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»Ein ganz besonderer deutscher Bildungsroman« Maxim Biller
Dein Vater ein Taugenichts, dein Pflegevater ein Nazi, dein Stiefvater ein brutaler Säufer: Alem Grabovac beschreibt ein Leben, zu krass, um es sich auszudenken. Smilja schuftet als Gastarbeiterin in der Schokoladenfabrik, ihr Mann Emir, ein feierfreudiger Kleinganove, landet später im berüchtigten Gefängnis Goli Otok in Jugoslawien. Nach der Geburt ihres Sohnes Alem trifft Smilja eine folgenschwere Entscheidung: Ihr Baby wächst bei einer strengen deutschen Pflegefamilie mit sieben eigenen Kindern auf. Jedes zweite Wochenende aber…mehr

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Produktbeschreibung
»Ein ganz besonderer deutscher Bildungsroman« Maxim Biller

Dein Vater ein Taugenichts, dein Pflegevater ein Nazi, dein Stiefvater ein brutaler Säufer: Alem Grabovac beschreibt ein Leben, zu krass, um es sich auszudenken. Smilja schuftet als Gastarbeiterin in der Schokoladenfabrik, ihr Mann Emir, ein feierfreudiger Kleinganove, landet später im berüchtigten Gefängnis Goli Otok in Jugoslawien. Nach der Geburt ihres Sohnes Alem trifft Smilja eine folgenschwere Entscheidung: Ihr Baby wächst bei einer strengen deutschen Pflegefamilie mit sieben eigenen Kindern auf. Jedes zweite Wochenende aber verbringt der Junge mit seiner Mutter und ihrem neuen gewalttätigen Freund im Frankfurter Bahnhofsmilieu.

Alem Grabovac erzählt die erschütternde Geschichte eines extremen Aufwachsens, ungeschönt und ohne Wertung. Fabian Busch stand mit seiner stimmlichen Interpretation auf der Longlist des Deutschen Hörbuchpreises 2022.
Autorenporträt
Alem Grabovac, 1974 in Würzburg geboren. Mutter Kroatin. Vater Bosnier. Er hat in München, London und Berlin Soziologie, Politologie und Psychologie studiert. Er lebt als freier Autor und Journalist in Berlin. Diverse Portraits, Reportagen, Kolumnen und Interviews erschienen unter anderem in DIE ZEIT, Welt, taz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.2021

Will wirklich keiner bei mir wohnen?
Väter und Söhne: Alem Grabovacs "Das achte Kind" erzählt von einer deutsch-jugoslawischen Jugend

Dass Emir Grabovac kein Bilderbuchvater werden würde, ahnt seine Frau Smilja schon bald: etwa, als er sie nach zwei gemeinsamen Monaten jäh zur Zeugin seiner kleinkriminellen Geschäfte macht - seine Arbeitsscheu und Neigung zum Alkohol kennt sie da schon. Den Entschluss, ihren neugeborenen Sohn Alem in eine Pflegefamilie zu geben, fasst Smilja schließlich, nachdem Emir sie und das Kind nicht wie versprochen aus der Klinik abholt, sondern Smilja, wie sie jetzt feststellt, beim letzten Besuch noch um alles Bargeld gebracht hat. So läuft sie eine Stunde im Schneegestöber nach Hause, wo ihr Mann in einer Schnapswolke liegt und schnarcht. "Was für ein Monster habe ich da nur geheiratet?", denkt sie mit einigem Recht. Und wird ihrem Sohn einige Jahre nach der Trennung von Emir gar die Lüge auftischen, sein Vater wäre bei einem Unglück ums Leben gekommen.

Zu einem längeren Zusammenleben wenigstens von Mutter und Sohn wird es dennoch nicht mehr kommen. Die Frau, die aus einem kroatischen Bergdorf erst nach Zagreb und 1969 dann nach Deutschland gezogen ist, um in verschiedenen Fabriken zu arbeiten, kann sich nicht selbst um ihren Sohn kümmern, und da sich auch ihr zweiter Lebensgefährte Dusan als trinkfreudig und unzuverlässig, sogar als gewalttätig entpuppt, ist ihr klar, dass sie das Kind besser nicht mit ihm allein lassen sollte. Sie findet eine deutsche Pflegefamilie, die zu den sieben eigenen Kindern noch weitere für eine begrenzte Zeit aufnimmt - einzig Alem wird bei dem Motorradjournalisten Robert und seiner Frau Marianne bis zur Volljährigkeit bleiben, als achtes Kind, was dem Roman seinen Titel gibt.

Teile der Ferien und manche Wochenenden verbringt Alem in Frankfurt bei der Mutter und dem prügelnden Lebensgefährten, die übrige Zeit im Raum Stuttgart: hier die enge Wohnung in der Hanauer Landstraße bei einer Mutter, die ihn nicht schützen kann, und einem Mann, den Alem fürchtet; dort die deutsche Großfamilie, in der er behütet aufwächst, im Fußballverein spielt und die anfangs offenen, dann, nach einem Machtwort der Lehrerin, heimlichen Hänseleien der schwäbischen Mitschüler wegen seiner jugoslawischen Herkunft zu ertragen lernt.

Einen Roman nennt der Journalist Alem Grabovac sein Buch, das gleichwohl mit der Biographie des Autors eng verbunden ist. Ort (Würzburg) und Zeitpunkt (2. Januar 1974) der Geburt stimmen überein, auch die Namen und Teile der Familiengeschichte, was der Verlag des Romans durch ein Faltblatt, das Erläuterungen zu realen Orten und zeitgeschichtlichen Ereignissen sowie Fotos enthält, noch unterstreicht.

Als Schilderung einer Jugend in den Siebziger- und Achtzigerjahren entwickelt das Buch tatsächlich einen großen Reiz, nicht nur wegen der eingefügten kulturellen Referenzen, wegen der Popsongs und Markennamen, der aufkommenden Geräte oder der Erinnerungen an Großereignisse der Sportgeschichte. Zugleich vermittelt Grabovac ein Bild davon, wie ein Kind zwischen den Kulturen steht und in seinem Bemühen, beiden Traditionen gerecht zu werden, doch um harte Entscheidungen nicht herumkommt. Dass die 1990 aufdämmernden, 1991 ausbrechenden Jugoslawienkriege die Dinge auch für den in Deutschland lebenden Teenager nicht leichter machen, wird ebenso deutlich wie das Bemühen des Kindes, den Blick der älteren Generation auf die Vergangenheit zu übernehmen, was naturgemäß an Grenzen stößt, wenn der deutsche Pflegevater von heroischen Kriegserlebnissen berichtet, während der kroatische Großvater die Wehrmachtsverbrechen in Jugoslawien nicht vergessen hat - als ihm der Enkel bei einem Besuch stolz das selbstgemalte Bild eines deutschen Panzers schenkt, versteht er den Wutausbruch des Großvaters nicht.

Der Erzähler des Romans, dessen Rahmengeschichte im Jahr 2018 angesiedelt ist, berichtet aus der Perspektive eines erwachsenen Mannes und nimmt zugleich die unmittelbare eines Kindes und Teenagers ein - der Roman ist unterteilt in drei Bücher, die jeweils den Namen des Vaters, der Mutter und des Kindes selbst tragen. Der Stil ist von Klarheit geprägt, die manchmal forciert wirkt, ganz so, als entstünden die einzelnen Sätze nach genauer Überlegung, wie ein Sachverhalt nun adäquat ausgedrückt werden müsste. Gelungenen Passagen verleiht das einen einprägsamen, besonderen Ton, während andere unter allzu naheliegenden, fast verbrauchten Wendungen leiden: "Oft weinte sie sich nachts einsam in den Schlaf, mit bohrender Sehnsucht nach ihren Eltern und der Heimat. Aber Aufgeben kam nicht infrage", heißt es einmal, und vollends in der Beschreibung einer Italienreise ist die Floskeldichte hoch.

Dass der Erzähler auch anders kann, zeigt sich in den Schilderungen der Reisen des Jungen nach Kroatien, und auch mit manchem gestelzten Dialog macht man seinen Frieden, sobald es um das eigentliche Thema des Romans geht: Der Junge mit den zwei Familien verliert den einen Vater früh, der zu echtem Interesse und Verantwortung ungeeignet erscheint, und muss sich von dem anderen, dem interessierten und verantwortungsbewussten Pflegevater, erst mühsam lösen. Jener Robert, der seine Hitlerverehrung völlig ungefiltert an Alem heranträgt, stellt ebenfalls eine Gefahr für den Heranwachsenden dar, von der dritten Vaterfigur, dem prügelnden Dusan, ganz abgesehen. Dass der Lebensgefährte der Mutter von seinem leiblichen Sohn ebenso gehasst wird wie damals von Alem, zeigt sich gegen Ende des Romans in einem eindrucksvollen Bild: All die Jahre in Deutschland hatte Dusan in den Ferien an seinem riesigen Neubau in seiner serbischen Geburtsstadt gearbeitet. Nun, im Alter milde geworden, lebt er dort allein, weil sein Sohn, inzwischen selbst Vater geworden, lieber in einer engen Behausung wohnt als bei ihm.

Viele Väter, die in diesem Buch begegnen, sind ihrer Aufgabe auf erschreckende Weise nicht gewachsen - der Roman stellt das glasklar heraus. Dass es so viele sind, macht die Sache für ihre Kinder nicht besser. Die Söhne aber, die am Ende des Buches erwachsen geworden sind, scheinen daraus gelernt zu haben. Mag sein, dass das Buch auch um ihretwillen geschrieben worden ist. TILMAN SPRECKELSEN

Alem Grabovac: "Das achte Kind". Roman.

Hanserblau, Berlin 2021. 256 S., geb., 22,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Aktuelle Flucht- und Migrationsgeschichten gibt es mittlerweile zahlreich in der deutschen Literatur. Ihre Vorgeschichte aber, die der ersten Arbeitseinwanderer in die alte Bundesrepublik, ist keineswegs auserzählt. 'Das achte Kind' füllt eine Lücke. Grabovacs Erzählstimme ist die eines wertfreien Chronisten in eigener Sache. Frei von Polemik, Verurteilung und politischer Anklage. Der Leser soll sich selbst ein Bild machen aus dem Material, das der Roman im Stil eines Berichts vor ihm ausbreitet. Ein wichtiges, auch spannendes Buch." Ursula März, Deutschlandfunk Kultur, 11.02.2021

"Grabovac vermittelt ein Bild davon, wie ein Kind zwischen den Kulturen steht und in seinem Bemühen, beiden Traditionen gerecht zu werden, doch um harte Entscheidungen nicht herumkommt. Viele Väter, die in diesem Buch begegnen, sind ihrer Aufgabe auf erschreckende Weise nicht gewachsen - der Roman stellt das glasklar heraus. Dass es so viele sind, macht die Sache für ihre Kinder nicht besser. Die Söhne aber, die am Ende des Buches erwachsen geworden sind, scheinen daraus gelernt zu haben. Mag sein, dass das Buch auch um ihretwillen geschrieben worden ist." Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2021

"Der Erzähler Alem Grabovac steht nie retrospektiv oder besserwisserisch über dem Geschehen, ohne Moral oder Erklärung folgt Episode auf Episode. ... Am Beispiel der Kindheit und Jugend eines Sohnes damals sogenannter "Gastarbeiter" in Deutschland, erforscht dieses Buch, was verallgemeinerbar und was einzigartig ist in diesem Leben, das sich aus verschiedenen Familien und Gesellschaften, Nationen und Identitäten zusammensetzt. Wie sich Normalität in der Nachkriegsgesellschaft erst langsam entwickelt hat und wie man davon erzählen kann. Keine Autobiografie, tatsächlich ein Roman - aus der Differenz der Genres bezieht das Buch seine Spannung." Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung, 03.03.2021

"Diese Geschichte handelt davon, wie innig die Suche nach Identität, der Wunsch, frei und geborgen zu sein und mitgeschleppte Mentalitäten ineinander verflochten sind. Ein bemerkenswertes Buch." Ulrich Kühn, NDR Kultur, 21.01.2021

"Eindrucksvoll, mit klaren Sätzen und mit viel Einfühlungsvermögen zeigt Grabovac einmal mehr, das Private ist politisch, der Roman macht unsichtbare Hintergründe und die Reichweite einer Familiengeschichte sichtbar und ruft Verständnis hervor. Literatur wie diese ist lesenswert." Antonia Reissner, SWR 2 Lesenswert Magazin, 07.02.2021

"Grabovac erzählt Nachkriegsgeschichte aus einem Blickwinkel, wie man ihn bisher nicht gekannt hat. Sein so geradlinig wie gerecht erzählter Roman ist ein eindrucksvolles Gegenstück zu Sasa Stanisic' 'Herkunft'." Stefan Kister, Stuttgarter Nachrichten, 24.02.2021

"Er öffnet den Blick für Lebensgeschichten von Menschen, die in verschiedenen Welten leben. Alem Grabovac schafft es, die Gegensätze mit Toleranz und Verständnis für die Unterschiedlichkeiten zu leben und nicht mit Abgrenzung und Ablehnung zu reagieren. Es ist ein generöser Roman." Susanne Wankell, WDR 5, 19.02.2021

"Familie ist vielleicht nur bedingt eine Gemeinschaft auf einem biologischen Fundament, sondern vielmehr eine Entscheidung. Eine dramatische, interessante Geschichte und ein tolles Zeitbild." Martin Gramlich, SWR 2, 11.02.2021

"Punktgenau und schnörkellos beschreibt der Alem Grabovac seine Familiengeschichte vom Verlassen des kroatischen Heimatdorfes über die Erfahrung der Eltern als sogenannte Gastarbeiter in Deutschland bis zu seinem Aufwachsen als achtes Kind in einer deutschen Pflegefamilie. Das ist dringend nötige Dokufiktion zur sogenannten ersten Gastarbeitergeneration." Ute Büsing, rbb Inforadio, 14.02.2021

"Es ist ein Leben zwischen Deutschland und Kroatien, von dem Grabovac eindrücklich schreibt. Ein Ton, der einen sehr erreicht." Frank Meyer, Deutschlandfunk Kultur, 28.01.2021

"Bemerkenswert ist, wie ruhig, unaufgeregt, fast leise Grabovac erzählt." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 31.01.2021

"Es ist eine packende, weitverzweigte Lebensgeschichte, die Alem Grabovac in seinem Roman 'Das Achte Kind' erzählt." Annegret Arnold, Bayern 2, 30.04.2021

"Eines meiner Lieblingsbücher 2021 war 'Das achte Kind', der autobiographisch fundierte Debütroman von Alem Grabovac - ist jetzt ebenfalls in der Taschenbuchausgabe erschienen. (...) Das ist bitter und herzerwärmend zugleich und immer wieder auch sehr verschmitzt und lustig - eine besondere 'Migrationsgeschichte', die einen Blick auf ein spezielles Kapitel der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland legt." Ulrich Noller, WDR Cosmo Blog, 26.07.2022
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