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Kaalbringen wird vom Schrecken beherrscht. Wie ein Sommergewitter sind drei Morde in die Idylle eingebrochen. Gerüchte machen die Runde. Das örtliche Polizeiteam gerät unter Druck. Die Ermittler unter Hauptkommissar Bausen, der kurz vor seiner Pensionierung steht, holen sich Kommissar Van Veeteren zu Hilfe, der zufällig gerade Urlaub in der Nähe macht - bald aber befürchtet man ein viertes Opfer. Hakan Nesser, gefeierter Star am Himmel der schwedischen Kriminalliteratur, beweist mit diesem Roman erneut, dass er nicht nur ein exzellenter Spannungsschriftsteller ist, sondern auch ein…mehr

Produktbeschreibung
Kaalbringen wird vom Schrecken beherrscht. Wie ein Sommergewitter sind drei Morde in die Idylle eingebrochen. Gerüchte machen die Runde. Das örtliche Polizeiteam gerät unter Druck. Die Ermittler unter Hauptkommissar Bausen, der kurz vor seiner Pensionierung steht, holen sich Kommissar Van Veeteren zu Hilfe, der zufällig gerade Urlaub in der Nähe macht - bald aber befürchtet man ein viertes Opfer. Hakan Nesser, gefeierter Star am Himmel der schwedischen Kriminalliteratur, beweist mit diesem Roman erneut, dass er nicht nur ein exzellenter Spannungsschriftsteller ist, sondern auch ein meisterhafter Menschenkenner, dem es nicht nur um die Auflösung eines Falls geht, sondern um die Abgründe der Seele.
Autorenporträt
Håkan Nesser, geboren 1950, ist einer der interessantesten und aufregendsten Krimiautoren Schwedens. Für seine Kriminalromane um Kommissar Van Veeteren erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, sie sind in mehrere Sprachen übersetzt und wurden erfolgreich verfilmt. Daneben schreibt er Psychothriller. "Kim Novak badete nie im See von Genezareth" oder "Und Piccadilly Circus liegt nicht in Kumla" gelten inzwischen als Klassiker in Schweden, werden als Schullektüre eingesetzt, und haben seinen Ruf als großartiger Stilist nachhaltig begründet. Håkan Nesser lebt mit seiner Frau in London und auf Gotland. 2011 wurde er mit dem "Ripper Award", dem Europäischen Preis für Kriminalliteratur ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.1999

Zahnstochern in der Gnosis
Dem Bösen auf der Spur: Håkan Nessers "Das vierte Opfer"

Das Böse ist immer und überall - summt Håkan Nesser. Mit ihm hat die Gnosis den schwedischen Kriminalroman erreicht. Das Böse ist unhintergehbar, die Schöpfung entglitten. Der Autor hat sich weit entfernt von der alten, aufklärungsfrohen und kritischen Kriminaltradition seines Landes, in der vor allem Maj Sjöwall und Per Wahlöö an eine bessere Zukunft mit besseren Menschen glaubten und den Weg zum Licht wiesen. Nun ist es finster, regnerisch und zunehmend herbstlich in Kaalbringen, einem kleinen Küstenort, in dem drei Einwohnern der Kopf abgeschlagen wurde.

Kommissar Van Veeteren wird von der örtlichen Polizei gebeten, die Ermittlungen zu leiten. Doch die geraten ins Stocken. Es gibt keine Verdächtigen, keine Verbindung zwischen den Toten, kein Motiv. Immer wieder sitzen die Ermittler zusammen und rekapitulieren die Fakten. Van Veeteren kaut ratlos an einem Zahnstocher, die junge und ehrgeizige Inspektorin Beate Moerk bleibt bis tief in die Nacht am Schreibtisch. Hauptkommissar Bausen, kurz vor der Pensionierung, schlägt eine Partie Schach vor. Die Gedanken bewegen sich mehr als die Figuren in diesem Spiel. Sie kreisen um die Züge des Gegners, und diese Bewegung bildet Håkan Nesser ab.

Dabei überträgt sich die psychische Anspannung der Protagonisten auf den Leser. Die fieberhafte Suche, die Resignation zerrt an den Nerven. Spannung wird auch durch die Erzähltechnik erzeugt: Perspektivwechsel fächern den Fall auf und schließen die Sicht des Mörders mit ein, so dass der Leser Einblick in dessen Gedankenwelt erhält. Ermitteln heißt, einen Täter besser verstehen, als er sich selbst verstanden hat. Subtile Übergänge zwischen den Textpassagen verschleiern aber die Identität des Mörders, so dass ein packendes Schwanken zwischen Ahnung und Zweifel entsteht.

Fest steht nur: Das Böse ist da. Es ist das "Prinzip, dem wir entgegensehen können, auf das wir uns als das absolute verlassen können. Das, was einen letztendlich nie enttäuscht." Van Veeteren nähert sich dieser Einsicht und dem Mörder immer mehr an, es wird auch Zeit, denn die junge Inspektorin Moerk verschwindet spurlos. Was hat sie nach Dienstschluss und vor ihrem Waldlauf entdeckt? Ist sie das vierte Opfer des Henkers? Van Veeteren geht ans Meer, den Strand entlang, auf dem festen Sand direkt am Wasser. Die Abendluft ist für die Jahreszeit zu mild, und den Spaziergänger beschleicht der Eindruck, der Wind komme aus der falschen Richtung. Die Landschaft hat bei Håkan Nesser symbolischen Wert, sie ist eingebunden in seine Weltdeutung, manchmal etwas forciert, aber doch nicht störend in diesem außergewöhnlich gut konstruierten Kriminalroman.

Das Kompositionsgefühl Nessers zeigt sich im Umgang mit seinen Figuren, die nicht nur zahnstocherkauende Typen sind, sondern problematische Menschen mit großem Durst. Miteinander verbunden werden sie über den Plot und über eine zentrale Idee: Die Familie als hoch verletzlicher und gefährdeter Lebensbereich spielt für die versammelten Einzelbiografien eine ebenso große Rolle wie für die Kriminalhandlung. Der Autor hat sich in Schweden mit all dem viel Anerkennung verschafft.

Wenn Van Veeteren nach dem großen Finale ein letztes Mal auf das Meer blickt, den Kollegen mit der Tochter auf den Schultern neben sich, räsonieren sie über ihre Arbeit in den Zeiten der Gnosis. Ganz mutlos sind sie nicht, denn sie haben im ewigen Kampf der Prinzipien die richtige Seite gewählt. Und zur Belohnung gibt es im Auto etwas Erlösung mit Sibelius und Grieg: "Zum ersten Mal seit mehreren Wochen, ja, eigentlich seitdem er hergekommen war, gelang es ihm, den Henker beiseite zu schieben. Ihn zu vergessen. Er saß einfach da, eingehüllt in die Musik . . . in eine Kuppel glasklarer Laute, während die Dämmerung hoch und über der weiten, flachen Landschaft verschwand."

SANDRA KERSCHBAUMER

Håkan Nesser: "Das vierte Opfer". Roman. Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt. btb Verlag, München 1999. 288 S., geb., 36,90 DM.

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