Wer gerne feinfühlige, spannende, emotionale und lebensnahe Jugendbücher liest sollte unbedingt zu „Die Stille zwischen den Sekunden“ von Tania Witte greifen. Mich hat die Geschichte komplett von den Füßen gerissen und ich bin in jeglicher Hinsicht begeistert. Die Figuren, der Schreibstil, die
Story, der Spannungsbogen – alles ist rund, alles ist plausibel. Und vor allem geht einem das Schicksal…mehrWer gerne feinfühlige, spannende, emotionale und lebensnahe Jugendbücher liest sollte unbedingt zu „Die Stille zwischen den Sekunden“ von Tania Witte greifen. Mich hat die Geschichte komplett von den Füßen gerissen und ich bin in jeglicher Hinsicht begeistert. Die Figuren, der Schreibstil, die Story, der Spannungsbogen – alles ist rund, alles ist plausibel. Und vor allem geht einem das Schicksal jeder einzelnen Figur nahe, sei es auch die kleinste Nebenfigur. Es geht um das Leben in einer multikulturellen Großstadt, den Schulalltag, die erste Liebe, Freundschaft, Blogs und YouTube. Darüber hinaus geht es um Kriegserfahrungen, Verlust und unverarbeitete Traumata und die Folgen wie eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Schuldgefühle des Überlebenden.
Das ist natürlich viel Stoff für ein Jugendbuch, aber Tania Witte hat die Themen meinem Empfinden nach sehr feinfühlig verarbeitet und es trotz dieser Vielfalt geschafft, richtig in die Tiefe zu gehen und dort ihren Finger aufzulegen, wo es wehtut, wo es so richtig im Herzen schmerzt. Das erreicht sie, indem sie immer ganz nah an ihrer Protagonistin Mara bleibt. Es geht um ihre verwirrenden Empfindungen und nicht unmittelbar um medizinische und psychologische Fakten.
Mara ist eine äußerst interessante und vielschichtige Figur. Sie wächst in recht behüteten Verhältnissen auf. Allerdings begann sie schon früh damit, Verantwortung zu übernehmen, da ihre Mutter oft gedankenlos und zerstreut ist. Sie kocht, sie kümmert sich um den Haushalt, sie ist die zuverlässige Konstante in der Familie. Die Schule nimmt sie ernst, aber nicht zu ernst, Freundschaften pflegt sie wenige, doch die wenigen sind ihr sehr wichtig. Bei ihren Freundinnen Sirîn und Lyd kann sie Kraft tanken. Lyd ist ihr Ruhepol und Sirîn ist ihr so nah wie eine Zwillingsschwester. Gemeinsam führen sie einen Kochblog und nebenbei dient dieser Blog auch als Alibi, wenn sie immer Mittwochs heimlich in den Skaterpark gehen. Dort darf Sirîn nämlich nicht hin, strengstens verboten von ihren Eltern.
Doch mit einem Bombenattentat, dem sie auf dem Heimweg vom Skaterpark nur knapp entgeht, gerät ihr ganzes Leben aus den Fugen. Am gleichen Tag hat sich ihre Mutter verplappert und den Eltern von Sirîn verraten, dass sie nicht bei ihnen zu Hause ist. Plötzlich muss Mara nicht nur mit dem Schock des Unglücks umgehen, sondern auch damit, dass ihr der Kontakt zu ihrer Freundin beinahe vollständig verwehrt wird. Sie setzt alles daran, mit ihr zu sprechen, sie sehen zu dürfen, doch überall wird sie abgewiesen und die Eltern verhalten sich äußerst merkwürdig. Planen sie gar, Sirîn wieder in die Heimat zu schicken, nur weil sie ihnen den Skaterpark verheimlicht hatten? Noch dazu tritt auf einmal der Schulschwarm Chriso auf den Plan, der mit ihr über das Attentat sprechen möchte.
Alles im Leben von Mara ist also ziemliches Durcheinander, von ihren Gefühlen ganz zu schweigen, und dennoch liest sich „Die Stille zwischen den Sekunden“ sehr mühelos. Der rote Faden ist immer da und so wie sich Mara an bruchstückhaften Informationen festhält, so hangelt man sich auch als Leser durch die Geschichte, immer auf der Suche nach Antworten. Man fiebert mit Mara mit, bangt um Sirîn, hofft bei Chriso und wird am Ende mit einer Wendung konfrontiert, die man nicht kommen sieht.
Fazit
„Die Stille zwischen den Sekunden“ von Tania Witte packt einen von den ersten Seiten an. Bei diesem Jugendbuch blieben bei mir keine Wünsche offen: Die Figuren sind sehr authentisch und ihre Gefühle sind äußerst nachvollziehbar, der Schreibstil ist jung und frisch und die Spannung spitzt sich immer weiter zu, bis am Ende alles ganz anders ist, als man vermutet. Die Geschichte ist sehr emotional in jeglicher Hinsicht, es geht um Freundschaft und Liebe, aber auch um Verlust und die Bewältigung von Traumata. Trotz des herausfordernden Themas wirkt „Die Stille zwischen den Sekunden“ nie gestelzt oder gekünstelt, sondern immer echt und aus dem Leben gegriffe