Norbert Krabbe aus Wanne, arbeitsloser Bürokaufmann und leidenschaftlicher Preisausschreiben-Teilnehmer, gewinnt einen Fjord auf den Lofoten. Aber wie kommt man bloß nach Norwegen - zum "Norbert-Krabbe-Fjord" samt eigener Blockhütte - wenn man pleite ist und einem schon beim S-Bahn fahren schlecht wird? Was Norbert an Geld fehlt, macht er durch originelle Ideen wett: Getarnt als Putzkolonne, schlägt er sich mit seiner Tochter per Zug bis Kopenhagen durch, weiter geht's als Tramper und mit ergaunerten Schiffstickets. Etliche abstruse Begegnungen später, u.a. mit Horst Schlämmer, Uschi Blum und dem stark riechenden Norweger Lars, der die Zukunft anhand eines Hunde-Quartetts voraussagt, erwartet Norbert an seinem Ziel die nächste Überraschung ...
CD 1 | |||
1 | Die wichtigsten Personen | 00:02:33 | |
2 | Erster Tag | 00:07:16 | |
3 | Zweiter Tag | 00:02:53 | |
4 | Dritter Tag | 00:08:00 | |
5 | Vierter Tag | 00:11:18 | |
6 | Hauptbahnhof Kopenhagen | 00:08:20 | |
7 | Fünfter Tag | 00:09:35 | |
8 | An der Grenze Schweden/Norwegen | 00:09:09 | |
9 | Sechster Tag | 00:08:38 | |
10 | Im Jubiläumszug von Oslo nach Bergen | 00:02:09 | |
CD 2 | |||
1 | Im Hafen von Bergen | 00:04:43 | |
2 | Auf dem MS Midnatsol-Luxusdeck | 00:11:13 | |
3 | In der Kabine von Birgit Krabbe | 00:07:15 | |
4 | In der MS Midnatsol-Bar | 00:07:24 | |
5 | Siebter Tag: Auf dem MS Midnatsol-Oberdeck | 00:08:57 | |
6 | Im Hafen von Alesund | 00:15:07 | |
7 | Achter Tag | 00:08:14 | |
8 | Wasserschutzpolizei | 00:05:45 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2007Die Mama is' am Rufen
Hape Kerkeling liest "Ein Mann, ein Fjord!"
Es hat gedauert, wie alles in Nordrhein-Westfalen, aber es hat sich gelohnt: Endlich ist Deutschlands bester Komiker auch Deutschlands erfolgreichster Komiker. Sogar der Volkshochschullehrer-Verband hat das soeben anerkannt, indem er seine "Besondere Ehrung 2007" zückte. Eine treue Anhängerschaft hatte sich Hans Peter Kerkeling längst durch geniale Auftritte als Königin Beatrix, als iranischer Schachgroßmeister oder als sächsischer Kleingärtner gesichert. Seine leicht albernen Filme jedoch - zuletzt "Samba in Mettmann" - wollten nicht recht einschlagen. Dann geschah es: Als Hape Samba eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich zu einem ungeheuren Reporter verwandelt: Horst Schlämmer vom "Grevenbroicher Tagblatt". Eine so grundechte und tiefenkomische Figur, dass - um es mit der lustigsten Sentenz des deutschen Volkshochschullehrerhumors überhaupt zu sagen - in seiner Gegenwart die Löcher aus dem Käse fliegen. Den größten Coup jedoch landete der Düsseldorfer mit besinnlichen Gedanken über seine Pilgerreise auf dem Jakobsweg, was ihm wohl kein Humorist je nachmachen wird. Es spricht Bände, dass dieses Buch die Bestsellerlisten sprengte: Hape Kerkeling ist den Menschen dieses Landes näher als jeder Seelsorger. Ein gewichtiger Grund dafür dürfte sein, dass er seine Intelligenz und sein Talent nie gegen jemanden richtet, obwohl er keine Schwäche schont. Er nimmt sie vielmehr selbst an: ein Lamm Gottes, unter dessen Schafspelz freilich ein stolzer, scheuer Wolf steckt.
Inzwischen scheint ihm aufgegangen, was an den Filmen nicht ganz aufging: Erstens störten die Bilder und zweitens die Schauspieler. Daher hat Kerkeling sein neues Drehbuch (geschrieben gemeinsam mit Angelo Colagrossi und Angelina Maccarone) kurzerhand als Hörbuch aufgenommen und alle Rollen selbst gesprochen. Humor ist flüssig, schon vom Lateinischen her und (daher?) in Köln eine Selbstverständlichkeit: Ein Fluss kann also nicht schaden. So fand die Uraufführung von "Ein Mann, ein Fjord" während einer Schiffstour im Rahmen der lit.Cologne statt. Nahezu unmöglich soll es gewesen sein, Karten für das Spektakel zu erhalten. Die Handlung des Road-Movies lässt sich schnell oder gar nicht erzählen: Der Arbeitslose Norbert Krabbe aus Wanne gewinnt in einem Preisausschreiben einen Fjord ("Geil, ein Auto?") auf den Lofoten. Tochter Ute drängt ihn zu einem Besuch. Die beiden machen sich auf und lassen die dem Alkohol zusprechende Birgit zurück. Nun kommt ein Einschreiben an: Norbert hat fünfhunderttausend Euro gewonnen, muss sich jedoch innerhalb von zehn Tagen bei der Lotteriezentrale Grevenbroich melden. Natürlich ist Norberts Handy längst versetzt, und so jagt Birgit Mann und Tochter mit dem Taxi hinterher. Es begegnen allerhand kuriose Figuren und Situationen, auch "Schätzelein" Horst Schlämmer macht zufällig Urlaub im Norden.
So grobschlächtig das Konzept scheint: Es sind die kleinen, lebensnahen Witze, die nicht auf einmalige Pointen setzen, sondern auf Wiederholung, von denen die Geschichte lebt. Und sie lebt von Kerkelings Imitationstalent. Bald schon hält sich das Schiff vor Lachen den Rumpf, wenn etwa Norbert seiner Frau wiederholt zur Hilfe kommt: "Ute! Die Mama is' am Rufen!" Mitten in einer verwickelten Szene auf der MS Midnatsol, wo sich alle Charaktere teils unter anderem Namen wiedertreffen, stoppt der Ohrenfilm plötzlich, weil sich Kerkeling an einen Gast wendet, der an der Bühne vorbeihuscht: "Gehen Sie pullern?" Aber er wäre nicht, wer er ist, wenn er nicht charmant nachschöbe: "Dann warte ich kurz." Und ebenso charmant, auch das gehört dazu, ans Publikum gerichtet: "Wenn Sie ganz still sind, hören wir ihn vielleicht."
Draußen zieht unterdessen die chronisch unverstandene Weltstadt Köln vorbei, deren Oberbürgermeister eines der Vorbilder für Horst Schlämmer gewesen sein dürfte. Deutz mit seinem Bunker, das potzblitzmoderne Schokoladenmuseum, der beleuchtete Schrottplatz in Poll, das Hausboot "Alte Liebe", verlassene Belgier-Kasernen, verlassene Campingplätze, "Klein Manhattan" in Westhoven. Dass die MS Rheinenergie justament vor des Rezensenten erleuchteter Grundschule wendet, erscheint einfach nur folgerichtig. Den anderen 650 Passagieren ergeht es offenbar ähnlich: Hier fühlt man sich auf schrecklich-wohlige Art zu Hause, erkennt wieder, was man längst vergessen glaubte. Singe immer nur weiter, du Wachtel am Rhein. Aber das tut sie nicht, spart das Ende auf, das aber natürlich ein glückliches ist, soviel sei verraten.
Auf die vorgesehene Verfilmung sollte vielleicht eher verzichtet werden. Das Hörbuch ist von April an im Handel erhältlich (Tacheles/Indigo, 19,90 Euro). Leider handelt es sich um eine kühle Studioaufnahme. Dabei braucht Hape Kerkeling sein Publikum wie dieses ihn. Das hat, so kitschig es klingt, mit Liebe zu tun: Dieser Mann spielt nicht vor, sondern mit seinen Zuschauern, auch als Bestseller-Superstar.
OLIVER JUNGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hape Kerkeling liest "Ein Mann, ein Fjord!"
Es hat gedauert, wie alles in Nordrhein-Westfalen, aber es hat sich gelohnt: Endlich ist Deutschlands bester Komiker auch Deutschlands erfolgreichster Komiker. Sogar der Volkshochschullehrer-Verband hat das soeben anerkannt, indem er seine "Besondere Ehrung 2007" zückte. Eine treue Anhängerschaft hatte sich Hans Peter Kerkeling längst durch geniale Auftritte als Königin Beatrix, als iranischer Schachgroßmeister oder als sächsischer Kleingärtner gesichert. Seine leicht albernen Filme jedoch - zuletzt "Samba in Mettmann" - wollten nicht recht einschlagen. Dann geschah es: Als Hape Samba eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich zu einem ungeheuren Reporter verwandelt: Horst Schlämmer vom "Grevenbroicher Tagblatt". Eine so grundechte und tiefenkomische Figur, dass - um es mit der lustigsten Sentenz des deutschen Volkshochschullehrerhumors überhaupt zu sagen - in seiner Gegenwart die Löcher aus dem Käse fliegen. Den größten Coup jedoch landete der Düsseldorfer mit besinnlichen Gedanken über seine Pilgerreise auf dem Jakobsweg, was ihm wohl kein Humorist je nachmachen wird. Es spricht Bände, dass dieses Buch die Bestsellerlisten sprengte: Hape Kerkeling ist den Menschen dieses Landes näher als jeder Seelsorger. Ein gewichtiger Grund dafür dürfte sein, dass er seine Intelligenz und sein Talent nie gegen jemanden richtet, obwohl er keine Schwäche schont. Er nimmt sie vielmehr selbst an: ein Lamm Gottes, unter dessen Schafspelz freilich ein stolzer, scheuer Wolf steckt.
Inzwischen scheint ihm aufgegangen, was an den Filmen nicht ganz aufging: Erstens störten die Bilder und zweitens die Schauspieler. Daher hat Kerkeling sein neues Drehbuch (geschrieben gemeinsam mit Angelo Colagrossi und Angelina Maccarone) kurzerhand als Hörbuch aufgenommen und alle Rollen selbst gesprochen. Humor ist flüssig, schon vom Lateinischen her und (daher?) in Köln eine Selbstverständlichkeit: Ein Fluss kann also nicht schaden. So fand die Uraufführung von "Ein Mann, ein Fjord" während einer Schiffstour im Rahmen der lit.Cologne statt. Nahezu unmöglich soll es gewesen sein, Karten für das Spektakel zu erhalten. Die Handlung des Road-Movies lässt sich schnell oder gar nicht erzählen: Der Arbeitslose Norbert Krabbe aus Wanne gewinnt in einem Preisausschreiben einen Fjord ("Geil, ein Auto?") auf den Lofoten. Tochter Ute drängt ihn zu einem Besuch. Die beiden machen sich auf und lassen die dem Alkohol zusprechende Birgit zurück. Nun kommt ein Einschreiben an: Norbert hat fünfhunderttausend Euro gewonnen, muss sich jedoch innerhalb von zehn Tagen bei der Lotteriezentrale Grevenbroich melden. Natürlich ist Norberts Handy längst versetzt, und so jagt Birgit Mann und Tochter mit dem Taxi hinterher. Es begegnen allerhand kuriose Figuren und Situationen, auch "Schätzelein" Horst Schlämmer macht zufällig Urlaub im Norden.
So grobschlächtig das Konzept scheint: Es sind die kleinen, lebensnahen Witze, die nicht auf einmalige Pointen setzen, sondern auf Wiederholung, von denen die Geschichte lebt. Und sie lebt von Kerkelings Imitationstalent. Bald schon hält sich das Schiff vor Lachen den Rumpf, wenn etwa Norbert seiner Frau wiederholt zur Hilfe kommt: "Ute! Die Mama is' am Rufen!" Mitten in einer verwickelten Szene auf der MS Midnatsol, wo sich alle Charaktere teils unter anderem Namen wiedertreffen, stoppt der Ohrenfilm plötzlich, weil sich Kerkeling an einen Gast wendet, der an der Bühne vorbeihuscht: "Gehen Sie pullern?" Aber er wäre nicht, wer er ist, wenn er nicht charmant nachschöbe: "Dann warte ich kurz." Und ebenso charmant, auch das gehört dazu, ans Publikum gerichtet: "Wenn Sie ganz still sind, hören wir ihn vielleicht."
Draußen zieht unterdessen die chronisch unverstandene Weltstadt Köln vorbei, deren Oberbürgermeister eines der Vorbilder für Horst Schlämmer gewesen sein dürfte. Deutz mit seinem Bunker, das potzblitzmoderne Schokoladenmuseum, der beleuchtete Schrottplatz in Poll, das Hausboot "Alte Liebe", verlassene Belgier-Kasernen, verlassene Campingplätze, "Klein Manhattan" in Westhoven. Dass die MS Rheinenergie justament vor des Rezensenten erleuchteter Grundschule wendet, erscheint einfach nur folgerichtig. Den anderen 650 Passagieren ergeht es offenbar ähnlich: Hier fühlt man sich auf schrecklich-wohlige Art zu Hause, erkennt wieder, was man längst vergessen glaubte. Singe immer nur weiter, du Wachtel am Rhein. Aber das tut sie nicht, spart das Ende auf, das aber natürlich ein glückliches ist, soviel sei verraten.
Auf die vorgesehene Verfilmung sollte vielleicht eher verzichtet werden. Das Hörbuch ist von April an im Handel erhältlich (Tacheles/Indigo, 19,90 Euro). Leider handelt es sich um eine kühle Studioaufnahme. Dabei braucht Hape Kerkeling sein Publikum wie dieses ihn. Das hat, so kitschig es klingt, mit Liebe zu tun: Dieser Mann spielt nicht vor, sondern mit seinen Zuschauern, auch als Bestseller-Superstar.
OLIVER JUNGEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main