Ich bin innerlich sehr zerrissen, was dieses Buch angeht. Einerseits habe ich es kaum aus der Hand gelegt und mehr als 600 Seiten in drei Tagen verschlungen, andererseits ist der Roman nichts Besonderes im Genre der historischen Romane. Es ist zu befürchten, dass „Das Geheimnis der Hebamme“ in der
Masse gleichwertiger Romane untergehen wird. Dabei lohnt sich das Lesen auf jeden Fall in Hinblick…mehrIch bin innerlich sehr zerrissen, was dieses Buch angeht. Einerseits habe ich es kaum aus der Hand gelegt und mehr als 600 Seiten in drei Tagen verschlungen, andererseits ist der Roman nichts Besonderes im Genre der historischen Romane. Es ist zu befürchten, dass „Das Geheimnis der Hebamme“ in der Masse gleichwertiger Romane untergehen wird. Dabei lohnt sich das Lesen auf jeden Fall in Hinblick auf leichte, kurzweilige Lesestunden.
Sprachlich gefällt mir das Buch sehr gut. Es ist leicht verständlich und Sabine Ebert hat sehr darauf geachtet, dass sich keine zu modernen Begriffe einschleichen. Gleich auf den ersten Seiten wird man Mitten ins Geschehen gestoßen, so dass keine Zeit bleibt, sich zu langweilen. Daher ist der Roman auch vom Aufbau her recht gelungen. Störend ist allerdings die Einführung der Figuren, zu viele Namen und schwache Beschreibungen auf einmal.
Damit bin ich auch schon bei den Charakteren. Während sich die Autorin bei den Protagonisten sehr viel Mühe in ihrer Ausgestaltung gemacht hat, unterscheiden sich viele der Nebenfiguren kaum voneinander. So konnte ich so manche Siedler nicht einmal nach 600 Seiten auseinander halten und auch unter den Rittern hatte ich Zuordnungsschwierigkeiten und das, obwohl es ein Personenverzeichnis zu Beginn des Buches gibt. Auch fehlte es allen Figuren leider an ausgewogenen Facetten. Sabine Ebert bedient sich sehr der Schwarz-Weiß-Malerei und man kann im Prinzip alle Figuren in zwei Lager aufteilen: Gut und Böse.
Die 14jährige Marthe war mir zwar sympathisch, aber sie ist mir eindeutig zu perfekt. Sie ist stark, heilerisch übermäßig begabt und mit mehr als nur einem sechsten Sinn gesegnet. Insgesamt ist ihr Verhalten eher einer Frau als einem Mädchen zuzuordnen und leider recht unglaubwürdig. Das männliche Gegenstück, der Ritter Christian, gehört ebenfalls zu den unfehlbaren, perfekten und unfassbar guten Menschen. Auch wenn an ihm kein Makel zu finden war, hab ich mich in diesen strahlenden Helden „verliebt“, das muss ich ehrlich zugeben.
Die Bösen sind nicht nur ein klein wenig, sondern abgrundtief schlecht, so wie man es aus dem guten alten Märchen kennt und keinesfalls zu den Guten bekehrbar.
Die Handlung ist unsagbar voraussehbar und voller Klischees. Die Männer sind alle Opfer ihrer Triebhaftigkeit, der große Held ist nicht unterzukriegen und voller Edelmut, die Heldin ist schön, begehrt und übermäßig begabt in allem, was sie tut. Im Grunde findet sich hier eigentlich alles, was man aus vielen historischen Romanen kennt, vereint wieder. Allerdings wurde ich ab und an doch noch überrascht und es gibt auch einige Opfer zu beklagen, so dass der Bezug zur Realität wenigstens gelegentlich gewahrt bleibt
Da Sabine Ebert Marthes Geschichte mit der Entstehung Freibergs verbindet, erhält man interessante Einblicke in die Gründung eines Dorfes im 12. Jahrhundert. Allerdings hätte die Autorin noch ein wenig mehr über die neue Siedlung einbringen können, so bleibt die Gründungsgeschichte doch nur ein kleiner Teil des Romans.
Neben des erwähnten Personenregisters enthält die Taschenbuchausgabe von Knaur noch ein Glossar und ein lesenswertes Nachwort. Eine Karte der Umgebung Meißens/Freibergs hätte ich durchaus hilfreich für die Anschaulichkeit gefunden. Auch wenn man keinen sehr anspruchsvollen Roman erwarten darf, möchte ich „Das Geheimnis der Hebamme“ jeden ans Herz legen, der gerne auch leichtere, nicht allzu tiefgehende historische Romane liest, denn eine äußerst kurzweilige Unterhaltung bietet dieser Roman in jedem Fall. Und gerade weil Sabine Eberts Erstling ein wahrer Pageturner ist, fällt meine Bewertung trotz meiner Kritik recht hoch aus.