Es gibt zwei Protagonisten in diesem Kriminalroman: zum einen ist das John Callum, der total verkatert auf einer Steinplatte am Hafen von Tórshavn erwacht, ohne Erinnerung, dafür aber mit einem blutverschmierten Grindaknívur, einem Walmesser, in der Tasche. Und zum anderen sind das die Färöer, diese
Inselgruppe im Nordatlantik. Rau, unwirtlich, karg und dünn besiedelt, deren Bewohner von der…mehrEs gibt zwei Protagonisten in diesem Kriminalroman: zum einen ist das John Callum, der total verkatert auf einer Steinplatte am Hafen von Tórshavn erwacht, ohne Erinnerung, dafür aber mit einem blutverschmierten Grindaknívur, einem Walmesser, in der Tasche. Und zum anderen sind das die Färöer, diese Inselgruppe im Nordatlantik. Rau, unwirtlich, karg und dünn besiedelt, deren Bewohner von der Schafzucht, der Fischerei und dem Walfang leben.
Callum kommt aus Schottland und hat seine Gründe dafür, dass er seine Heimat verlassen hat und auf den Färöer einen Neuanfang wagen möchte. Doch damit hält er hinter dem Berg, noch nicht einmal seine einheimische Freundin weiht er ein. Aber es ist offensichtlich, dass er von Dämonen aus seiner Vergangenheit geplagt wird. Albträume verfolgen ihn und bringen eine Seite zum Vorschein, die man lieber nicht kennenlernen möchte. Als ein Mord an einem Einheimischen geschieht, ist es nur logisch, dass die Inselbewohner zuerst den Fremden verdächtigen. Stellt sich nur die Frage, ob die Spezialkräfte der dänischen Polizei, die zur Unterstützung bei der Mordermittlung hinzugezogen werden, diese Verdächtigungen bestätigen können. Oder hat es ein Dritter darauf angelegt, Callum sprichwörtlich ans Messer zu liefern?
Für den Leser ist Callum zu Beginn ein weißes Blatt, ein Mann mit Vergangenheit, die sich aber erst peu à peu im Laufe der Handlung herauskristallisiert. Das weckt natürlich Erwartungen und verleitet zu Spekulationen, was mit Sicherheit Spannung generiert. Dazu kommen die Beschreibungen dieser grandiosen Landschaft, die eine ganz besondere Atmosphäre transportieren und äußerst gelungen sind. Hochspannung von Beginn an, die sich trotz des Umfangs, immerhin über 500 Seiten, bis zum Ende hin hält. Hier war kein Debütant am Werk, sondern ein Autor, der sein Handwerk versteht.
Und damit sind wir schon an dem Punkt, der mir sauer aufstößt. Mit dem Umstand, dass die deutschen Verlage bei den kreativen Übersetzungen der Originaltitel häufig über das Ziel hinausschießen, habe ich mich in der Zwischenzeit abgefunden. Im vorliegenden Fall scheint mir das auch nicht sonderlich ins Gewicht zu fallen, obwohl es mich geärgert hat, dass der Originaltitel bei den Verlagsangaben im Buch selbst nicht zu finden war (siehe weiter unten, wie das Rätsel gelöst wurde). Wenn nun aus „The last refuge“ (= Die letzte Zuflucht) in der deutschen Ausgabe „Das Walmesser“ wird – geschenkt.
Was mich allerdings ärgert ist die Tatsache, dass hier fantasievoll ein neuer Autorenname aus der Taufe gehoben wird. Natürlich mit nordischem Klang, denn die Skandinavier verkaufen sich ja immer gut. Als ich nach Informationen zu dem Autor gesucht habe, wurde ich – natürlich – zuerst nicht fündig. Doch etwas um die Ecke gedacht, bin ich darauf gestoßen, dass sich hinter C. R. Neilson der schottische Autor Craig Robertson verbirgt, der mit seinen „schwarzen“ Glasgow-Thrillern durchaus Beachtung verdient. Und im englischsprachigen Raum wurde vorliegender Kriminalroman auch unter diesem Autorennamen veröffentlicht. Von daher ist diese deutsche Verlagspraxis, deren Ziel es ist, die Leser hinters Licht zu führen, für mich ein Ärgernis, wird hier doch die Arbeit eines Autors zugunsten monetärer Interessen herabgewürdigt!