Ein Umsturz, irgendwo in Lateinamerika. Eine Diktatur wird errichtet. Dem Polizisten Antonio Martens bietet sich eine Chance zu unverhofftem Aufstieg: Er wird zum Corps berufen, wo er auf den ebenso charismatischen wie undurchsichtigen Vorgesetzten Diaz und seinen sadistischen Spießgesellen Rodriguez trifft. Mit harmlos anmutenden Beschattungen fängt es an, mit der Aufnahme zahlloser unbescholtener Bürger in das Register. Doch Rodriguez hat eine Foltermaschine in Auftrag gegeben, die er zu nutzen gedenkt. Martens verschließt davor die Augen. Während überall nach Aufständischen gefahndet wird, kämpft er mit Gefühlen, die zu schwach für echten Zweifel, aber zu stark für reine Bedenkenlosigkeit sind.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Imre Kertesz' "Detektivgeschichte", die nun erstmals auf Deutsch vorliegt, entstand 1976 innerhalb von zwei Wochen, berichtet Ina Hartwig amüsiert, da der Autor das sozialistische Plansoll erfüllen musste, damit eine andere - zu kurz geratene - Geschichte publiziert werden konnte. Was Kertesz dann aus dem Ärmel schüttelte, ist keine klassische "Detektivgeschichte", so Hartwig, sondern eine Parabel auf einen Diktaturstaat, angesiedelt in einem imaginären lateinamerikanischen Land. Das Erstaunliche hierbei sei, formuliert Hartwig ihr Erstaunen, dass Kertesz die Opferperspektive verlasse und sich auf die Täterseite begebe. "Ein philosophisches Schelmenstück" schreibt die Rezensentin, wie er sich in die Folterer einzudenken und einzufühlen wage. Literarisch meistert Kertesz die Situation, indem er ein Tagebuch eines der Folterer auftauchen lässt, das wiederum mit Tagebuchausschnitten eines seiner Opfer kontrastiert wird. Die Logik der Folterer, der man mit Hilfe dieser Technik auf die Spur zu kommen glaubt, so Hartwig, sei eine "der Rationalität entgegengesetzte Logik". Die Welt der Diktatur, wie Kertesz sie beschreibe, basiere ausschließlich auf Furcht und Schuld; Unschuld sei keine existente Kategorie, weshalb eine Diktatur alles daran setzen würde, den Unschuldigen zum Schuldigen zu machen, filtert Hartwig als Essenz aus dieser keineswegs harmlosen "Detektivgeschichte".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Imre Kertész erzählt atemberaubend von einem Alptraum. Der Spiegel