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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.2008

Auf der Suche
Ein sehr persönliches Buch des Präsidentschaftskandidaten Obama / Von Horst Bacia

Als er 33 Jahre alt war, hat Barack Obama ein Buch geschrieben. Es ist ein hinreißend persönliches und ausgesprochen politisches Buch geworden, aber auf erfreuliche Weise eben nicht das Buch eines Politikers. Der Autor wusste damals vermutlich noch gar nicht, dass er schon bald ein bekannter Politiker werden würde. Gerade darin liegt der Reiz dieses ersten Buches (ein zweites, eher programmatisches, The Audacity of Hope, erschien 2006.) Die erste Auflage von 1995 wurde in 20 000 Exemplaren gedruckt, von der zweiten, die 2004 herauskam, als Obama als erster farbiger Amerikaner für den Bundesstaat Illinois in den Senat gewählt wurde, sind bisher mehr als 800 000 Exemplare verkauft worden. Selbst das Buch eines Präsidentschaftsbewerbers wird aber nicht automatisch ein Bestseller. Es muss auch etwas mitzuteilen haben, das viele Menschen interessiert und berührt.

Obama erzählt die Geschichte von der Suche nach seinem Vater, dessen fremd klingenden Namen er trägt, den er aber nur einmal, als Zehnjähriger, bewusst erlebt hat. Es ist die faszinierende Geschichte eines jungen Mannes auf der Suche nach sich selbst, seinem Platz in der amerikanischen Gesellschaft und der eigenen Identität. Denn Obama ist Farbiger, aber nicht der Nachkomme früherer Sklaven.

Seine Mutter stammt aus Wichita in Kansas, sein Vater, Barack Hussein Obama, aus Alego im Osten Kenias. Die beiden lernen sich als Studenten an der Universität von Hawaii kennen, wo es damals, Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre, besonders viele Stipendiaten aus der Dritten Welt gab. In Honolulu leben Obamas Großeltern. Für seinen umtriebigen Großvater, einem Handelsvertreter, war Hawaii die letzte Station auf einer langen Suche nach beruflichem und wirtschaftlichem Erfolg, der sich aber nie dauerhaft einstellte. Bei seinen Großeltern, in dem Buch liebevoll Gramps und Toto genannt, wächst der junge Barack in einem toleranten, von den Werten der weißen Mittelschicht geprägten Milieu auf.

In einigen Staaten des amerikanischen Südens wäre sein Vater damals vielleicht noch am nächsten Baum aufgeknüpft worden, nur weil er seine Mutter falsch angesehen hätte, schreibt Obama. Doch die Großeltern stimmen einer Heirat ihrer Tochter mit dem Studenten aus Kenia zu. Die Ehe hält allerdings nicht lange. Als Obama zwei Jahre alt ist, lassen die Eltern sich scheiden, der Vater verschwindet aus seinem Leben und kommt nur noch einmal, viele Jahre später, zu Besuch. Dann trifft eines Tages aus Nairobi die Nachricht ein, sein Vater sei bei einem Autounfall getötet worden.

Zwischen dem sechsten und dem zehnten Lebensjahr lebt Obama mit seiner Mutter und ihrem neuen Ehemann, einem Indonesier, der ebenfalls an der Universität von Hawaii studierte, in Jakarta. Obama geht mit den Nachbarskindern zur Schule und wächst mit ihnen auf. Doch die Mutter, die mit Englischunterricht das Familieneinkommen aufbessert, möchte, dass er als Amerikaner aufwächst. Jeden Morgen um vier Uhr weckt sie ihren Sohn, um ihm vor der Schule und der Arbeit in der Muttersprache zu unterrichten. Das ebnet Obama den Weg für die Aufnahme in eine Eliteschule auf Hawaii, wo er wieder bei den Großeltern lebt, bis die Mutter zurückkehrt.

Die Schule hat nur eine Handvoll schwarzer Schüler, und Obama erfährt zum ersten Mal, dass er wegen seiner Hautfarbe anders ist und als anderer angesehen wird. Es folgen langjährige, oft quälende, ausführlich beschriebene Bemühungen um die Lösung des Rätsels, was es heißt, ein Schwarzer in Amerika zu sein. Nach dem Schulabschluss studiert Obama in Los Angeles und an der Columbia-Universität in New York, weil er glaubt, nur in der Großstadt werde er eine schwarze "community" finden, der er sich anschließen könne. Doch der politische Radikalismus vieler Schwarzer bleibt ihm fremd. Nach dem kurzen Zwischenspiel bei einer Investmentfirma an der Wall Street bemüht er sich einige Jahre, die Interessen der Bewohner in den schwarzen Elendsvierteln von Chicago zu organisieren. Vor dem Studium an der Harvard Law School bricht er zu einer mehrwöchigen Reise nach Kenia auf, um seine andere Familie kennenzulernen.

Trotz der Herzlichkeit, mit der er empfangen wird, bleibt er auch dort Außenseiter. Obama begreift, dass er Identität nicht bei anderen, sondern nur in sich selbst finden kann. Seine politische Botschaft der Versöhnung, des Kompromisses und des Wandels wirkt, wie das Buch, auch deshalb authentisch, weil die Überzeugungen aus einem gelebten Leben erwachsen sind.

Barack Obama, Dreams from my Father. Canongate Books Ltd., Edinburgh 2007. 442 Seiten. £ 12.99.

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