"Ich oder der Alligator!" Keinen Tag länger will Homer Hickam der Ältere sein Badezimmer mit einem bissigen Reptil namens Albert teilen. Als der Bergwerksarbeiter seiner Frau ein Ultimatum stellt, muss Elsie lange überlegen. Schließlich ist ein Leben ohne Alligator doch sinnlos. Wie alles hier in Coalwood, West Virginia. Die ganze trostlose Stadt liegt unter einer schwarzen Staubschicht begraben. Und selbst vor ihrer Ehe hat die Große Depression keinen Halt gemacht. Trotzdem fällt Elsie die Entscheidung - unter einer Bedingung: Sie müssen Albert nach Hause bringen. Zurück nach Florida. In einem alten Buick. Mit Alligator auf dem Rücksitz ...Ein Hörbuch über verpasste Chancen, eine große Liebe und über das absurd-schöne Glück, in Gesellschaft eines grinsenden Alligators zu reisen.Mit hinreißendem Humor gelesen von Michael-Che Koch.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2016Ein Alligator auf Reisen
Neues aus Coalwood: Homer Hickams Roman "Albert muss nach Hause"
Homer Hadley Hickam Jr., geboren 1943, schrieb mit den autobiographisch geprägten Romanen "Rocket Boys" (1998), "The Coalwood Way" (2000), "Sky of Stone" (2001) und "We Are Not Afraid" (2002) seine amerikanische Geschichte der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. "Rocket Boys", in dem es um seinen Weg aus dem Minenarbeiterstädtchen Coalwood, West Virginia, zum Nasa-Ingenieur ging, nachdem durch den Flug des sowjetischen Sputnik 1957 sein Interesse am Weltraum geweckt worden war, wurde 1999 unter dem Titel "October Sky" auch verfilmt. Zu dieser sogenannten "Coalwood-Reihe" reichte der Autor mit "Carrying Albert Home" im Vorjahr gleichsam die Vorgeschichte nach. Mit "Albert muss nach Hause" liegt nun die deutschsprachige Fassung vor. Es ist die einzige derzeit erhältliche Übersetzung eines Hickam-Romans.
Beim Titelhelden handelt es sich um einen Alligator, keinesfalls ein Krokodil, den Homer Juniors Mutter Elsie als Hochzeitsgeschenk von ihrem Jugendschwarm Christian "Buddy" Ebsen, später ein bekannter Schauspieler, Tänzer und Entertainer, erhalten hat. Elsie Lavender Hickam, so stellt es der Autor dar, denn so haben es ihm seine Mutter und sein Vater, Homer Hickam Senior, nicht in denselben Worten, aber doch im Großen und Ganzen übereinstimmend erzählt, trauerte der verflossenen Jugendliebe lange nach. Dies manifestierte sich in einer übertriebenen Zuneigung zu dem Reptil. Da aber solche Tiere viel zu fressen brauchen und Albert für seinen Planschteich im Garten bald zu groß werden würde, vor allem aber weil es Elsie in der Bergbausiedlung nicht mehr aushalten wollte, verlangte sie eines Tages, wie wir später ausrechnen können, war dies im Jahr 1935, von ihrem Angetrauten, Albert an seinen vermuteten Herkunftsort zu ihrem Onkel Aubrey nach Orlando, Florida, zu bringen.
Da es nun nicht umsonst sein darf, wenn jemand, zumal ein Amerikaner, nach dem altgriechischen Verfasser großer Werke über Kriegszüge und andere Fernreisen benannt wurde - selbst wenn der Name dann wie in der Fernsehserie eigenartig betont ausgesprochen wird -, begeben sich Homer, Elsie, Albert und ein verwirrter Hahn, der seine Zuneigung zu Albert (und Homer) durch körperliche Nähe ausdrückt, auf eine Odyssee von West Virginia nach Florida.
Dass sich Homer der Jüngere diesmal durchaus von seinem Namenspatron inspiriert gefühlt haben dürfte, wird an den vielen Umwegen und bemerkenswerten Begegnungen auf der ursprünglich auf zwei Wochen - so viel Urlaub kann Homer bei der Bergwerksgesellschaft herausschlagen - anberaumten, dann aber viel längeren Reise deutlich. Der Untertitel des Bandes lautet: "Die irgendwie wahre Geschichte eines Mannes, seiner Frau und ihres Alligators". Ob hier aber tatsächlich wahrheitsgemäß berichtet wird, bleibt nicht zu ergründen. So trifft das Ehepaar unterwegs auf die Schriftsteller Ernest Hemingway und John Steinbeck und zu guter Letzt auf den Schauspieler Buddy Ebsen, es erlebt die Folgen von Franklin D. Roosevelts "New Deal"-Politik, Elsie erbt und verliert sofort wieder drei Millionen Dollar. Sie werden eventuell von einem ungleichen Gaunerpaar verfolgt, sind in unterschiedlichen Rollen an einer Seeschlacht mit Schmugglern beteiligt, Elsie sieht möglicherweise einen Geist, Homer wird niemals Baseballstar werden, sie überstehen die Flutkatastrophe auf den Florida Keys, und zuletzt finden die beiden zueinander und Albert ein neues Zuhause.
Wären da nicht in den späteren Kapiteln des Romans einige drastische Schilderungen, könnte man das Werk Homer Hickams als ein etwas rührseliges Jugendbuch abtun. So aber schwebt es im Ungewissen, vieles ist naiv geschildert und das meiste reizend, berührend und absolut unglaubwürdig. Zwischen den Abschnitten wird, auch typographisch vom Hauptteil abgesetzt, mit Bemerkungen des Autors zur jeweiligen Überlieferungsgeschichte des folgenden Textteils übergeleitet. So ergibt sich im Ganzen eine Struktur, die um eine mehrteilige Verfilmung geradezu bettelt. Kommt es dazu nicht, bleibt der Roman eine nicht unangenehme Freizeitlektüre. Mehr wird es nicht, mehr ist dazu auch nicht zu sagen.
MARTIN LHOTZKY
Homer Hickam: "Albert muss nach Hause". Roman.
Harper Collins, Hamburg 2016. 528 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Neues aus Coalwood: Homer Hickams Roman "Albert muss nach Hause"
Homer Hadley Hickam Jr., geboren 1943, schrieb mit den autobiographisch geprägten Romanen "Rocket Boys" (1998), "The Coalwood Way" (2000), "Sky of Stone" (2001) und "We Are Not Afraid" (2002) seine amerikanische Geschichte der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. "Rocket Boys", in dem es um seinen Weg aus dem Minenarbeiterstädtchen Coalwood, West Virginia, zum Nasa-Ingenieur ging, nachdem durch den Flug des sowjetischen Sputnik 1957 sein Interesse am Weltraum geweckt worden war, wurde 1999 unter dem Titel "October Sky" auch verfilmt. Zu dieser sogenannten "Coalwood-Reihe" reichte der Autor mit "Carrying Albert Home" im Vorjahr gleichsam die Vorgeschichte nach. Mit "Albert muss nach Hause" liegt nun die deutschsprachige Fassung vor. Es ist die einzige derzeit erhältliche Übersetzung eines Hickam-Romans.
Beim Titelhelden handelt es sich um einen Alligator, keinesfalls ein Krokodil, den Homer Juniors Mutter Elsie als Hochzeitsgeschenk von ihrem Jugendschwarm Christian "Buddy" Ebsen, später ein bekannter Schauspieler, Tänzer und Entertainer, erhalten hat. Elsie Lavender Hickam, so stellt es der Autor dar, denn so haben es ihm seine Mutter und sein Vater, Homer Hickam Senior, nicht in denselben Worten, aber doch im Großen und Ganzen übereinstimmend erzählt, trauerte der verflossenen Jugendliebe lange nach. Dies manifestierte sich in einer übertriebenen Zuneigung zu dem Reptil. Da aber solche Tiere viel zu fressen brauchen und Albert für seinen Planschteich im Garten bald zu groß werden würde, vor allem aber weil es Elsie in der Bergbausiedlung nicht mehr aushalten wollte, verlangte sie eines Tages, wie wir später ausrechnen können, war dies im Jahr 1935, von ihrem Angetrauten, Albert an seinen vermuteten Herkunftsort zu ihrem Onkel Aubrey nach Orlando, Florida, zu bringen.
Da es nun nicht umsonst sein darf, wenn jemand, zumal ein Amerikaner, nach dem altgriechischen Verfasser großer Werke über Kriegszüge und andere Fernreisen benannt wurde - selbst wenn der Name dann wie in der Fernsehserie eigenartig betont ausgesprochen wird -, begeben sich Homer, Elsie, Albert und ein verwirrter Hahn, der seine Zuneigung zu Albert (und Homer) durch körperliche Nähe ausdrückt, auf eine Odyssee von West Virginia nach Florida.
Dass sich Homer der Jüngere diesmal durchaus von seinem Namenspatron inspiriert gefühlt haben dürfte, wird an den vielen Umwegen und bemerkenswerten Begegnungen auf der ursprünglich auf zwei Wochen - so viel Urlaub kann Homer bei der Bergwerksgesellschaft herausschlagen - anberaumten, dann aber viel längeren Reise deutlich. Der Untertitel des Bandes lautet: "Die irgendwie wahre Geschichte eines Mannes, seiner Frau und ihres Alligators". Ob hier aber tatsächlich wahrheitsgemäß berichtet wird, bleibt nicht zu ergründen. So trifft das Ehepaar unterwegs auf die Schriftsteller Ernest Hemingway und John Steinbeck und zu guter Letzt auf den Schauspieler Buddy Ebsen, es erlebt die Folgen von Franklin D. Roosevelts "New Deal"-Politik, Elsie erbt und verliert sofort wieder drei Millionen Dollar. Sie werden eventuell von einem ungleichen Gaunerpaar verfolgt, sind in unterschiedlichen Rollen an einer Seeschlacht mit Schmugglern beteiligt, Elsie sieht möglicherweise einen Geist, Homer wird niemals Baseballstar werden, sie überstehen die Flutkatastrophe auf den Florida Keys, und zuletzt finden die beiden zueinander und Albert ein neues Zuhause.
Wären da nicht in den späteren Kapiteln des Romans einige drastische Schilderungen, könnte man das Werk Homer Hickams als ein etwas rührseliges Jugendbuch abtun. So aber schwebt es im Ungewissen, vieles ist naiv geschildert und das meiste reizend, berührend und absolut unglaubwürdig. Zwischen den Abschnitten wird, auch typographisch vom Hauptteil abgesetzt, mit Bemerkungen des Autors zur jeweiligen Überlieferungsgeschichte des folgenden Textteils übergeleitet. So ergibt sich im Ganzen eine Struktur, die um eine mehrteilige Verfilmung geradezu bettelt. Kommt es dazu nicht, bleibt der Roman eine nicht unangenehme Freizeitlektüre. Mehr wird es nicht, mehr ist dazu auch nicht zu sagen.
MARTIN LHOTZKY
Homer Hickam: "Albert muss nach Hause". Roman.
Harper Collins, Hamburg 2016. 528 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Albert muss nach Hause ist eine kitschfreie Liebesgeschichte über eine Menage a trois im ungewöhnlichsten Sinne. Das Hörbuch ist wirklich unterhaltsam, immer an der Grenze zum Unglaublichen und eine absolut unberechenbare Geschichte." RBB Fritz Radio, 24.08.2016