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Vier Freundinnen in Berlin auf der Suche nach der Liebe und dem richtigen Leben. Jetzt, wo sie doch schon Mitte dreißig sind, muss es endlich losgehen. Aber alle vier hadern mit sich, weil sie Angst haben vor dem Scheitern: die erfolgreiche Japanerin Yoko, die Männer nur für eine Nacht braucht, die zurückhaltende Friederike, die leider den falschen Mann liebt, die etwas entrückte Alison, die in Tokio den Mann ihres Lebens sucht, und die schöne Siri, die eine perfekte Familie hat und dennoch unglücklich ist. Auch wenn alle vier Verbündete sind, sind ihre Vorstellungen doch voll von Gegensätzen. …mehr

Produktbeschreibung
Vier Freundinnen in Berlin auf der Suche nach der Liebe und dem richtigen Leben. Jetzt, wo sie doch schon Mitte dreißig sind, muss es endlich losgehen. Aber alle vier hadern mit sich, weil sie Angst haben vor dem Scheitern: die erfolgreiche Japanerin Yoko, die Männer nur für eine Nacht braucht, die zurückhaltende Friederike, die leider den falschen Mann liebt, die etwas entrückte Alison, die in Tokio den Mann ihres Lebens sucht, und die schöne Siri, die eine perfekte Familie hat und dennoch unglücklich ist. Auch wenn alle vier Verbündete sind, sind ihre Vorstellungen doch voll von Gegensätzen.
Autorenporträt
Annika Reich wurde 1973 in München geboren und lebt in Berlin. Sie arbeitet als Dozentin an der Kunstakademie Düsseldorf und ist Mitarbeiterin der Malerin Katharina Grosse. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung betreibt sie gemeinsam mit anderen Autorinnen einen Blog.
Trackliste
CD 1
1Das Fest klingt langsam aus00:05:52
2Das Fest klingt langsam aus00:04:53
3Das Fest klingt langsam aus00:03:25
4Sonntags allein00:06:29
5Sonntags allein00:04:53
6Sonntags allein00:05:12
7Sonntags allein00:05:07
8Sonntags allein00:04:29
9Sonntags allein00:04:47
10Sonntags allein00:05:02
11Sonntags allein00:05:25
12Sonntags allein00:05:09
13Sonntags allein00:04:47
14Sonntags allein00:03:10
CD 2
1Wer auch immer sie ist00:04:53
2Wer auch immer sie ist00:05:25
3Wer auch immer sie ist00:05:10
4Wer auch immer sie ist00:05:34
5Wer auch immer sie ist00:05:31
6Wer auch immer sie ist00:04:50
7Wer auch immer sie ist00:05:32
8Wer auch immer sie ist00:05:13
9Wer auch immer sie ist00:05:30
10Wer auch immer sie ist00:05:47
11Kisetsu no kawarime00:05:45
12Kisetsu no kawarime00:04:39
13Kisetsu no kawarime00:06:48
14Kisetsu no kawarime00:04:42
15Kisetsu no kawarime00:02:51
CD 3
1Weiß ist keine Farbe00:06:27
2Weiß ist keine Farbe00:06:24
3Weiß ist keine Farbe00:05:30
4Weiß ist keine Farbe00:06:19
5Weiß ist keine Farbe00:04:43
6Weiß ist keine Farbe00:05:06
7Weiß ist keine Farbe00:04:26
8Weiß ist keine Farbe00:05:40
9Weiß ist keine Farbe00:06:11
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2010

Ach, das Leben kann man selbst in die Hand nehmen?

Von der Uneindeutigkeit der Verhältnisse und der Kunst, sie auszuhalten: Annika Reich hat einen Roman über vier Frauen Mitte dreißig in Berlin geschrieben - und alle sind sie "Durch den Wind".

Kaum ein Thema beschäftigt die deutsche Gegenwartsliteratur mehr als das Erwachsenwerden junger Menschen in Berlin. Es scheint dort ein besonders prototypisches Erwachsenwerden stattzufinden, das in harschem Gegensatz zur Provinzsozialisierung steht, der anderen Art des deutschen Erwachsenwerdens, die sich zu erzählen lohnt. Mitunter wird auch beides verknüpft, und Berlin erscheint als Rettung aus der Enge, als Stadt, in der alles möglich scheint, Stadt der Freiheit fernab der kleinen Nester und der Elternhäuser.

Vermutlich werden auch die Protagonisten aus Judith Hermanns Erzählungen "Sommerhaus, später" irgendwann erwachsen, feiern nicht mehr ganz so viel, bekommen Kinder oder resignieren vor ihren einst so hochfliegenden Plänen, den Möglichkeiten und der Freiheit. Man kann es sich gut vorstellen. Man kann aber auch in Annika Reichs Roman "Durch den Wind" einen Eindruck davon bekommen, wie es sein könnte, wenn die Feiern ruhiger und privater werden, das Studium den Beruf ersetzt und erste eigene Familien gegründet sind.

Geblieben ist jedenfalls die Lethargie, das ewige Warten darauf, dass das Leben oder die Stadt endlich etwas mit einem machen. Dass sich irgendetwas ändert und die Dinge sich von alleine zurechtrücken, dass sich alles findet und sich irgendwann ein Zustand einstellt, der das Ende des Suchens bedeutet, Zufriedenheit und Angekommensein.

Vier Protagonistinnen sind es, deren Leben, Familien, Verhältnisse und Wünsche Annika Reich näher beleuchtet. Und ihre Wünsche sind so unterschiedlich wie ihre Ausgangssituationen: Yoko aus Japan flieht vor ihrer Familie und allen engeren Beziehungen, die über One-Night-Stands hinausgehen. Friederike betreibt einen erfolgreichen Laden, aber Beziehung, Doktorarbeit und Schwangerschaft wollen nicht gelingen. Siri hat einen Sohn und einen Mann, den sie nicht mehr liebt. Und Alison hat eine, zumindest ihrer eigenen Ansicht nach, perfekte Beziehung zu Viktor, der jedoch eines Tages in Tokio verschwindet, während eine mysteriöse Doppelgängerin auftaucht.

Alle sind sie jung, gutaussehend, Mitte dreißig, sie arbeiten in kreativen Berufen und haben keine wirklich existenzbedrohenden Probleme. Niemand in ihrem Umfeld ist arbeitslos, niemand krank, niemand süchtig. Es sind bürgerliche Mittelschichtsfrauen, es sollte ihnen gutgehen, denn ihnen stehen alle Möglichkeiten offen. Doch glücklich ist keine von ihnen, und das liegt nicht am Leben, sondern allein an ihnen selbst.

Es sind vor allem die Motive, die den roten Faden durch das Buch und das Dickicht der Figuren bilden. Es ist das Weiß, das immer wieder benannt wird als Farbe von Schnee, Haut, Wänden und unbeschriebenen Blättern, es ist die Farbe, die alle anderen in sich trägt und alle Optionen offenlässt. Gleichzeitig ist da das Motiv des Verschwindens, des unmittelbaren Auftauchens, der Doppelgänger. Keiner kann sich der Existenz des anderen gewiss sein, nicht einmal seiner eigenen, vermeintlich fest umrissene Grenzen verschwimmen, Wahrnehmung trügt, und Tatsachen kommen ins Wanken. Es gibt Momente der Auflösung, in denen es möglich scheint, dass sich alles neu zusammensetzt - doch das geschieht nie.

Siris Welt gerät einigermaßen aus den Fugen, als ihre Großeltern sich nach vielen Jahren trennen und ihre Großmutter mit dem Mann der besten Freundin durchbrennt. Diese so unumstößliche Partnerschaft reißt auseinander, während es Siri nicht wagt, Eduard, den Vater ihres Kindes zu verlassen, stattdessen ständig krank ist und sich umsorgen lässt. Und dann ist es einfach das Leben, das alles für Siri erledigt: Eduard stirbt einen plötzlichen Tod, die Großeltern kommen wieder zusammen, sie trauert. "Dass das Leben selbst die Zügel in die Hand nehmen konnte, damit hatte sie nicht gerechnet", heißt es - und der Leser eigentlich auch nicht. Eigentlich möchte man die lethargische Siri nicht so billig davonkommen lassen und den Konflikt erzählerisch nicht ganz so simpel gelöst sehen.

Zum Motiv werden auch die Räume, in denen die Frauen sich einnisten: "Ich weiß nur, dass die Räume zu eng waren, dass ich sie zu früh abgeschlossen hatte", sagt Alison am Schluss des Buches, wenn sie ihren Viktor wiedergefunden hat. Yoko streicht ihre unentschieden weißen Räume schließlich hellgrün und trägt ein rotes Kleid, als sie den lange verehrten Chef auf dem Arbeitstisch verführt. Alle lernen etwas: die eine das Einrichten in der Uneindeutigeit, die man allgemein als Leben bezeichnet, die andere das Zurechtkommen mit Bindungen. Für jedes Problem hält die unsichtbare Macht namens Leben, die in diesem Fall die Autorin ist, eine Lektion bereit, die es zu verinnerlichen gilt, auf dass die nächste Lebensphase besser gelinge. Allen werden Sätze mit auf den Weg gegeben, die sie als Fazit ziehen können oder in ein Poesiealbum schreiben, und die doch ein wenig zu schematisch nach der Moral der jeweiligen Geschichte klingen. Immerhin gibt es für jede der Beteiligten eine eigene, maßgeschneiderte Moral.

Dafür, dass hier immerhin mit metaphysischen Erscheinungen wie Doppelgängern operiert wird, wie in Alisons Geschichte, und dafür, dass eine strenge Motivik der Farben und Räume durchdekliniert wird, sind der Autorin die individuellen Erzählungen doch sehr geschlossen und linear geraten. Und es geht am Ende um zu simple Probleme, um die großen surrealen Geschütze zu rechtfertigen, die kaum Bezug zum Thema haben und vor allem als Kulisse herhalten müssen. Es ist schade um den Aufwand des Verwirrspiels, das die Autorin mit uns treibt, wenn am Ende nicht viel mehr steht als die Einsicht Alisons, "noch nicht ganz da" gewesen zu sein und sich in eine Traumwelt geflüchtet zu haben.

Wird man nun in Berlin anders erwachsen? Zumindest scheint sich die Multioptionalität zu potenzieren, der Frauen in der Gegenwart ausgesetzt sind. Und es ist vielleicht ein besonders schales Gefühl, in der Stadt, die die große Freiheit und das wilde Leben versprach, einfach zum Alltag überzugehen wie die Generationen zuvor auch. "Viel kann man nicht mehr ändern in unserem Alter", sagt Friederike. "Außer der Farbe seiner Wände und seinem Leben vielleicht." Oder man wartet darauf, dass das Leben einen ändert. Vielleicht fällt ja einfach jemand tot um.

ANDREA DIENER

Annika Reich: "Durch den Wind". Roman. Hanser Verlag, München 2010. 330 S., geb., 19,90 .

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