In der Transsibirischen Eisenbahn begegnet ein Schriftsteller einer jungen Stargeigerin und gleichzeitig einer dunklen Seite seines früheren Lebens. Er gerät in ein Paralleluniversum, in dem Zeit und Raum zusammenfallen das Aleph. Und er erkennt seine Chance, eine alte Schuld zu bewältigen und sein Leben noch einmal neu zu beginnen.
CD 1 | |||
1 | König meines eigenen Reiches | 00:05:31 | |
2 | König meines eigenen Reiches | 00:06:02 | |
3 | König meines eigenen Reiches | 00:06:55 | |
4 | König meines eigenen Reiches | 00:05:49 | |
5 | König meines eigenen Reiches | 00:05:09 | |
6 | König meines eigenen Reiches | 00:05:54 | |
7 | Der chinesische Bambus | 00:06:08 | |
8 | Der chinesische Bambus | 00:05:54 | |
9 | Der chinesische Bambus | 00:07:14 | |
10 | Der chinesische Bambus | 00:04:51 | |
11 | Die Laterne des Fremden | 00:06:16 | |
12 | Die Laterne des Fremden | 00:06:05 | |
13 | Die Laterne des Fremden | 00:06:34 | |
CD 2 | |||
1 | Wenn ein kalter Wind weht | 00:05:08 | |
2 | Wenn ein kalter Wind weht | 00:04:45 | |
3 | Seelen miteinander teilen | 00:06:31 | |
4 | Seelen miteinander teilen | 00:06:59 | |
5 | Seelen miteinander teilen | 00:07:05 | |
6 | 9288 | 00:06:02 | |
7 | 9288 | 00:05:09 | |
8 | 9288 | 00:05:10 | |
9 | Hilals Augen | 00:06:10 | |
10 | Hilals Augen | 00:05:15 | |
11 | Hilals Augen | 00:05:58 | |
12 | Das Ipatjew-Haus | 00:06:49 | |
13 | Das Ipatjew-Haus | 00:07:41 | |
CD 3 | |||
1 | Das Aleph | 00:05:19 | |
2 | Das Aleph | 00:05:20 | |
3 | Das Aleph | 00:06:09 | |
4 | Das Aleph | 00:05:47 | |
5 | Das Aleph | 00:03:57 | |
6 | Träumer lassen sich nicht zähmen | 00:05:41 | |
7 | Träumer lassen sich nicht zähmen | 00:06:04 | |
8 | Träumer lassen sich nicht zähmen | 00:06:40 | |
9 | Träumer lassen sich nicht zähmen | 00:06:46 | |
10 | Wie Tränen im Regen | 00:04:54 | |
11 | Wie Tränen im Regen | 00:05:09 | |
12 | Wie Tränen im Regen | 00:07:10 | |
13 | Das Chicago Sibiriens | 00:04:01 | |
14 | Das Chicago Sibiriens | 00:04:38 | |
CD 4 | |||
1 | Das Chicago Sibiriens | 00:03:44 | |
2 | Das Chicago Sibiriens | 00:04:46 | |
3 | Der Weg des Friedens | 00:07:34 | |
4 | Der Weg des Friedens | 00:06:41 | |
5 | Ring aus Licht | 00:08:00 | |
6 | Ring aus Licht | 00:07:28 | |
7 | Ring aus Licht | 00:04:51 | |
8 | Ring aus Licht | 00:05:45 | |
9 | Glauben, auch wenn alle den Glauben an dich verloren haben | 00:05:37 | |
10 | Glauben, auch wenn alle den Glauben an dich verloren haben | 00:05:11 | |
11 | Glauben, auch wenn alle den Glauben an dich verloren haben | 00:04:35 | |
12 | Teeblätter | 00:04:31 | |
13 | Teeblätter | 00:04:07 | |
14 | Teeblätter | 00:03:37 | |
CD 5 | |||
1 | Die fünfte Frau | 00:05:33 | |
2 | Die fünfte Frau | 00:06:58 | |
3 | Ad extirpanda | 00:03:44 | |
4 | Ad extirpanda | 00:05:20 | |
5 | Ad extirpanda | 00:05:41 | |
6 | Ad extirpanda | 00:06:04 | |
7 | Ad extirpanda | 00:06:01 | |
8 | Ad extirpanda | 00:07:35 | |
9 | Kraft neutralisieren, ohne sich zu bewegen | 00:06:03 | |
10 | Kraft neutralisieren, ohne sich zu bewegen | 00:06:18 | |
11 | Kraft neutralisieren, ohne sich zu bewegen | 00:06:19 | |
12 | Kraft neutralisieren, ohne sich zu bewegen | 00:06:09 | |
13 | Kraft neutralisieren, ohne sich zu bewegen | 00:05:56 | |
CD 6 | |||
1 | Die goldene Rose | 00:06:50 | |
2 | Die goldene Rose | 00:05:41 | |
3 | Die goldene Rose | 00:05:05 | |
4 | Der Adler vom Baikalsee | 00:05:45 | |
5 | Der Adler vom Baikalsee | 00:06:34 | |
6 | Der Adler vom Baikalsee | 00:04:49 | |
7 | Der Adler vom Baikalsee | 00:06:44 | |
8 | Der Adler vom Baikalsee | 00:04:11 | |
9 | Die Angst vor der Angst | 00:05:08 | |
10 | Die Angst vor der Angst | 00:04:25 | |
11 | Die Angst vor der Angst | 00:04:56 | |
12 | Die Angst vor der Angst | 00:03:44 | |
13 | Die Angst vor der Angst | 00:05:09 | |
CD 7 | |||
1 | Die Stadt | 00:04:45 | |
2 | Die Stadt | 00:03:57 | |
3 | Die Stadt | 00:05:08 | |
4 | Die Stadt | 00:05:40 | |
5 | Der Anruf | 00:05:04 | |
6 | Der Anruf | 00:05:45 | |
7 | Die Seele der Türkei | 00:07:36 | |
8 | Die Seele der Türkei | 00:07:04 | |
9 | Die Seele der Türkei | 00:05:03 | |
10 | Moskau, den 1. Juni 2006 | 00:02:59 | |
11 | Anmerkung des Autors | 00:02:13 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2012Das fängt ja sensationslüstern an
Heute erscheint der neue Roman des literarischen Alchimisten Paulo Coelho: "Aleph" schlingert dahin auf den Pfaden größtmöglicher Allgemeinheit.
Das neue Jahr begann mit einer Erleuchtung - genauer, mit einem Kurzschluss. Nach gut dreihundert Seiten aus der Feder des Weltbestsellerautors Paulo Coelho folgt nicht taghelle Erkenntnis, auch kein interesseloses Wohlgefallen stellt sich ein, sondern nur Verdunkelungsgefahr und die bohrende Frage, wie es sein kann, dass Millionen Leser irren. Es ist empirisch erwiesen, dass es weltweit mehr Käufer dieser literarischen Gattung gibt, als Deutschland Einwohner hat. Was in jedem drittklassigen Yogakurs würdevoller dargeboten wird, reißt der Leser den Buchhändlern aus den Regalen. Es ist etwas Seelenpornographisches an dieser Literatur, etwas Klammes, das allerdings eindrucksvoll mit dem Erhabenen koaliert, was den Pornographieverdacht sofort wieder aushebelt - anders lässt sich der Erfolg des literarischen Alchimisten ja nicht erklären.
Natürlich sichert sich Coelho nach allen Seiten ab. Statt Körperflüssigkeiten fließt Reinkarnationsäther. Sex findet quasi auf der immateriellen Ebene statt, was perfider ist als der schnöde Akt, weil man Geilheit ungehindert mit Spiritualität verrechnen und Sexismus als Ode an die Weiblichkeit tarnen kann. Dort, wo Coelho über potente Greise und barbusige Engel schreibt, wird rasch ein doppelter Deutungsboden eingezogen, und plötzlich bekommt man es mit einem "Reisenden" auf der Suche nach seinem "verlorenen Königreich" zu tun. Das ist dann wiederum herrlich erbaulich, und wer hat heute keine Erbauung nötig.
In "Aleph" geht es wieder um ein Alter Ego des Schriftstellers Coelho, den das stundenlange Signieren seiner Bücher zwar mit "positiver Energie" auflädt, jedoch nicht restlos erfüllt. Zudem ist seine persönliche spirituelle Entwicklung "blockiert". "Lass dich ein", hatte sein Guru ihm vor kurzem in einer Meditationssitzung geraten. Da fasst unser Schriftsteller den Entschluss, mit der Transsibirischen Eisenbahn eine Reise zu sich selbst zu unternehmen und Restfragen seiner Genealogie zu klären. "Ich glaube, ich bin wie dieser chinesische Bambus und dass gerade mein fünftes Jahr begonnen hat. Der Zeitpunkt, wieder zu wachsen." Nicht umsonst spricht man bei Pflanzen auch von "jungen Trieben".
Passenderweise assistiert dem glücklich verheirateten Kontinentalreisenden eine penetrante junge Türkin ("Diese Augen. Grün, ohne jede Spur von Make-up"), die überzeugt ist, der angebetete Schriftsteller schreibe "nur für sie". Besonders in der zweiten Hälfte des Romans verleiht sie ihrer Seelenverwandtschaft häufig nur noch mit einer Geige und ein wenig Schamhaar bekleidet Ausdruck. Zunächst fühlt sich der Wahlverwandte von Hilal belästigt, dann entschließt er sich doch, sie auf seine Reise mitzunehmen. Und wem würde es auch nicht gefallen, vom anderen Geschlecht bewundert zu werden! Fassungslos liest man dann allerdings den Bericht von einer als Kind missbrauchten Stalkerin, die sich dem standhaften Erbauungsliteraten auf den unmöglichsten Wegen und stets mit bebendem Körper nähert. Doch dessen Geduld scheint grenzenlos zu sein, und schon bald geraten die beiden an einer Stelle des Zugabteils per Augenkontakt in einen ozeanischen Zustand.
Schamlos schielt Coelho hier nach dem großen Literaturheiligen seines Kontinents. In Borges' Erzählung "Das Aleph" erlebt ein Schriftsteller unter der Kellertreppe eines Bekannten das rauschhafte Ineinanderfallen von Raum und Zeit. In der Kabbala bezeichnet der Buchstabe Aleph die unbegrenzte lautere Göttlichkeit, in der Mengenlehre steht er für die transfiniten Zahlen. Dieser Moment von Unendlichkeit und Allwissenheit hat bei Borges allerdings etwas zutiefst Verstörendes: Magie, die ein Leben verwirren kann und erst durch die menschliche Gabe zum Vergessen wieder gebannt wird.
Coelhos Aleph evoziert hingegen keine Ambivalenz, sondern nur platte, Dan-Brown-hafte Bilder. Plötzlich befinden wir uns im Mittelalter. Eine Frau soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde ist. Ein junger Karriere-Dominikaner, der das Mädchen einst geliebt hat, könnte es verhindern, schweigt aber im entscheidenden Augenblick. Wen wundert's, dass es sich um frühere Inkarnationen des ungleichen Paares aus der Transsibirischen Eisenbahn handelt. Klar, dass die beiden noch etwas miteinander zu regeln haben. Und klar auch, dass das Ziel "Vergebung" heißt. Einzige Schwierigkeit: Hilal liebt ihren Schriftsteller, "wie eine Frau einen Mann liebt", er sie hingegen nur "wie ein Fluss". "Nicht immer", Coelho sieht das ganz richtig, "gehen spirituelle Entwicklung und menschliche Weisheit Hand in Hand."
Einer der schärfsten Kritiker der seit Jahrzehnten in Lateinamerika grassierenden Verramschung des magischen Realismus hat Paulo Coelho einmal einen Seifenoper-Hexenmeister genannt. Seine Bücher gehörten der Literatur des "schwachen Denkens" an. "An Unterhaltsamkeit fehlt es ihm nicht", schreibt Roberto Bolaño. "An Anschaulichkeit mangelt es ihm ebenso wenig. Und die sogenannten sozial Schwachen verstehen die Botschaft genau." Das trifft zu. Man versteht jedes Wort oder, besser gesagt, kann jedes Wort in alle Richtungen verstehen, weil Coelhos spirituelle Reise ein offenes Kunstwerk ist. Alles ist in größtmöglicher Allgemeinheit gehalten ("Das, was wir suchen, sucht immer auch uns"), so dass sich jeder sein Scheibchen Lebensweisheit abschneiden kann.
"Den Schmerz willkommen heißen" lautet eine oft verwendete Floskel. Wir aber möchten ihn an dieser Stelle lieber verabschieden, mit einer Übung, die der Meister selbst empfiehlt: "Atmen Sie tief ein und bitten Sie, dass die Gnade, die in der Luft enthalten ist, in Ihren Körper eindringt und sich auf jede einzelne Zelle verteilt. Atmen Sie langsam aus, übertragen Sie die Freude und den Frieden auf Ihre Umgebung. Wiederholen Sie das zehnmal." Und widerstehen Sie diesem Buch.
KATHARINA TEUTSCH.
Paolo Coelho: "Aleph". Roman.
Aus dem Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann. Diogenes Verlag, Zürich 2012. 320 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Heute erscheint der neue Roman des literarischen Alchimisten Paulo Coelho: "Aleph" schlingert dahin auf den Pfaden größtmöglicher Allgemeinheit.
Das neue Jahr begann mit einer Erleuchtung - genauer, mit einem Kurzschluss. Nach gut dreihundert Seiten aus der Feder des Weltbestsellerautors Paulo Coelho folgt nicht taghelle Erkenntnis, auch kein interesseloses Wohlgefallen stellt sich ein, sondern nur Verdunkelungsgefahr und die bohrende Frage, wie es sein kann, dass Millionen Leser irren. Es ist empirisch erwiesen, dass es weltweit mehr Käufer dieser literarischen Gattung gibt, als Deutschland Einwohner hat. Was in jedem drittklassigen Yogakurs würdevoller dargeboten wird, reißt der Leser den Buchhändlern aus den Regalen. Es ist etwas Seelenpornographisches an dieser Literatur, etwas Klammes, das allerdings eindrucksvoll mit dem Erhabenen koaliert, was den Pornographieverdacht sofort wieder aushebelt - anders lässt sich der Erfolg des literarischen Alchimisten ja nicht erklären.
Natürlich sichert sich Coelho nach allen Seiten ab. Statt Körperflüssigkeiten fließt Reinkarnationsäther. Sex findet quasi auf der immateriellen Ebene statt, was perfider ist als der schnöde Akt, weil man Geilheit ungehindert mit Spiritualität verrechnen und Sexismus als Ode an die Weiblichkeit tarnen kann. Dort, wo Coelho über potente Greise und barbusige Engel schreibt, wird rasch ein doppelter Deutungsboden eingezogen, und plötzlich bekommt man es mit einem "Reisenden" auf der Suche nach seinem "verlorenen Königreich" zu tun. Das ist dann wiederum herrlich erbaulich, und wer hat heute keine Erbauung nötig.
In "Aleph" geht es wieder um ein Alter Ego des Schriftstellers Coelho, den das stundenlange Signieren seiner Bücher zwar mit "positiver Energie" auflädt, jedoch nicht restlos erfüllt. Zudem ist seine persönliche spirituelle Entwicklung "blockiert". "Lass dich ein", hatte sein Guru ihm vor kurzem in einer Meditationssitzung geraten. Da fasst unser Schriftsteller den Entschluss, mit der Transsibirischen Eisenbahn eine Reise zu sich selbst zu unternehmen und Restfragen seiner Genealogie zu klären. "Ich glaube, ich bin wie dieser chinesische Bambus und dass gerade mein fünftes Jahr begonnen hat. Der Zeitpunkt, wieder zu wachsen." Nicht umsonst spricht man bei Pflanzen auch von "jungen Trieben".
Passenderweise assistiert dem glücklich verheirateten Kontinentalreisenden eine penetrante junge Türkin ("Diese Augen. Grün, ohne jede Spur von Make-up"), die überzeugt ist, der angebetete Schriftsteller schreibe "nur für sie". Besonders in der zweiten Hälfte des Romans verleiht sie ihrer Seelenverwandtschaft häufig nur noch mit einer Geige und ein wenig Schamhaar bekleidet Ausdruck. Zunächst fühlt sich der Wahlverwandte von Hilal belästigt, dann entschließt er sich doch, sie auf seine Reise mitzunehmen. Und wem würde es auch nicht gefallen, vom anderen Geschlecht bewundert zu werden! Fassungslos liest man dann allerdings den Bericht von einer als Kind missbrauchten Stalkerin, die sich dem standhaften Erbauungsliteraten auf den unmöglichsten Wegen und stets mit bebendem Körper nähert. Doch dessen Geduld scheint grenzenlos zu sein, und schon bald geraten die beiden an einer Stelle des Zugabteils per Augenkontakt in einen ozeanischen Zustand.
Schamlos schielt Coelho hier nach dem großen Literaturheiligen seines Kontinents. In Borges' Erzählung "Das Aleph" erlebt ein Schriftsteller unter der Kellertreppe eines Bekannten das rauschhafte Ineinanderfallen von Raum und Zeit. In der Kabbala bezeichnet der Buchstabe Aleph die unbegrenzte lautere Göttlichkeit, in der Mengenlehre steht er für die transfiniten Zahlen. Dieser Moment von Unendlichkeit und Allwissenheit hat bei Borges allerdings etwas zutiefst Verstörendes: Magie, die ein Leben verwirren kann und erst durch die menschliche Gabe zum Vergessen wieder gebannt wird.
Coelhos Aleph evoziert hingegen keine Ambivalenz, sondern nur platte, Dan-Brown-hafte Bilder. Plötzlich befinden wir uns im Mittelalter. Eine Frau soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde ist. Ein junger Karriere-Dominikaner, der das Mädchen einst geliebt hat, könnte es verhindern, schweigt aber im entscheidenden Augenblick. Wen wundert's, dass es sich um frühere Inkarnationen des ungleichen Paares aus der Transsibirischen Eisenbahn handelt. Klar, dass die beiden noch etwas miteinander zu regeln haben. Und klar auch, dass das Ziel "Vergebung" heißt. Einzige Schwierigkeit: Hilal liebt ihren Schriftsteller, "wie eine Frau einen Mann liebt", er sie hingegen nur "wie ein Fluss". "Nicht immer", Coelho sieht das ganz richtig, "gehen spirituelle Entwicklung und menschliche Weisheit Hand in Hand."
Einer der schärfsten Kritiker der seit Jahrzehnten in Lateinamerika grassierenden Verramschung des magischen Realismus hat Paulo Coelho einmal einen Seifenoper-Hexenmeister genannt. Seine Bücher gehörten der Literatur des "schwachen Denkens" an. "An Unterhaltsamkeit fehlt es ihm nicht", schreibt Roberto Bolaño. "An Anschaulichkeit mangelt es ihm ebenso wenig. Und die sogenannten sozial Schwachen verstehen die Botschaft genau." Das trifft zu. Man versteht jedes Wort oder, besser gesagt, kann jedes Wort in alle Richtungen verstehen, weil Coelhos spirituelle Reise ein offenes Kunstwerk ist. Alles ist in größtmöglicher Allgemeinheit gehalten ("Das, was wir suchen, sucht immer auch uns"), so dass sich jeder sein Scheibchen Lebensweisheit abschneiden kann.
"Den Schmerz willkommen heißen" lautet eine oft verwendete Floskel. Wir aber möchten ihn an dieser Stelle lieber verabschieden, mit einer Übung, die der Meister selbst empfiehlt: "Atmen Sie tief ein und bitten Sie, dass die Gnade, die in der Luft enthalten ist, in Ihren Körper eindringt und sich auf jede einzelne Zelle verteilt. Atmen Sie langsam aus, übertragen Sie die Freude und den Frieden auf Ihre Umgebung. Wiederholen Sie das zehnmal." Und widerstehen Sie diesem Buch.
KATHARINA TEUTSCH.
Paolo Coelho: "Aleph". Roman.
Aus dem Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann. Diogenes Verlag, Zürich 2012. 320 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Coelho berührt mit seiner einfachen, schnörkellosen Sprache, die ungeheuer fesseln und begeistern kann, Menschen in ihrem Innersten.« Britta Bingmann / Westdeutsche Allgemeine Zeitung Westdeutsche Allgemeine Zeitung