Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt 2010 ein Fass mit Olivenöl geliefert, darin die Leiche eines Kardinals. Kommissar Barudi will das Verbrechen aufklären; Mancini, ein Kollege aus Rom, unterstützt ihn und wird sein Freund. Auf welcher geheimen Mission war der Kardinal unterwegs? Bei ihrer Ermittlung südlich von Aleppo fallen die beiden Kommissare in die Hände bewaffneter Islamisten...
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buecher-magazin.deVage Anzeichen nahender politischer Turbulenzen liegen 2010 in der Luft, als ein römischer Kurienkardinal tot in einem Fass mit Olivenöl bei der italienischen Botschaft in Damaskus abgeliefert wird. Damit beginnt der neue Roman von Rafik Schami, einem der größten Geschichtenerzähler der neueren deutschsprachigen Literatur. Kommissar Barudi, ein alter Hase, erfolgreich als Ermittler, aber nicht konform, soll den politisch brisanten Fall ohne allzu viel öffentliche Aufmerksamkeit klären. Was hatte der Kardinal in Syrien vor? Weshalb brachte man seine Leiche nicht zur Botschaft des Vatikans? Wer war der Diener Gottes wirklich? Barudi, selbst zur Minderheit der Christen in Syrien gehörend, macht sich ans Werk und erkennt, dass hinter der Ermordung des Kirchenfürsten mehr steckt als ein Attentat fanatischer Muslime. An seiner Seite der italienische Kollege Mancini, bekennender Atheist und Kenner der arabischen Kultur. Rafik Schami erzählt einmal mehr vom tragischen Schicksal seines Landes und dessen verlorenen Hoffnungen. Ein Hauptthema aber ist die auffallende Neigung von Menschen in Zeiten der Not, dem Aberglauben anheimzufallen und allen möglichen Gurus zu folgen.
© BÜCHERmagazin, Margarete von Schwarzkopf (mvs)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.08.2019Das große Fressen auf der Ölspur
Rafik Schami schickt einen Kommissar ins politisch explosive Vorkriegs-Syrien: Als Krimi etwas lahm, als landeskundliche Liebeserklärung aber märchenhaft spannend
Syrien ist eine Wunde, ein einfach nicht heilendes Mal gleich über dem Herzen aller leidenden Liebhaber des Vorderen Orients. Damaskus, Aleppo, Idlib, stolze, uralte Schönheiten, in den Staub gedrückt durch gewaltsames Machtstreben von allen Seiten. Nach Jahrzehnten des diktatorischen Absolutismus ("Wir sind bis in die kleinste Zelle der Gesellschaft hinein terrorisiert und korrumpiert"), nach acht Jahren eines selbstzerstörerischen Bürgerkriegs, der viele Paten und Nutznießer hat ("Was aber ist der Islamismus anderes als ein Aberglaube, an dem Millionen heimlich oder offen hängen?"), fehlt selbst den visionärsten Beobachtern wie dem aus Damaskus stammenden, seit einem halben Jahrhundert in Deutschland lebenden Rafik Schami jede Hoffnung auf eine friedliche Zukunft des Landes. Vielleicht auch deshalb schickt er seine Protagonisten nun in den Februar 2011 zurück, unmittelbar vor Ausbruch der Proteste gegen Machthaber Baschar al Assad, als wenigstens die Häuser noch standen und so etwas wie geduckter Alltag möglich schien.
Dass die politische Situation bereits damals hochkomplex und explosiv war, wird schnell deutlich, denn der aufrechte, kurz vor der Pensionierung stehende, seit dem frühen Tod seiner Frau melancholische, aber der Liebe noch nicht ganz abgeneigte Kommissar Barudi, ein Christ, der den brutalen Mord an einem italienischen Kardinal aufklären soll, muss zunächst einmal wichtige Verbündete finden, um in einem Land mit nahezu allmächtigem, raffiniertem Geheimdienst überhaupt ermitteln zu dürfen. Das gelingt ihm, indem er die Botschaften Italiens und des Vatikans mit ins Boot holt. Bald gilt die Aufklärung der Tat als Staatsaktion, schließlich braucht Syrien gute Beziehungen nach Westen. Berlusconis Italien schickt zur Verstärkung (und Absicherung) einen eigenen Kommissar nach Damaskus, den perfekt Damaszener Arabisch sprechenden Marco Mancini.
Während die schnell zu Freunden werdenden Polizisten sich in zahllosen Unterhaltungen über die vom Aberglauben bis zur Korruption einander häufig ähnelnden Sitten ihrer Länder austauschen, rekonstruieren sie, was der Kardinal eigentlich in Syrien zu suchen hatte. Die offizielle Version der geheimen Mission ist bald entschlüsselt: Der abgeklärte Geistliche sollte einen zwar muslimischen, aber Jesus verehrenden "Bergheiligen" im Norden des Landes hinsichtlich seiner vielfach bezeugten Heilkräfte überprüfen, denn mächtige Interessenten innerhalb des Vatikans machten sich für dessen Anerkennung als Heiliger stark. Die im Norden sich ausbreitenden Islamisten könnten daher etwas mit dem Angriff zu tun haben, aber ein Motiv ließe sich auch anders finden. Diese Anlage des Romans erlaubt es dem Autor, mühelos und anhand wahrer Schauplätze wie des jesuitischen Klosters Dair Mar Musa al-Habaschi (der leitende Pater wurde vor sechs Jahren vom IS verschleppt) zum metaphysischen Überbau des multikonfessionellen Landes vorzustoßen. Islamische, alawitische und christliche Perspektiven treten dabei miteinander ins Gespräch. Der Geheimdienst hört mit.
Hier blüht der Autor auf, lässt sein aufgeklärtes Alter Ego in Tagebuchnotizen und Dialogen Kritik am autoritären Islam (etwa an der Verschleierung: "tiefste Stufe dieser Niederlage") ebenso üben wie am Pakt der Alawiten mit der Macht und an der Überheblichkeit des römischen Klerus. So wird die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. zum Thema: Der ermordete Kardinal hatte den unklug scharfen Papstworten im Jahr 2006 widersprochen, was den Anhängern Mohammeds doch gefallen müsste.
Dass jedoch alle Beteiligten vom Scheich bis zum Mafiaboss offenherzig ihre jeweiligen Ansichten ausbreiten, führt nicht nur zu ziemlich papiernen Dialogen, sondern auch zu einem Glaubwürdigkeitsproblem, das beinahe alle Figuren außer dem Protagonisten betrifft. Besonders konstruiert wirkt ein junger, mit Barudi auf spezielle Weise verbundener Islamist, der als Emir eine bedeutende Position in der Hierarchie des Terrors einnimmt und zugleich durchdrungen sein soll von fast kindlichem Gerechtigkeitssinn. Selbst hier, soll das heißen, zähle der Einzelfall.
Wir kennen Barudi bereits aus dem großen westöstlichen Epos "Die dunkle Seite der Liebe" (2004). Während aber das kriminalistische Element in diesem Roman ganz zurücktrat zugunsten einer vielschichtig ornamental erzählten "Romeo und Julia"-Parabel vor syrischem Sippen-Tableau, erhebt Schami diesmal die - wenn auch letztlich aufgrund des inneren Widerspruchs (es gibt nichts Wahres im Falschen) zerstiebende - Kriminalhandlung tatsächlich zum Romangerüst. Und das war keine sonderlich gute Idee, denn als Krimi liest sich das von Abschweifung zu Abschweifung eilende, kaum wirkliche Überraschungen bereithaltende und stilistisch leicht onkelhafte Werk ("Er rief sie kurz vor acht an, wie immer mit einem Scherz auf den Lippen") doch eher mühselig. Alles dauert ewig.
Freilich ist es dem für seine narrative Sinnlichkeit bekannten Autor auch mehr darum zu tun, ein bei aller Zerrissenheit lebendiges Vorkriegssyrien auferstehen zu lassen, ein Land der Kaffeehausschwärmer und Schlitzohren, auch der Doppelmoral, des Opportunismus und der Brutalität. Sinnlichkeit, das heißt hier Farbenspiel, scheherazadeartiges Erzählen zum Anfassen und Liebe in allen Spielarten, auch und gerade der verzweifelten und der körperlichen. Mehr als alles andere aber geht Sinnlichkeit bei Rafik Schami durch den Magen. Literweise schlürfen die Protagonisten Kardamom-Mokka und Wein (wir befinden uns meist unter Christen), unablässig wird gemampft. Ganze Wagenladungen von Hummus verdrücken die Hauptfiguren. Wer sich liebt, bekocht sich. Dazu passt, dass das Mordopfer in Olivenöl eingelegt aufgefunden wurde und dass noch die letzten Sätze des Buches von unbändigem Hunger handeln.
Es reicht mitunter bis an die Grenze der Parodie, wenn jeder zehnte Satz sich in Gastroführerhymnik auf leibliche Genüsse bezieht, wenn selbst unter widrigsten Bedingungen immer wieder der Appetit des Kommissars thematisiert wird, wenn ein Mann beim Falafelverputzen "stöhnte vor Genuss" oder der italienische Gast im "Imbiss Sindbad" durch Geschmacksnervenkitzel "einem Orgasmus" nahe kommt. Man versteht dabei schnell, was man verstehen soll. Etwa, dass das Essen in arabischen Ländern eine noch größere soziale Bedeutung hat als in Italien. Dass die damit eng verwandte Gastfreundschaft eine der höchsten Tugenden in der arabischen Kultur ist. Auch deshalb ist Barudi, ein Stoiker der Werte, so sehr daran interessiert, der Ölspur zu folgen und den Mord an einem Gast aufzuklären - kurz bevor das ganze Land einem bis heute anhaltenden Mordrausch verfällt.
Der Bergheilige, der sogar seine Fürze als Heilmittel verkauft, ist übrigens ein gerissener Knilch. Er hat als Scharlatan allerlei Wandlungen durchgemacht, mal animalische Lust gepredigt, dann wieder Enthaltsamkeit, und er hat sich stets mit den Mächtigen arrangiert. Den Ungebildeten flunkerte er vor, er müsse die Bräute vor der Brautnacht innerlich reinigen: Die Menge brachte ihm ihre Jungfrauen. Damit hat Rafik Schami denn doch ein recht gelungenes Sinnbild für jene Sorte entrückter Machthaber geschaffen, die gerade in arabischen Gesellschaften so prächtig zu gedeihen scheinen. Auch sie haben Appetit. Sie fressen die Hoffnung und die Würde.
OLIVER JUNGEN
Rafik Schami: "Die geheime Mission des Kardinals". Roman.
Hanser Verlag, München 2019. 432 S., geb., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rafik Schami schickt einen Kommissar ins politisch explosive Vorkriegs-Syrien: Als Krimi etwas lahm, als landeskundliche Liebeserklärung aber märchenhaft spannend
Syrien ist eine Wunde, ein einfach nicht heilendes Mal gleich über dem Herzen aller leidenden Liebhaber des Vorderen Orients. Damaskus, Aleppo, Idlib, stolze, uralte Schönheiten, in den Staub gedrückt durch gewaltsames Machtstreben von allen Seiten. Nach Jahrzehnten des diktatorischen Absolutismus ("Wir sind bis in die kleinste Zelle der Gesellschaft hinein terrorisiert und korrumpiert"), nach acht Jahren eines selbstzerstörerischen Bürgerkriegs, der viele Paten und Nutznießer hat ("Was aber ist der Islamismus anderes als ein Aberglaube, an dem Millionen heimlich oder offen hängen?"), fehlt selbst den visionärsten Beobachtern wie dem aus Damaskus stammenden, seit einem halben Jahrhundert in Deutschland lebenden Rafik Schami jede Hoffnung auf eine friedliche Zukunft des Landes. Vielleicht auch deshalb schickt er seine Protagonisten nun in den Februar 2011 zurück, unmittelbar vor Ausbruch der Proteste gegen Machthaber Baschar al Assad, als wenigstens die Häuser noch standen und so etwas wie geduckter Alltag möglich schien.
Dass die politische Situation bereits damals hochkomplex und explosiv war, wird schnell deutlich, denn der aufrechte, kurz vor der Pensionierung stehende, seit dem frühen Tod seiner Frau melancholische, aber der Liebe noch nicht ganz abgeneigte Kommissar Barudi, ein Christ, der den brutalen Mord an einem italienischen Kardinal aufklären soll, muss zunächst einmal wichtige Verbündete finden, um in einem Land mit nahezu allmächtigem, raffiniertem Geheimdienst überhaupt ermitteln zu dürfen. Das gelingt ihm, indem er die Botschaften Italiens und des Vatikans mit ins Boot holt. Bald gilt die Aufklärung der Tat als Staatsaktion, schließlich braucht Syrien gute Beziehungen nach Westen. Berlusconis Italien schickt zur Verstärkung (und Absicherung) einen eigenen Kommissar nach Damaskus, den perfekt Damaszener Arabisch sprechenden Marco Mancini.
Während die schnell zu Freunden werdenden Polizisten sich in zahllosen Unterhaltungen über die vom Aberglauben bis zur Korruption einander häufig ähnelnden Sitten ihrer Länder austauschen, rekonstruieren sie, was der Kardinal eigentlich in Syrien zu suchen hatte. Die offizielle Version der geheimen Mission ist bald entschlüsselt: Der abgeklärte Geistliche sollte einen zwar muslimischen, aber Jesus verehrenden "Bergheiligen" im Norden des Landes hinsichtlich seiner vielfach bezeugten Heilkräfte überprüfen, denn mächtige Interessenten innerhalb des Vatikans machten sich für dessen Anerkennung als Heiliger stark. Die im Norden sich ausbreitenden Islamisten könnten daher etwas mit dem Angriff zu tun haben, aber ein Motiv ließe sich auch anders finden. Diese Anlage des Romans erlaubt es dem Autor, mühelos und anhand wahrer Schauplätze wie des jesuitischen Klosters Dair Mar Musa al-Habaschi (der leitende Pater wurde vor sechs Jahren vom IS verschleppt) zum metaphysischen Überbau des multikonfessionellen Landes vorzustoßen. Islamische, alawitische und christliche Perspektiven treten dabei miteinander ins Gespräch. Der Geheimdienst hört mit.
Hier blüht der Autor auf, lässt sein aufgeklärtes Alter Ego in Tagebuchnotizen und Dialogen Kritik am autoritären Islam (etwa an der Verschleierung: "tiefste Stufe dieser Niederlage") ebenso üben wie am Pakt der Alawiten mit der Macht und an der Überheblichkeit des römischen Klerus. So wird die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. zum Thema: Der ermordete Kardinal hatte den unklug scharfen Papstworten im Jahr 2006 widersprochen, was den Anhängern Mohammeds doch gefallen müsste.
Dass jedoch alle Beteiligten vom Scheich bis zum Mafiaboss offenherzig ihre jeweiligen Ansichten ausbreiten, führt nicht nur zu ziemlich papiernen Dialogen, sondern auch zu einem Glaubwürdigkeitsproblem, das beinahe alle Figuren außer dem Protagonisten betrifft. Besonders konstruiert wirkt ein junger, mit Barudi auf spezielle Weise verbundener Islamist, der als Emir eine bedeutende Position in der Hierarchie des Terrors einnimmt und zugleich durchdrungen sein soll von fast kindlichem Gerechtigkeitssinn. Selbst hier, soll das heißen, zähle der Einzelfall.
Wir kennen Barudi bereits aus dem großen westöstlichen Epos "Die dunkle Seite der Liebe" (2004). Während aber das kriminalistische Element in diesem Roman ganz zurücktrat zugunsten einer vielschichtig ornamental erzählten "Romeo und Julia"-Parabel vor syrischem Sippen-Tableau, erhebt Schami diesmal die - wenn auch letztlich aufgrund des inneren Widerspruchs (es gibt nichts Wahres im Falschen) zerstiebende - Kriminalhandlung tatsächlich zum Romangerüst. Und das war keine sonderlich gute Idee, denn als Krimi liest sich das von Abschweifung zu Abschweifung eilende, kaum wirkliche Überraschungen bereithaltende und stilistisch leicht onkelhafte Werk ("Er rief sie kurz vor acht an, wie immer mit einem Scherz auf den Lippen") doch eher mühselig. Alles dauert ewig.
Freilich ist es dem für seine narrative Sinnlichkeit bekannten Autor auch mehr darum zu tun, ein bei aller Zerrissenheit lebendiges Vorkriegssyrien auferstehen zu lassen, ein Land der Kaffeehausschwärmer und Schlitzohren, auch der Doppelmoral, des Opportunismus und der Brutalität. Sinnlichkeit, das heißt hier Farbenspiel, scheherazadeartiges Erzählen zum Anfassen und Liebe in allen Spielarten, auch und gerade der verzweifelten und der körperlichen. Mehr als alles andere aber geht Sinnlichkeit bei Rafik Schami durch den Magen. Literweise schlürfen die Protagonisten Kardamom-Mokka und Wein (wir befinden uns meist unter Christen), unablässig wird gemampft. Ganze Wagenladungen von Hummus verdrücken die Hauptfiguren. Wer sich liebt, bekocht sich. Dazu passt, dass das Mordopfer in Olivenöl eingelegt aufgefunden wurde und dass noch die letzten Sätze des Buches von unbändigem Hunger handeln.
Es reicht mitunter bis an die Grenze der Parodie, wenn jeder zehnte Satz sich in Gastroführerhymnik auf leibliche Genüsse bezieht, wenn selbst unter widrigsten Bedingungen immer wieder der Appetit des Kommissars thematisiert wird, wenn ein Mann beim Falafelverputzen "stöhnte vor Genuss" oder der italienische Gast im "Imbiss Sindbad" durch Geschmacksnervenkitzel "einem Orgasmus" nahe kommt. Man versteht dabei schnell, was man verstehen soll. Etwa, dass das Essen in arabischen Ländern eine noch größere soziale Bedeutung hat als in Italien. Dass die damit eng verwandte Gastfreundschaft eine der höchsten Tugenden in der arabischen Kultur ist. Auch deshalb ist Barudi, ein Stoiker der Werte, so sehr daran interessiert, der Ölspur zu folgen und den Mord an einem Gast aufzuklären - kurz bevor das ganze Land einem bis heute anhaltenden Mordrausch verfällt.
Der Bergheilige, der sogar seine Fürze als Heilmittel verkauft, ist übrigens ein gerissener Knilch. Er hat als Scharlatan allerlei Wandlungen durchgemacht, mal animalische Lust gepredigt, dann wieder Enthaltsamkeit, und er hat sich stets mit den Mächtigen arrangiert. Den Ungebildeten flunkerte er vor, er müsse die Bräute vor der Brautnacht innerlich reinigen: Die Menge brachte ihm ihre Jungfrauen. Damit hat Rafik Schami denn doch ein recht gelungenes Sinnbild für jene Sorte entrückter Machthaber geschaffen, die gerade in arabischen Gesellschaften so prächtig zu gedeihen scheinen. Auch sie haben Appetit. Sie fressen die Hoffnung und die Würde.
OLIVER JUNGEN
Rafik Schami: "Die geheime Mission des Kardinals". Roman.
Hanser Verlag, München 2019. 432 S., geb., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Ein sehr lesenswerter Kriminalroman vom Meistererzähler Rafik Schami." Denis Scheck, SWR Lesenswert, 26.09.19
"Dass die Bibel an 72 Stellen zur Gewalt aufruft, und damit mehr als der Koran, lässt sich aus diesem auch sonst sehr einsichtsreichen Krimi über ein Verbrechen in einem verbrecherischen Staat erfahren." Denis Scheck, Tagesspiegel, 15.09.19
"Schami schildert ein Land unter der Knute eines unbarmherzigen Regimes, das seinen Bürgern die Luft zum Atmen und die Fähigkeit zu denken nimmt. Und genau das ist es auch, was seinen Roman so lesenswert macht. ... Es macht Spaß, sich Schamis bedächtigem und manchmal orientalisch-ausuferndem Erzählfluss hinzugeben und den beharrlichen, immer wieder ins Leere laufenden Aufklärungsversuchen der beiden Kommissare zu folgen." Petra Pluwatsch, Frankfurter Rundschau, 13.08.19
"Rafik Schamis neuer Roman ist nur vordergründig ein Krimi. ... Zwischen den Zeilen analysiert der Deutschen liebster Syrer die Mechanismen von Diktatur und wie ein System die Menschen verändert. ... Zwischen sinnfrohe Elogen auf die italienische wie auf die syrische Küche schleichen sich messerscharfe, beklemmende Analysen." Dagmar Gilcher, Die Rheinpfalz, 16.08.19
"Der Meistererzähler Rafik Schami überrascht mit einem unterhaltsamen Krimi über einen seltsamen Heiligen mit Wunderkräften, den Alltag in der uralten Stadt Damaskus vor dem Bürgerkrieg und die Abgründe der Assad-Diktatur." Denis Scheck, Der Tagesspiegel, 11.08.19
"Nicht einfach nur ein spannender Krimi. Schami beschreibt mit Liebe zum Detail die Verhältnisse in Syrien. ... Das farbenprächtige Gesamtbild, das er von Syriens Gesellschaft zeichnet, setzt er zum Teil aus den einzelnen Geschichten seiner Romanfiguren zusammen. Er geht bei jedem der wichtigen Charaktere in die Tiefe, erzählt von ihrer Vergangenheit, ihrem Leid und der Liebe." Wieland Schneider, Die Presse, 30.07.19
"Dass die Bibel an 72 Stellen zur Gewalt aufruft, und damit mehr als der Koran, lässt sich aus diesem auch sonst sehr einsichtsreichen Krimi über ein Verbrechen in einem verbrecherischen Staat erfahren." Denis Scheck, Tagesspiegel, 15.09.19
"Schami schildert ein Land unter der Knute eines unbarmherzigen Regimes, das seinen Bürgern die Luft zum Atmen und die Fähigkeit zu denken nimmt. Und genau das ist es auch, was seinen Roman so lesenswert macht. ... Es macht Spaß, sich Schamis bedächtigem und manchmal orientalisch-ausuferndem Erzählfluss hinzugeben und den beharrlichen, immer wieder ins Leere laufenden Aufklärungsversuchen der beiden Kommissare zu folgen." Petra Pluwatsch, Frankfurter Rundschau, 13.08.19
"Rafik Schamis neuer Roman ist nur vordergründig ein Krimi. ... Zwischen den Zeilen analysiert der Deutschen liebster Syrer die Mechanismen von Diktatur und wie ein System die Menschen verändert. ... Zwischen sinnfrohe Elogen auf die italienische wie auf die syrische Küche schleichen sich messerscharfe, beklemmende Analysen." Dagmar Gilcher, Die Rheinpfalz, 16.08.19
"Der Meistererzähler Rafik Schami überrascht mit einem unterhaltsamen Krimi über einen seltsamen Heiligen mit Wunderkräften, den Alltag in der uralten Stadt Damaskus vor dem Bürgerkrieg und die Abgründe der Assad-Diktatur." Denis Scheck, Der Tagesspiegel, 11.08.19
"Nicht einfach nur ein spannender Krimi. Schami beschreibt mit Liebe zum Detail die Verhältnisse in Syrien. ... Das farbenprächtige Gesamtbild, das er von Syriens Gesellschaft zeichnet, setzt er zum Teil aus den einzelnen Geschichten seiner Romanfiguren zusammen. Er geht bei jedem der wichtigen Charaktere in die Tiefe, erzählt von ihrer Vergangenheit, ihrem Leid und der Liebe." Wieland Schneider, Die Presse, 30.07.19