Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 14,99 €
  • Audio CD

3 Kundenbewertungen

Sylvia Plath (1932-1963) veröffentlichte ihren einzigen Roman im Jahr ihres Selbstmords. Darin beschreibt sie, wie die erfolgsgewohnte 20jährige Esther Greenwood im -schwarzen Sommer- von 1953 einen Fehlschlag nach dem anderen erleidet.

Produktbeschreibung
Sylvia Plath (1932-1963) veröffentlichte ihren einzigen Roman im Jahr ihres Selbstmords. Darin beschreibt sie, wie die erfolgsgewohnte 20jährige Esther Greenwood im -schwarzen Sommer- von 1953 einen Fehlschlag nach dem anderen erleidet.
Autorenporträt
Die Dichterin Sylvia Plath, geboren 1932 in Boston, verheiratet mit dem Dichter Ted Hughes, wurde nach ihrem Selbstmord 1963 in London mit dem Roman Die Glasglocke und dem Gedichtband Ariel zu einer internationalen Ikone der Frauenbewegung. Reinhard Kaiser, geboren 1950 in Viersen, studierte Germanistik, Romanistik, Philosophie und Sozialwissenschaften in Berlin, Köln, Paris und Frankfurt am Main. Er arbeitete viele Jahre als Lektor, heute ist er als Übersetzer und Autor tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.1997

Die klare Sicht des Wahns
Zur deutschen Neuausgabe von Sylvia Plaths "Die Glasglocke"

Manchen Autoren gelingt es, einen literarischen Stellvertreter sterben zu lassen und sich so von der eigenen Seelenqual zu entlasten. Sylvia Plath nahm sich kurz nach dem Erscheinen dieses Romans im Jahre 1963 das Leben, Esther Greenwood aber, die Erzählerin dieser Lebensgeschichte, verläßt am Ende das Sanatorium mit einer vagen Aussicht auf Heilung der inneren Nöte. Es fällt schwer, von solch grausamer historischer Ironie und der vielbehandelten biographischen Katastrophe abzusehen. Zu deutlich protokolliert dieser Text die von Lust und Angst durchsetzten Todesphantasien der Autorin, und zu penibel wirkt die Genauigkeit, mit der paranoide Wahrnehmungen ins Wort gebracht und der lähmende Sog der Sinnlosigkeit grüblerisch umkreist werden.

Daß Sylvia Plath am renommierten Smith-College in Northampton, also an einem Zentrum akademischer Weiblichkeit, studierte, spiegelt sich in manchen Details des Geschehens. Dazu kommen Erinnerungen an erste Schritte in den Karrierebetrieb des mondänen Journalismus oder an die tastende Hilflosigkeit vor all den Angeboten des Großstadtgewühls. Die "Glasglocke", die sich unheilvoll über den Leiden der Protagonistin wölbt, versteht sich als Leitmetapher nicht nur für die Folgen ungelöster familiärer Konflikte, sondern auch für den psychischen Druck eines abgeschotteten Milieus, für eine intrikate Mischung aus Lüsternheit und puritanischer Angst, von lastendem Konformismus und femininer Rivalität. Eine junge Frau, die keinem Mann "dienstbar" sein will, empfindet ihre Sexualität als Bedrohung, die Männer als Inbilder einer unreinen Welt und ihre Körperlichkeit als Vorverweis auf die Schreckensvisionen blutiger Verletzung und drohender ehelicher Langeweile. Insofern verwundert es nicht, daß dieser Roman mittlerweile als "Klassiker des Feminismus" gilt.

Kaum mehr zu verfolgen sind die manchmal bieder wirkenden psychoanalytischen Entschlüsselungen nach Maßgabe gängiger Theorien. Sylvia Plaths Haßausbrüche auf ihren Vater, nachzulesen in ihren mittlerweile kanonisch untersuchten und gefeierten Gedichten, scheinen in einigen Szenen dieser Erzählung ein phantastisch verschobenes Äquivalent zu finden. Auch daß weder die ambivalente Hilflosigkeit der Mutter noch ihre Sproßgestalten in der Aquarienwelt der Kleinstadt lockende Bilder von Fraulichkeit darstellen, mag mit Recht zu jenen widerstreitenden Erfahrungen gerechnet werden, die ein stabiles Ichbewußtsein nicht aufkommen ließen. Ob damit ein Königsweg zum Verständnis jener bedrückenden Notate gebahnt ist, die Sylvia Plath in ihre Tagebücher der fünfziger Jahre eintrug, sei dahingestellt: "Ich kann nicht lieben. Ich liebe tatsächlich niemanden außer mich selbst . . . Ich fürchte mich, mir selbst ins Gesicht zu sehen."

In Gestalt ihres literarischen Ichs verarbeitet Sylvia Plath die Orientierungsprobleme eines hochbegabten und ehrgeizigen College-Girls bis hin zu ersten Suizidversuchen. Insofern bezeichnet dieser retrospektive Roman vielleicht die letzten Mühen einer verspäteten Selbsttherapie. Dafür sprechen die Hilferufe und die Zwangsvorstellungen, von denen fast alle Episoden der Lebenserzählung durchzogen sind. Was denn in der verwirrenden Welt das dem Willen entgleitende Ich außerhalb autistischer Emotionalität, außerhalb von Widerwillen und Haß, noch zusammenhalten könnte, drängt sich als geradezu obstinate Frage auf.

Esther Greenwood, die immer wieder im Spiegel ihr wahres Ich vergebens sucht, will alle lockenden Früchte am Lebensbaum pflücken: "Aber eine von ihnen nehmen bedeutet, alle anderen verlieren." So in der hier syntaktisch fragwürdigen Übersetzung, die ansonsten lexikalische Fülle und stilistische Bandbreite des Textes dem deutschen Leser durchaus zu vermitteln weiß. Getrieben von höchsten Ansprüchen an sich selbst, sieht sich die Erzählerin als "Rennpferd ohne Rennbahnen". In der konfusen Imagination aufsteigender Wünsche und lockender Möglichkeiten, denen ein ordnendes Prinzip verlorengegangen ist, scheint nur der eine Wunsch Sicherheit zu gewähren, der Wunsch, sich in der Schrift gewordenen Verfügung über das eigene Ich zu verwirklichen.

So läßt der Roman nicht nur Ausblicke auf konjunkturelle Parolen des Feminismus zu, sondern auch alle Anzeichen des Ehrgeizes und der Enttäuschung erkennen, die Sylvia Plaths anstrengende Wallfahrt zum Dichterruhm schließlich zu einem ebenso glanzvollen wie furchtbaren Erfolg führten. Weibliche Existenz und schriftstellerische Karriere erscheinen hier als offene Fragen einer Konfliktkonstellation, hinter der sich ein Feld pathologischer Lebensmomente ausbreitet. Sie verdichten sich in diesem Werk zu einem sublimen literarischen Dokument von exemplarischer Aussagekraft. Fast dreißig Jahre nach der ersten deutschen Fassung bietet die neue Übersetzung alle Möglichkeiten, ein faszinierendes wie bedrückendes Kapitel der "tragischen Literaturgeschichte" von neuem aufzuschlagen. WILHELM KÜHLMANN

Sylvia Plath: "Die Glasglocke". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Reinhard Kaiser. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997. 255 S., geb., 27,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
»Plath war ihr eigener Chor, der surreaIe Chor einer griechischen Tragödie, der nach der Wahrheit schreit. Und in jeder ... sanften Zeile hallt das Echo.« Silke Scheuermann Frankfurter Allgemeine Zeitung 20130209
»... aus elegant gefügten Perioden und ironisch federnden Sätzen ist der Roman Die Glasglocke gebaut... Hier gibt es kein unverhülltes Ich, das in literarischer Unmittelbarkeit seinen "nackten Schrei" aussendet, sondern eine kühl kommentierende Erzählerstimme...«
»Die beste, aufregendste und maßgeblich rücksichtsloseste Dichterin ihrer Generation.« John Updike »Es gibt keinen Zweifel: Wer sich eine Bibliothek mit Weltliteratur in Form von Hörbüchern aufbauen möchte, kommt an dieser Edition nicht vorbei.« WDR 3 »Hier wird fündig, wer an Hörbuchproduktionen Freude hat, die nicht schnell hingeschludert sind, sondern mit einer Regie-Idee zum Text vom und für den Rundfunk produziert sind.« NDR KULTUR »Mehr Zeit hätte man ja immer gern, aber für diese schönen Hörbücher, das Stück nur 10 EUR, besonders.« WAZ »Die Hörbuch-Edition 'Große Werke. Große Stimmen.' umfasst herausragende Lesungen deutschsprachiger Sprecherinnen und Sprecher, die in den Archiven der Rundfunkanstalten schlummern.« SAARLÄNDISCHER RUNDFUNK