Interview mit Arno StrobelIn „Der Trip“ durchlebt die Hauptfigur, die Psychologin Evelyn Jancke, einen Albtraum. Immer mehr zweifelt sie an ihrer Wahrnehmung. Wie nähern Sie als Autor sich dieser Figur an? Ich versuche, das, was Evelyn durchleben muss, selbst zu spüren, indem ich wie beim Schauspielern ihre Rolle einnehme. Ich habe mir im Vorfeld immer wieder vor Augen geführt, wie sie tickt, so oft und intensiv, dass ich mir beim Schreiben nicht vorstelle, was sie wohl tun würde, sondern als sie denke und handle.
Sprechen Sie auch mit Fachleuten, z. B. Psychologen, darüber, wie Menschen in Ausnahmezuständen reagieren, was da innerlich passiert? Selbstverständlich. Im Laufe der Jahre lernte ich im Zuge von Recherchen Fachleute aus allen Richtungen kennen, darunter neben Juristen und Kriminalbeamten auch Psychologen und eine Psychiaterin. Ausnahmslos alle haben mir nach unserem Gespräch angeboten, dass ich mich jederzeit melden kann, wenn
ich Fragen habe. Ich habe sie beim Wort genommen und greife immer wieder darauf zurück. In der Regel habe ich eine Liste mit konkreten Fragen vorbereitet, mit denen ich dann in das Gespräch…mehr Interview mit Arno Strobel
In „Der Trip“ durchlebt die Hauptfigur, die Psychologin Evelyn Jancke, einen Albtraum. Immer mehr zweifelt sie an ihrer Wahrnehmung. Wie nähern Sie als Autor sich dieser Figur an?
Ich versuche, das, was Evelyn durchleben muss, selbst zu spüren, indem ich wie beim Schauspielern ihre Rolle einnehme. Ich habe mir im Vorfeld immer wieder vor Augen geführt, wie sie tickt, so oft und intensiv, dass ich mir beim Schreiben nicht vorstelle, was sie wohl tun würde, sondern als sie denke und handle.
Sprechen Sie auch mit Fachleuten, z. B. Psychologen, darüber, wie Menschen in Ausnahmezuständen reagieren, was da innerlich passiert?
Selbstverständlich. Im Laufe der Jahre lernte ich im Zuge von Recherchen Fachleute aus allen Richtungen kennen, darunter neben Juristen und Kriminalbeamten auch Psychologen und eine Psychiaterin. Ausnahmslos alle haben mir nach unserem Gespräch angeboten, dass ich mich jederzeit melden kann, wenn ich Fragen habe. Ich habe sie beim Wort genommen und greife immer wieder darauf zurück. In der Regel habe ich eine Liste mit konkreten Fragen vorbereitet, mit denen ich dann in das Gespräch gehe.
Sie verhandeln in dem Thriller ein starkes und Angst machendes Thema: Wie gut kenne ich mir nahestehende Menschen, und was blende ich aus? Sind wir alle fähig, zu Mördern oder Manipulateuren zu werden?
Ich denke, wir alle sind in entsprechenden Extremsituationen zu Dingen fähig, die wir uns selbst nicht zutrauen würden. Dass jeder tatsächlich zum Mörder werden könnte, bezweifle ich. Sei es aus religiösen oder ethisch-moralischen Gründen, einen anderen Menschen zu töten bedeutet, eine Schwelle zu überschreiten, die für viele Menschen außerhalb des Erträglichen ist. Aber letztendlich würde man diese Frage – auch für sich selbst – nur definitiv beantworten können, wenn man in einer solchen Extremsituation wäre, in der es nur die Wahl gäbe, ob entweder man selbst, beziehungsweise ein geliebter Mensch stirbt, oder der Bedroher.
In „Der Trip“ tötet ein Serienmörder Menschen auf Campingplätzen. Gab es einen ähnlichen Fall wirklich?
Das weiß ich nicht. Meine Geschichten sind durchweg meiner Fantasie entsprungen und haben keine Anlehnungen an tatsächlich geschehene Fälle. Aber meiner Erfahrung nach – siehe Recherche und Kriminalbeamte – gibt es kein Verbrechen mehr, das man sich ausdenken kann, das nicht schon in der Realität verübt worden ist. Und genau das ist etwas, das mir als Thrillerautor Angst macht. Nicht meine Fantasie beim Schreiben, sondern die der realen Täter.
Ein Thema, das auch eine große Rolle spielt in „Der Trip“: Was löst es aus, wenn ein geliebter Mensch verschwindet, aber niemand weiß, was mit ihm passiert ist? Was an dieser enormen Verunsicherung interessiert Sie als Autor besonders?
Ich habe mich in diese Thematik eingelesen, und der allgemeine und auch nachvollziehbare Tenor ist, dass dieser Zustand des Nicht-Wissens letztendlich schlimmer ist als die Gewissheit, dass der geliebte Mensch tot ist. Solange man diese definitive Bestätigung nicht hat, wird man, ungeachtet der Umstände, immer einen Funken Hoffnung bewahren, dass die- oder derjenige doch noch zurückkommt. Wird nie geklärt, was geschehen ist, kommt man nie zur Ruhe und erlebt einen Schrecken ohne Ende.
Über Sie heißt es, Sie würden Grenzerfahrungen lieben. Was war eine Ihrer persönlichen Grenzerfahrungen?
Grundsätzlich ist das Gefühl einer Grenzerfahrung ja individuell und daher eine Definitionssache. Für mich gibt es da einige. Mein erster Fallschirmsprung, eine Wanderung in Namibia, bei der ganz frische Spuren einer Großkatze auftauchten, zum Beispiel. Tatsächlich empfand ich auch das, was meine Frau und ich im letzten Jahr bei unserem Urlaubsstart in der Nähe von Dijon erlebten, in gewissem Sinne auch als Grenzerfahrung. Das ist der Grund, warum ich diese reale Begebenheit auf rund zehn Seiten exakt so in „Der Trip“ eingebaut habe, wie sie passiert sind. Das macht „Der Trip“ zu meinem wahrscheinlich persönlichsten Buch.
Sie sind auch ein passionierter Leser. Was lesen Sie gerade?
Nachdem ich von „Achtsam morden“ von Karsten Dusse so begeistert war, lese ich gerade den zweiten Teil davon. Danach freue ich mich auf „Pirlo – Gefährlicher Freispruch“, den dritten Teil der Pirlo-Reihe meines Verlagskollegen und Freundes Ingo Bott.
Woran arbeiten Sie aktuell, und was können Sie Ihren Leser*innen schon darüber verraten?
Ich stelle gerade den vierten Teil der Max-Bischoff-Reihe „MÖRDERFINDER“ fertig, über den ich aber noch nichts sagen kann. Aber bald …
Gleich danach geht es dann an den nächsten Stand-Alone-Psychothriller für den Herbst 2024.
Interview: Literaturtest, 2023