckte Spuren" (BoD, 330 S., br., 15,90 Euro) ist der Auftakt einer Trilogie, die zwischen Berlin und Sardinien pendelt. Verstecken muss der Roman sich nicht vor der Konkurrenz. Im Gegenteil. Das Genre neu erfunden hat Brunow natürlich nicht, aber die Erfahrung des Drehbuchautors ist jederzeit zu spüren: in der Struktur des Buches, in der Abfolge der Szenen, die ökonomisch geschrieben und gut verfugt sind.
Auch die Hauptfigur, der pensionierte und verwitwete Kriminalrat Beckmann, der sich in sein Haus auf Sardinien zurückgezogen hat, ist plausibel gezeichnet und nicht einer dieser Ermittler, denen Spleens und irre Hobbys angedichtet werden, um sie halbwegs interessant erscheinen zu lassen. Als ein junger, ehrgeiziger und vielleicht etwas zu überspannter Journalist Beckmann aufsucht wegen eines alten Falls, wird es dann gefährlich. Viel mehr soll an dieser Stelle gar nicht verraten sein über den Plot - außer dass er präzise konstruiert ist und funktioniert wie ein Uhrwerk.
Auch Andreas Pflüger ist ein erfahrener Drehbuchautor, der allerdings schon einige Romane veröffentlicht hat. Er weiß, wie man Szenen entwickelt und dass im Kino wie im Roman die Auflösung und die Übergänge stimmen müssen, weil sonst weder Fluss noch Rhythmus entstehen. Pflüger hat in "Richie Girl" bewiesen, dass er das sehr gut beherrscht. "Wie Sterben geht" (Suhrkamp, 448 S., geb., 25,- Euro) hält dieses Niveau. Der Spionagethriller aus dem Kalten Krieg verschränkt geschickt Fakten und Fiktion, er ist, wenn man so will, in seiner ganzen Erzählweise eher Kino als braves Fernsehspiel.
Die Protagonistin Nina Winter wird Ende der Siebzigerjahre aus Pullach nach Moskau entsandt, um eine wichtige Quelle namens "Pilger" aus dem Innern des KGB zu führen. Für die junge BND-Agentin und studierte Slawistin ist dieser Auftrag so etwas wie ein lebensgefährlicher Bildungsroman. Die Geschichte ist gut recherchiert, es wirkt, als sei Pflüger im Moskau jener Jahre ein- und ausgegangen wie seine Hauptfigur, so anschaulich schildert er die traditionsreiche und dann doch so graue, aufs Monumentale fixierte Sowjethauptstadt, leuchtet in deren verschiedene Milieus und lässt auf diese Weise immer wieder auch die Risse und die Sklerose des Systems sichtbar werden.
Der Plot ist komplex, wie es der Welt der Dienste angemessen ist: ein fintenreiches Spiel der getäuschten Täuscher, in dem es überlebenswichtig ist, die nächsten zwei, drei Züge des Gegners zu antizipieren, wie beim Schach, aber auch beim Boxen. Weil Pflüger bildhaft und pointiert schreiben kann und sich auf Dramatik versteht, darf es auch eine große Liebesgeschichte geben wie in dem Film "Das Rußland-Haus", und es ist bei diesem Format sehr einleuchtend, dass gleich zu Beginn die Glienicker Brücke in die Luft gesprengt wird. Man liest das atemlos und bedauert es, wenn das Buch zu Ende ist. Mehr kann man nicht erwarten von einem Thriller.
Jörg Juretzka hat auch ein paar Drehbücher geschrieben. Aber vor allem ist er gelernter Tischler und Zimmermann. Er weiß, wie man baut. Und er hat Kristof Kryszinski erfunden, der uns nun schon zum fünfzehnten Mal begegnet. In "Nomade 2. Der weiße Vogel" (Rotbuch, 304 S., geb., 22,- Euro) hat er ihn in die Wüste geschickt. Das ist kein Schaden. Für trockene Sprüche ist die Sahara ein idealer Ort. Und natürlich wird Kryszinski widerwillig auch jetzt wieder eingreifen, wenn die weibliche Punkband Las Surfsistadoras auf den verrückten Gedanken kommt, in einem nuklear verstrahlten Geisterdorf ein Musikvideo zu drehen, und dann plötzlich verschwunden ist. Auch dieser Roman hat den Hang zum leicht durchgeknallten Plot, den man an Juretzka seit Jahren schätzt, und überzeugt durch seine Lakonie. PETER KÖRTE
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»Es ist nur ein Roman, versuche ich mein klopfendes Herz zu beruhigen, als ich auf der letzten Seite angelangt bin. ... Pflüger erzählt gewandt und leichten Tons. Er formuliert genau, schwingt gekonnt zwischen Witz und Nachdenklichkeit ...« Silvia Ottow neues deutschland 20240926