Wie wurde Snow zum kaltblütigen Präsidenten?
Ehrgeiz treibt ihn an. Rivalität beflügelt ihn. Aber Macht hat ihren Preis. Es ist der Morgen der Ernte der zehnten Hungerspiele. Im Kapitol macht sich der 18-jährige Coriolanus Snow bereit, als Mentor bei den Hungerspielen zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die einst mächtige Familie Snow durchlebt schwere Zeiten und ihr Schicksal hängt davon ab, ob es Coriolanus gelingt, seine Konkurrenten zu übertrumpfen und auszustechen und Mentor des siegreichen Tributs zu werden. Die Chancen stehen jedoch schlecht. Er hat die demütigende Aufgabe bekommen, ausgerechnet dem weiblichen Tribut aus dem heruntergekommenen Distrikt 12 als Mentor zur Seite zu stehen - tiefer kann man nicht fallen. Von da an ist ihr Schicksal untrennbar miteinander verbunden. Jede Entscheidung, die Coriolanus trifft, könnte über Erfolg oder Misserfolg, über Triumph oder Niederlage bestimmen. Innerhalb der Arena ist es ein Kampf um Leben und Tod, außerhalb der Arena kämpft Coriolanus gegen die aufkeimenden Gefühle für sein dem Untergang geweihtes Tribut. Er muss sich entscheiden: Folgt er den Regeln oder dem Wunsch zu überleben - um jeden Preis.
Was davor geschah: Das Prequel zum Mega-Erfolg "Die Tribute von Panem".
Erschreckend. Packend. Faszinierend: Wir wird ein Mensch zum Monster?
Erfahre, wie Präsident Snow selbst Teil der Hungerspiele war. Tauche ein in das Panem vor der Zeit von Katniss Everdeen. Wie würdest du dich entscheiden? Auch Panem X wirft wieder viele ethische und moralische Fragen auf.
Gut oder Böse - hast du wirklich eine Wahl? Wie wurde Snow zum kaltblütigen Präsidenten? Ungekürzt gelesen von Uwe Teschner.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Ehrgeiz treibt ihn an. Rivalität beflügelt ihn. Aber Macht hat ihren Preis. Es ist der Morgen der Ernte der zehnten Hungerspiele. Im Kapitol macht sich der 18-jährige Coriolanus Snow bereit, als Mentor bei den Hungerspielen zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die einst mächtige Familie Snow durchlebt schwere Zeiten und ihr Schicksal hängt davon ab, ob es Coriolanus gelingt, seine Konkurrenten zu übertrumpfen und auszustechen und Mentor des siegreichen Tributs zu werden. Die Chancen stehen jedoch schlecht. Er hat die demütigende Aufgabe bekommen, ausgerechnet dem weiblichen Tribut aus dem heruntergekommenen Distrikt 12 als Mentor zur Seite zu stehen - tiefer kann man nicht fallen. Von da an ist ihr Schicksal untrennbar miteinander verbunden. Jede Entscheidung, die Coriolanus trifft, könnte über Erfolg oder Misserfolg, über Triumph oder Niederlage bestimmen. Innerhalb der Arena ist es ein Kampf um Leben und Tod, außerhalb der Arena kämpft Coriolanus gegen die aufkeimenden Gefühle für sein dem Untergang geweihtes Tribut. Er muss sich entscheiden: Folgt er den Regeln oder dem Wunsch zu überleben - um jeden Preis.
Was davor geschah: Das Prequel zum Mega-Erfolg "Die Tribute von Panem".
Erschreckend. Packend. Faszinierend: Wir wird ein Mensch zum Monster?
Erfahre, wie Präsident Snow selbst Teil der Hungerspiele war. Tauche ein in das Panem vor der Zeit von Katniss Everdeen. Wie würdest du dich entscheiden? Auch Panem X wirft wieder viele ethische und moralische Fragen auf.
Gut oder Böse - hast du wirklich eine Wahl? Wie wurde Snow zum kaltblütigen Präsidenten? Ungekürzt gelesen von Uwe Teschner.
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Monster im Werden
Blutig: Suzanne Collins' "Panem"-Prequel
Wenn auf der Dachterrasse Rosen gezüchtet werden und im Kochtopf gegen den Hunger nur Kohlsuppe vor sich hin blubbert, dann ist einiges in Schieflage geraten. Für die Familie Snow - einst mächtig, nun verarmt - heißt das, dass der einzige Erbe, der achtzehnjährige Coriolanus, nicht nur ständig damit rechnen muss, unter seinen reichen Freunden als Hochstapler dazustehen, sondern auch, dass seine einzige Chance auf ein seinen Vorstellungen gerechtes Leben in ihm selbst besteht: in seiner Geschmeidigkeit, in der Fähigkeit, das bestehende System zu analysieren und zu seinen Gunsten auszunutzen, und schließlich in der Bereitschaft, diesem Ziel alles unterzuordnen. Auch wenn es um so elementare Bedürfnisse eines Jugendlichen geht wie Freundschaft, Liebe oder ein Dasein ohne große Verstellung. Coriolanus jedenfalls verbirgt den Kohlgeruch, Symbol seiner Armut, mit dem Rosenduft aus dem Dachgarten seiner Großmutter.
Suzanne Collins hat ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" um einen vierten Band ergänzt, der vor einigen Tagen erschienen ist. Er erzählt die Geschichte weiter, aber nicht als Fortsetzung, sondern in die Vergangenheit gerichtet. Denn die Handlung von "Das Lied von Vogel und Schlange" spielt 64 Jahre vor dem ersten Band, vor den 74. "Hungerspielen" also, die wie jedes Jahr zur Erinnerung an den einstigen Aufstand der "Distrikte" gegen die Zentrale, das "Kapitol", abgehalten werden, indem aus jedem Distrikt zwei "Tribute", ein Junge und ein Mädchen, ausgelost werden, um in einer Arena so lange gegeneinander zu kämpfen, bis nur noch einer von ihnen am Leben ist. Das Ergebnis ist aus der Trilogie bekannt, die Collins zwischen 2008 und 2010 veröffentlicht hatte und deren mehrteilige Verfilmung zum Welterfolg wurde: Das Mädchen Katniss aus dem 12. Distrikt gewinnt die 74. Spiele und wird danach zum Symbol eines weiteren, diesmal erfolgreichen Aufstandes der Distrikte. Am Ende lebt sie, versehrt an Leib und Seele, abgeschieden mit ihrer Familie in der Provinz und schreibt ihre Erinnerungen nieder.
Ihr großer Gegenspieler im Freiheitskampf war Präsident Coriolanus Snow, ein kalter Zyniker, der sich Katniss gegenüber ebenso kultiviert wie grausam zeigte. Das Prequel zur Trilogie ist ihm gewidmet und wird komplett aus seiner Perspektive erzählt. Die Handlung setzt ein, als zur Abhaltung der zehnten Hungerspiele erstmals Mentoren für die 24 Tribute bestimmt werden. Snow wird die junge Sängerin Lucy Gray Baird aus dem 12. Distrikt zugeteilt, in mancher Hinsicht eine Vorgängerin von Katniss (auf deren Namen sogar einmal angespielt wird), und Snows Interesse an ihr erscheint ihm und anderen bisweilen als der Liebe ähnlich, ist aber eng an das eigene Fortkommen geknüpft und wird schließlich genau in dieser Hinsicht problematisch. Völlig anders aber ist die Situation der Tribute, die nicht wie in der Trilogie anfangs gehätschelt und fernsehtauglich gemacht, sondern wie Tiere behandelt und in die Manege entlassen werden.
Die Spiele sind hier in eine Krise geraten, eigentlich will sie niemand mehr sehen, und der eigentliche Impuls der an gesellschaftlichen Prozessen so interessierten Autorin scheint die Schilderung zu sein, wie aus einem reinen Unterdrückungsinstrument ein als Massenunterhaltung akzeptiertes Fernsehereignis wird - Snows Ideen, die er in diesem Roman entwickelt, bahnen den Weg zu dem, was uns in der Trilogie begegnet.
Die Kunst der Autorin besteht darin, die Entwicklung des jungen Coriolanus zum späteren kultivierten Monster aus der Trilogie als keineswegs unausweichlich zu schildern, einige Weichenstellungen inklusive, trotzdem aber als plausibel darzustellen. Dazu trägt bei, dass er von echten Sadisten, aber auch von ambivalenten Gestalten umgeben ist, wozu auch ein tragischer Charakter gehört, der sich gegen das System auflehnt und dabei die falschen Allianzen zu knüpfen versucht. Und Collins spinnt den roten Faden ihrer Trilogie weiter aus, der in der menschlichen Stimme, im Gesang zumal, ein Symbol der Freiheit sieht.
Coriolanus jedenfalls wird auch später einen verräterischen Geruch mit Rosenduft unterdrücken müssen: In der Trilogie ist das der Geruch von Blut.
TILMAN SPRECKELSEN.
Suzanne Collins: "Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange".
Aus dem Englischen von Peter Klöss und Sylke Hachmeister. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 608 S., geb., 26,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Blutig: Suzanne Collins' "Panem"-Prequel
Wenn auf der Dachterrasse Rosen gezüchtet werden und im Kochtopf gegen den Hunger nur Kohlsuppe vor sich hin blubbert, dann ist einiges in Schieflage geraten. Für die Familie Snow - einst mächtig, nun verarmt - heißt das, dass der einzige Erbe, der achtzehnjährige Coriolanus, nicht nur ständig damit rechnen muss, unter seinen reichen Freunden als Hochstapler dazustehen, sondern auch, dass seine einzige Chance auf ein seinen Vorstellungen gerechtes Leben in ihm selbst besteht: in seiner Geschmeidigkeit, in der Fähigkeit, das bestehende System zu analysieren und zu seinen Gunsten auszunutzen, und schließlich in der Bereitschaft, diesem Ziel alles unterzuordnen. Auch wenn es um so elementare Bedürfnisse eines Jugendlichen geht wie Freundschaft, Liebe oder ein Dasein ohne große Verstellung. Coriolanus jedenfalls verbirgt den Kohlgeruch, Symbol seiner Armut, mit dem Rosenduft aus dem Dachgarten seiner Großmutter.
Suzanne Collins hat ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" um einen vierten Band ergänzt, der vor einigen Tagen erschienen ist. Er erzählt die Geschichte weiter, aber nicht als Fortsetzung, sondern in die Vergangenheit gerichtet. Denn die Handlung von "Das Lied von Vogel und Schlange" spielt 64 Jahre vor dem ersten Band, vor den 74. "Hungerspielen" also, die wie jedes Jahr zur Erinnerung an den einstigen Aufstand der "Distrikte" gegen die Zentrale, das "Kapitol", abgehalten werden, indem aus jedem Distrikt zwei "Tribute", ein Junge und ein Mädchen, ausgelost werden, um in einer Arena so lange gegeneinander zu kämpfen, bis nur noch einer von ihnen am Leben ist. Das Ergebnis ist aus der Trilogie bekannt, die Collins zwischen 2008 und 2010 veröffentlicht hatte und deren mehrteilige Verfilmung zum Welterfolg wurde: Das Mädchen Katniss aus dem 12. Distrikt gewinnt die 74. Spiele und wird danach zum Symbol eines weiteren, diesmal erfolgreichen Aufstandes der Distrikte. Am Ende lebt sie, versehrt an Leib und Seele, abgeschieden mit ihrer Familie in der Provinz und schreibt ihre Erinnerungen nieder.
Ihr großer Gegenspieler im Freiheitskampf war Präsident Coriolanus Snow, ein kalter Zyniker, der sich Katniss gegenüber ebenso kultiviert wie grausam zeigte. Das Prequel zur Trilogie ist ihm gewidmet und wird komplett aus seiner Perspektive erzählt. Die Handlung setzt ein, als zur Abhaltung der zehnten Hungerspiele erstmals Mentoren für die 24 Tribute bestimmt werden. Snow wird die junge Sängerin Lucy Gray Baird aus dem 12. Distrikt zugeteilt, in mancher Hinsicht eine Vorgängerin von Katniss (auf deren Namen sogar einmal angespielt wird), und Snows Interesse an ihr erscheint ihm und anderen bisweilen als der Liebe ähnlich, ist aber eng an das eigene Fortkommen geknüpft und wird schließlich genau in dieser Hinsicht problematisch. Völlig anders aber ist die Situation der Tribute, die nicht wie in der Trilogie anfangs gehätschelt und fernsehtauglich gemacht, sondern wie Tiere behandelt und in die Manege entlassen werden.
Die Spiele sind hier in eine Krise geraten, eigentlich will sie niemand mehr sehen, und der eigentliche Impuls der an gesellschaftlichen Prozessen so interessierten Autorin scheint die Schilderung zu sein, wie aus einem reinen Unterdrückungsinstrument ein als Massenunterhaltung akzeptiertes Fernsehereignis wird - Snows Ideen, die er in diesem Roman entwickelt, bahnen den Weg zu dem, was uns in der Trilogie begegnet.
Die Kunst der Autorin besteht darin, die Entwicklung des jungen Coriolanus zum späteren kultivierten Monster aus der Trilogie als keineswegs unausweichlich zu schildern, einige Weichenstellungen inklusive, trotzdem aber als plausibel darzustellen. Dazu trägt bei, dass er von echten Sadisten, aber auch von ambivalenten Gestalten umgeben ist, wozu auch ein tragischer Charakter gehört, der sich gegen das System auflehnt und dabei die falschen Allianzen zu knüpfen versucht. Und Collins spinnt den roten Faden ihrer Trilogie weiter aus, der in der menschlichen Stimme, im Gesang zumal, ein Symbol der Freiheit sieht.
Coriolanus jedenfalls wird auch später einen verräterischen Geruch mit Rosenduft unterdrücken müssen: In der Trilogie ist das der Geruch von Blut.
TILMAN SPRECKELSEN.
Suzanne Collins: "Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange".
Aus dem Englischen von Peter Klöss und Sylke Hachmeister. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 608 S., geb., 26,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2020Monster im Werden
Blutig: Suzanne Collins' "Panem"-Prequel
Wenn auf der Dachterrasse Rosen gezüchtet werden und im Kochtopf gegen den Hunger nur Kohlsuppe vor sich hin blubbert, dann ist einiges in Schieflage geraten. Für die Familie Snow - einst mächtig, nun verarmt - heißt das, dass der einzige Erbe, der achtzehnjährige Coriolanus, nicht nur ständig damit rechnen muss, unter seinen reichen Freunden als Hochstapler dazustehen, sondern auch, dass seine einzige Chance auf ein seinen Vorstellungen gerechtes Leben in ihm selbst besteht: in seiner Geschmeidigkeit, in der Fähigkeit, das bestehende System zu analysieren und zu seinen Gunsten auszunutzen, und schließlich in der Bereitschaft, diesem Ziel alles unterzuordnen. Auch wenn es um so elementare Bedürfnisse eines Jugendlichen geht wie Freundschaft, Liebe oder ein Dasein ohne große Verstellung. Coriolanus jedenfalls verbirgt den Kohlgeruch, Symbol seiner Armut, mit dem Rosenduft aus dem Dachgarten seiner Großmutter.
Suzanne Collins hat ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" um einen vierten Band ergänzt, der vor einigen Tagen erschienen ist. Er erzählt die Geschichte weiter, aber nicht als Fortsetzung, sondern in die Vergangenheit gerichtet. Denn die Handlung von "Das Lied von Vogel und Schlange" spielt 64 Jahre vor dem ersten Band, vor den 74. "Hungerspielen" also, die wie jedes Jahr zur Erinnerung an den einstigen Aufstand der "Distrikte" gegen die Zentrale, das "Kapitol", abgehalten werden, indem aus jedem Distrikt zwei "Tribute", ein Junge und ein Mädchen, ausgelost werden, um in einer Arena so lange gegeneinander zu kämpfen, bis nur noch einer von ihnen am Leben ist. Das Ergebnis ist aus der Trilogie bekannt, die Collins zwischen 2008 und 2010 veröffentlicht hatte und deren mehrteilige Verfilmung zum Welterfolg wurde: Das Mädchen Katniss aus dem 12. Distrikt gewinnt die 74. Spiele und wird danach zum Symbol eines weiteren, diesmal erfolgreichen Aufstandes der Distrikte. Am Ende lebt sie, versehrt an Leib und Seele, abgeschieden mit ihrer Familie in der Provinz und schreibt ihre Erinnerungen nieder.
Ihr großer Gegenspieler im Freiheitskampf war Präsident Coriolanus Snow, ein kalter Zyniker, der sich Katniss gegenüber ebenso kultiviert wie grausam zeigte. Das Prequel zur Trilogie ist ihm gewidmet und wird komplett aus seiner Perspektive erzählt. Die Handlung setzt ein, als zur Abhaltung der zehnten Hungerspiele erstmals Mentoren für die 24 Tribute bestimmt werden. Snow wird die junge Sängerin Lucy Gray Baird aus dem 12. Distrikt zugeteilt, in mancher Hinsicht eine Vorgängerin von Katniss (auf deren Namen sogar einmal angespielt wird), und Snows Interesse an ihr erscheint ihm und anderen bisweilen als der Liebe ähnlich, ist aber eng an das eigene Fortkommen geknüpft und wird schließlich genau in dieser Hinsicht problematisch. Völlig anders aber ist die Situation der Tribute, die nicht wie in der Trilogie anfangs gehätschelt und fernsehtauglich gemacht, sondern wie Tiere behandelt und in die Manege entlassen werden.
Die Spiele sind hier in eine Krise geraten, eigentlich will sie niemand mehr sehen, und der eigentliche Impuls der an gesellschaftlichen Prozessen so interessierten Autorin scheint die Schilderung zu sein, wie aus einem reinen Unterdrückungsinstrument ein als Massenunterhaltung akzeptiertes Fernsehereignis wird - Snows Ideen, die er in diesem Roman entwickelt, bahnen den Weg zu dem, was uns in der Trilogie begegnet.
Die Kunst der Autorin besteht darin, die Entwicklung des jungen Coriolanus zum späteren kultivierten Monster aus der Trilogie als keineswegs unausweichlich zu schildern, einige Weichenstellungen inklusive, trotzdem aber als plausibel darzustellen. Dazu trägt bei, dass er von echten Sadisten, aber auch von ambivalenten Gestalten umgeben ist, wozu auch ein tragischer Charakter gehört, der sich gegen das System auflehnt und dabei die falschen Allianzen zu knüpfen versucht. Und Collins spinnt den roten Faden ihrer Trilogie weiter aus, der in der menschlichen Stimme, im Gesang zumal, ein Symbol der Freiheit sieht.
Coriolanus jedenfalls wird auch später einen verräterischen Geruch mit Rosenduft unterdrücken müssen: In der Trilogie ist das der Geruch von Blut.
TILMAN SPRECKELSEN.
Suzanne Collins: "Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange".
Aus dem Englischen von Peter Klöss und Sylke Hachmeister. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 608 S., geb., 26,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Blutig: Suzanne Collins' "Panem"-Prequel
Wenn auf der Dachterrasse Rosen gezüchtet werden und im Kochtopf gegen den Hunger nur Kohlsuppe vor sich hin blubbert, dann ist einiges in Schieflage geraten. Für die Familie Snow - einst mächtig, nun verarmt - heißt das, dass der einzige Erbe, der achtzehnjährige Coriolanus, nicht nur ständig damit rechnen muss, unter seinen reichen Freunden als Hochstapler dazustehen, sondern auch, dass seine einzige Chance auf ein seinen Vorstellungen gerechtes Leben in ihm selbst besteht: in seiner Geschmeidigkeit, in der Fähigkeit, das bestehende System zu analysieren und zu seinen Gunsten auszunutzen, und schließlich in der Bereitschaft, diesem Ziel alles unterzuordnen. Auch wenn es um so elementare Bedürfnisse eines Jugendlichen geht wie Freundschaft, Liebe oder ein Dasein ohne große Verstellung. Coriolanus jedenfalls verbirgt den Kohlgeruch, Symbol seiner Armut, mit dem Rosenduft aus dem Dachgarten seiner Großmutter.
Suzanne Collins hat ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" um einen vierten Band ergänzt, der vor einigen Tagen erschienen ist. Er erzählt die Geschichte weiter, aber nicht als Fortsetzung, sondern in die Vergangenheit gerichtet. Denn die Handlung von "Das Lied von Vogel und Schlange" spielt 64 Jahre vor dem ersten Band, vor den 74. "Hungerspielen" also, die wie jedes Jahr zur Erinnerung an den einstigen Aufstand der "Distrikte" gegen die Zentrale, das "Kapitol", abgehalten werden, indem aus jedem Distrikt zwei "Tribute", ein Junge und ein Mädchen, ausgelost werden, um in einer Arena so lange gegeneinander zu kämpfen, bis nur noch einer von ihnen am Leben ist. Das Ergebnis ist aus der Trilogie bekannt, die Collins zwischen 2008 und 2010 veröffentlicht hatte und deren mehrteilige Verfilmung zum Welterfolg wurde: Das Mädchen Katniss aus dem 12. Distrikt gewinnt die 74. Spiele und wird danach zum Symbol eines weiteren, diesmal erfolgreichen Aufstandes der Distrikte. Am Ende lebt sie, versehrt an Leib und Seele, abgeschieden mit ihrer Familie in der Provinz und schreibt ihre Erinnerungen nieder.
Ihr großer Gegenspieler im Freiheitskampf war Präsident Coriolanus Snow, ein kalter Zyniker, der sich Katniss gegenüber ebenso kultiviert wie grausam zeigte. Das Prequel zur Trilogie ist ihm gewidmet und wird komplett aus seiner Perspektive erzählt. Die Handlung setzt ein, als zur Abhaltung der zehnten Hungerspiele erstmals Mentoren für die 24 Tribute bestimmt werden. Snow wird die junge Sängerin Lucy Gray Baird aus dem 12. Distrikt zugeteilt, in mancher Hinsicht eine Vorgängerin von Katniss (auf deren Namen sogar einmal angespielt wird), und Snows Interesse an ihr erscheint ihm und anderen bisweilen als der Liebe ähnlich, ist aber eng an das eigene Fortkommen geknüpft und wird schließlich genau in dieser Hinsicht problematisch. Völlig anders aber ist die Situation der Tribute, die nicht wie in der Trilogie anfangs gehätschelt und fernsehtauglich gemacht, sondern wie Tiere behandelt und in die Manege entlassen werden.
Die Spiele sind hier in eine Krise geraten, eigentlich will sie niemand mehr sehen, und der eigentliche Impuls der an gesellschaftlichen Prozessen so interessierten Autorin scheint die Schilderung zu sein, wie aus einem reinen Unterdrückungsinstrument ein als Massenunterhaltung akzeptiertes Fernsehereignis wird - Snows Ideen, die er in diesem Roman entwickelt, bahnen den Weg zu dem, was uns in der Trilogie begegnet.
Die Kunst der Autorin besteht darin, die Entwicklung des jungen Coriolanus zum späteren kultivierten Monster aus der Trilogie als keineswegs unausweichlich zu schildern, einige Weichenstellungen inklusive, trotzdem aber als plausibel darzustellen. Dazu trägt bei, dass er von echten Sadisten, aber auch von ambivalenten Gestalten umgeben ist, wozu auch ein tragischer Charakter gehört, der sich gegen das System auflehnt und dabei die falschen Allianzen zu knüpfen versucht. Und Collins spinnt den roten Faden ihrer Trilogie weiter aus, der in der menschlichen Stimme, im Gesang zumal, ein Symbol der Freiheit sieht.
Coriolanus jedenfalls wird auch später einen verräterischen Geruch mit Rosenduft unterdrücken müssen: In der Trilogie ist das der Geruch von Blut.
TILMAN SPRECKELSEN.
Suzanne Collins: "Die Tribute von Panem X - Das Lied von Vogel und Schlange".
Aus dem Englischen von Peter Klöss und Sylke Hachmeister. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 608 S., geb., 26,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2020Als der Diktator
unschuldig war
Eine Vorgeschichte der „Tribute
von Panem“ von Suzanne Collins
Waren die Hungerspiele nicht im letzten Band der Trilogie „Die Tribute von Panem. Flammender Zorn“ für alle Zeiten beendet, mit Happy Ends für die Überlebenden? Nun ist zehn Jahre später ein neuer Band unter dem Titel „Die Tribute von Panem. Das Lied von Vogel und Schlange“ erschienen und hat sich gleich an die Spitzen der Bestsellerlisten gesetzt. Suzanne Collins erzählt darin aus der Frühzeit von Panem, 64 Jahre vor den Ereignissen der Trilogie, in der die Hauptfigur Katniss Everdeen als Tribut aus Distrikt 12 an den Hungerspielen teilnimmt und mit Rebellen zusammen jenen Präsidenten Coriolanus Snow besiegt, der in den drei Bänden als grausamer Diktator im Hintergrund agierte. Im Prequel spielt er jetzt als Jugendlicher die Hauptrolle: Seine Entwicklung vom empathischen Wesen zu dem Menschenverächter, der auf einen autoritären Staat setzt, wird auf dramatische Weise erzählt.
In der Welt des jungen Coriolanus Snow herrscht nach dem Sieg über die Rebellen das apokalyptische Grauen. Er ist einer der letzten Überlebenden eines der führenden Clans auf dem Kapitol, seine Eltern sind Opfer des Krieges. Nicht nur gegen das Verhungern kämpft er, auch gegen die Angst, für immer seine gesellschaftliche Stellung zu verlieren. Seine einzige Chance besteht darin, mit Hilfe eines Stipendiums zu studieren. Um das zu bekommen, muss er bei den Hungerspielen als Mentor einem Kämpfer, einem Tribut, zugeteilt werden, der als Überlebender und damit Sieger für ihn gewinnt.
Vor einer düsteren, schwer erträglichen Kulisse laufen nun diese Hungerspiele ab, bereits inszeniert wie die Szenen eines Drehbuchs. Wie mit der Fernsehkamera verfolgt der Leser den Kampf ums Überleben, den Coriolanus zusammen mit dem Mädchen Lucy Gray führt, die ihm als Tribut zugeteilt wurde. Als Mitglied einer Sänger- und Schaustellerfamilie weiß sie die Zuschauer für sich zu gewinnen und mit ihrer wunderbaren Stimme zu faszinieren. Mit ihr bringt die Autorin Ambivalenz und Spannung in die breit angelegte Handlung. Denn trotz ihres mörderischen Überlebenswillens – sie vernichtet einige ihrer gegnerischen Mitspieler mit einem Gift, das ihr Coriolanus heimlich verschafft – zeigt sie Spuren von Menschlichkeit, auch in ihrer Zuneigung zu ihrem Mentor.
Aber ist Menschlichkeit überhaupt möglich in dieser korrupten, vom Krieg zerrütteten Gesellschaft, in der jeder um sein Überleben kämpft? Dieser Frage wird am Beispiel von Coriolanus’ Entwicklung nachgegangen. Und damit entfernt sich die Autorin von den rein unterhaltenden Motiven, die die Panem-Trilogie so erfolgreich machte. Der Mensch ist offenbar unfähig, gut zu sein, das deuten die philosophischen Mottos von Hobbes, Locke, Rousseau, Wordsworth und Mary Shelley schon zu Anfang an.
Auch wenn Coriolanus sich in Lucy verliebt, er hat keine Chance, eine Heldenrolle zu spielen wie Katniss Everdeen und ein Kämpfer für Gerechtigkeit zu werden, stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen, die in den Hungerspielen sterben. Er wird das Opfer gesellschaftlicher Intrigen. Angezettelt von seinem Lehrer, Dekan Highbottom, der an ihm eine Familienfehde austragen will, und von Volumnia Gaul, der obersten Spielemacherin und Leiterin der Abteilung experimentelle Waffen des Kapitols, die ihn von der menschlichen Grausamkeit überzeugen will: „Für Gaul war er nur ein weiteres Versuchskaninchen in ihren Experimenten.“ Die Sache nimmt einen für ihn traumatischen Verlauf. Im Kampf um seine Zukunft erfährt er an seinen eigenen Reaktionen, zu was der Mensch fähig ist. Dem Sadismus dieser Frau ausgeliefert, hat er keine Chance und lernt am Schluss, wie geplant, seine Lektion, für die er belohnt wird. Und die ihn befähigt, der Präsident in der Panem-Trilogie zu werden.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Suzanne Collins: Die Tribute von Panem. Das Lied von Vogel und Schlange. Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister und Peter Klöss. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 607 Seiten, 26 Euro.
An den eigenen Reaktionen
erfährt der junge Coriolanus, zu
was der Mensch fähig ist
Steckt ein Kind im Unrechtsherrscher? Donald Sutherland als Coriolanus in der Verfilmung der Trilogie.
Foto: Studiocanal
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
unschuldig war
Eine Vorgeschichte der „Tribute
von Panem“ von Suzanne Collins
Waren die Hungerspiele nicht im letzten Band der Trilogie „Die Tribute von Panem. Flammender Zorn“ für alle Zeiten beendet, mit Happy Ends für die Überlebenden? Nun ist zehn Jahre später ein neuer Band unter dem Titel „Die Tribute von Panem. Das Lied von Vogel und Schlange“ erschienen und hat sich gleich an die Spitzen der Bestsellerlisten gesetzt. Suzanne Collins erzählt darin aus der Frühzeit von Panem, 64 Jahre vor den Ereignissen der Trilogie, in der die Hauptfigur Katniss Everdeen als Tribut aus Distrikt 12 an den Hungerspielen teilnimmt und mit Rebellen zusammen jenen Präsidenten Coriolanus Snow besiegt, der in den drei Bänden als grausamer Diktator im Hintergrund agierte. Im Prequel spielt er jetzt als Jugendlicher die Hauptrolle: Seine Entwicklung vom empathischen Wesen zu dem Menschenverächter, der auf einen autoritären Staat setzt, wird auf dramatische Weise erzählt.
In der Welt des jungen Coriolanus Snow herrscht nach dem Sieg über die Rebellen das apokalyptische Grauen. Er ist einer der letzten Überlebenden eines der führenden Clans auf dem Kapitol, seine Eltern sind Opfer des Krieges. Nicht nur gegen das Verhungern kämpft er, auch gegen die Angst, für immer seine gesellschaftliche Stellung zu verlieren. Seine einzige Chance besteht darin, mit Hilfe eines Stipendiums zu studieren. Um das zu bekommen, muss er bei den Hungerspielen als Mentor einem Kämpfer, einem Tribut, zugeteilt werden, der als Überlebender und damit Sieger für ihn gewinnt.
Vor einer düsteren, schwer erträglichen Kulisse laufen nun diese Hungerspiele ab, bereits inszeniert wie die Szenen eines Drehbuchs. Wie mit der Fernsehkamera verfolgt der Leser den Kampf ums Überleben, den Coriolanus zusammen mit dem Mädchen Lucy Gray führt, die ihm als Tribut zugeteilt wurde. Als Mitglied einer Sänger- und Schaustellerfamilie weiß sie die Zuschauer für sich zu gewinnen und mit ihrer wunderbaren Stimme zu faszinieren. Mit ihr bringt die Autorin Ambivalenz und Spannung in die breit angelegte Handlung. Denn trotz ihres mörderischen Überlebenswillens – sie vernichtet einige ihrer gegnerischen Mitspieler mit einem Gift, das ihr Coriolanus heimlich verschafft – zeigt sie Spuren von Menschlichkeit, auch in ihrer Zuneigung zu ihrem Mentor.
Aber ist Menschlichkeit überhaupt möglich in dieser korrupten, vom Krieg zerrütteten Gesellschaft, in der jeder um sein Überleben kämpft? Dieser Frage wird am Beispiel von Coriolanus’ Entwicklung nachgegangen. Und damit entfernt sich die Autorin von den rein unterhaltenden Motiven, die die Panem-Trilogie so erfolgreich machte. Der Mensch ist offenbar unfähig, gut zu sein, das deuten die philosophischen Mottos von Hobbes, Locke, Rousseau, Wordsworth und Mary Shelley schon zu Anfang an.
Auch wenn Coriolanus sich in Lucy verliebt, er hat keine Chance, eine Heldenrolle zu spielen wie Katniss Everdeen und ein Kämpfer für Gerechtigkeit zu werden, stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen, die in den Hungerspielen sterben. Er wird das Opfer gesellschaftlicher Intrigen. Angezettelt von seinem Lehrer, Dekan Highbottom, der an ihm eine Familienfehde austragen will, und von Volumnia Gaul, der obersten Spielemacherin und Leiterin der Abteilung experimentelle Waffen des Kapitols, die ihn von der menschlichen Grausamkeit überzeugen will: „Für Gaul war er nur ein weiteres Versuchskaninchen in ihren Experimenten.“ Die Sache nimmt einen für ihn traumatischen Verlauf. Im Kampf um seine Zukunft erfährt er an seinen eigenen Reaktionen, zu was der Mensch fähig ist. Dem Sadismus dieser Frau ausgeliefert, hat er keine Chance und lernt am Schluss, wie geplant, seine Lektion, für die er belohnt wird. Und die ihn befähigt, der Präsident in der Panem-Trilogie zu werden.
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Suzanne Collins: Die Tribute von Panem. Das Lied von Vogel und Schlange. Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister und Peter Klöss. Oetinger Verlag, Hamburg 2020. 607 Seiten, 26 Euro.
An den eigenen Reaktionen
erfährt der junge Coriolanus, zu
was der Mensch fähig ist
Steckt ein Kind im Unrechtsherrscher? Donald Sutherland als Coriolanus in der Verfilmung der Trilogie.
Foto: Studiocanal
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"Für eingefleischte Fans ist das lang ersehnte Buch eine spannende Erweiterung des "Panem"-Kosmos. Ähnlich bunt bei der Zeichnung der überdrehten Kapitol-Spielmacher, ähnlich fesselnd bei den Kämpfen bis zum Tod und auch ähnlich brutal bei den Details der tödlichen Kinderkämpfe. Gleichzeitig steht mit Snow eine Figur im Mittelpunkt, die von Anfang an - trotz so mancher Gefühlsregung - eher unsympathisch und zutiefst berechnend wirkt. Ob der innere Gut-gegen-Böse-Kampf Snows für einen erneuten Kassenschlager reichen wird?" dpa, 19.05.2020