Der Weltbestseller »Eine kurze Geschichte der Menschheit« für ein jüngeres Publikum neu erzählt Unterhaltsam und fundiert erzählt der derzeit einflussreichste Sachbuchautor der Welt hier seinen Bestseller »Eine kurze Geschichte der Menschheit« für junge Menschen neu und schärft dabei das Bewusstsein für die besonderen Herausforderungen unserer Zeit. Band 1: Steinzeit: Wie wir Menschen die Welt eroberten Vor Millionen von Jahren war der Mensch bloß ein relativ unbedeutender Vertreter der Tierwelt. Wie konnte sich dieser körperlich relativ schwache Affe zum Herrn der Welt aufschwingen? Und was musste er tun, um sich die Erde untertan zu machen? Yuval Noah Harari erklärt die großen Momente der menschlichen Evolution leicht verständlich für Jung und Alt. Angelegt auf fünf Bände, von denen jeder in sich abgeschlossen ist. Ungekürzte Lesung mit Oliver Rohrbeck 3h 48min
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Nicolas Freund gibt Entwarnung für Eltern. Sein technoides Menschenbild hat Bestseller-Autor Yuval Noah Harari in diesem ersten Band seiner Kinderbuch-Reihe eher in den Hintergrund gestellt. Zusammen mit den bereichernden Illustrationen von Ricarda Zaplana Ruiz ergibt das ein Buch über die Frühzeit des Menschen und seine Entwicklung, das laut Freund spannende Denkansätze bereithält. Ansätze freilich und nur eine "mögliche" Version der Geschichte des Homo Sapiens, wie der Rezensent betont.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.01.2023Ihr
Affen
Yuval Noah Harari
hat eine
Kinderbuchversion
seines Bestsellers
„Sapiens“ geschrieben.
Stecken darin
so viel Antihumanismus
und Silicon-Valley-
Ideologie, wie seine
Kritiker bemängeln?
VON NICOLAS FREUND
Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari war zuletzt stark in die Kritik geraten. In den Sachbüchern „Sapiens“ (2013) und „Homo Deus“ (2017) erzählte er einen kurzen, überwölbenden Abriss der Menschheitsgeschichte mit einem Ausblick auf die angeblich bevorstehende Verschmelzung von Mensch und Algorithmus. Auch in der SZ wurde ihm deshalb vorgeworfen, sein Vergleich des Menschen mit Tieren einerseits und Computern andererseits leiste einer technoiden und antihumanistischen Ideologie Vorschub, wie sie unter anderem von manchen Tech-Unternehmern im Silicon Valley forciert wird, die den Menschen lieber heute als morgen so weit wie möglich in ihre Produktpaletten eingliedern möchten. Dazu wurden Harari auch eine ganze Reihe sachlicher Fehler sowie eine grundsätzlich sensationsheischende Haltung vorgeworfen: Echte wissenschaftliche Erkenntnisse lasse er einfach außer Acht, wenn sie nicht in seine Erzählung passen.
Diese heftigen Vorwürfe richten sich an einen Kosmos von Harari-Publikationen, der inzwischen beachtliche Ausmaße erreicht: Nach drei Bestsellern und einer Comicversion von „Sapiens“ sind derzeit eine Fernsehserie und eine „Immersive Experience“ in Arbeit. Die neueste Veröffentlichung ist eine Kinderbuchversion der Thesen aus „Sapiens“, der erste von vier geplanten Bänden ist bereits erschienen. Es geht darin um die Frühzeit der Menschheit, die sogenannte Steinzeit. Harari schildert, wie sich damals menschliche Verhaltensmuster herausbildeten, die uns teilweise bis heute beeinflussen. Dass über die Urzeit der Menschheit eigentlich nur sehr wenig bekannt ist, betont Harari dabei immer wieder. Es hindert ihn aber nicht daran, streitbare Thesen über diesen Millionen Jahre umfassenden Zeitraum aufzustellen: Für ihn war das eine Epoche, die vor allem durch die beginnende Dominanz des Homo sapiens bestimmt war. Dieser entdeckte das Feuer, setzte sich gegen weitaus gefährlichere Raubtiere durch, rottete dabei viele Tierarten aus und seine nahen Verwandten wie die Neandertaler wahrscheinlich gleich noch dazu. Der Sapiens kommt bei Harari nicht gut weg, ist aber trotzdem ein Erfolgsmodell – vor allem in seiner Urzeitversion war er laut Harari eine Art „Super-Sapiens“. Kerngesund, in Gruppen unterwegs und mit extrem scharfen Sinnen ausgestattet.
Auch wenn sie es nicht immer wissen oder es nicht wahrhaben wollen, sind die Menschen bei Harari grundsätzlich sehr mächtig, ohne aber mit dieser Macht verantwortungsbewusst umzugehen. Das führt zu Leid und Gewalt, vor allem gegen Tiere und die Umwelt. Um Algorithmen und Computer geht es in diesem ersten Band nur am Rande, trotzdem stellt sich gerade bei einem Kinderbuch die Frage, wie viel von dem womöglich problematischen Menschenbild Hararis hier abseits der Supermenschen-These Einzug gehalten hat.
Gleich zu Beginn schreibt Harari: „Erwachsenwerden ist harte Arbeit. Das gilt für alle – für dich, für deine Freunde, für jeden jungen Menschen. Sogar für Tiere. Ein Löwenjunge muss lernen, richtig schnell zu rennen und Zebras zu jagen. Ein kleiner Delfin muss schwimmen lernen und herausfinden, wie man Fische fängt.“ Evolutionstheoretisch ergibt es natürlich Sinn, den Menschen im Vergleich und in Konkurrenz zu Tieren zu denken. Aber kann man das Lernen von Kindern und Löwen wirklich so einfach gleichsetzen? Ähnliche Passagen in Hararis anderen Büchern wurden wegen solcher irreführenden Vergleiche kritisiert, zum Beispiel von der Neuropsychologin Darshana Narayanan. Andererseits: Eine überstrapazierte Analogie von Tier und Mensch ist in einem wissenschaftliche Autorität suggerierenden Sachbuch natürlich ein Problem. In einem Kinderbuch kann ein solcher Vergleich aber durchaus pädagogisch sinnvoll sein. Das ist vielleicht vereinfachend. Aber noch lange nicht menschenverachtend.
Das sieht auch der Verlag so. Sein deutscher Lektor Sebastian Ullrich nahm Harari vergangenen Monat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen solche Angriffe in Schutz: Harari referiere ja nur, was andere denken, wie zum Beispiel die Theoretiker und Konzernbosse der Tech-Branche. Er vertrete gar nicht die Position, dass der Mensch auch nur eine Maschine sei, sondern wolle eigentlich davor warnen. Und wenn er das im Indikativ tue, sie also nicht als Zitat kenntlich macht, dann diene das „der besseren Lesbarkeit“.
Folgt man dieser Argumentation, dann ist Harari eigentlich für nichts mehr verantwortlich, was in seinen Büchern steht. Dieses verwirrende und sehr fragwürdige Schreibverfahren hat er in seinem Kinderbuch aber ohnehin reduziert. Was er nicht geändert hat, ist seine Grundthese.
Denn für Harari sind die Sapiens nur deshalb so erfolgreich, weil sie einander Geschichten erzählen. Und Geschichten oder Fiktionen sind für Harari so ziemlich alles, was Menschen zur Kooperation bringt und ihnen damit einen Vorteil gegenüber ihrer Umwelt verschafft: Staaten, Unternehmen, Religion, Geld, Gesetze. Für Harari verdecken all diese Dinge die Realität, wie sie wirklich ist. Auf den ersten Blick suggeriert das eine beeindruckende Klarheit und erklärt vielleicht auch den Erfolg seiner Bücher. Bei näherem Hinsehen geht diese These aber oft nicht auf, ganz abgesehen davon, dass dieser Ansatz im Laufe der Jahrhunderte schon von vielen Philosophen wesentlich differenzierter behandelt worden ist.
Hararis erklärtes Ziel ist es, wie er in einem Interview zu dem Buch verriet, seine jungen Leser „von diesen Märchen zu befreien“. Auch sein Lektor schrieb in der FAZ: „Harari geht es um radikale Realitätserkenntnis. Er zerreißt das Gewebe der Geschichten, die wir um uns spinnen.“ Diese unbedingte Gleichsetzung und Relativierung von Staaten, Religion, Finanzen und anderen Systemen ist aber irreführend, weil diese Institutionen jeweils völlig verschieden funktionieren. Hararis Theorie ignoriert Wesentliches – ähnlich wie das mechanistische Menschenbild, das er in seinen anderen Büchern verbreitet. Denn können Fiktionen nicht auch helfen, klarer zu sehen, anstatt nur zu täuschen? Der große Denkfehler in dieser einfachen Welterklärungstheorie ist, dass sie in ihrer eigenen Logik selbst wieder eine Fiktion ist, also auch nur eine weitere Theorie – und längst keine so bahnbrechende, wie sie zu sein vorgibt.
Falsch sind die anthropologischen Kernthesen, die Harari in diesem neuen Buch für Kinder erzählt, deshalb nicht. Es finden sich sogar gerade für Heranwachsende sehr viele gute Denkansätze: So stellen die oft aus archäologischen Funde hergeleiteten Theorien über den Alltag in der Steinzeit schön die Klischees vom tumben Steinzeitmenschen infrage. Welcher Aufwand muss zum Beispiel betrieben worden sein, um ein Schmuckstück aus 250 Eckzähnen von Füchsen oder eine Mütze mit Tausenden Elfenbeinperlen herzustellen, und welchem Zweck dienten diese Gegenstände? Vieles bleibt bewusst offen. Auch die Bilder von Ricarda Zaplana Ruiz sind im besten Sinne Illustrationen, die dem Text oft noch eine weitere Dimension geben.
Es besteht auch nicht die Gefahr, dass junge Leser mit diesem Buch zum Technikglauben bekehrt oder mit antihumanistischen Ideen indoktriniert werden. Die Kritik am Homo sapiens ist in vielen Punkten ja berechtigt. Allerdings wird es wohl erst in einem der folgenden Bände dieser Reihe ausführlicher um Algorithmen und die Ideen aus dem Silicon Valley gehen. Gerade für junge Leser sollte aber trotzdem ein erwachsener Mitleser ergänzen, dass die Darstellung der Menschheitsgeschichte in diesem Buch nur eine mögliche Version ist – und es auch ganz andere Vorstellungen davon gibt, was einen Menschen und sein Verhältnis zur Umwelt ausmacht.
Für Harari verdecken
Geschichten die Realität,
wie sie wirklich ist
Der israelische Historiker und Sachbuchautor Yuval Noah Harari, geboren 1976, wurde mit „Sapiens“ (2013) und „Homo Deus“ (2017) weltbekannt. Zuletzt erschien von ihm u.a. „Sapiens. Die Falle“ im Verlag
C. H. Beck. Foto: imago
Yuval Noah Harari:
Wie wir Menschen
die Welt eroberten.
Mit Illustrationen von Ricard Zaplana Ruiz. C.H. Beck/dtv, 2022. 192 Seiten, 20 Euro.
Ab 8 Jahren.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Affen
Yuval Noah Harari
hat eine
Kinderbuchversion
seines Bestsellers
„Sapiens“ geschrieben.
Stecken darin
so viel Antihumanismus
und Silicon-Valley-
Ideologie, wie seine
Kritiker bemängeln?
VON NICOLAS FREUND
Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari war zuletzt stark in die Kritik geraten. In den Sachbüchern „Sapiens“ (2013) und „Homo Deus“ (2017) erzählte er einen kurzen, überwölbenden Abriss der Menschheitsgeschichte mit einem Ausblick auf die angeblich bevorstehende Verschmelzung von Mensch und Algorithmus. Auch in der SZ wurde ihm deshalb vorgeworfen, sein Vergleich des Menschen mit Tieren einerseits und Computern andererseits leiste einer technoiden und antihumanistischen Ideologie Vorschub, wie sie unter anderem von manchen Tech-Unternehmern im Silicon Valley forciert wird, die den Menschen lieber heute als morgen so weit wie möglich in ihre Produktpaletten eingliedern möchten. Dazu wurden Harari auch eine ganze Reihe sachlicher Fehler sowie eine grundsätzlich sensationsheischende Haltung vorgeworfen: Echte wissenschaftliche Erkenntnisse lasse er einfach außer Acht, wenn sie nicht in seine Erzählung passen.
Diese heftigen Vorwürfe richten sich an einen Kosmos von Harari-Publikationen, der inzwischen beachtliche Ausmaße erreicht: Nach drei Bestsellern und einer Comicversion von „Sapiens“ sind derzeit eine Fernsehserie und eine „Immersive Experience“ in Arbeit. Die neueste Veröffentlichung ist eine Kinderbuchversion der Thesen aus „Sapiens“, der erste von vier geplanten Bänden ist bereits erschienen. Es geht darin um die Frühzeit der Menschheit, die sogenannte Steinzeit. Harari schildert, wie sich damals menschliche Verhaltensmuster herausbildeten, die uns teilweise bis heute beeinflussen. Dass über die Urzeit der Menschheit eigentlich nur sehr wenig bekannt ist, betont Harari dabei immer wieder. Es hindert ihn aber nicht daran, streitbare Thesen über diesen Millionen Jahre umfassenden Zeitraum aufzustellen: Für ihn war das eine Epoche, die vor allem durch die beginnende Dominanz des Homo sapiens bestimmt war. Dieser entdeckte das Feuer, setzte sich gegen weitaus gefährlichere Raubtiere durch, rottete dabei viele Tierarten aus und seine nahen Verwandten wie die Neandertaler wahrscheinlich gleich noch dazu. Der Sapiens kommt bei Harari nicht gut weg, ist aber trotzdem ein Erfolgsmodell – vor allem in seiner Urzeitversion war er laut Harari eine Art „Super-Sapiens“. Kerngesund, in Gruppen unterwegs und mit extrem scharfen Sinnen ausgestattet.
Auch wenn sie es nicht immer wissen oder es nicht wahrhaben wollen, sind die Menschen bei Harari grundsätzlich sehr mächtig, ohne aber mit dieser Macht verantwortungsbewusst umzugehen. Das führt zu Leid und Gewalt, vor allem gegen Tiere und die Umwelt. Um Algorithmen und Computer geht es in diesem ersten Band nur am Rande, trotzdem stellt sich gerade bei einem Kinderbuch die Frage, wie viel von dem womöglich problematischen Menschenbild Hararis hier abseits der Supermenschen-These Einzug gehalten hat.
Gleich zu Beginn schreibt Harari: „Erwachsenwerden ist harte Arbeit. Das gilt für alle – für dich, für deine Freunde, für jeden jungen Menschen. Sogar für Tiere. Ein Löwenjunge muss lernen, richtig schnell zu rennen und Zebras zu jagen. Ein kleiner Delfin muss schwimmen lernen und herausfinden, wie man Fische fängt.“ Evolutionstheoretisch ergibt es natürlich Sinn, den Menschen im Vergleich und in Konkurrenz zu Tieren zu denken. Aber kann man das Lernen von Kindern und Löwen wirklich so einfach gleichsetzen? Ähnliche Passagen in Hararis anderen Büchern wurden wegen solcher irreführenden Vergleiche kritisiert, zum Beispiel von der Neuropsychologin Darshana Narayanan. Andererseits: Eine überstrapazierte Analogie von Tier und Mensch ist in einem wissenschaftliche Autorität suggerierenden Sachbuch natürlich ein Problem. In einem Kinderbuch kann ein solcher Vergleich aber durchaus pädagogisch sinnvoll sein. Das ist vielleicht vereinfachend. Aber noch lange nicht menschenverachtend.
Das sieht auch der Verlag so. Sein deutscher Lektor Sebastian Ullrich nahm Harari vergangenen Monat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen solche Angriffe in Schutz: Harari referiere ja nur, was andere denken, wie zum Beispiel die Theoretiker und Konzernbosse der Tech-Branche. Er vertrete gar nicht die Position, dass der Mensch auch nur eine Maschine sei, sondern wolle eigentlich davor warnen. Und wenn er das im Indikativ tue, sie also nicht als Zitat kenntlich macht, dann diene das „der besseren Lesbarkeit“.
Folgt man dieser Argumentation, dann ist Harari eigentlich für nichts mehr verantwortlich, was in seinen Büchern steht. Dieses verwirrende und sehr fragwürdige Schreibverfahren hat er in seinem Kinderbuch aber ohnehin reduziert. Was er nicht geändert hat, ist seine Grundthese.
Denn für Harari sind die Sapiens nur deshalb so erfolgreich, weil sie einander Geschichten erzählen. Und Geschichten oder Fiktionen sind für Harari so ziemlich alles, was Menschen zur Kooperation bringt und ihnen damit einen Vorteil gegenüber ihrer Umwelt verschafft: Staaten, Unternehmen, Religion, Geld, Gesetze. Für Harari verdecken all diese Dinge die Realität, wie sie wirklich ist. Auf den ersten Blick suggeriert das eine beeindruckende Klarheit und erklärt vielleicht auch den Erfolg seiner Bücher. Bei näherem Hinsehen geht diese These aber oft nicht auf, ganz abgesehen davon, dass dieser Ansatz im Laufe der Jahrhunderte schon von vielen Philosophen wesentlich differenzierter behandelt worden ist.
Hararis erklärtes Ziel ist es, wie er in einem Interview zu dem Buch verriet, seine jungen Leser „von diesen Märchen zu befreien“. Auch sein Lektor schrieb in der FAZ: „Harari geht es um radikale Realitätserkenntnis. Er zerreißt das Gewebe der Geschichten, die wir um uns spinnen.“ Diese unbedingte Gleichsetzung und Relativierung von Staaten, Religion, Finanzen und anderen Systemen ist aber irreführend, weil diese Institutionen jeweils völlig verschieden funktionieren. Hararis Theorie ignoriert Wesentliches – ähnlich wie das mechanistische Menschenbild, das er in seinen anderen Büchern verbreitet. Denn können Fiktionen nicht auch helfen, klarer zu sehen, anstatt nur zu täuschen? Der große Denkfehler in dieser einfachen Welterklärungstheorie ist, dass sie in ihrer eigenen Logik selbst wieder eine Fiktion ist, also auch nur eine weitere Theorie – und längst keine so bahnbrechende, wie sie zu sein vorgibt.
Falsch sind die anthropologischen Kernthesen, die Harari in diesem neuen Buch für Kinder erzählt, deshalb nicht. Es finden sich sogar gerade für Heranwachsende sehr viele gute Denkansätze: So stellen die oft aus archäologischen Funde hergeleiteten Theorien über den Alltag in der Steinzeit schön die Klischees vom tumben Steinzeitmenschen infrage. Welcher Aufwand muss zum Beispiel betrieben worden sein, um ein Schmuckstück aus 250 Eckzähnen von Füchsen oder eine Mütze mit Tausenden Elfenbeinperlen herzustellen, und welchem Zweck dienten diese Gegenstände? Vieles bleibt bewusst offen. Auch die Bilder von Ricarda Zaplana Ruiz sind im besten Sinne Illustrationen, die dem Text oft noch eine weitere Dimension geben.
Es besteht auch nicht die Gefahr, dass junge Leser mit diesem Buch zum Technikglauben bekehrt oder mit antihumanistischen Ideen indoktriniert werden. Die Kritik am Homo sapiens ist in vielen Punkten ja berechtigt. Allerdings wird es wohl erst in einem der folgenden Bände dieser Reihe ausführlicher um Algorithmen und die Ideen aus dem Silicon Valley gehen. Gerade für junge Leser sollte aber trotzdem ein erwachsener Mitleser ergänzen, dass die Darstellung der Menschheitsgeschichte in diesem Buch nur eine mögliche Version ist – und es auch ganz andere Vorstellungen davon gibt, was einen Menschen und sein Verhältnis zur Umwelt ausmacht.
Für Harari verdecken
Geschichten die Realität,
wie sie wirklich ist
Der israelische Historiker und Sachbuchautor Yuval Noah Harari, geboren 1976, wurde mit „Sapiens“ (2013) und „Homo Deus“ (2017) weltbekannt. Zuletzt erschien von ihm u.a. „Sapiens. Die Falle“ im Verlag
C. H. Beck. Foto: imago
Yuval Noah Harari:
Wie wir Menschen
die Welt eroberten.
Mit Illustrationen von Ricard Zaplana Ruiz. C.H. Beck/dtv, 2022. 192 Seiten, 20 Euro.
Ab 8 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Eine tolle Buchreihe, die zum eigenen Denken und Begreifen anregt, für alle ab 10. SWR Kaffee oder Tee 20231128