Meike Rötzer nach Virginia Woolf. Das Erzählbuch - Theater für die Ohren und Schlüssel zu den Stoffen, die zu Weltliteratur wurden. Bislang werden Bücher vor- und durchgelesen, jetzt wird erzählt. Die zehnköpfige Familie Ramsay verbringt jeden Sommer mit ihren eigenwilligen Gästen auf der vom Meer umspülten Isle of Skye. Dass Mr Ramsay dem kleinen James die Hoffnung auf die ersehnte Bootsfahrt zum Leuchtturm zunichte macht, wird er ihm sein Leben lang nicht verzeihen. Zehn Jahre sollen vergehen, bis er die Tour an der Seite des Vaters unternimmt. Zehn Jahre, in die der Erste Weltkrieg fällt und sich die Familie unter ganz anderen Vorzeichen wieder im Sommerhaus zusammenfindet. Zum Leuchtturm hielt Woolf für das mit Abstand beste ihrer Bücher. Wie ihr Mann Leonard, der gleich nach der Lektüre wusste, "es ist ein Meisterwerk". Es zählt es zu den wichtigsten Büchern britischer Literatur. Grund genug, diese weltberühmte Geschichte zu erzählen. Der Bildhauer und Bühnenbildner Alexander Polzin hat das Portrait von Virginia Woolf für den Erzählbuchverlag gemalt.
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buecher-magazin.deGroßbritannien, 1910: Mr. und Mrs. Ramsay verbringen den Sommer in ihrem Feriendomizil auf der Isle of Skye. Außer ihren acht Kindern leben dort zwei Hausgäste: Lily Briscoe, eine junge Malerin, und Charles Tansley, ein Student und Bewunderer Ramsays. Der kleine James wünscht sich eine Fahrt zum Leuchtturm, sein Vater verweigert sie ihm, die Ramsays veranstalten ein Abendessen. Dann vergeht Zeit. Einer der Söhne fällt im Ersten Weltkrieg, eine der Töchter stirbt im Kindbett, Mrs. Ramsay stirbt, das Haus verfällt. Zehn Jahre später kehrt Ramsay zurück, um mit James zum Leuchtturm zu fahren. Dass das Fesselnde an der Buchvorlage das Innenleben der Figuren ist, müsste mittlerweile klar sein. Wie unter einem Mikroskop betrachtet Woolf die britische Gesellschaft, das Verhältnis zwischen Männern und Frauen, Eltern und Kindern. Der vielstimmige stream of consciousness ihres Romans ist reine Wortmagie, die sich im Hörspiel drei Erzählerinnen teilen, sodass die Sätze ineinanderfließen und sich wieder trennen. Das Sprechen bildet das Denken ab. Musik und Geräusche - Stricknadelklappern, Meeresrauschen - machen deutlich, in wessen Bewusstsein man sich gerade bewegt. Ein Kunstwerk.
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.19951927
Virginia Woolf "Zum Leuchtturm"
Wenn Sie ans Schreiben ging, und woandershin wollte sie im Grunde gar nicht, hatte Virginia Woolf keine Meinungen über die Welt: daher wohl dieser wunderbare Glanz des Unerwarteten, der auf allem liegt, was sie geschrieben hat - "und wie es manchmal vorkommt", geht es in diesem kleinen Roman einer Malerin einmal durch den Sinn, "wenn das Wetter sehr schön ist, wirkten die Klippen, als wären sie sich der Schiffe bewußt, und die Schiffe, als wären sie sich der Klippen bewußt, als signalisierten sie einander irgendeine verschwiegene, nur ihnen verständliche Botschaft." "Man mochte versuchen, seiner habhaft zu werden", denkt im Boot die Tochter über den Vater, der unbeirrt vom nahen Leuchtturm ein Buch liest ("Bücher vermehren sich von selbst", sagt seine Frau) - "doch dann breitete er wie ein Vogel die Flügel aus, segelte er davon, um sich außer Reichweite irgendwo weit weg auf einem einsamen Baumstumpf niederzulassen." Hermann Bang ähnlich scheint Virginia Woolf hier fast gar nichts zu erzählen, aber gerade so leuchtet die ganze Welt auf, und wie sonst nur Proust, mit zärtlicher Unnachgiebigkeit, stellt sie im Innern ihrer Figuren, und in ihrem und unserm Innern, der Wahrheit nach - als sei genau das die Bestimmung des Schreibens. Alles von ihr hat diese Bewegung, hat diese ebenso strahlende wie nachdenkliche Gegenwärtigkeit, und was immer man liest, Romane, Essays, Tagebücher, jedem will man deshalb unter dem Lesen den Vorzug geben vor allem andern, das doch genauso hinreißend ist. Zwischen 1908 und 1913 schrieb sie sich, wie Proust mit dem abgebrochnen "Jean Santeuil", mit ihrer "Fahrt hinaus" ins neue Jahrhundert hinüber, zu uns sozusagen; der "Leuchtturm" war ihr fünfter Roman, sie starb, viel zu früh, neunundfünfzigjährig 1941. (Virginia Woolf: "Zum Leuchtturm". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Karin Kersten. Gesammelte Werke, Prosa 6. Herausgegeben von Klaus Reichert. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993. 231 S., br., 14,90 DM.) R.V.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Virginia Woolf "Zum Leuchtturm"
Wenn Sie ans Schreiben ging, und woandershin wollte sie im Grunde gar nicht, hatte Virginia Woolf keine Meinungen über die Welt: daher wohl dieser wunderbare Glanz des Unerwarteten, der auf allem liegt, was sie geschrieben hat - "und wie es manchmal vorkommt", geht es in diesem kleinen Roman einer Malerin einmal durch den Sinn, "wenn das Wetter sehr schön ist, wirkten die Klippen, als wären sie sich der Schiffe bewußt, und die Schiffe, als wären sie sich der Klippen bewußt, als signalisierten sie einander irgendeine verschwiegene, nur ihnen verständliche Botschaft." "Man mochte versuchen, seiner habhaft zu werden", denkt im Boot die Tochter über den Vater, der unbeirrt vom nahen Leuchtturm ein Buch liest ("Bücher vermehren sich von selbst", sagt seine Frau) - "doch dann breitete er wie ein Vogel die Flügel aus, segelte er davon, um sich außer Reichweite irgendwo weit weg auf einem einsamen Baumstumpf niederzulassen." Hermann Bang ähnlich scheint Virginia Woolf hier fast gar nichts zu erzählen, aber gerade so leuchtet die ganze Welt auf, und wie sonst nur Proust, mit zärtlicher Unnachgiebigkeit, stellt sie im Innern ihrer Figuren, und in ihrem und unserm Innern, der Wahrheit nach - als sei genau das die Bestimmung des Schreibens. Alles von ihr hat diese Bewegung, hat diese ebenso strahlende wie nachdenkliche Gegenwärtigkeit, und was immer man liest, Romane, Essays, Tagebücher, jedem will man deshalb unter dem Lesen den Vorzug geben vor allem andern, das doch genauso hinreißend ist. Zwischen 1908 und 1913 schrieb sie sich, wie Proust mit dem abgebrochnen "Jean Santeuil", mit ihrer "Fahrt hinaus" ins neue Jahrhundert hinüber, zu uns sozusagen; der "Leuchtturm" war ihr fünfter Roman, sie starb, viel zu früh, neunundfünfzigjährig 1941. (Virginia Woolf: "Zum Leuchtturm". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Karin Kersten. Gesammelte Werke, Prosa 6. Herausgegeben von Klaus Reichert. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1993. 231 S., br., 14,90 DM.) R.V.
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»Die Tiefgründigkeit, der Reichtum und die Schönheit dieses Romans sind erstaunlich. Es gibt nichts Vergleichbares. Jedes Mal, wenn ich ihn lese, bin ich erschüttert darüber, was Virginia Woolf zu leisten imstande war.« Meg Wolitzer
»Meine Bewunderung für diesen Roman ist grenzenlos. Er ist so schön, ergreifend und schonungslos wie nichts anderes, was ich gelesen habe.« Siri Hustvedt
»Das Beste, was Virginia Woolf je geschrieben hat.« The New York Times
»Meine Bewunderung für diesen Roman ist grenzenlos. Er ist so schön, ergreifend und schonungslos wie nichts anderes, was ich gelesen habe.« Siri Hustvedt
»Das Beste, was Virginia Woolf je geschrieben hat.« The New York Times