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Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht. Doch im Alltag begegnet man so manchem Denk- und Redeverbot. Thilo Sarrazin analysiert in seinem neuen Hörbuch den grassierenden Meinungskonformismus. Wer Dinge ausspricht, die nicht ins gerade vorherrschende Weltbild passen, der wird gerne als Provokateur oder Nestbeschmutzer ausgegrenzt. Mit gewohntem Scharfsinn prangert Thilo Sarrazin diesen Missstand an, zeigt auf, wo seine Ursachen liegen, und benennt die 14 vorherrschenden Denk- und Redeverbote unserer Zeit.

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Produktbeschreibung
Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht. Doch im Alltag begegnet man so manchem Denk- und Redeverbot. Thilo Sarrazin analysiert in seinem neuen Hörbuch den grassierenden Meinungskonformismus. Wer Dinge ausspricht, die nicht ins gerade vorherrschende Weltbild passen, der wird gerne als Provokateur oder Nestbeschmutzer ausgegrenzt. Mit gewohntem Scharfsinn prangert Thilo Sarrazin diesen Missstand an, zeigt auf, wo seine Ursachen liegen, und benennt die 14 vorherrschenden Denk- und Redeverbote unserer Zeit.
Autorenporträt
Sprecher: Michael Schwarzmaier arbeitet als Schauspieler und Sprecher. Nach einem geisteswissenschaftlichen Studium besuchte er zunächst die Schauspielschule in Berlin und stand dann zehn Jahre an Theatern in Deutschland und Südamerika auf der Bühne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2014

Kampf der Giganten

Zwei aktuelle Sachbuchbestseller wenden sich gegen den Gleichheitsterror. Welchen soll man lesen? Den von Thilo Sarrazin oder den von Guido Maria Kretschmer?

Gleich zwei Sachbücher, die in den Bestsellerlisten gerade Spitzenplätze belegen, beschäftigen sich mit demselben Thema: dem Gleichheitsdenken, das in unserer Gesellschaft herrscht. Und beide kommen sie zum selben faszinierenden Ergebnis: Damit muss Schluss sein!

Doch der Reihe nach.

Nach dem überraschenden Erfolg seiner beiden vorangegangenen Bücher fühlte sich Thilo Sarrazin, 69, offenbar aufgefordert, der Welt ein weiteres Mal seine Gedankengänge nicht vorzuenthalten. Diesmal hat er ein sehr persönliches Werk verfasst, beinahe schon ein Memoir, in dem er alle, die nicht davon abzuhalten sind, es zu lesen, in seine Gefühlswelt der vergangenen Jahre entführt. Kurz: Er war ziemlich betrübt. Vielleicht sogar ein klitzekleines bisschen sauer. Gut, sagen wir: vergrämt. Und zwar über die Reaktionen, die insbesondere sein Debüt, das 2010 erschienene "Deutschland schafft sich ab", in der Presse hervorgerufen hatte. Vor allem aus den Feuilletons sei ihm da - (ich formuliere das jetzt in meinen eigenen Worten, bitte, Herr Sarrazin, keinen Leserbrief!) - nichts als tumber Hass entgegengeschlagen, höchstens vielleicht hier und da mal unterbrochen von einem gereizten Schnapphusten. Und so besteht sein neues Werk zu gut einem zähen Fünftel daraus, seinen Kritikern von damals zu widersprechen. Also seine alten Thesen nochmals wiederzukäuen und darzulegen, warum nicht er, sondern all jene irrten, die ihm etwa vorwarfen, ein solider Rassist oder gefährlicher Ideologe zu sein.

So weit, so gegen die kluge Regel des englischen Königshauses: never complain, never explain.

Im Kern aber handelt "Der neue Tugendterror" davon, dass man auf Unterschieden zwischen unterschiedlichen Menschengruppen beharren soll. Dass Frauen nicht wie Männer sind, Eheschließungen zwischen Homosexuellen nicht das Gleiche wie Eheschließungen von Heterosexuellen oder - Achtung, ganz dünnes Eis! - dass die Intelligenz Dunkelhäutiger nicht die gleiche sei wie die blasser Menschen. (Von künstlich befruchtet auf die Welt gebrachten Menschen ist übrigens nirgends die Rede - ob da weitere Bücher in Planung sind?) Zwischen den Zeilen, und zwar zwischen allen, raunt stets das dumpfe Mantra aller sich zu kurz gekommen fühlenden Holzköpfe (vgl. hierzu Sibylle Lewitscharoff): "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen." Zum Beispiel "Neger". (Denn, so die originelle Logik: Es habe den African Americans schließlich auch nichts genutzt, sich jetzt eben so zu nennen, jetzt mal rein wirtschaftlich gesehen.) Dem DVA-Verlag kommt bei der ganzen unappetitlichen Chose dieselbe Rolle zu wie einem abgeranzten Stammtisch einer dunklen Eckkneipe in irgendeinem Ort, der so gottverlassen ist, dass kein klar denkender Mensch, der Geld genug hat, sich eine Trambahnkarte zu leisten, jemals lange genug dort bleiben würde, sich zu setzen.

Das andere Werk, das wir uns ansehen wollen, wurde von einem Mann geschrieben, der seit kurzem in diesem Land als bekannter Designer, pardon, laut Buchbinde sogar als "Stardesigner" gilt. Als Modeschöpfer. Mindestens vom Weltrang eines Michael Michalsky. Als solcher tritt Guido Maria Kretschmer, 48, in der beliebten Fernsehsendung "Shopping Queen" als Juror auf, wo er das Talent von Frauen beurteilt, sich Kleidung zu kaufen, die ihnen steht. Wenn Sie jemals jemanden über ihn haben reden hören, wird mit Sicherheit das Wort "sympathisch" gefallen sein. Und dies scheint, liest man sein Buch, tatsächlich sein größtes Talent zu sein (wobei ich mir hier kein Urteil über seine Mode erlauben kann, da ich sie schlichtweg nicht kenne). Doch ist es ja schon mal nicht das Schlechteste, wenn einem der Verfasser eines Buchs wenigstens sympathisch ist (vgl. hierzu Thilo Sarrazin, "Der neue Tugendterror"). Sympathisch also, wenn auch schriftstellerisch alles andere als stilsicher, entwirft Kretschmer folgende Grundthese: Es ist ein Fehler zu glauben, wir (Frauen) seien alle gleich. Nein - Kretschmer will nicht weniger als zehn Hauptfigurentypen ausgemacht haben, die er seinen Leserinnen in einzelnen Kapiteln vorstellen wird. Jeden Hauptfigurentyp kennt er persönlich, und er wird von seinen Begegnungen mit ihnen erzählen, doch, sympathisch, wie es nun mal seine Natur ist, hat er sich einen raffinierten Trick ausgedacht, um die Identität seiner Lieben zu schützen: Jede einzelne hat er mit dem Decknamen "Frau Meisenkaiser" bedacht, zu ihrer eigenen jeweiligen Sicherheit.

Seine Weltsicht ist dabei für einen Stardesigner überraschend provinziell: Da tauchen als drohendes Hintergrundszenario die "kurvigen Kolleginnen im Büro" auf, und fürs "Office-Outfit" werden besser nicht zu sexy Schuhe empfohlen, denn: "Sie wollen Ihren Chef ja nicht in Verlegenheit bringen." Was aber, fragt man sich, wenn die Leserin höchstselbst der Chef ist? Gehen dann sexy Schuhe, und wenn ja, wie viele? Einem seiner Hauptfigurentypen, von ihm als "Die Perfekte" klassifiziert, empfiehlt er neben vertikalen Knopfleisten und Rockschlitzen inbrünstig, bitte "einen Traummann" zu heiraten. Das soll wohl das heilige Ziel aller Frauen Meisenkaisers sein, und dabei möchte der nette Herr Kretschmer eben helfen, so gut er nur kann.

Dabei weiß sogar er, dass nicht jede Ehe erstrebenswert ist. "Die Ehe ist eben manchmal mehr ,-schaft' als optimaler ,Partner-'", schreibt er einmal in einem seiner allerschönsten schiefen Bilder.

Was mich wiederum zu Sarrazin führt, der vor schiefen Bildern auch nicht sicher ist, wenn ihm diese auch seltener unterlaufen, was seiner Beamtensprache geschuldet ist. Aber, bitte sehr, hier, mein persönliches Highlight, zu finden in einem Kapitel über geschlechtergerechte Sprache: "Sie (die Bemühungen um geschlechtergerechte Sprache, Anm. d. Red.) sind im weitesten Sinne Ausfluss der Frauenbewegung." Wenn das nicht herrlich ist, was dann!

Am allerlustigsten in Sarrazins Buch sind allerdings die Passagen im hinteren Drittel, in denen er sich in Rollenprosa versucht. Da gibt er, kursiv gesetzt, seitenweise jeweils Thesen und Meinungen von sich, die nicht seiner Überzeugung entsprechen, um sie anschließend - unkursiv - auf noch mehr Seiten mit genüsslicher Pedanterie vermeintlich zu widerlegen. (Nur weil ich es gerade gegoogelt habe: Die Schweiz kennt besonders schöne Synonyme für Korinthenkacker, nämlich Tüpfli- oder auch Pünktlischisser.) Auf den Einfall mit den verteilten Rollen scheint er selbst ein wenig stolz, nicht nur erklärt er seine Methode vorab, sondern anschließend gleich noch einmal, nennt sich selbst einen "Diskussionsveteran", da er schon bei den Pfadfindern ganz alleine Nato und Kapitalismus habe verteidigen müssen, da alle anderen Pfadfinder "recht links" eingestellt gewesen seien. Später, im Berliner Senat, sei ihm diese Schulung sehr nützlich gewesen, denn obwohl immer dagegen, habe er doch stets nachvollziehen können, wie die Vertreter der PDS dachten.

Schade, dass ich nie bei den Pfadfindern war. So habe ich, obwohl immer dagegen, keine Ahnung, wie Thilo Sarrazin denkt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich wirklich beinahe Tränen gelacht habe, als ich mir die Passagen, in denen er so tut, als sei er sein eigener Gegner, laut vorgelesen habe. Ich musste die ganze Zeit an das böse Krokodil im Kasperletheater denken, das seit jeher auf Kindergeburtstagen von Müttern und Vätern mit verstellter Stimme gesprochen wird. Aber - lesen Sie es nicht selbst, sooooo lustig ist es auch wieder nicht, das enorme Komikpotential entfaltet sich vermutlich nur, wenn man die 226 trockenen Seiten vorher gelesen hat, und das möchten Sie nicht.

Am meisten Spaß mag ihm selbst vielleicht der Absatz gemacht haben, in dem er mit verstellter Stimme über sich selbst, Thilo Sarrazin, schreibt: "Oder nehmen wir diesen krassen Typen mit dem roten Buch, in dem er sich über Kopftücher und Kinderzahlen ausgelassen und seinen Lesern Angst gemacht hat. Die Werktätigen haben das gekauft wie verrückt und gar nicht gemerkt, was für eine Natter am Busen des Sozialstaates sie damit nähren. Da lobe ich mir doch das andere rote Buch, die Mao-Bibel. Die gab es überall umsonst. Da merkt man sofort, wo die Menschenfreunde und wahren Sozialisten sitzen."

Zurück zur Mode.

"Mode ist ein soziales Zeichensystem, in dem sich Gruppen erkennen, finden und voneinander abgrenzen." So steht es bei Thilo Sarrazin. Bei Kretschmer findet sich dieselbe Aussage, nur um ein Ideechen weniger konzise formuliert: "Die Aufforderung nach Aufmerksamkeit, das ,SEHT HER, ich bin da!' und das ,Bitte nicht anschauen' stehen als zum Stoff gewordener Code ein Leben lang zwischen uns Menschen." (sic) (oder auch: sick)

Ich werde Sie jetzt mit einigen der verschiedenen Hauptfigurentypen vertraut machen. Zu unterscheiden seien unter anderen: das "sympathische Brett"; die bereits erwähnte "Perfekte"; die "kleine Elfe"; der "Kugelfisch"; das "Erdmädchen"; und das "Buddhagirl". Jedem Typ wird anschließend ein Buchstabe zugeordnet, der sozusagen die jeweilige Körperform widerspiegelt (O-Form = Kugelfisch), und an dieser Stelle drei Kreuze, dass das Buch nicht in chinesischer Sprache verfasst ist! So kommt es dann zu so abgrundtief schönen Sätzen wie jenem: "Eine Frau ist nicht nur der O- bzw. A-Typ, ist nicht H oder X, sondern häufig auch eine Kombination von Buchstaben." Falls Sie sich also immer schon mal gefragt haben, was ist das eigentlich: eine Frau. Nun wissen Sie es.

Und dann stehen noch ein paar sinnvolle Tipps in diesem Buch, wie zum Beispiel der, dass man beim Shoppen die Öffnungszeiten der Läden nicht außer Acht lassen soll.

Am häufigsten gebrauchte Wörter: "Frauen"; "BH"; "Bein"; "Beine"; "Beine, Beine und nochmals Beine".

Schönster Satz: "Sie konnte laufen wie ein Engel und sich übergeben wie eine Königin."

Und bei Sarrazin?

Am allerallerliebsten gebraucht er das Wort "Axiom" (auch "Axiomatik"). Da er seine Leser für dümmer hält als sich selbst, wird der Begriff beim ersten Auftauchen in einer Fußnote erklärt, weitere elf Male muss der Leser dann aber alleine zurechtkommen.

Mein persönlicher Lieblingssatz: "Es zeugt vom ungebrochenen Selbstbewusstsein der Juden, dass sie nie versucht haben, den vielfältigen Formen von Antisemitismus durch Namensänderung zu entgehen." Gefolgt von: "Die Stiefschwester der Gleichheit ist der Neid." Und da ja die Kürze bekanntlich der Halbbruder meiner Mutter ist, findet dieser Text hier sein Ende - bitte, entscheiden Sie selbst.

JOHANNA ADORJÁN

Guido Maria Kretschmer: "Anziehungskraft". Edel Books, 237 Seiten, 17,95 Euro; Thilo Sarrazin: "Der neue Tugendterror". DVA, 400 Seiten, 22,99 Euro

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