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Wladimir Putin führt Krieg gegen die Ukraine - und bedroht alle westlichen Demokratien, vor allem in Europa. Wie konnte es dazu kommen, dass die Freiheit und Offenheit, die einst durch Glasnost und Perestroika in Russland Einzug hielten, heute wieder in Gefahr sind? Wer verstehen will, was Putin antreibt, warum er die Konfrontation mit dem Westen sucht und den Krieg in Kauf nimmt, sollte das politische Vermächtnis von Michail Gorbatschow hören. Wie kein zweiter Politiker hat er auf Annäherung und Gewaltfreiheit gesetzt. Er ist ein Politiker von gestern mit einem wachen Blick für das Morgen.…mehr

Produktbeschreibung
Wladimir Putin führt Krieg gegen die Ukraine - und bedroht alle westlichen Demokratien, vor allem in Europa. Wie konnte es dazu kommen, dass die Freiheit und Offenheit, die einst durch Glasnost und Perestroika in Russland Einzug hielten, heute wieder in Gefahr sind? Wer verstehen will, was Putin antreibt, warum er die Konfrontation mit dem Westen sucht und den Krieg in Kauf nimmt, sollte das politische Vermächtnis von Michail Gorbatschow hören. Wie kein zweiter Politiker hat er auf Annäherung und Gewaltfreiheit gesetzt. Er ist ein Politiker von gestern mit einem wachen Blick für das Morgen. Mit einzigartiger Kennerschaft beschreibt er die Entstehung des "Systems Putin" und die Absichten dieses Mannes. Unverblümt rechnet er mit Putin ab. Dieser zerstöre um seiner eigenen Macht willen die Errungenschaften der Perestroika in Russland und errichte ein System ohne Zukunft.
Autorenporträt
Als Hörspiel- und Feature-Sprecher wurde Schauspieler Bodo Primus bekannt. Im Radio tritt er u.a. neben Peer Augustinski in der Hörspielserie "Der letzte Detektiv" von M. Koser auf. Für die Lesung von E. Hilsenraths "Der Nazi & der Friseur" erhielt er den Deutschen Hörbuchpreis.

Boris Reitschuster verfiel schon als Jugendlicher Russland. Er arbeitete vor Ort als Dolmetscher, Übersetzer und Redakteur bei verschiedenen deutschen Zeitungen, dpa und AFP. Seit 1999 leitet er das Moskauer Focus-Büro. 2008 wurde er mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnet.

Michail Sergejewitsch Gorbatschow, geboren 1931 in Priwolnoje (Kaukasus), studierte in Moskau Jura und arbeitete als Agraringenieur in seiner Heimatregion Stawropol. Nach einer steilen Parteikarriere war er von 1985 bis 1991 Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. 1986 begann er seine Kampagne für Perestrojka ("Umbau") und Glasnost ("Offenheit"). 1990/91 war er Präsident der Sowjetunion und erhielt 1990 den "Friedensnobelpreis". 1992 gründete er die Gorbatschow-Stiftung, 1993 die Umweltschutzorganisation "Internationales Grünes Kreuz". Seit dem Tod seiner Frau Raissa lebt Gorbatschow unweit von seiner Tochter Irina bei Moskau.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2015

Kein böses Wort über Putin

Michail Gorbatschow blickt gekränkt auf die Zeit nach seinem Machtverlust vom August 1991 zurück, ist aber mit der russischen Gegenwart versöhnt.

Von Jörg Baberowski

In keinem anderen Land wird Michail Gorbatschow mehr verehrt als in Deutschland. Mit ihm verbinden die meisten Deutschen das friedliche Ende des Kommunismus im Osten Europas und die Wiedervereinigung ihres Landes. In Russland aber wird der Mann des Friedens verachtet und gehasst, weil man ihm verübelt, das Imperium aufs Spiel gesetzt zu haben. Die Jahre der Perestrojka sind vielen Russen nur als Jahre der Demütigung, des Chaos und der Armut in Erinnerung, denn von der Freiheit hatten nur wenige gekostet. Gorbatschow war ein Reformer, der aus Überzeugung tat, was er tun musste, und dafür mit dem Verlust seines Amtes und seines Ansehens bezahlte. Nun blickt er auf die Jahre nach dem Machtverlust zurück. Er leidet an der Wirklichkeit, rechtfertigt sich, will dem russischen Leser zeigen, dass unumgänglich war, was in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts geschehen ist. Seine Kränkung sitzt tief. Er sieht sich im Recht und kann nicht verstehen, warum niemand begreift, das richtig war, was er tat. Man habe ihn um seine Dienstwohnung gebracht, ihn aus dem Kreml verbannt. Mit Hass und Missgunst sei er von seinen Gegnern verfolgt und gedemütigt worden.

Als er im Jahr 1996 zur Präsidentschaftswahl angetreten sei, hätten ihn die Staatsmedien boykottiert; Kommunisten und Nationalisten hätten ihn mit Schmutz beworfen. Nur ein Prozent der abgegebenen Stimmen seien auf ihn entfallen. An eine faire Auszählung der Stimmen mag er deshalb nicht glauben. Nicht er, sondern Boris Jelzin habe das Land ruiniert: durch Wirtschaftsreformen, die alles aufs Spiel gesetzt hätten, was den Bürgern der Sowjetunion lieb und teuer gewesen sei. Mehr als ein Viertel des Buches besteht aus Selbstzitaten und Briefen, die belegen sollen, dass der Autor immer recht gehabt habe und von allen geliebt worden sei. Als er 1994 zu Besuch in St. Petersburg gewesen sei, hätten ihn die Bürger mit "menschlicher Wärme" empfangen. Niemand schien ihn zu hassen. Man spürt die Kränkung, die er empfunden haben muss, als man ihn um Amt und Würde brachte.

Gorbatschows Sätze stammen aus dem Wörterbuch des Parteifunktionärs, der sich Bürger nur als Kinder vorzustellen vermag. Die Mächtigen müssten bereit sein, einen "Dialog mit den Menschen" zu führen. Über die Gebildeten sagt er, sie seien die "Hefe der Nation", ohne die man "kein echtes Brot backen" könne. Gorbatschow spricht über Demokratie, als sei sie eine Veranstaltung des autoritären Staates, der den Bürgern erlaubt, Kritik zu üben.

Deshalb verliert Gorbatschow über Wladimir Putin auch kein böses Wort. Er lobt ihn für die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung und die Reorganisation der Wirtschaft. Nicht einmal über die Gewalt, die Putin zu Beginn seiner Amtszeit nach Tschetschenien getragen hat, mag sich Gorbatschow empören. Für den Krieg im Kaukasus sei Jelzin verantwortlich gewesen, Putin habe nur seine Folgen bewältigen wollen. Das "Terrornest" in Tschetschenien, schreibt er, habe "ausgeräuchert" werden müssen. Man könnte auch sagen, dass Gorbatschow mit der Vergangenheit hadert, mit der russischen Gegenwart aber wieder versöhnt ist. Denn so wie er sprechen mittlerweile die meisten Russen über ihr Land und ihren Präsidenten.

Auch in der Außenpolitik sieht sich Gorbatschow in Übereinstimmung mit dem Kurs der Regierung. Die amerikanische Kritik an der russischen Intervention in Ossetien und in der Ukraine hält er für Heuchelei. Als die russische Armee 2008 gegen Georgien aufmarschiert sei, habe sie die Autonomie Südossetiens verteidigt, die vom georgischen Präsidenten Saakaschwili in Frage gestellt worden sei. In der Sowjetunion hätten Osseten und Georgier miteinander auskommen können, jetzt aber vergifte der Nationalismus die Beziehungen zwischen Menschen, die einst im Frieden miteinander gelebt hätten.

Und auch für die Ukraine-Krise findet er deutliche Worte. Im Westen habe man nicht begreifen wollen, welche Bedeutung die Ukraine im Seelenhaushalt der Russen habe. Gorbatschow rechtfertigt die Annexion der Krim nicht, er macht sich nicht einmal zum Anwalt der Separatisten. Aber Ukrainer und Russen hätten nun einmal über Jahrhunderte gemeinsam in einem Land gelebt. Solch eine Erfahrung könne mit einem Assoziierungsabkommen nicht einfach aus der Welt geschafft werden.

Wie Putin so beklagt auch Gorbatschow die Haltung des Westens gegenüber Russland. Die Regierung in Washington sei von der Einzigartigkeit der amerikanischen Mission so sehr überzeugt, dass sie es für selbstverständlich halte, ihre Truppen in alle Regionen der Welt zu entsenden. Russland aber werde verwehrt, was sich die Vereinigten Staaten von Amerika selbst zugestünden. Seit Jahren werde Russland vom Westen gedemütigt. Die Nato sei nach Osten erweitert und Raketen in den Nachbarländern stationiert worden. Und nun erklärten die Regierungen der EU-Staaten, die Beziehungen zu Russland müssten revidiert werden. Russland sei kein Partner mehr, sondern Gegner. "Ich denke, wenn man etwas revidieren sollte, dann vor allem diese Gewohnheit, mit Russland von oben herab zu sprechen, seine Positionen und seine Interessen nicht zu beachten."

Gorbatschow ist kein Schriftsteller. Seine Sprache ist farblos, ohne Witz und Eleganz, seine Sätze sind hölzern. Genau besehen, ist das Buch nichts weiter als eine auf 500 Seiten ausgedehnte Politikerrede. An manchen Stellen aber bringt sich Gorbatschow als Mensch zum Vorschein. Er lobt Nikita Chruschtschow für seinen Mut, mit Stalin zu brechen. Ohne ihn hätte es die "Kinder des XX. Parteitages" und die Perestrojka nicht gegeben. Die Entstalinisierung und die Perestrojka waren moralische Projekte von Männern, die nicht anders konnten, als zu tun, was sie tun mussten. Ohne sie hätte es keinen Frieden und kein Ende der Diktatur gegeben. Allein dafür haben Chruschtschow und Gorbatschow einen Ehrenplatz im Gedächtnis der Nachgeborenen verdient.

"Raissa ist gestorben, und ich habe aufgehört, spazieren zu gehen", schreibt Gorbatschow am Ende des Buches. Man spürt den Schmerz, den er über den Verlust seiner Frau empfindet. "Oft finde ich im Schlaf Antworten auf die Fragen, die mich quälen, wenn ich wach bin. Man hat mir geraten, mir einen Stift und einen Schreibblock neben das Bett zu legen und alles gleich aufzuschreiben. Einmal habe ich das auch getan und dann später gelesen, was ich geschrieben hatte. Ich fand, dass es das nicht wert war, deswegen den Schlaf zu unterbrechen." Für solche Sätze möchte man ihm, dem Menschen und Reformer, der Gutes getan hat, alles vergeben.

Michail Gorbatschow: "Das neue Russland". Der Umbruch und das System Putin.

Quadriga Verlag, Berlin 2015. 559 S., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Positive Veränderung könne, so Gorbatschow, nur aus Russland selbst kommen. Warum das so ist, erklärt er eindrucksvoll und voller Sach- und Landeskenntnis." Therapie-online.de, 22.08.2016