Tagelang bellen die Hunde im Garten des Anwesens, bevor man Winfried Ott findet. Der 71-Jährige liegt nackt im Schlafzimmer seiner Villa, offenbar ermordet mit einer scharfkantigen Waffe. Zur gleichen Zeit entdeckt die Polizei in einem Waldstück eine verstörte junge Frau. Ihre roten Haare leuchten zwischen dem Grün der Bäume. Sie kann sich nicht erinnern, wie sie an diesen Ort gelangt ist. Was sie der Psychiaterin zu erzählen hat, lässt niemanden kalt. Aber entspricht das, was sie erlebt zu haben glaubt, auch der Wahrheit?
Ein allzu braves Mädchen ist Kriminalroman und abgründiges psychologisches Porträt zugleich. Schauspielerin Andrea Sawatzki liest ihren Roman eindringlich und mit einer Stimme, die Zartgefühl und Stärke, Verletzbarkeit und Spannung verbindet.
Hier geht's zum Buch bei Piper.de
Ein allzu braves Mädchen ist Kriminalroman und abgründiges psychologisches Porträt zugleich. Schauspielerin Andrea Sawatzki liest ihren Roman eindringlich und mit einer Stimme, die Zartgefühl und Stärke, Verletzbarkeit und Spannung verbindet.
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CD 1 | |||
1 | Titel 1 | 00:05:26 | |
2 | Titel 2 | 00:07:59 | |
3 | Titel 3 | 00:03:37 | |
4 | Titel 4 | 00:07:51 | |
5 | Titel 5 | 00:04:17 | |
6 | Titel 6 | 00:07:20 | |
7 | Titel 7 | 00:02:40 | |
8 | Titel 8 | 00:03:41 | |
9 | Titel 9 | 00:05:45 | |
10 | Titel 10 | 00:05:29 | |
11 | Titel 11 | 00:04:42 | |
12 | Titel 12 | 00:05:56 | |
13 | Titel 13 | 00:04:32 | |
CD 2 | |||
1 | Titel 14 | 00:03:38 | |
2 | Titel 15 | 00:04:49 | |
3 | Titel 16 | 00:05:08 | |
4 | Titel 17 | 00:05:46 | |
5 | Titel 18 | 00:03:52 | |
6 | Titel 19 | 00:04:45 | |
7 | Titel 20 | 00:02:43 | |
8 | Titel 21 | 00:06:48 | |
9 | Titel 22 | 00:06:02 | |
10 | Titel 23 | 00:06:37 | |
11 | Titel 24 | 00:07:07 | |
12 | Titel 25 | 00:05:34 | |
13 | Titel 26 | 00:04:46 | |
CD 3 | |||
1 | Titel 27 | 00:04:58 | |
2 | Titel 28 | 00:06:30 | |
3 | Titel 29 | 00:06:43 | |
4 | Titel 30 | 00:03:25 | |
5 | Titel 31 | 00:04:19 | |
6 | Titel 32 | 00:03:14 | |
7 | Titel 33 | 00:00:54 | |
8 | Titel 34 | 00:03:30 | |
9 | Titel 35 | 00:01:18 | |
10 | Titel 36 | 00:00:59 | |
11 | Titel 37 | 00:07:02 | |
12 | Titel 38 | 00:05:54 | |
13 | Titel 39 | 00:01:20 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2013Dicht gewebter Seelenstoff
Andrea Sawatzki schreibt sich ein Drama auf den Leib
Zwei Geschichten sind in diesem kurzen Roman verflochten, den man in ein paar Stunden wegliest, weil er durchaus spannend funktioniert. In ungefähr derselben Zeit könnte man auch zwei "Tatort"-Folgen hintereinander anschauen. Es geht um einen ermordeten Rentner in Münchens Vorort Grünewald, also eher einen Kriminalfall, und vor allem um das seelische Profil einer jungen Frau, die eine schwierige Kindheit hatte. Nachdem diese junge Frau in einem Waldstück aufgefunden wurde, einigermaßen derangiert, kommt sie in eine geschlossene Klinik. Dort erzählt sie einer Psychotherapeutin nach und nach, über vier Wochen hin, ihr Leben oder jedenfalls das, was sie dafür hält. Das Ganze ist schlau verschachtelt, und man sieht schon jetzt das fertige Drehbuch für einen Fernsehfilm vor sich.
Vielleicht wäre dieser kleine Roman also gar nicht der Rede wert, wenn ihn nicht eine hierzulande bekannte Schauspielerin geschrieben hätte. Andrea Sawatzki hatte zehn Jahre lang bis 2010 ihre Paraderolle als die Kommissarin Charlotte Sänger in den "Tatorten" des Hessischen Rundfunks inne, an der Seite von Jörg Schüttauf, der als ihr Kollege Fritz Dellwo mit den Kapricen seiner Kollegin umzugehen hatte. Sawatzki spielte eine durch die Ermordung ihrer Eltern beschädigte, nicht mehr ganz junge Frau, die zwischen Melancholie und nicht erwiderter Zuneigung seitens des attraktiven Kollegen, zwischen Intuition und hartnäckiger Täterverfolgung changiert; das Fernsehpublikum liebt sie dafür.
In mancher Hinsicht hat dieses Konzept auf "Ein allzu braves Mädchen" abgefärbt. Auch sonst hat Sawatzki einiges getan, womit sie im Gespräch bleibt, abseits ihrer Schauspiel- und Sprechkunst. Sie posierte für den "Playboy" und wirkte bei der RTL-Show "Let's Dance" mit.
Das spricht nicht gegen das Unterfangen, ein Buch zu schreiben. Die Autorin hat selbst bekanntgemacht, dass ihre eigene Kindheit überschattet war von einem Vater, den sie kaum kennenlernen durfte, ehe er an Alzheimer erkrankte und deshalb seine Tochter nicht mehr wahrnehmen konnte. Dahingestellt muss sein, wie autobiographisch der Text nun ausgefallen ist. Ein Trauma jedenfalls begleitet Sawatzkis zunächst namenlose Protagonistin. Es geht auch ihr um Anerkennung in den Augen anderer, um die Zuwendung von Menschen, die sie indessen ihrerseits nicht annehmen kann, ums Überleben im Wortsinn. In einem therapeutischen Prozess findet sie nicht nur zu ihrer Erinnerung zurück, die notwendig bruchstückhaft ist, sondern schließlich zu einer Identität, die sie annehmen müssen wird.
Bis dahin ist sie eine Gejagte, auf der Flucht vor häuslicher Brutalisierung; sie ist das um seine Fähigkeiten gebrachte Kind einer abwesenden, einst schönen warmen Mutter, die in Nachtschichten als Krankenschwester für die Familie arbeitet. Aus der frühreifen Gelegenheitsarbeiterin wird eine Prostituierte auf eigene Rechnung, wehrhaft aus schlimmen Erfahrungen, voller Verständnis für entspannungssuchende Männer, voller Abscheu indessen gegen unappetitliche Aggressoren. Andrea Sawatzki findet dafür eine mitunter harte, ja rüde Sprache, wie sie ihr die Vorstellung des Milieus ihrer unglücklich haltlosen Figur diktiert haben mag. Abgrundtiefe Kränkung spricht aus der jungen Frau, deren Äußeres die Autorin übrigens deutlich nach ihrem eigenen Vorbild entwirft. Das war womöglich keine gute Idee - jedenfalls wenn sie die Story nicht stark auf ihre eigene Biographie zurückbiegen will.
Leider jagen sich im Buch auch manche Plattitüden: Es wird ziemlich oft gekauert und sich verkrochen, jäh verstummt oder sich embryonal zusammengekrümmt. Entsprechend geradlinig reagiert die Psychologin: Sie "blickte ihr nur in die Augen und lächelte sie an. Und das schien genau das zu sein, was die junge Frau so lange vermisst hatte." Das ganze Programm eben einer Verstörten, ihr gegenüber eine verstehensbereite Therapeutin. Dass die Erzählperspektive dabei mitunter arg schlingert, hätte einem Lektor auffallen können, eigentlich schade um den sorgfältig gewebten Seelenstoff.
Am Ende steht ein heißes Plädoyer, für die Würde des Menschen und den langen Weg der Heilung. Das ist gut gemeint, aber kaum realistisch, wenn man die Geschichte dieses verirrten Geschöpfs ernst nehmen will.
ROSE-MARIA GROPP
Andrea Sawatzki: "Ein allzu braves Mädchen". Roman.
Piper Verlag, München 2013. 176 S., geb., 16,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Andrea Sawatzki schreibt sich ein Drama auf den Leib
Zwei Geschichten sind in diesem kurzen Roman verflochten, den man in ein paar Stunden wegliest, weil er durchaus spannend funktioniert. In ungefähr derselben Zeit könnte man auch zwei "Tatort"-Folgen hintereinander anschauen. Es geht um einen ermordeten Rentner in Münchens Vorort Grünewald, also eher einen Kriminalfall, und vor allem um das seelische Profil einer jungen Frau, die eine schwierige Kindheit hatte. Nachdem diese junge Frau in einem Waldstück aufgefunden wurde, einigermaßen derangiert, kommt sie in eine geschlossene Klinik. Dort erzählt sie einer Psychotherapeutin nach und nach, über vier Wochen hin, ihr Leben oder jedenfalls das, was sie dafür hält. Das Ganze ist schlau verschachtelt, und man sieht schon jetzt das fertige Drehbuch für einen Fernsehfilm vor sich.
Vielleicht wäre dieser kleine Roman also gar nicht der Rede wert, wenn ihn nicht eine hierzulande bekannte Schauspielerin geschrieben hätte. Andrea Sawatzki hatte zehn Jahre lang bis 2010 ihre Paraderolle als die Kommissarin Charlotte Sänger in den "Tatorten" des Hessischen Rundfunks inne, an der Seite von Jörg Schüttauf, der als ihr Kollege Fritz Dellwo mit den Kapricen seiner Kollegin umzugehen hatte. Sawatzki spielte eine durch die Ermordung ihrer Eltern beschädigte, nicht mehr ganz junge Frau, die zwischen Melancholie und nicht erwiderter Zuneigung seitens des attraktiven Kollegen, zwischen Intuition und hartnäckiger Täterverfolgung changiert; das Fernsehpublikum liebt sie dafür.
In mancher Hinsicht hat dieses Konzept auf "Ein allzu braves Mädchen" abgefärbt. Auch sonst hat Sawatzki einiges getan, womit sie im Gespräch bleibt, abseits ihrer Schauspiel- und Sprechkunst. Sie posierte für den "Playboy" und wirkte bei der RTL-Show "Let's Dance" mit.
Das spricht nicht gegen das Unterfangen, ein Buch zu schreiben. Die Autorin hat selbst bekanntgemacht, dass ihre eigene Kindheit überschattet war von einem Vater, den sie kaum kennenlernen durfte, ehe er an Alzheimer erkrankte und deshalb seine Tochter nicht mehr wahrnehmen konnte. Dahingestellt muss sein, wie autobiographisch der Text nun ausgefallen ist. Ein Trauma jedenfalls begleitet Sawatzkis zunächst namenlose Protagonistin. Es geht auch ihr um Anerkennung in den Augen anderer, um die Zuwendung von Menschen, die sie indessen ihrerseits nicht annehmen kann, ums Überleben im Wortsinn. In einem therapeutischen Prozess findet sie nicht nur zu ihrer Erinnerung zurück, die notwendig bruchstückhaft ist, sondern schließlich zu einer Identität, die sie annehmen müssen wird.
Bis dahin ist sie eine Gejagte, auf der Flucht vor häuslicher Brutalisierung; sie ist das um seine Fähigkeiten gebrachte Kind einer abwesenden, einst schönen warmen Mutter, die in Nachtschichten als Krankenschwester für die Familie arbeitet. Aus der frühreifen Gelegenheitsarbeiterin wird eine Prostituierte auf eigene Rechnung, wehrhaft aus schlimmen Erfahrungen, voller Verständnis für entspannungssuchende Männer, voller Abscheu indessen gegen unappetitliche Aggressoren. Andrea Sawatzki findet dafür eine mitunter harte, ja rüde Sprache, wie sie ihr die Vorstellung des Milieus ihrer unglücklich haltlosen Figur diktiert haben mag. Abgrundtiefe Kränkung spricht aus der jungen Frau, deren Äußeres die Autorin übrigens deutlich nach ihrem eigenen Vorbild entwirft. Das war womöglich keine gute Idee - jedenfalls wenn sie die Story nicht stark auf ihre eigene Biographie zurückbiegen will.
Leider jagen sich im Buch auch manche Plattitüden: Es wird ziemlich oft gekauert und sich verkrochen, jäh verstummt oder sich embryonal zusammengekrümmt. Entsprechend geradlinig reagiert die Psychologin: Sie "blickte ihr nur in die Augen und lächelte sie an. Und das schien genau das zu sein, was die junge Frau so lange vermisst hatte." Das ganze Programm eben einer Verstörten, ihr gegenüber eine verstehensbereite Therapeutin. Dass die Erzählperspektive dabei mitunter arg schlingert, hätte einem Lektor auffallen können, eigentlich schade um den sorgfältig gewebten Seelenstoff.
Am Ende steht ein heißes Plädoyer, für die Würde des Menschen und den langen Weg der Heilung. Das ist gut gemeint, aber kaum realistisch, wenn man die Geschichte dieses verirrten Geschöpfs ernst nehmen will.
ROSE-MARIA GROPP
Andrea Sawatzki: "Ein allzu braves Mädchen". Roman.
Piper Verlag, München 2013. 176 S., geb., 16,99 [Euro].
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»Dramatisch und berührend.« OÖ Nachrichtenn (A) 20140823