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Der Text folgt der Textausgabe aus der Reihe EinFach Deutsch. Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl, Bestell-Nr.: 022461
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Frankfurter Allgemeine ZeitungDie Macht der Form
Mit der Novelle "Lieutenant Gustl" geht es los. Sie eröffnet die kritische Edition der frühen Schriften von Arthur Schnitzler. Dabei hält die Faksimile-Ausgabe des gesamten Manuskripts einige Entdeckungen bereit.
Empfindung, dass es ein Meisterwerk", so notierte Arthur Schnitzler am 19. Juli 1900 in seinem Tagebuch. Er hatte gerade seine Novelle "Lieutenant Gustl" vollendet, die zum ersten Mal in der deutschsprachigen Literatur vollständig im inneren Monolog verfasst war. Die Geschichte des k.u.k. Leutnants, der, am Vorabend vor einem Duell, in einem Konzert von einem Bäckermeister beleidigt wird und sich wegen Ehrenverlusts umbringen möchte, führte seinerzeit wegen der misogynen, antisemitischen Ausbrüche des Protagonisten zu einem Eklat und bietet heute Material für die Sozialpathographie einer Epoche.
Nach einer Entwurfsnotiz aus dem Jahr 1896, welche die Grundidee umreißt und Monologfetzen enthält, scheint Schnitzler vier Jahre lang daran nicht mehr gedacht zu haben, bis er den Einfall wieder aufgreift und an einem Tag, dem 27. Mai 1900, mit dem Arbeitstitel "Ehre" auf acht Blättern die Handlung skizziert. Dies ist gleichzeitig ein erster konsequenter Versuch, den neuen Stil auszuprobieren. Obwohl eine erzählerische Instanz noch spürbar ist (zum Beispiel "er dachte" - später wird Schnitzler unmittelbar niederschreiben, was Gustl denkt), sind alle Elemente der Erzählung präsent: Gustls rassistisch-erotomanes Temperament sowie der Spannungsbogen von der Szene im Konzert über den nächtlichen Spaziergang bis hin zur jubelnden Reaktion auf die Nachricht vom Tod des Bäckermeisters.
Fast zwei Monate später, in der Sommerfrische im niederösterreichischen Reichenau, greift Schnitzler die Skizze wieder auf und entwirft innerhalb weniger Tage, 14. bis 19. Juli, eine komplette Fassung. Deren 240 Blätter - als Teil des Werknachlasses in Cambridge aufbewahrt, nachdem dieser 1938 vor den Nazis gerettet wurde - bilden den Kern des zwei Kilo schweren Bandes, der die kritische Edition von Arthur Schnitzlers Frühschriften eröffnet.
Die Faksimile-Ausgabe des gesamten Manuskripts mit diplomatischer Umschrift (zum ersten Mal in ihrer Ganzheit am Original zu überprüfen) besitzt einen besonderen Zauber. Lange nach dem Ableben des Autors und dem Ausklingen des kreativen Prozesses pulsiert auf der handschriftlichen Seite der Schaffensrausch noch: In den langgezogenen Linien und den hastigen Korrekturen meint man die Euphorie zu spüren, die auf der letzten Seite ihre Klimax erreicht: der Schlusssatz, mit dem sich Gustl auf das Duell vorbereitet ("dich hau ich zu Krenfleisch"), samt Datum, Signatur und Ort, füllt mit nur vier Zeilen ein ganzes Blatt aus.
Schnitzlers Ärzteschrift (hier noch Kurrent, ab 1917 wechselte er zu Latein) ist bekanntlich schwer zu entziffern: Ihr häufig kurzschriftlicher Duktus verzichtet auf Diakritika und verschleift ganze Endsilben zu einem Auslaufbogen. Man wird dem Entzifferungsvirtuosentum der Herausgeberin besonderen Respekt zollen. Durch ihre Teilnahme an der Edition der Tagebücher geschult, hat sie in stillen einsamen Stunden dieses Dokument auch Uneingeweihten zugänglich gemacht. Lobenswert ist ebenfalls ihre philologische Ehrlichkeit, die vor manchen Kapitulationen nicht scheut und Unentziffertes rigoros mit Fragezeichen wiedergibt.
Wir werden gewarnt: Diese erste komplette Fassung sei keine Druckvorlage für die in der Weihnachtsnummer der "Neuen Freien Presse" - auf Einladung Theodor Herzls - publizierten Novelle. In den fünf Monaten vor dem Druck muss Schnitzler noch gefeilt haben, nur sind keine späteren Fassungen in seinem Nachlass erhalten. Manche Leser werden meinen, die Unterschiede zwischen Handschrift und Drucktext seien minimal, und die laut Einleitung angekündigten "erheblichen Unterschiede" als eine höfliche Übertreibung anzusehen. Und das nicht ganz zu Unrecht, denn, abgesehen von einer längeren gestrichenen Episode, wo Gustl seine Uniformkappe verliert - offensichtliches Sinnbild für den Ehrverlust -, sind die Divergenzen nicht auffällig.
Aber wer Handschrift und Druckfassung Zeile für Zeile vergliche, könnte doch zu interessanten Bemerkungen kommen. Denn sichtbar wird nicht nur Schnitzlers absichtliche Intensivierung von Austriazismen ("geärgert" wird zu "gegiftet", "Veilchen" zu "Veigerln"), sondern auch seine vorsichtige Milderung von Gustls in der Handschrift noch derberen Sprache. So war Gustls antisemitisches Ressentiment womöglich ausgeprägter: Der Advokat, dessen Bemerkungen Gustl bei einer Soiree als respektlos empfindet und den er daraufhin zum Duell herausfordert, ist nur in der Handschrift ein "getaufter Jud".
Ähnliches lässt sich bezüglich Gustls erotischer Impulse und Phantasien feststellen. In der Handschrift flüstert seine gelegentliche Geliebte Steffi "ich möcht jetzt mit dir ins Bett", und Gustl erinnert sich, dass er vorgestern "mit ihr im Bett gelegen ist". All das wird vor dem Druck gestrichen, und aus einer "Hur" wird schließlich eine "Person". Eine Jugenderinnerung Gustls ("zu dritt sind wir in das Bordell gegangen") bleibt bloß als Anspielung: Es sei eine Böhmin gewesen, und er sei erst in der Früh nach Hause gekommen. Besonders aussagekräftig sind Schnitzlers vorsichtige Überlegungen zur Verwendung eines heiklen Adjektivs, die in wiederholten Streichungen auf einem einzigen Blatt sichtbar werden: aus "ganz nackt" wird "halbnackt", dann wieder "ganz nackt" und im Drucktext schlicht "nackt" - der Unterschied ist subtil, aber wichtig.
Unser Augenmerk soll ebenso Schnitzlers Umgang mit der innovativen Technik des inneren Monologs gelten. In der Darstellung einer durch die Sinne des Protagonisten wahrgenommenen Wirklichkeit herrschen anfangs noch vage räumliche Hinweise wie "da" und "dort" vor, die Gustl in einem abwechslungsarmen Vakuum schweben lassen. In einer späteren Bearbeitung treten konkrete Gegenstände hinzu, die den Raum besser konturieren: So steht ein hübsches Mädchen, das mit ihm im Theater liebäugelt, erst im Druck "am Geländer", und ein Herr, der ihn anstarrt, ist in einer zwischenzeiligen Korrektur "an der Säule" des Foyers. Erst die Akkumulierung solcher Elemente ermöglicht die raunende Beschwörung des Raums, in dem sich Gustl bewegt.
Schließlich scheinen die wenigen Dialoge nicht problemlos gewesen zu sein. Sie enthielten in der Handschrift längere Tiraden der Gesprächspartner, die den subjektiven Blickwinkel der Erzählung unterminieren. Der Bäckermeister spricht zu viel, zu lange und wird fast selbst zum Erzähler. Ausgehend von einer nachträglich flüchtig hingekritzelten Ergänzung im Manuskript ("Was hat er gesagt? Mir scheint, ich träum'"), werden in der Druckfassung Gustls psychische Reaktionen mit erhöhter Intensität auch in diese Episode eingeflochten, und erst dadurch wird das Experiment einer subjektiven Prosa als Wahrnehmungsstrom perfektioniert.
Es ist wohl zu bedauern, dass ähnliche entstehungsgeschichtliche Bemerkungen weder in der Einleitung noch im Kommentarteil dieser kritischen Ausgabe zu finden sind. Ferner wären einige Quellenergänzungen zu der Entwurfsnotiz von 1896 - die übrigens schon bekannt war -, dem Handlungsentwurf und der langen ersten Fassung willkommen gewesen. Eine mehrseitige im Nachlass befindliche Parodie, die manchmal als frühe Fassung ausgelegt wurde und Zweifel an der Eindeutigkeit der Interpretation geweckt hat, wird nicht einmal erwähnt. Einige Zitate von ersten Einfällen aus Schnitzlers Notizbüchern wirken impressionistisch und willkürlich, wie beispielsweise "Ohrfeige. Keiner erfährts. Verletzte Ehre" - wohl interessanter wäre die nicht angeführte Nachlass-Notiz, die Novelle sei "zum Teil nach einer tatsächlich vorgefallenen Geschichte, die einem Bekannten von Felix Salten passiert war, einem Herrn Lasky, im Foyer des Musikvereinssaals". Und vielleicht hätte Schnitzlers Vorbild, die Erzählung des französischen Symbolisten Édouard Dujardin (der einige Jahre später auch Joyce inspirierte), doch einen kleinen Platz im Kommentar dieser sonst empfehlenswerten bibliophilen Ausgabe finden können. Den Band schließen ein korrigierter Drucktext mit Variantenapparat und Moritz Coschells Illustrationen zur Erstausgabe.
LORENZO BELLETTINI
Arthur Schnitzler: "Lieutenant Gustl".
Historisch-Kritische Ausgabe. Hrsg. von Konstanze Fliedl. Verlag de Gruyter, Berlin 2011. 578 S., zahlr. Abb., geb., 299,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit der Novelle "Lieutenant Gustl" geht es los. Sie eröffnet die kritische Edition der frühen Schriften von Arthur Schnitzler. Dabei hält die Faksimile-Ausgabe des gesamten Manuskripts einige Entdeckungen bereit.
Empfindung, dass es ein Meisterwerk", so notierte Arthur Schnitzler am 19. Juli 1900 in seinem Tagebuch. Er hatte gerade seine Novelle "Lieutenant Gustl" vollendet, die zum ersten Mal in der deutschsprachigen Literatur vollständig im inneren Monolog verfasst war. Die Geschichte des k.u.k. Leutnants, der, am Vorabend vor einem Duell, in einem Konzert von einem Bäckermeister beleidigt wird und sich wegen Ehrenverlusts umbringen möchte, führte seinerzeit wegen der misogynen, antisemitischen Ausbrüche des Protagonisten zu einem Eklat und bietet heute Material für die Sozialpathographie einer Epoche.
Nach einer Entwurfsnotiz aus dem Jahr 1896, welche die Grundidee umreißt und Monologfetzen enthält, scheint Schnitzler vier Jahre lang daran nicht mehr gedacht zu haben, bis er den Einfall wieder aufgreift und an einem Tag, dem 27. Mai 1900, mit dem Arbeitstitel "Ehre" auf acht Blättern die Handlung skizziert. Dies ist gleichzeitig ein erster konsequenter Versuch, den neuen Stil auszuprobieren. Obwohl eine erzählerische Instanz noch spürbar ist (zum Beispiel "er dachte" - später wird Schnitzler unmittelbar niederschreiben, was Gustl denkt), sind alle Elemente der Erzählung präsent: Gustls rassistisch-erotomanes Temperament sowie der Spannungsbogen von der Szene im Konzert über den nächtlichen Spaziergang bis hin zur jubelnden Reaktion auf die Nachricht vom Tod des Bäckermeisters.
Fast zwei Monate später, in der Sommerfrische im niederösterreichischen Reichenau, greift Schnitzler die Skizze wieder auf und entwirft innerhalb weniger Tage, 14. bis 19. Juli, eine komplette Fassung. Deren 240 Blätter - als Teil des Werknachlasses in Cambridge aufbewahrt, nachdem dieser 1938 vor den Nazis gerettet wurde - bilden den Kern des zwei Kilo schweren Bandes, der die kritische Edition von Arthur Schnitzlers Frühschriften eröffnet.
Die Faksimile-Ausgabe des gesamten Manuskripts mit diplomatischer Umschrift (zum ersten Mal in ihrer Ganzheit am Original zu überprüfen) besitzt einen besonderen Zauber. Lange nach dem Ableben des Autors und dem Ausklingen des kreativen Prozesses pulsiert auf der handschriftlichen Seite der Schaffensrausch noch: In den langgezogenen Linien und den hastigen Korrekturen meint man die Euphorie zu spüren, die auf der letzten Seite ihre Klimax erreicht: der Schlusssatz, mit dem sich Gustl auf das Duell vorbereitet ("dich hau ich zu Krenfleisch"), samt Datum, Signatur und Ort, füllt mit nur vier Zeilen ein ganzes Blatt aus.
Schnitzlers Ärzteschrift (hier noch Kurrent, ab 1917 wechselte er zu Latein) ist bekanntlich schwer zu entziffern: Ihr häufig kurzschriftlicher Duktus verzichtet auf Diakritika und verschleift ganze Endsilben zu einem Auslaufbogen. Man wird dem Entzifferungsvirtuosentum der Herausgeberin besonderen Respekt zollen. Durch ihre Teilnahme an der Edition der Tagebücher geschult, hat sie in stillen einsamen Stunden dieses Dokument auch Uneingeweihten zugänglich gemacht. Lobenswert ist ebenfalls ihre philologische Ehrlichkeit, die vor manchen Kapitulationen nicht scheut und Unentziffertes rigoros mit Fragezeichen wiedergibt.
Wir werden gewarnt: Diese erste komplette Fassung sei keine Druckvorlage für die in der Weihnachtsnummer der "Neuen Freien Presse" - auf Einladung Theodor Herzls - publizierten Novelle. In den fünf Monaten vor dem Druck muss Schnitzler noch gefeilt haben, nur sind keine späteren Fassungen in seinem Nachlass erhalten. Manche Leser werden meinen, die Unterschiede zwischen Handschrift und Drucktext seien minimal, und die laut Einleitung angekündigten "erheblichen Unterschiede" als eine höfliche Übertreibung anzusehen. Und das nicht ganz zu Unrecht, denn, abgesehen von einer längeren gestrichenen Episode, wo Gustl seine Uniformkappe verliert - offensichtliches Sinnbild für den Ehrverlust -, sind die Divergenzen nicht auffällig.
Aber wer Handschrift und Druckfassung Zeile für Zeile vergliche, könnte doch zu interessanten Bemerkungen kommen. Denn sichtbar wird nicht nur Schnitzlers absichtliche Intensivierung von Austriazismen ("geärgert" wird zu "gegiftet", "Veilchen" zu "Veigerln"), sondern auch seine vorsichtige Milderung von Gustls in der Handschrift noch derberen Sprache. So war Gustls antisemitisches Ressentiment womöglich ausgeprägter: Der Advokat, dessen Bemerkungen Gustl bei einer Soiree als respektlos empfindet und den er daraufhin zum Duell herausfordert, ist nur in der Handschrift ein "getaufter Jud".
Ähnliches lässt sich bezüglich Gustls erotischer Impulse und Phantasien feststellen. In der Handschrift flüstert seine gelegentliche Geliebte Steffi "ich möcht jetzt mit dir ins Bett", und Gustl erinnert sich, dass er vorgestern "mit ihr im Bett gelegen ist". All das wird vor dem Druck gestrichen, und aus einer "Hur" wird schließlich eine "Person". Eine Jugenderinnerung Gustls ("zu dritt sind wir in das Bordell gegangen") bleibt bloß als Anspielung: Es sei eine Böhmin gewesen, und er sei erst in der Früh nach Hause gekommen. Besonders aussagekräftig sind Schnitzlers vorsichtige Überlegungen zur Verwendung eines heiklen Adjektivs, die in wiederholten Streichungen auf einem einzigen Blatt sichtbar werden: aus "ganz nackt" wird "halbnackt", dann wieder "ganz nackt" und im Drucktext schlicht "nackt" - der Unterschied ist subtil, aber wichtig.
Unser Augenmerk soll ebenso Schnitzlers Umgang mit der innovativen Technik des inneren Monologs gelten. In der Darstellung einer durch die Sinne des Protagonisten wahrgenommenen Wirklichkeit herrschen anfangs noch vage räumliche Hinweise wie "da" und "dort" vor, die Gustl in einem abwechslungsarmen Vakuum schweben lassen. In einer späteren Bearbeitung treten konkrete Gegenstände hinzu, die den Raum besser konturieren: So steht ein hübsches Mädchen, das mit ihm im Theater liebäugelt, erst im Druck "am Geländer", und ein Herr, der ihn anstarrt, ist in einer zwischenzeiligen Korrektur "an der Säule" des Foyers. Erst die Akkumulierung solcher Elemente ermöglicht die raunende Beschwörung des Raums, in dem sich Gustl bewegt.
Schließlich scheinen die wenigen Dialoge nicht problemlos gewesen zu sein. Sie enthielten in der Handschrift längere Tiraden der Gesprächspartner, die den subjektiven Blickwinkel der Erzählung unterminieren. Der Bäckermeister spricht zu viel, zu lange und wird fast selbst zum Erzähler. Ausgehend von einer nachträglich flüchtig hingekritzelten Ergänzung im Manuskript ("Was hat er gesagt? Mir scheint, ich träum'"), werden in der Druckfassung Gustls psychische Reaktionen mit erhöhter Intensität auch in diese Episode eingeflochten, und erst dadurch wird das Experiment einer subjektiven Prosa als Wahrnehmungsstrom perfektioniert.
Es ist wohl zu bedauern, dass ähnliche entstehungsgeschichtliche Bemerkungen weder in der Einleitung noch im Kommentarteil dieser kritischen Ausgabe zu finden sind. Ferner wären einige Quellenergänzungen zu der Entwurfsnotiz von 1896 - die übrigens schon bekannt war -, dem Handlungsentwurf und der langen ersten Fassung willkommen gewesen. Eine mehrseitige im Nachlass befindliche Parodie, die manchmal als frühe Fassung ausgelegt wurde und Zweifel an der Eindeutigkeit der Interpretation geweckt hat, wird nicht einmal erwähnt. Einige Zitate von ersten Einfällen aus Schnitzlers Notizbüchern wirken impressionistisch und willkürlich, wie beispielsweise "Ohrfeige. Keiner erfährts. Verletzte Ehre" - wohl interessanter wäre die nicht angeführte Nachlass-Notiz, die Novelle sei "zum Teil nach einer tatsächlich vorgefallenen Geschichte, die einem Bekannten von Felix Salten passiert war, einem Herrn Lasky, im Foyer des Musikvereinssaals". Und vielleicht hätte Schnitzlers Vorbild, die Erzählung des französischen Symbolisten Édouard Dujardin (der einige Jahre später auch Joyce inspirierte), doch einen kleinen Platz im Kommentar dieser sonst empfehlenswerten bibliophilen Ausgabe finden können. Den Band schließen ein korrigierter Drucktext mit Variantenapparat und Moritz Coschells Illustrationen zur Erstausgabe.
LORENZO BELLETTINI
Arthur Schnitzler: "Lieutenant Gustl".
Historisch-Kritische Ausgabe. Hrsg. von Konstanze Fliedl. Verlag de Gruyter, Berlin 2011. 578 S., zahlr. Abb., geb., 299,- [Euro].
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