Für die Entdeckung der Bienensprache wurde der österreichische Zoologe Karl Ritter von Frisch (1886 -1982) mit dem Nobelpreis geehrt. Anschaulich und in allgemein verständlicher Form berichtet er von den Freuden und Mühen seiner Forschung: erzählte Wissenschaftsgeschichte - gelebte Biologie."Im Bienenstaat ist die Orientierung nach Düften und nach der Sonne in wunderbarer Weise in den Dienst der sozialen Verständigung gestellt. Hat eine Kundschafterin in einiger Entfernung vom Stock eine Blumensorte gefunden, die reichlich Nahrung bietet, so alarmiert sie nach der Heimkehr ihre Stockgenossen durch eigenartige Tänze auf den Waben. Dabei schwänzelt sie lebhaft mit dem Hinterleib. Dieser Schwänzeltanz der Bienen ist fabelhaft interessant, er gehört zu den wunderbarsten Vorgängen im Reich der Insekten - und das will viel sagen. Durch den Schwänzeltanz erfahren die Stockgenossen vier wichtige Dinge: 1. daß draußen Blumen blühen, die viel Futter bieten, so daß es sich lohnt,sich auf den Weg zu machen; 2. um welche Blumensorte es sich handelt; 3. in welcher Entfernung vom Stock, und 4. in welcher Himmelsrichtung sie zu finden ist. Die Stockgenossen, die in der Nähe der Tänzerin sitzen, benehmen sich so, wie es einer so wichtigen Mitteilung entspricht. Sie bekunden das lebhafteste Interesse und trippeln hinter der Tänzerin her, um alle Einzelheiten der Nachricht in Empfang zu nehmen."
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2005Links herum, rechts herum
Karl von Frisch erklärt den Bienentanz
Wenn man den Zoologen Karl von Frisch über die komplexe Sprache der Bienen dozieren hört, glaubt man gerne, daß er die staatenbildenden Tiere soziologisch sowieso, aber eben auch intellektuell gleich neben den Menschen zu stellen bereit war. Jedenfalls weit über den anderen, vermeintlich höher entwickelten Wirbeltieren. Zu "Stimmungsäußerungen" seien diese instinktgeleiteten Wesen ja durchaus in der Lage, sogar zu regelrechten "Stimmungsausbrüchen". Aber nicht zu einer "beschreibenden Sprache" wie die Bienen, die ihre Verständigung stets in Gesellschaft ausüben. Diese Kommunikationsfreudigkeit war für den Begründer des Rund- und Schwänzeltanz-Lateins eine unerhört hohe intellektuelle Begabung der Bienen. Frischs Gabe war es, dieses Naturphänomen zu entziffern, aber es war ihm ganz offenkundig auch gegeben, dieses vor einem halben Jahrhundert noch so frische Wissen mit einem leichten Wiener Zungenschlag unterhaltsam zu vermitteln. Er nutzte dazu den Vortrag als eigene literarische Gattung. Die Biologie mag sich heute des molekularen Tiefgangs und des hohen Komplexitätsgrads ihrer Erkenntnisse rühmen, mit der anschaulichen Erzählweise von frühen Naturforschern à la Frisch ist es damit leider längst vorbei. Das wird beim Anhören der fünf original Tonband- und Radiovorträge, die Klaus Sander im Deutschen Rundfunkarchiv gefunden und neu herausgegeben hat, von Minute zu Minute deutlicher. Es sind Vorträge aus den Jahren 1953 bis 1962. Frisch schildert darin die frühen Experimente, die zur Entdeckung der Bienensprache geführt haben, er erklärt die Orientierungs- und Lebensleistungen kleiner Insekten und nicht zuletzt auch seinen eigenen Lebensweg, der den späteren Nobelpreisträger von der Medizin zuerst ins Farbenreich der Fische und von dort direkt zu den Bienen führte.
jom
Karl von Frisch: "Die Tanzsprache der Bienen", Verlag Supposé, Köln 2005. Die Doppel-CD kostet 24,80 Euro und ist zu bestellen bei Supposé, Tel. 0221/6607906.
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Karl von Frisch erklärt den Bienentanz
Wenn man den Zoologen Karl von Frisch über die komplexe Sprache der Bienen dozieren hört, glaubt man gerne, daß er die staatenbildenden Tiere soziologisch sowieso, aber eben auch intellektuell gleich neben den Menschen zu stellen bereit war. Jedenfalls weit über den anderen, vermeintlich höher entwickelten Wirbeltieren. Zu "Stimmungsäußerungen" seien diese instinktgeleiteten Wesen ja durchaus in der Lage, sogar zu regelrechten "Stimmungsausbrüchen". Aber nicht zu einer "beschreibenden Sprache" wie die Bienen, die ihre Verständigung stets in Gesellschaft ausüben. Diese Kommunikationsfreudigkeit war für den Begründer des Rund- und Schwänzeltanz-Lateins eine unerhört hohe intellektuelle Begabung der Bienen. Frischs Gabe war es, dieses Naturphänomen zu entziffern, aber es war ihm ganz offenkundig auch gegeben, dieses vor einem halben Jahrhundert noch so frische Wissen mit einem leichten Wiener Zungenschlag unterhaltsam zu vermitteln. Er nutzte dazu den Vortrag als eigene literarische Gattung. Die Biologie mag sich heute des molekularen Tiefgangs und des hohen Komplexitätsgrads ihrer Erkenntnisse rühmen, mit der anschaulichen Erzählweise von frühen Naturforschern à la Frisch ist es damit leider längst vorbei. Das wird beim Anhören der fünf original Tonband- und Radiovorträge, die Klaus Sander im Deutschen Rundfunkarchiv gefunden und neu herausgegeben hat, von Minute zu Minute deutlicher. Es sind Vorträge aus den Jahren 1953 bis 1962. Frisch schildert darin die frühen Experimente, die zur Entdeckung der Bienensprache geführt haben, er erklärt die Orientierungs- und Lebensleistungen kleiner Insekten und nicht zuletzt auch seinen eigenen Lebensweg, der den späteren Nobelpreisträger von der Medizin zuerst ins Farbenreich der Fische und von dort direkt zu den Bienen führte.
jom
Karl von Frisch: "Die Tanzsprache der Bienen", Verlag Supposé, Köln 2005. Die Doppel-CD kostet 24,80 Euro und ist zu bestellen bei Supposé, Tel. 0221/6607906.
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