Minette Walters Romane sind nicht selten wie in ihrem Vorgänger Des Teufels Werk minutiöse Achterbahnfahrten in die menschliche Psyche, Reisen durch verschüttete Ängste, die von außen bedroht werden und aus den Fugen geraten. Wenn Minette Walters sich bei ihrer Arbeit allzu sehr auf die Aufklärung
über den Dialog, wie in ihrem Roman Der Schatten des Chamäleons verläßt, wird die Handlung leicht…mehrMinette Walters Romane sind nicht selten wie in ihrem Vorgänger Des Teufels Werk minutiöse Achterbahnfahrten in die menschliche Psyche, Reisen durch verschüttete Ängste, die von außen bedroht werden und aus den Fugen geraten. Wenn Minette Walters sich bei ihrer Arbeit allzu sehr auf die Aufklärung über den Dialog, wie in ihrem Roman Der Schatten des Chamäleons verläßt, wird die Handlung leicht statisch, und man kann nur hoffen, dass ihre Charaktere so schillernd sind, dass sie der Geschichte über diese Klippe hinweghelfen. In ihrem neuen Roman ist das leider nur auf den ersten achtzig Seiten der Fall. Danach wird nur noch mehr geredet und behauptet, um die Hintergründe auszulichten. Lieutenant Chase Acland hat schwer verletzt überlebt. Glaubt man den Beschreibungen, sieht er auf einer Seite wie ein Monster. Viel schlimmer erscheinen die inneren Verletzungen, die er sich zugezogen hat und die dazu führen, dass er gewalttätig wird, wenn man in körperlich berührt oder seelisch bedrängt. Er fällt in die Hände von Psychiatern, leidet unter einer besitzergreifenden Mutter, unter einer Ex-Freundin, die nicht von ihm lassen will, weil sie es gewohnt ist, ihn auszunehmen, und trifft auf Helfer wie Jackson, die muskelgestählt in ihrer burschikosen Art, belebend wirken sollen, doch wie manch andere Nebenfigur überzeichnet sind. Über allem schwebt der Verdacht des mehrfachen Mordes, soll das Spiel: wer sagt die Wahrheit, Spannung erzeugen. Minette Walters Augenmerk fällt auf die Verarbeitung von Verletzungen jeglicher Art, seien sie im Krieg entstanden oder jahrelang durch fehlgeleitete Liebe angezüchtet worden. Das ist leider zäh und vorhersehbar. Ein Kriminalroman wird kaum daraus. Es fehlen einfach die mitreißenden Persönlichkeiten, die einem statischen Geschehen, das auf die Vergangenheit setzt in der Gegenwart soviel Leben einhauchen, dass man ihnen überall hin folgt. Chamäleons sucht man jedenfalls vergeblich darin.