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Kann man Einsteins Relativitätstheorie anhand eines fallenden Würstchens erklären? Ja, und auch die Quantenphysik anhand eines Boxkampfes zwischen Putin und einem Känguru. Intelligent wie komisch führt Higgs den Hörer durch das schräge 20. Jahrhundert. Er verrät, was Scientology und Satanismus mit dem amerikanischen Raumfahrtprogramm zu tun haben, warum die Beatles und die Rolling Stones nie zusammen Drogen genommen hätten, und geht der Frage nach, ob ein Schmetterling in Tokio einen Tornado in Texas auslösen kann. Ein Hörbuch wie ein Trip - ungekürzt gelesen von Frank Arnold.
Ungekürzte Lesung mit Frank Arnold 2 mp3-CDs ca. 12 h 16 min
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Produktbeschreibung
Kann man Einsteins Relativitätstheorie anhand eines fallenden Würstchens erklären? Ja, und auch die Quantenphysik anhand eines Boxkampfes zwischen Putin und einem Känguru. Intelligent wie komisch führt Higgs den Hörer durch das schräge 20. Jahrhundert. Er verrät, was Scientology und Satanismus mit dem amerikanischen Raumfahrtprogramm zu tun haben, warum die Beatles und die Rolling Stones nie zusammen Drogen genommen hätten, und geht der Frage nach, ob ein Schmetterling in Tokio einen Tornado in Texas auslösen kann. Ein Hörbuch wie ein Trip - ungekürzt gelesen von Frank Arnold.

Ungekürzte Lesung mit Frank Arnold
2 mp3-CDs ca. 12 h 16 min
Autorenporträt
JOHN HIGGS, geboren 1971, ist Journalist und Autor. Er veröffentlichte bisher unter anderem eine Biographie über den LSD-Guru Timothy Leary ("I Have America Surrounded") und eine Geschichte der britischen Band "The KLF". Er produzierte Computerspiele und arbeitete für die BBC.

Der Sprecher FRANK ARNOLD, in Berlin geboren, ist Schauspieler, Regisseur und Dramaturg. Er arbeitet als Sprecher für TV-Magazine ("Aspekte") und las zahlreiche Hörbücher ein. 2014 wurde er mit dem Deutschen Hörbuchpreis als Bester Interpret ausgezeichnet. Für DAV las er zuletzt "Schmetterling im Sturm" von Walter Lucius.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2016

Warum Putin mit einem Känguru boxt

Frischer Blick auf das alte zwanzigste Jahrhundert: John Higgs rollt die Geschichte der Moderne auf und hat für seine Erläuterungen auch manche skurrile Veranschaulichung bei der Hand.

Bücher, die versuchen das zwanzigste Jahrhundert zu erklären, sind ein alter Hut. Überspitzt könnte man behaupten, dass das Feld längst abgegrast ist und sich nichts wirklich Nennenswertes mehr hinzufügen lässt. Doch wie so oft, wenn alle behaupten, es ginge nicht, kommt einer daher, der es trotzdem versucht. Im Fall des britischen Journalisten John Higgs ist das Ergebnis mit "Alles ist relativ und anything goes" ausnehmend kurzweilig und unterhaltsamer, als man es auf den ersten Blick vermuten würde.

Das ist vor allem Higgs assoziativ-anekdotischem Ansatz geschuldet. Geschichte ist für ihn ein willkürlicher Prozess, keine schnurgerade fortschreitende Entwicklung. Hieran anknüpfend, versucht der Autor, das zwanzigste Jahrhundert begreifbar zu machen, indem er nicht einfach das Vorhandene nacherzählt, sondern durch die Haupt- und Spartenkanäle der Geschichte zappt, allgemein anerkannte Lesarten mit weniger bekannten Betrachtungsweisen vermischt, um aus den Verknüpfungen ein größeres Muster, eine "alternative Geschichte" herauszuarbeiten.

Higgs Begründung für dieses Vorgehen: Die Geschichtsschreibung sei zu politisch dominiert. "Sie beschreibt die Welt ganz wunderbar bis zum Fall der Berliner Mauer, doch ihr fehlt die Erklärung für die Zeit, in der wir heute leben - eine Welt ständiger Überwachung, Tsunamis an Informationen, aber auch nie gekannter Möglichkeiten." Um das einundzwanzigste Jahrhundert zu verstehen, so der Autor, sei es jedoch nötig, nicht nur die politischen Geschehnisse zu würdigen, sondern auch all die Entwicklungen in der Wissenschaft, Kunst und Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts in Bezug zu setzen, eine Aufgabe, die er in "Alles ist relativ" kunstvoll meistert. Ähnlich wie David Foster Wallace, der in seinen radikalen Essays von der Pornoindustrie bis zur "Political Correctness" alles behandelte, was ihm vor die schriftstellerische Linse kam, führt Higgs seine Leser so immer wieder zu verblüffenden und unerwarteten Einsichten.

Was auf den ersten Blick nach einer losen Zusammenführung von Fakten und Ereignissen aussieht, entpuppt sich als geschickt konstruierte Geschichte der Moderne. Higgs zentrale These: Die Welt gerät im zwanzigsten Jahrhundert erheblich ins Wanken, alte Ordnungssysteme fliegen auseinander, absolute Wahrheiten sind passé. Das beginnt für ihn bei Einstein, dessen Relativitätstheorie die kartesische Raumordnung gleich zu Beginn des Jahrhunderts über den Haufen wirft und die Welt als vom Betrachter abhängig definiert - eine Vorstellung, die sich gleichzeitig an ganz anderer Stelle bei den Kubisten wiederfindet, die objektive Betrachtungsweisen verwerfen, um verschiedene Perspektiven auf einmal im Bild zu vereinen.

Ohne Hemmungen webt Higgs ein Netz aus Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, das sich durch das gesamte Buch zieht, oft ergänzt um bisweilen skurrile Veranschaulichungen. Das Verhalten von Quantenteilchen beschreibt der Autor kurzerhand an einem fiktiven Sparring zwischen Wladimir Putin und einem Känguru, das Konsolenspiel "Super Mario Bros." darf herhalten, um den Postmodernismus zu erklären, und Bertrand Russells Versuch, die Mathematik auf logische Füße zu stellen, wird mit "Dr. Who" verständlich gemacht - "Anything goes" gilt in diesem Buch ohne Zweifel. Stellenweise wirkt das zusammengewürfelt, doch wer glaubt, die Welt sei als kohärentes Ganzes zu begreifen, ist nach Higgs Lesart ohnehin auf dem Holzweg.

Higgs beweist auch Sinn für Ironie, wenn er genüsslich beschreibt, wie der Nationalsozialist Wernher von Braun im Disney Channel für sein Raketenprogramm werben musste, oder wenn er sich Gedanken über die Gemeinsamkeiten der viktorianischen Verhütungspionierin Marie Stopes, des LSD-Gurus Timothy Leary und Julian Assange macht: Undenkbares in die Debatte werfen, um sich dann wegen des eigenen messianischen Charakters ins Aus zu schießen.

Vieles hat man andernorts schon gelesen, vereinzelt sind auch Higgs Thesen nicht mehr taufrisch. Seine Auslegung Freuds fußt beispielsweise mehr auf dem kulturtheoretischen Verständnis als auf den Erkenntnissen der heutigen psychologischen Forschung, die Abstand zu Freuds Vorstellung vom Bewusstsein nehmen. Ein Gewinn ist das Buch trotzdem, weil Higgs seine Betrachtungen feinsinnig in biographische Anekdoten zur jeweiligen Person einflicht. Am Ende ist "Alles ist relativ" nicht nur eine andere Geschichte der letzten hundert Jahre, sondern auch eine der Moderne mit all ihren Widersprüchen. Wer die Vergangenheit unter Verzicht auf dozierende Gelehrsamkeit aus neuen Blickwinkeln betrachten möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.

FELIX SIMON

John Higgs: "Alles ist relativ und anything goes". Eine Reise durch das unglaublich seltsame und ziemlich wahnsinnige 20. Jahrhundert.

Aus dem Englischen von Michael Bischoff. Insel Verlag, Berlin 2016. 379 S., geb., 25,- [Euro].

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