"Wenn ich mich in meinem Alter noch über Menschen wundern würde, käme ich nicht mal mehr zum Zähneputzen." Baba Dunja
Baba Dunja ist eine Tschernobyl-Heimkehrerin. Wo der Rest der Welt die tickenden Geigerzähler fürchtet, baut sich die frühere Krankenschwester mit Gleichgesinnten ein neues Leben auf. Die Vögel rufen dort so laut wie nirgends sonst, die Spinnen weben verrückte Netze, und manchmal kommt ein Toter auf einen Plausch vorbei. Während der sterbenskranke Petrov in der Hängematte Liebesgedichte liest und die frühere Melkerin Marja mit dem fast hundertjährigen Sidorow anbandelt, schreibt Baba Dunja Briefe an ihre Tochter Irina, die Chirurgin bei der deutschen Bundeswehr ist. Doch dann kommt ein Fremder ins Dorf - und die Gemeinschaft steht erneut vor der Auflösung.
Baba Dunja ist eine Tschernobyl-Heimkehrerin. Wo der Rest der Welt die tickenden Geigerzähler fürchtet, baut sich die frühere Krankenschwester mit Gleichgesinnten ein neues Leben auf. Die Vögel rufen dort so laut wie nirgends sonst, die Spinnen weben verrückte Netze, und manchmal kommt ein Toter auf einen Plausch vorbei. Während der sterbenskranke Petrov in der Hängematte Liebesgedichte liest und die frühere Melkerin Marja mit dem fast hundertjährigen Sidorow anbandelt, schreibt Baba Dunja Briefe an ihre Tochter Irina, die Chirurgin bei der deutschen Bundeswehr ist. Doch dann kommt ein Fremder ins Dorf - und die Gemeinschaft steht erneut vor der Auflösung.
CD 1 | |||
1 | In der Nacht... | 00:04:43 | |
2 | Marja hat gesagt... | 00:03:08 | |
3 | Das mit dem Himmel... | 00:17:23 | |
4 | Wenn ich mir... | 00:05:28 | |
5 | Ich fülle die Hälfte... | 00:07:51 | |
6 | Es sind etwa... | 00:07:38 | |
7 | Meine Sehkraft... | 00:12:43 | |
8 | Ich war seit einem Monat... | 00:05:15 | |
CD 2 | |||
1 | Die Bushaltestelle... | 00:17:25 | |
2 | Als ich im Dorf... | 00:06:37 | |
3 | Ich ziehe mir... | 00:04:23 | |
4 | Es gibt Tage... | 00:12:11 | |
5 | Meine Arbeit hat... | 00:12:06 | |
6 | Das Mädchen sitzt... | 00:04:52 | |
7 | Es ist beschämend... | 00:09:25 | |
CD 3 | |||
1 | In diesen Stunden... | 00:03:29 | |
2 | Man hörte sie... | 00:10:51 | |
3 | "Sag mir,was ich..." | 00:07:01 | |
4 | Nichts auf der Welt... | 00:07:01 | |
5 | Der Brief muss... | 00:12:25 | |
6 | Der Kummer überfällt mich... | 00:05:12 | |
7 | Neuigkeiten verbreiten sich... | 00:04:36 | |
8 | Was ich in Tschernowo... | 00:08:09 | |
9 | Ich klopfe an Marjas Tür... | 00:02:24 | |
10 | Als ich vorhin... | 00:07:01 | |
11 | Wir haben noch nie... | 00:09:28 | |
CD 4 | |||
1 | Meine geliebte Enkelin...(1) | 00:04:52 | |
2 | Ich kenne das Gefühl... | 00:04:15 | |
3 | Meine geliebte Enkelin...(2) | 00:03:25 | |
4 | Meine geliebte Enkelin...(3) | 00:01:37 | |
5 | In der Nacht... | 00:03:18 | |
6 | "Arkadij Sergejewitsch..." | 00:03:21 | |
7 | Petrow und die anderen... | 00:07:00 | |
8 | Meine liebe Enkelin... | 00:04:26 | |
9 | Manche behaupten... | 00:14:19 | |
10 | Ich weiß,dass Irina... | 00:03:58 | |
11 | Unser Präsident... | 00:13:41 |
buecher-magazin.deBronsky schreibt Frauenfiguren, die man so schnell nicht vergisst: einsam, überlebensgroß, unnachgiebig, kompetent, hart arbeitend und gnadenlos vor allem sich selbst, aber auch anderen gegenüber. Wie Baba Dunja. Als Krankenschwester hat sie unter permanentem Schlafmangel zwei Kinder durchgebracht. Ihr Sohn ist nach der Perestroika nach Amerika ausgewandert, ihre Tochter nach Deutschland. Von dort schickt sie manchmal Fotos von Baba Dunjas Enkelin Julia, die, obwohl sie sie nie gesehen hat, ihre ganze Hoffnung ist. Baba Dunja ist im Ruhestand nach Tschernowo zurückgekehrt, sie wohnt mitten in der Todeszone um Tschernobyl mit der klaren Luft, dem fruchtbaren Garten und der unsichtbaren Gefahr hinter allem. Mit den Jahren hat sich dort eine kleine Gemeinschaft aus Rückkehrern etabliert, starrsinnig und eigenartig allesamt. Ihr Leben wird erschüttert, als ein Mann und ein Mädchen auftauchen. Baba Dunja versucht, das Kind zu retten und bringt sich ins Gefängnis. Sophie Rois' raue, dunkle Stimme ist wunderbar für Baba Dunja, ihre Lesung ausdrucksvoll und aufregend. Das einzige Problem dieses Buches: Baba Dunja ist zu gut! Rosalinda ist eine Tyrannin, Baba Dunja fehlen Schwächen.
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2015Oma in Tschernobyl
Der zweite Abend von "Literatur im Römer"
Oskar geht betteln: auf der Gucci-Straße. Die Zürcher Bahnhofstraße mit ihren Luxusläden sei der richtige Ort, um seine Impulskontrolle zu überprüfen, meint sein Psychotherapeut. Eigentlich nicht seiner, sondern der von Viktor. Denn der beste Freund hat ein Eheproblem, aber keine Zeit für die Therapie. Deshalb soll Oskar ihn vertreten. So geht es an der Goldküste des Zürichsees zu, wo der Schweizer Schriftsteller Philipp Tingler logiert. Jetzt hat sich der offenbar gutbetuchte Autor in den sozialen Brennpunkt Frankfurt begeben, um sein Buch über "Schöne Seelen" (Kein & Aber) vorzustellen. Im Gespräch mit Alf Mentzer vom Hessischen Rundfunk amüsierte er das Publikum am zweiten Abend von "Literatur im Römer", der Veranstaltung, mit der die Stadt traditionell ihre Bürger zur Buchmesse beglückt. Tingler präsentiert ein Völkchen, das mit gelifteten Seelen sein Unglück auf hohem Niveau bejammert.
In Zürich ist alles besser: zum Beispiel das Licht zum Lesen. Jedenfalls musste sich der Autor ziemlich verrenken, ehe er sein eigenes Buch entziffern konnte. Auch mancher Gast in der VIP-Loge rutschte ungeduldig hin und her, weil es von hinten jedes Mal eisig hereinzog, wenn sich das Tor zu den Römerhallen öffnete und schloss. Aber das Kommen und Gehen ist typisch für den Leseabend mit acht Autoren im Viertelstundenrhythmus, den Mentzers Kollegin Cécile Schortmann regelmäßig überzog - zum Bedauern all derer, die ihre Rückenmuskeln auf den lehnenlosen Bierzeltbänken schmerzhaft spürten. Dabei konnte noch froh sein, wer rechtzeitig einen Sitzplatz ergattert hatte. Viele Besucher, wenn auch nicht mehr so viele wie am ersten Abend, standen sich auch in diesem Jahr die Beine in den Bauch - sogar die schon etwas betagteren. Das ist immer wieder bewundernswert.
Immerhin: Der zweite Abend war kurzweiliger als der erste. Das war neben Tingler vor allem Alina Bronsky zu verdanken. Nach einer peinlichen Selbstdarstellung Friedrich Anis mit seinem Groschenroman "Der namenlose Tag" (Suhrkamp) hievten Katharina Hacker und Feridun Zaimoglu die Veranstaltung auf seriöseres Niveau. Die deutsche Schriftstellerin mit dem Faible für Israel hat ein Buch über einen Mann verfasst, dessen Gespür für Sterbende ihn stets an den rechten Ort führt, um Beistand zu leisten, ob Mensch oder Tier. "Skip" (S. Fischer), der, wie sein Name sagt, manches überspringt, erinnert an den biblischen Bileam, der von seiner hellsichtigen Eselin geadelt wird. Zaimoglus poetisch dichter Achthundertseitenroman über das "Siebentürmeviertel" (Kiepenheuer & Witsch) von Istanbul lässt zwischen 1939 und 1949 archaische Mythen durch ein deutsches Flüchtlingskind raunen.
Aufatmen nach dieser gewöhnungsbedürftigen Rhapsodie samt kleinem Werwolf. Alina Bronsky erzählt in ihrem Roman "Baba Dunjas letzte Liebe" (Kiepenheuer & Witsch) von einer Ukrainerin, die auf ihre alten Tage nach Tschernobyl zurückkehrt. Dass die Tomaten verstrahlt sind, kümmert sie nicht, Hauptsache, der aufdringliche Hahn der Nachbarin landet im Kochtopf. Woher die junge russische Autorin die Erfahrungsweisheit, die Gelassenheit und den selbstkritisch trockenen Witz ihrer Ich-Erzählerin nimmt, bleibt ihr Geheimnis, aber sie gibt zu: "So eine Oma hätte ich gern gehabt."
Als Matthias Nawrat "Die vielen Tode des Opa Jurek" (Rowohlt) zur Hand nahm, war der Brezelkorb der Zuhörer leer. Konstantin, der gesottene Hahn, hatte offenbar den Appetit angeregt, nun aber stand "Todeshunger" an. Der deutsche Autor polnischer Herkunft hat seinem Großvater genau zugehört, und der hat ihm von Auschwitz erzählt. Nach solch schwerer Kost lieferte die Literaturkritikerin Ursula März einen albernen Kontrast. In ihrem Buch "Für eine Nacht oder fürs ganze Leben" (Hanser) erzählt sie von Leuten, die im Internet nach Partnern suchen - ein schwacher Abgesang.
CLAUDIA SCHÜLKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der zweite Abend von "Literatur im Römer"
Oskar geht betteln: auf der Gucci-Straße. Die Zürcher Bahnhofstraße mit ihren Luxusläden sei der richtige Ort, um seine Impulskontrolle zu überprüfen, meint sein Psychotherapeut. Eigentlich nicht seiner, sondern der von Viktor. Denn der beste Freund hat ein Eheproblem, aber keine Zeit für die Therapie. Deshalb soll Oskar ihn vertreten. So geht es an der Goldküste des Zürichsees zu, wo der Schweizer Schriftsteller Philipp Tingler logiert. Jetzt hat sich der offenbar gutbetuchte Autor in den sozialen Brennpunkt Frankfurt begeben, um sein Buch über "Schöne Seelen" (Kein & Aber) vorzustellen. Im Gespräch mit Alf Mentzer vom Hessischen Rundfunk amüsierte er das Publikum am zweiten Abend von "Literatur im Römer", der Veranstaltung, mit der die Stadt traditionell ihre Bürger zur Buchmesse beglückt. Tingler präsentiert ein Völkchen, das mit gelifteten Seelen sein Unglück auf hohem Niveau bejammert.
In Zürich ist alles besser: zum Beispiel das Licht zum Lesen. Jedenfalls musste sich der Autor ziemlich verrenken, ehe er sein eigenes Buch entziffern konnte. Auch mancher Gast in der VIP-Loge rutschte ungeduldig hin und her, weil es von hinten jedes Mal eisig hereinzog, wenn sich das Tor zu den Römerhallen öffnete und schloss. Aber das Kommen und Gehen ist typisch für den Leseabend mit acht Autoren im Viertelstundenrhythmus, den Mentzers Kollegin Cécile Schortmann regelmäßig überzog - zum Bedauern all derer, die ihre Rückenmuskeln auf den lehnenlosen Bierzeltbänken schmerzhaft spürten. Dabei konnte noch froh sein, wer rechtzeitig einen Sitzplatz ergattert hatte. Viele Besucher, wenn auch nicht mehr so viele wie am ersten Abend, standen sich auch in diesem Jahr die Beine in den Bauch - sogar die schon etwas betagteren. Das ist immer wieder bewundernswert.
Immerhin: Der zweite Abend war kurzweiliger als der erste. Das war neben Tingler vor allem Alina Bronsky zu verdanken. Nach einer peinlichen Selbstdarstellung Friedrich Anis mit seinem Groschenroman "Der namenlose Tag" (Suhrkamp) hievten Katharina Hacker und Feridun Zaimoglu die Veranstaltung auf seriöseres Niveau. Die deutsche Schriftstellerin mit dem Faible für Israel hat ein Buch über einen Mann verfasst, dessen Gespür für Sterbende ihn stets an den rechten Ort führt, um Beistand zu leisten, ob Mensch oder Tier. "Skip" (S. Fischer), der, wie sein Name sagt, manches überspringt, erinnert an den biblischen Bileam, der von seiner hellsichtigen Eselin geadelt wird. Zaimoglus poetisch dichter Achthundertseitenroman über das "Siebentürmeviertel" (Kiepenheuer & Witsch) von Istanbul lässt zwischen 1939 und 1949 archaische Mythen durch ein deutsches Flüchtlingskind raunen.
Aufatmen nach dieser gewöhnungsbedürftigen Rhapsodie samt kleinem Werwolf. Alina Bronsky erzählt in ihrem Roman "Baba Dunjas letzte Liebe" (Kiepenheuer & Witsch) von einer Ukrainerin, die auf ihre alten Tage nach Tschernobyl zurückkehrt. Dass die Tomaten verstrahlt sind, kümmert sie nicht, Hauptsache, der aufdringliche Hahn der Nachbarin landet im Kochtopf. Woher die junge russische Autorin die Erfahrungsweisheit, die Gelassenheit und den selbstkritisch trockenen Witz ihrer Ich-Erzählerin nimmt, bleibt ihr Geheimnis, aber sie gibt zu: "So eine Oma hätte ich gern gehabt."
Als Matthias Nawrat "Die vielen Tode des Opa Jurek" (Rowohlt) zur Hand nahm, war der Brezelkorb der Zuhörer leer. Konstantin, der gesottene Hahn, hatte offenbar den Appetit angeregt, nun aber stand "Todeshunger" an. Der deutsche Autor polnischer Herkunft hat seinem Großvater genau zugehört, und der hat ihm von Auschwitz erzählt. Nach solch schwerer Kost lieferte die Literaturkritikerin Ursula März einen albernen Kontrast. In ihrem Buch "Für eine Nacht oder fürs ganze Leben" (Hanser) erzählt sie von Leuten, die im Internet nach Partnern suchen - ein schwacher Abgesang.
CLAUDIA SCHÜLKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Eine große Geschichte von Menschen und ihrem Mut, ihrer Kraft und ihrer Unbeugsamkeit (...) Am Ende des Romans, nach 154 Seiten, hätte ich das Buch am liebsten umarmt.« Christine Westermann WDR Frau TV