„Der Verdächtige“ ist kein typischer Thriller aus dem Justizmilieu, wie wir es von John Grisham gewohnt sind, aber dennoch fehlt es ihm nicht an Spannung. Es gibt zwar keine Gerichtsverhandlung, und der Täter sowie das Motiv sind von Anfang an bekannt, aber dieser Kampf David gegen Goliath, in dem
die Möglichkeiten so ungleich verteilt sind, entwickelt in der zweiten Hälfte eine ganz eigene…mehr„Der Verdächtige“ ist kein typischer Thriller aus dem Justizmilieu, wie wir es von John Grisham gewohnt sind, aber dennoch fehlt es ihm nicht an Spannung. Es gibt zwar keine Gerichtsverhandlung, und der Täter sowie das Motiv sind von Anfang an bekannt, aber dieser Kampf David gegen Goliath, in dem die Möglichkeiten so ungleich verteilt sind, entwickelt in der zweiten Hälfte eine ganz eigene Dynamik. Auf der einen Seite Lacy, die Mittdreißigerin, desillusionierte Vertreterin einer Behörde, deren Etat beständig gekürzt wird. Auf der anderen Seite der arrivierte Richter, clever und praktisch unangreifbar, mit schier unerschöpflichen Ressourcen, der mit ihr Katz und Maus spielt. Allerdings betritt Bannick erst in der zweiten Hälfte die Bühne, und bis dahin zieht sich die Handlung für meine Begriffe etwas zu sehr in die Länge. Dann aber treiben die Perspektivenwechsel das Tempo voran und es geht Schlag auf Schlag dem Finale zu.
Der Autor zeigt in seinen Romanen immer wieder die Schwachstellen des amerikanischen Rechtssystems auf, und häufig sind diese in den verkrusteten und verfilzten Strukturen begründet. Zusätzlich gibt es aber auch noch den menschlichen Faktor in Form der Repräsentanten, die sich des Fehlverhaltens schuldig machen. Um diese Fälle kümmern sich in den einzelnen Staaten Rechtsaufsichtsbehörden, die Boards of Judicial Conduct, die Beschwerden gegen Richter*innen unter die Lupe nehmen. Meist geht es dabei um standeswidriges Verhalten, um Bestechlichkeit, Voreingenommenheit, Drogen oder Alkoholismus, was dazu führt, dass sie unfähig sind, ihre richterlichen Aufgaben korrekt zu erfüllen.
Noch kurz zum Inhalt: Lacy Stoltz, die wir bereits aus „Bestechung“ kennen, arbeitet für das BJC in Florida, als sie einen mysteriösen Anruf erhält. Die College-Professorin Jeri Crosby bittet sie um ein Treffen, in dessen Verlauf sie den amtierenden Richter Ross Bannick des Mordes an ihrem Vater beschuldigt. Und wie ihre zwanzigjährige Recherche ergeben hat, scheint er nicht das einzige Opfer Bannicks zu sein, denn es gibt noch weitere Todesopfer. Allen gemeinsam ist die Mordmethode und der Kontakt zu dem Richter aus Pensacola, der offenbar Geld, Macht und Einfluss so geschickt einsetzt, dass man ihm nichts beweisen kann. Trotz anfänglicher Skepsis lässt sich Lacy überzeugen und übernimmt den Fall. Die Uhr tickt, denn Bannick hat seinen Rachefeldzug noch längst nicht beendet…