Die Seele - schmutzig aber waschbar
Die Erde ist rund. Verflixt rund. Wenn man also ein gerades Loch in den Boden gräbt, kommt man irgendwann auf der anderen Seite wieder heraus. Bei den Chinesen. So zumindest erklärt Henning Keeswarden (6 Jahre) es seinem Cousin Fingal Wielki (5 Jahre) bevor die
beiden ein Loch in den Sandstrand von Lejdice graben. Ehe sie jedoch zu den Bewohnern Ostasiens…mehrDie Seele - schmutzig aber waschbar
Die Erde ist rund. Verflixt rund. Wenn man also ein gerades Loch in den Boden gräbt, kommt man irgendwann auf der anderen Seite wieder heraus. Bei den Chinesen. So zumindest erklärt Henning Keeswarden (6 Jahre) es seinem Cousin Fingal Wielki (5 Jahre) bevor die beiden ein Loch in den Sandstrand von Lejdice graben. Ehe sie jedoch zu den Bewohnern Ostasiens vordringen, stoßen sie auf etwas anderes. Auf den Fuß eines “ganz gewöhnlichen Toten“.
Im Sommer 1983 wird die Schülerin Winnie Maas im schwedischen Küstenort Lejdice von ihrem Lehrer Arnold Maager von einer Brücke gestoßen. Sie war von ihm schwanger und er wollte sie zum Schweigen bringen. So steht es zumindest in den Polizeiakten. Im Sommer 1999 macht sich die 18jährige Mikaela auf den Weg nach Lejdice um Arnold in der Nervenheilanstalt zu besuchen. Sie hat von ihrer Mutter erfahren, dass er ihr Vater ist. Nach dem Treffen verschwindet Mikaela spurlos. Dafür wird einige Tage später ein toter Mann am Strand gefunden, der 1983 mit Winnie Maas befreundet war.
Hakan Nesser verbindet kriminalistische Hochspannung mit philosophischen Betrachtungen des Lebens im allgemeinen und der seelischen Verfassung seiner Protagonisten im speziellen. Ein kurzer Satz genügt oft schon, um einer Figur bis auf den Grund der Seele zu blicken. Die laut Nesser “überaus schmutzig, aber mit einer verdammt großen Fähigkeit sich selbst zu waschen” ausgestattet ist.
Im vorliegenden Fall geht er zu Beginn kurz auf die Ereignisse in der Mordnacht von 1983 ein. Wir erleben die 16jährige Winnie Maas, wie sie sich für den Abend zurechtmacht und dabei über ihre Situation nachdenkt. Schnell hat man herausgefunden, dass sie schwanger ist und der Kindsvater sie zu irgendetwas überredet hat, was ihr ganz und gar nicht gefällt. Dies mit der Erkenntnis verbunden, das die junge Frau am Ende des Abends tot sein wird, reicht aus um die Neugier auf die Fährte zu locken, die einen bis zu dem ungewöhnlichen Ende nicht mehr los lässt.
Weite Teile der Handlung werden von Zufällen bestimmt, die aber glaubwürdig wirken. Ewa Moreno, die Kriminalkommissarin aus Maardam, ist auf dem Weg nach Lejdice um dort ihren Sommerurlaub zu verbringen. Im Zug kommt sie mit Mikaela ins Gespräch, die ihr von dem Besuch beim unbekannten Vater erzählt. Moreno, die in Lejdice noch eine dienstliche Pflicht erfüllen muss, erfährt deshalb ziemlich schnell von dem Verschwinden des Mädchens. Und setzt die Beziehung zu ihrem Freund Mikael Bau aufs Spiel, weil sie statt mit ihm die Ferien zu genießen, lieber privat auf Mörderfang geht.
Routiniert wechselt das Geschehen zwischen dem Fortschreiten des Falles und den privaten Befindlichkeiten der Ermittlerin. Die Enthüllung der Wahrheit überrascht nicht. Man vermutet recht bald, das der “kleine Vogelvater” Arnold keineswegs ein brutaler Mörder ist. Die Konsequenz daraus verblüfft dann aber doch. Es gibt nur wenige Autoren die dem Leser ein Patt vorlegen, also kein greifbares Ergebnis. Hakan Nesser gehört dazu und rundet damit den Krimi perfekt ab.