"Genau vor sich erblickte er im bleichen Mondlicht einen abscheulich aussehenden alten Mann. Seine Augen waren rot wie glühende Kohlen, langes graues Haar fiel ihm in wirren Strähnen über die Schultern, seine Kleidung, von altertümlichem Schnitt, war beschmutzt und zerrissen, und von seinen Handgelenken und Fußknöcheln hingen schwere, rostige Fesseln."
Seit Generationen schon spukt es auf Schloss Canterville. Doch keine der Gruselgeschichten kann Hiram B. Otis vom kauf des alten Gemäuers abbringen. Der Gesandte und seine Familie, moderne aufgeklärte Amerikaner, glauben einfach nicht Gespenster. Und so begegnen sie Sir Simon de Canterville, der pflichtschuldig versucht, die neuen Schlossbewohner zu Tode zu erschrecken, die mit ihrer Respektlosigkeit, das alte Gespenst zur Verzweiflung bringen.
Auch heute glaubt wohl niemand mehr ernsthaft an Gespenster. Umso mehr Vergnügen bereitet es daher, einer solch meisterhaft erzählten Spukgeschichte zu lauschen. Als eine hylo-idealistische Romanze bezeichnet Oscar Wilde seine erste Erzählung, die im Frühjahr 1887 erscheint. Wie seine darauf folgenden Märchen ist sie keinesfalls nur ein Märchen für Kinder. Vielmehr verfasste Wilde eine ebenso brillante wie humorvolle Erzählung für Erwachsene, die durchaus als Gesellschaftssatire bezeichnet werden kann. Der lebendige Sprachstil, der feinsinnige Humor und die meisterhafte Charakterisierung seiner Figuren machte "Das Gespenst von Canterville" zu Recht zu Oscar Wildes beliebtesten Erzählung.
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