Zunächst wirkt alles ganz idyllisch: Die Gruppe um Vernon Subutex hat Paris verlassen und lebt an wechselnden Orten auf dem Land. Dort werden Raves abgehalten, zu denen man nur mit persönlicher Empfehlung kommt. Klar, dass ganz Paris versucht, eine Einladung zu ergattern. Doch auch dies ist nicht das Paradies, es gibt Streit, die Gruppe zerfällt. Dann kommt der 13. November 2015 - und die Stimmung ändert sich vollkommen. Im dritten und letzten Teil ihrer gefeierten Trilogie führt Virginie Despentes die Leser in das Frankreich der Attentate vom 13. November - und damit ins Herz eines gesellschaftlichen Traumas.Ungekürzte Lesung mit Johann von Bülow1 mp3-CD ca. 12 h 0 min
buecher-magazin.deSubutex ist ein Ersatzstoff für Heroin, sanfter als Methadon, heißt es, ein Stoff, der keinen Rausch gewährt, sondern gerade das Nachlassen der Schmerzen. Vielleicht hat Virginie Despentes den Namen gewählt, weil ihr Protagonist seine großen Zeiten hinter sich hat. Die Rockband, in der er spielte, trennte sich im Streit, sein Plattenladen fiel der Digitalisierung zum Opfer. Seine Miete bezahlte Alex Bleach, der Sänger der Band, der ein Star geworden ist. Nach dessen Tod verliert Vernon seine Wohnung. Er kriecht bei alten Bekannten unter, bei Frauen, die er verführt. Despentes zeigt den Querschnitt einer Generation, die Träume aufgegeben und Sicherheiten verloren hat. Sie porträtiert eine Punk-Bassistin, die jetzt Verwaltungsfachangestellte ist, einen Familienvater, der seine Frau schlägt, eine ehemalige Dealerin, die ihr Geld damit verdient, Prominente in den sozialen Medien niederzumachen…und mittendrin Subutex, dessen Charme sich langsam abnutzt. Jedes dieser Porträts ist komplex und stark, Despentes' Sprache hart und schön. Egal, in wessen Kopf wir uns gerade befinden, Johann von Bülow trifft genau den richtigen Ton. Und vermeidet obendrein den Fehler, Frauen mit verstellter Stimme zu lesen.
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.07.2019Keine einzige
langweilige Seite
Ein Plattenhändler, der Laden und Wohnung verliert und auf der Straße landet – das klingt nicht nach einem verlockenden Handlungsrahmen. Doch Virginie Despentes entwirft anhand dieser Figur ein großes Gesellschaftsbild – nur dass sie die Gesellschaft nicht vom bildungsbürgerlichen Standpunkt der meisten Schriftsteller her betrachtet, sondern von unten, vom Bordstein her. Sie erzählt den Abstieg ihres Helden als eher heitere Sisyphosaufgabe, Subutex versammelt Penner und Pornodarstellerinnen um sich, Transmenschen und Rechtsradikale. Irgendwann ertappt man sich dabei, dass man diese Menschen und dieses Leben außerhalb der Norm erstaunlich attraktiv findet, dass man sich fragt, wozu man sich das antut, dieses Herumgehetze im Laufrad des Kapitalismus, den die Autorin schon früher als Hauptfeind der Menschheit ausgemacht hat. Und neben dem Getöse, das Despentes durch ihre Beobachtungsschärfe und Sprachmacht erzeugen kann, wird klar, dass sie vor allem eine exzellente Handwerkerin ist. Drei Bände umfasst ihr „Leben des Vernon Subutex“, und kein Kapitel, keine Seite davon langweilt.
DAVID PFEIFER
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
langweilige Seite
Ein Plattenhändler, der Laden und Wohnung verliert und auf der Straße landet – das klingt nicht nach einem verlockenden Handlungsrahmen. Doch Virginie Despentes entwirft anhand dieser Figur ein großes Gesellschaftsbild – nur dass sie die Gesellschaft nicht vom bildungsbürgerlichen Standpunkt der meisten Schriftsteller her betrachtet, sondern von unten, vom Bordstein her. Sie erzählt den Abstieg ihres Helden als eher heitere Sisyphosaufgabe, Subutex versammelt Penner und Pornodarstellerinnen um sich, Transmenschen und Rechtsradikale. Irgendwann ertappt man sich dabei, dass man diese Menschen und dieses Leben außerhalb der Norm erstaunlich attraktiv findet, dass man sich fragt, wozu man sich das antut, dieses Herumgehetze im Laufrad des Kapitalismus, den die Autorin schon früher als Hauptfeind der Menschheit ausgemacht hat. Und neben dem Getöse, das Despentes durch ihre Beobachtungsschärfe und Sprachmacht erzeugen kann, wird klar, dass sie vor allem eine exzellente Handwerkerin ist. Drei Bände umfasst ihr „Leben des Vernon Subutex“, und kein Kapitel, keine Seite davon langweilt.
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»Johann von Bülow trifft genau den richtigen Ton.« BÜCHERmagazin
»Der Gesellschaftsroman unserer Zeit.« Volker Weidermann