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Der Journalist Fabio Rossi erwacht im Krankenhaus mit einer rätselhaften Kopfverletzung und einem totalen Blackout - er kann sich an nichts mehr erinnern. Nur nach und nach gelingt es ihm allmählich, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Und was da zum Vorschein kommt, erschreckt ihn zutiefst. Warum bloß hat er seinen Job bei der Zeitung gekündigt? Und was hat es auf sich mit der "ganz großen Sache", an der er angeblich drangewesen ist? Ein atemberaubender Psychothriller über einen Mann in einer Lebenskrise und zugleich die Geschichte einer großen Männerfreundschaft.

Produktbeschreibung
Der Journalist Fabio Rossi erwacht im Krankenhaus mit einer rätselhaften Kopfverletzung und einem totalen Blackout - er kann sich an nichts mehr erinnern. Nur nach und nach gelingt es ihm allmählich, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Und was da zum Vorschein kommt, erschreckt ihn zutiefst. Warum bloß hat er seinen Job bei der Zeitung gekündigt? Und was hat es auf sich mit der "ganz großen Sache", an der er angeblich drangewesen ist?
Ein atemberaubender Psychothriller über einen Mann in einer Lebenskrise und zugleich die Geschichte einer großen Männerfreundschaft.
Autorenporträt
Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, lebt mit seiner Frau in Spanien und Guatemala. Er war Werbetexter und erfolgreicher Werber, ein Beruf, den er immer wieder durch andere Schreibtätigkeiten ergänzt oder unterbrochen hat. Unter anderem "GEO"-Reportagen, zahlreiche Drehbücher für Film und Fernsehen. Seit 1991 lebt er als freier Autor, seit 1992 schreibt er die wöchentliche Kolumne "Business Class" in der "Weltwoche".

Martin Suter ist am 29. März 2004 in Zürich mit der Goldenen Diogenes Eule ausgezeichnet worden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.04.2002

Applaus für Norina
Martin Suters hübscher Roman
„Ein perfekte Freund”
Schlimm genug, eines Tages im Krankenhaus zu erwachen und nicht zu wissen, was geschehen ist. So geht es Fabio Rossi, dem Helden des neuen Romans von Martin Suter. Da liegt er, den Kopf dick verbunden, seine Hand ertastet das Gesicht, aber das Gesicht spürt die Hand nicht. Der Oberkörper immerhin scheint in Ordnung zu sein. Arme und Füße lassen sich bewegen. So wie Fabio Rossi Stück für Stück die Einzelteile seines Körpers zusammensetzt, wird er im Verlauf des Romans sein Leben erkunden. Die körperlichen Handicaps werden sich bald bessern, auch weiß er gleich nach dem Aufwachen, wer er bis vor kurzem gewesen ist: der 33jährige Starjournalist des SONNTAG-MORGEN, Fachmann für literarisch angehauchte Reportagen, ein Schweizer mit italienischem Pass, heftigem Temperament und rotem Haar.
Offenbar war er an einer heiklen Geschichte dran. Doch die letzten fünfzig Tage sind aus seinem Gedächtnis verschwunden. Ein Schlag auf den Kopf führte zu einem Trauma mit Amnesie. Natürlich kann sich der Journalist nicht mit dem Tipp des Neurologen zufrieden geben, er solle die fünfzig verlorenen Tage einfach zu den vier ersten Lebensjahren dazugeben und sie dem Vergessen überantworten. Er wird zum Rechercheur in eigener Sache. Und das macht zunächst einmal alles umso schlimmer: Fabio Rossi muss entdecken, dass er ein „ziemliches Arschloch” geworden war.
Der kleine Möchtegern
Entfremdungsgeschichten sind die Spezialität des Schweizer Autors Martin Suter. Das klingt ein bisschen antiquiert, nach einem fernen Echo aus den 50er und 60er Jahren, als sich Autoren wie Andersch, Frisch und Walser mit zunehmender Virtuosität zu fragen begannen, wer das eigentlich ist, dieses Ich, das schreibt. Doch wie frisch das bei Martin Suter daher kommt, wie locker und zugleich detailgenau, wie eng verwoben mit den Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft, ist für den Leser eine wahre Freude. Sicher zeigt „Ein perfekter Freund” im Vergleich zu den beiden früheren Romanen gelegentlich die leise Ermattung des Routiniers. Vor allem fehlt ihm die verblüffende Poesie, die Suter in seinem zweiten und besten Roman – mit dem Pink-Floyd-Titel „Die dunkle Seite des Mondes” – herzustellen vermochte. Das Oszillieren zwischen der coolen Business-Welt und der wüsten Sehnsucht nach Wald und Einsamkeit, die den Wirtschaftsanwalt Urs Blank in Folge des Genusses psychedelischer Pilze befällt, ergibt eine so eigentümliche Stimmung, dass man diesen Roman ein ganzes Leserleben lang nicht mehr vergisst. Neben einem solchen Meisterstück fällt „Ein perfekter Freund” naturgemäß ab. Und ist dennoch ein ausgesprochen gelungenes Buch.
Die Helden des Martin Suter führen ein erfolgreiches Leben. Und doch sehnen sie sich nach einer Gegenwelt. Fabio Rossi muss sein Selbstbild empfindlich korrigieren. Es ist der Reiz dieses Romans, dass Rossi sich darauf verlassen muss, was die anderen erzählen. Zunächst hüllen sich alle in Schweigen, bis die Sekretärin seines Chefs Klartext spricht: „Der vergessene Fabio kam nach der Arbeit nicht noch auf ein Glas mit den Kollegen. Er war im Bootsclub verabredet oder im Blue Nile. Er kam nur noch in die Redaktion, wenn es absolut nötig war, und ließ uns seine Herablassung spüren. Er brauchte Wochen für eine mittelmäßige Geschichte über Lokführer, wollte jedoch gefeiert werden wie ein großer Star. Er sprang nie mehr ein, wenn Not am Mann war, und versteckte sich hinter einem Projekt, von dem niemand mehr wusste, als dass es eine ,ganz große Sache‘ sei. Er betrog seine Freundin mit einer kleinen PR- Blondine und kaufte seine Hemden bei BOX!. Der vergessene Fabio war ein kleiner Möchtegern. Wir haben alle applaudiert, als Norina dich rauswarf.” Suter ist ein Virtuose des Details. Wie in den Miniatur-Geschichten um Geri Weibel, die er für das NZZ-Folio geschrieben hat, genügt auch in seinen Romanen oft eine Kleinigkeit, um eine Situation oder Person zu charakterisieren. So weiss man mit einem Schlag alles über Marlen, die „PR- Blondine”, wenn man liest, dass sie im Bett ein übergroßes Garfield-T-Shirt trägt.
Der Doppelgänger
Unter der Oberfläche des Romans verbirgt sich etwas, das man einen romantischen Krimi nennen könnte. Nicht nur wegen der beiden literarischen Referenzen, die Suter in seinen Roman eingebaut hat – die eine verweist auf Friedrich Glauser, die andere auf Joseph von Eichendorff –, sondern auch weil „Der perfekte Freund” als geschicktes Spiel mit dem romantischen Doppelgänger-Motiv angelegt ist. Fabio Rossi verdächtigt seinen besten Freund und Kollegen, seine Geschichte geklaut zu haben. „Wo ist meine Geschichte, Lucas?”, heißt es. Und das ist durchaus im doppelten Wortsinn gemeint: als journalistische Enthüllungsgeschichte und als eigene Biographie. Lucas Jäger hat sich nicht nur Norina, Rossis große Liebe, angeeignet, sondern den bewunderten Freund bis zur Selbstaufgabe kopiert. Umgekehrt wird aber auch Lucas zur Spiegelgestalt Fabios. Nur indem er alle Verdachtsmomente auf den Freund projiziert, kommt er sich am Ende selbst auf die Schliche. Und so ist der andere schließlich doch, was der Titel verspricht: „Ein perfekter Freund”.
MEIKE FESSMANN
MARTIN SUTER: Ein perfekter Freund. Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2002. 339 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2002

Schlag auf den Kopf
Martin Suter und sein Psychothriller "Ein perfekter Freund"

Doktor Vogel war ein Fleischberg mit Sinn für komische Untertöne. Als er Fabio die weich gefütterte Hand reichte, mußte er sich abwenden, damit ihm sein Leib nicht in den Weg kam: "Das ist mein Problem, und welches ist Ihres?" Leichtfüßig kommt die Sprache in Martin Suters jüngstem, im Diogenes Verlag erschienenen Roman "Ein perfekter Freund" daher und umtänzelt das düstere Thema einer Lebenskrise in ironischen Wendungen. Wie ist das, wenn man nach einem heftigen Schlag auf den Kopf erwacht und glaubt, noch derselbe zu sein, aber von der Umgebung als ein anderer wahrgenommen wird? In der Frankfurter Buchhandlung Carolus las der Schweizer Autor jetzt Auszüge aus seinem Buch, das im Laufe der Handlung die Züge eines spannenden Psychothrillers annimmt.

"Ein perfekter Freund" handelt nicht nur vom Schrecken des Gedächtnisverlusts, sondern lotet zugleich die Möglichkeiten verlorener Erinnerung aus. Auf diese Weise gerät die Suche nach der eigenen Identität zum ebenso reizvollen wie gefährlichen Spiel. "Seine Hand spürte das Gesicht, aber sein Gesicht spürte die Hand nicht." Es war vor allem der Geruch, der Fabio Rossi davon abhielt, die Augen zu öffnen. Es roch nach Krankenhaus, und die weibliche Stimme, die zu ihm durch das Dunkel drang, schien vom anderen Ufer eines Flusses zu kommen. Er liege wegen einer Kopfverletzung in der Neurochirurgie der Uniklinik, erklärte die Stimme der Nachtschwester: "Ein Schädel-Hirn-Trauma. Sie haben einen Schlag auf den Kopf erhalten." Langsam entfaltet sich das Geschehen der vergangenen Tage Blatt für Blatt wie eine Knospe.

Der dreiunddreißigjährige Journalist Fabio leidet unter einer posttraumatischen Amnesie, einem Blackout, der 50 Tage währt. Wer jene blonde junge Frau ist, die sich, eingehüllt in Blütenduft, täglich über ihn beugt und ihn küßt, vermag er nicht zu sagen. Daß sie seit geraumer Zeit seine Freundin sein soll, verblüfft Fabio, da er überzeugt ist, die Frau noch nie gesehen zu haben. Ebensowenig versteht er, warum sich seine Lebensgefährtin Norina weigert, mit ihm zu sprechen. Welche Rolle nimmt sein Freund und Kollege Lucas Jäger in dem verwirrenden Geflecht der Beziehungen ein? Und weshalb hat er vor der Kopfverletzung seinen Redakteursjob beim "Sonntag-Morgen" aufgegeben, zumal er doch angeblich an einer "ganz großen Sache" gearbeitet haben soll?

Suter ist ein raffinierter Fährtenleger, der seinen Helden Schritt für Schritt die verschwunden geglaubte Vergangenheit rekonstruieren läßt. Ein schwieriger, mit Rückschlägen gepflasterter Weg, der Fabio zu seinem Alter ego führt, dieses aber zugleich immer rätselhafter erscheinen läßt. Dabei mischen sich skurrile Einfälle in den aus knappen Dialogen und erzählenden Passagen komponierten Text. So etwa, wenn der dicke, im höchsten Falsett lachende Psychotherapeut Dr. Vogel seinem Patienten rät, die grauen Zellen mit Hilfe mentaler Bilder zu trainieren. Um sich den Namen Vogel zu merken, solle Fabio sich das Bild eines Nilpferdes machen. "Und der Vogel?" "Sitzt auf dem Kopf des Nilpferdes."

KATJA MÖHRLE

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»Martin Suter gilt als Meister einer eleganten Feder, die so fein geschliffen ist, dass man die Stiche oft erst hinterher spürt.« Monika Willer / Westfalenpost Westfalenpost