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UNSERE KLINGEN SIND SCHARF
Daenerys Targaryen, die Königin der Drachen, muss sich entscheiden, welchen ihrer adligen Freier sie heiraten wird. Wer wird der mächtigste Verbündete für die Eroberung von Westeros sein? Es ist eine rein politische Entscheidung, denn Daenerys' wahre Liebe gilt einem einfachen, aber machtlosen Söldner. Leider haben in diesem Fall die Wünsche einer Königin keine Bedeutung.
Über das Schicksal von Westeros entscheiden jedoch nicht die Intrigen der Adligen. Denn die Anderen jenseits der Mauer bereiten den entscheidenen Schlag vor. Jon Snow und die Nachtwache könnten sie aufhalten. Aber kann der junge Kommandant noch auf die Loyalität seiner Männer vertrauen?
(4 mp3-CDs, Laufzeit: 25h 31)
Daenerys Targaryen, die Königin der Drachen, muss sich entscheiden, welchen ihrer adligen Freier sie heiraten wird. Wer wird der mächtigste Verbündete für die Eroberung von Westeros sein? Es ist eine rein politische Entscheidung, denn Daenerys' wahre Liebe gilt einem einfachen, aber machtlosen Söldner. Leider haben in diesem Fall die Wünsche einer Königin keine Bedeutung.
Über das Schicksal von Westeros entscheiden jedoch nicht die Intrigen der Adligen. Denn die Anderen jenseits der Mauer bereiten den entscheidenen Schlag vor. Jon Snow und die Nachtwache könnten sie aufhalten. Aber kann der junge Kommandant noch auf die Loyalität seiner Männer vertrauen?
(4 mp3-CDs, Laufzeit: 25h 31)
MP3 CD 1 | |||
1 | Das Lied von Eis & Feuer - Ein Tanz mit Drachen (Band 10) | ||
MP3 CD 2 | |||
1 | Das Lied von Eis & Feuer - Ein Tanz mit Drachen (Band 10) | ||
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1 | Das Lied von Eis & Feuer - Ein Tanz mit Drachen (Band 10) | ||
MP3 CD 4 | |||
1 | Das Lied von Eis & Feuer - Ein Tanz mit Drachen (Band 10) |
" (...) liest auch diesmal Reinhard Kuhnert mit seiner warmen und doch rauen Stimme die fantastische Story und zieht den Hörer in die mittelalterlich anmutende Welt." pisa-hoerenundlesen.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.07.2012Jenseits der Eismauer lauern todbringende Geistwesen
Im finsteren Mittelalter: George R. R. Martin setzt seine Fantasy-Saga "Das Lied von Eis und Feuer" grandios fort. Darin folgt er der Dramaturgie von Computerspielen.
Eine Mauer aus Eis, dreihundert Meilen lang und mehr als zweihundert Meter hoch, fünf Bände mit mehreren tausend Seiten Umfang, obwohl zwei weitere Bände noch ausstehen - was George R. R. Martin erzählt, folgt eigenen Maßstäben, ebenso wie die Anlage seiner Romanreihe "Das Lied von Eis und Feuer", deren bislang letzter Teil, "A Dance with Dragons", seit gestern vollständig auf Deutsch erhältlich ist.
Vor anderthalb Jahren begann Random House die Reihe, die in Deutschland seit 1998 von den Lesern kaum bemerkt und vom Verlag gestalterisch unter Wert verkauft worden war, bei Blanvalet neu herauszubringen. Zum erfolgreichen Verkauf von mehr als 1,1 Millionen Exemplaren, befeuert von der Ausstrahlung der HBO-Serie "Game of Thrones", gehört seitdem die Veröffentlichung der Originalbände in Teilen. Der vor einigen Wochen bei Penhaligon, einem weiteren Random-House-Imprint, erschienene Band "Der Sohn des Greifen" umfasst die ersten 499 Seiten von "A Dance with Dragons", der seit gestern erhältliche Band "Ein Tanz mit Drachen" bietet die restlichen 460. Beide Bände hat der Verlag auf rund achthundert Seiten aufgeblasen, die jeweils sechzehn Euro kosten. Dass das englische Original bei uns als einbändiges Taschenbuch derweil für knapp zehn Euro erhältlich ist, löst unter Fans nicht nur Begeisterung aus. Random House rechtfertigt den Aufschlag außer mit der Klappenbroschur, die den beiden neuen Bänden Zutritt zur Hardcover-Bestsellerliste verschafft, mehr schlecht als recht mit den hohen Papierpreisen und den Kosten der für die Neuausgabe überarbeiteten Übersetzung.
Dass die früher im originalen Englisch belassenen Namen von Orten und Personen eingedeutscht worden sind, ist bei Lesern, die schon länger dabei sind, nicht unumstritten. Erst jetzt jedoch erreicht die Serie etwas von jener gefühlten Natürlichkeit der erfundenen Welt, die deutschen Lesern angelsächsischer Fantasy vertraut ist, seit Margaret Carroux in den sechziger Jahren aus Tolkiens Auenlanddorf Frogmorton das geniale Froschmoorstätten machte. Andreas Helweg übersetzt die neuen Bände flüssig, ohne Martins registerreichem Stil in jedem Augenblick gerecht werden zu können.
Auch in der deutschen Fassung aber zeigen "Der Sohn des Greifen" und "Ein Tanz mit Drachen" Martins abenteuerlich sicheres Gespür für narrative Effekte. Tyrion Lennister, zwergwüchsiger Bruder der Königin, Vatermörder und verzweifelter Liebhaber einer Prostituierten, die ihn mit seinem Vater betrog und dafür sterben musste, findet sich jenseits des Meeres in der Stadt Pentos wieder, bei Illyrio Mopatis, dem fetten Kaufmann, der im ersten Band dabei half, die als Kind vor ihrer drohenden Ermordung ins Ausland gerettete Prinzessin Daenerys an den Anführer einer Horde von Reiternomaden zu verkaufen.
Zu Beginn des ersten deutschen Halbbands macht sich Tyrion auf die Reise zu Daenerys, die inzwischen um einen Ehemann ärmer, aber um drei junge Drachen reicher ist und in der von ihr eroberten Sklavenhalterstadt Meereen unmittelbar vor dem Aufbruch in die Heimat zu stehen scheint. Unterwegs stößt er auf den Greifensohn, der dem Teilband den Titel gibt, angeblich ein begabter junger Krieger, in Wahrheit aber Prinz Aegon Targaryen, Sohn von Kronprinz Rhaegar, dem Bruder der Prinzessin. Bisher waren Martins Leser davon ausgegangen, dass er als Kleinkind bei der Eroberung der Hauptstadt durch den neuen König Robert Baratheon ermordet worden war. Nun gibt es mit ihm neben Daenerys einen weiteren Thronprätendenten. Sein Auftauchen vervielfältigt die Entwicklungsmöglichkeiten der Handlung. Es ist kennzeichnend für Martin, dass er es dabei nicht belässt, sondern auch noch den jungen dornischen Prinzen Quentyn Martell auf die Fahrt zur Drachenherrin schickt und die auf das Erringen ihrer Hand oder ihres Wohlwollens ausgerichtete Handlung des Bandes damit auf einen Schlag verdoppelt.
Die strategische und taktische Berechnung, mit der alle Beteiligten an solchen ehelichen und politischen Allianzen arbeiten, findet eine natürliche Entsprechung in Martins Erzählen, einer geduldig geführten Kampagne voller Ausweichbewegungen, in der die scheinbare Preisgabe von Informationen und das Zurückhalten entscheidender Fakten aus einem reichen erzählerischen Waffenarsenal schöpfen. Die narrative Brillanz der Serie und ihre psychologische Komplexität sind dabei seit dem ersten Band den Überflussverfahren der Kolportage geschuldet. Martin häuft Personen, Ereignisse und Zufälle aufeinander und versetzt die Handlung in eine Dauererregung überraschender Wendungen. So ist Theon Graufreud, einst Geisel des den Norden der Sieben Königreiche beherrschenden Hauses Stark und später allem Anschein nach der Mörder zweier Kinder der Familie, noch am Leben. In einer weiteren Volte hat Ramsay Bolton, Sohn eines Stark-Vasallen, ihn durch Folter gebrochen und in eine erniedrigende Narrenrolle gezwungen, die er am Hof der Starks aus perverser Lust an Erniedrigung und Ekel einst selbst spielte. Noch deutlicher als in den Vorgängerbänden folgt Martin in solchen Momenten der Dramaturgie des Computerspiels - mit jedem Durchgang wird die Handlung undurchschaubarer und schwieriger.
Martins Faible für die Komplikation, das den Kolportageprunk ins Literarische hebt, weil es eine straffe Inhaltskontrolle erfordert, verträgt eine möglichst große Fülle literarischer Kunstgriffe. Seit Beginn der Reihe werden die Ereignisse daher aus zahlreichen Blickwinkeln erzählt. Obwohl Martin uralte Lesersehnsüchte nach Massen saftiger Handlung stillt, ist seine Präsentation einer Welt von Machtgier, Hass und Rache dabei überaus zeitgenössisch. "Die Welt ist ein großes Netz", sagt Illyrio Mopatis im ersten der beiden neuen Bände, "und kein Mann darf wagen, an einem Strang zu ziehen, ohne die anderen zum Zittern zu bringen." Wie kaum ein anderes zeitgenössisches Erfolgsbuch zeigt das "Lied von Eis und Feuer", dass das Erzählen in der Social-Media-Gegenwart dann besonderes Vertrauen genießt, wenn es jede Stimme wichtig nimmt. Die eine oder andere Figur eine Zeitlang zum Schweigen zu bringen bleibt das Vorrecht des auf Spannung bedachten Autors. So erhält die ehebrecherische Königin Cersei Lennister erst im zweiten der neuen Halbbände wieder das Wort, von vielen Lesern ebenso ungeduldig erwartet wie neue Kapitel mit den in alle Winde verstreuten Stark-Kindern, Cerseis Bruder Jaime oder der Ritterin Brienne von Tarth, die nur im ersten Teilband einen überdies viel zu kurzen Auftritt hat.
In den großzügig über beide Teilbände verstreuten Freischärlertruppen fahrender Ritter spielt Martin wie gewohnt Mittelalter. Innerhalb einer lehnsherrschaftlichen Werteordnung von Stand, Ehre, Treue, Betrug und Verrat inszeniert er allerdings gerade in "Ein Tanz mit Drachen" durch und durch unmittelalterliche Dramen der individuellen Emanzipation. Der einzige seiner Helden, der den Drachentanz nicht überlebt, stirbt, weil er sich an das Handlungsprogramm seines fürstlichen Vaters gehalten hat. Alle anderen Hauptfiguren glauben daran, durch eigenes Überlegen, Entscheiden und Handeln ihre Lebensumstände verändern zu können. Der Gegensatz von ständischer Gesellschaft und möglichst vollständiger persönlicher Befreiung aus jeglicher Bindung treibt das Erzählspektakel schnell umgesetzten Begehrens an, von dem Tyrion sich im "Sohn des Greifen" für einen Moment ausruht: "Wenigstens träumte er nicht. Für sein kurzes Leben hatte er längst genug geträumt. Und nur von Torheiten: Liebe, Gerechtigkeit, Freundschaft, Ruhm."
Das fortgesetzte Treffen schwieriger Entscheidungen macht "Ein Tanz mit Drachen" zum Musterbeispiel für Fantasy als Diversitätserzählung. Eddard Starks Bastardsohn Jon Schnee gewährt den nördlich der Mauer siedelnden Wildlingen als Kommandant der Nachtwache den Durchzug durch die Befestigungsanlagen, damit im bevorstehenden Kampf alle zusammenstehen können. Schließlich lauern jenseits der Eismauer seit den ersten Seiten der Reihe die Anderen, böse Geistwesen, die mit dem herannahenden Winter erstarken, tot und lebendig, den Lebenden todbringend. Ob Jon, der das eisige Ende der Handlung hütet, und Daenerys, die am entgegengesetzten Ende der Welt über Wesen gebietet, die man gegen die winterliche Erstarrung feurig ins Feld führen könnte, ihre Kräfte je vereinen werden, bleibt nach der Lektüre des fünften Bandes mindestens bis zum sechsten Spekulation.
Zu seiner Vollendung treiben Martins Leser den Autor, der vier Jahre für die Fertigstellung des vierten Teils und sechs für die des fünften brauchte, im Internet regelmäßig zurück an seinen Schreibtisch. Ihr Drängen ist egoistisch, aber erklärlich. Besser als durch Martins Romane lässt sich die Befürchtung, Unterhaltungsliteratur verrate das literarische Kunstwerk an Marktzwänge und Lesererwartungen, augenblicklich kaum widerlegen. Das "Lied von Eis und Feuer" feiert die literarische Autonomie mit einem großen Fest des Erzählens.
FLORIAN BALKE
George R. R. Martin: "Das Lied von Eis und Feuer - Der Sohn des Greifen".
Aus dem Englischen von Andreas Helweg. Blanvalet Verlag, München 2012. 832 S., br., 16,- [Euro].
George R. R. Martin: "Das Lied von Eis und Feuer - Ein Tanz mit Drachen".
Aus dem Englischen von Andreas Helweg. Blanvalet Verlag, München 2012. 800 S., br., 16,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im finsteren Mittelalter: George R. R. Martin setzt seine Fantasy-Saga "Das Lied von Eis und Feuer" grandios fort. Darin folgt er der Dramaturgie von Computerspielen.
Eine Mauer aus Eis, dreihundert Meilen lang und mehr als zweihundert Meter hoch, fünf Bände mit mehreren tausend Seiten Umfang, obwohl zwei weitere Bände noch ausstehen - was George R. R. Martin erzählt, folgt eigenen Maßstäben, ebenso wie die Anlage seiner Romanreihe "Das Lied von Eis und Feuer", deren bislang letzter Teil, "A Dance with Dragons", seit gestern vollständig auf Deutsch erhältlich ist.
Vor anderthalb Jahren begann Random House die Reihe, die in Deutschland seit 1998 von den Lesern kaum bemerkt und vom Verlag gestalterisch unter Wert verkauft worden war, bei Blanvalet neu herauszubringen. Zum erfolgreichen Verkauf von mehr als 1,1 Millionen Exemplaren, befeuert von der Ausstrahlung der HBO-Serie "Game of Thrones", gehört seitdem die Veröffentlichung der Originalbände in Teilen. Der vor einigen Wochen bei Penhaligon, einem weiteren Random-House-Imprint, erschienene Band "Der Sohn des Greifen" umfasst die ersten 499 Seiten von "A Dance with Dragons", der seit gestern erhältliche Band "Ein Tanz mit Drachen" bietet die restlichen 460. Beide Bände hat der Verlag auf rund achthundert Seiten aufgeblasen, die jeweils sechzehn Euro kosten. Dass das englische Original bei uns als einbändiges Taschenbuch derweil für knapp zehn Euro erhältlich ist, löst unter Fans nicht nur Begeisterung aus. Random House rechtfertigt den Aufschlag außer mit der Klappenbroschur, die den beiden neuen Bänden Zutritt zur Hardcover-Bestsellerliste verschafft, mehr schlecht als recht mit den hohen Papierpreisen und den Kosten der für die Neuausgabe überarbeiteten Übersetzung.
Dass die früher im originalen Englisch belassenen Namen von Orten und Personen eingedeutscht worden sind, ist bei Lesern, die schon länger dabei sind, nicht unumstritten. Erst jetzt jedoch erreicht die Serie etwas von jener gefühlten Natürlichkeit der erfundenen Welt, die deutschen Lesern angelsächsischer Fantasy vertraut ist, seit Margaret Carroux in den sechziger Jahren aus Tolkiens Auenlanddorf Frogmorton das geniale Froschmoorstätten machte. Andreas Helweg übersetzt die neuen Bände flüssig, ohne Martins registerreichem Stil in jedem Augenblick gerecht werden zu können.
Auch in der deutschen Fassung aber zeigen "Der Sohn des Greifen" und "Ein Tanz mit Drachen" Martins abenteuerlich sicheres Gespür für narrative Effekte. Tyrion Lennister, zwergwüchsiger Bruder der Königin, Vatermörder und verzweifelter Liebhaber einer Prostituierten, die ihn mit seinem Vater betrog und dafür sterben musste, findet sich jenseits des Meeres in der Stadt Pentos wieder, bei Illyrio Mopatis, dem fetten Kaufmann, der im ersten Band dabei half, die als Kind vor ihrer drohenden Ermordung ins Ausland gerettete Prinzessin Daenerys an den Anführer einer Horde von Reiternomaden zu verkaufen.
Zu Beginn des ersten deutschen Halbbands macht sich Tyrion auf die Reise zu Daenerys, die inzwischen um einen Ehemann ärmer, aber um drei junge Drachen reicher ist und in der von ihr eroberten Sklavenhalterstadt Meereen unmittelbar vor dem Aufbruch in die Heimat zu stehen scheint. Unterwegs stößt er auf den Greifensohn, der dem Teilband den Titel gibt, angeblich ein begabter junger Krieger, in Wahrheit aber Prinz Aegon Targaryen, Sohn von Kronprinz Rhaegar, dem Bruder der Prinzessin. Bisher waren Martins Leser davon ausgegangen, dass er als Kleinkind bei der Eroberung der Hauptstadt durch den neuen König Robert Baratheon ermordet worden war. Nun gibt es mit ihm neben Daenerys einen weiteren Thronprätendenten. Sein Auftauchen vervielfältigt die Entwicklungsmöglichkeiten der Handlung. Es ist kennzeichnend für Martin, dass er es dabei nicht belässt, sondern auch noch den jungen dornischen Prinzen Quentyn Martell auf die Fahrt zur Drachenherrin schickt und die auf das Erringen ihrer Hand oder ihres Wohlwollens ausgerichtete Handlung des Bandes damit auf einen Schlag verdoppelt.
Die strategische und taktische Berechnung, mit der alle Beteiligten an solchen ehelichen und politischen Allianzen arbeiten, findet eine natürliche Entsprechung in Martins Erzählen, einer geduldig geführten Kampagne voller Ausweichbewegungen, in der die scheinbare Preisgabe von Informationen und das Zurückhalten entscheidender Fakten aus einem reichen erzählerischen Waffenarsenal schöpfen. Die narrative Brillanz der Serie und ihre psychologische Komplexität sind dabei seit dem ersten Band den Überflussverfahren der Kolportage geschuldet. Martin häuft Personen, Ereignisse und Zufälle aufeinander und versetzt die Handlung in eine Dauererregung überraschender Wendungen. So ist Theon Graufreud, einst Geisel des den Norden der Sieben Königreiche beherrschenden Hauses Stark und später allem Anschein nach der Mörder zweier Kinder der Familie, noch am Leben. In einer weiteren Volte hat Ramsay Bolton, Sohn eines Stark-Vasallen, ihn durch Folter gebrochen und in eine erniedrigende Narrenrolle gezwungen, die er am Hof der Starks aus perverser Lust an Erniedrigung und Ekel einst selbst spielte. Noch deutlicher als in den Vorgängerbänden folgt Martin in solchen Momenten der Dramaturgie des Computerspiels - mit jedem Durchgang wird die Handlung undurchschaubarer und schwieriger.
Martins Faible für die Komplikation, das den Kolportageprunk ins Literarische hebt, weil es eine straffe Inhaltskontrolle erfordert, verträgt eine möglichst große Fülle literarischer Kunstgriffe. Seit Beginn der Reihe werden die Ereignisse daher aus zahlreichen Blickwinkeln erzählt. Obwohl Martin uralte Lesersehnsüchte nach Massen saftiger Handlung stillt, ist seine Präsentation einer Welt von Machtgier, Hass und Rache dabei überaus zeitgenössisch. "Die Welt ist ein großes Netz", sagt Illyrio Mopatis im ersten der beiden neuen Bände, "und kein Mann darf wagen, an einem Strang zu ziehen, ohne die anderen zum Zittern zu bringen." Wie kaum ein anderes zeitgenössisches Erfolgsbuch zeigt das "Lied von Eis und Feuer", dass das Erzählen in der Social-Media-Gegenwart dann besonderes Vertrauen genießt, wenn es jede Stimme wichtig nimmt. Die eine oder andere Figur eine Zeitlang zum Schweigen zu bringen bleibt das Vorrecht des auf Spannung bedachten Autors. So erhält die ehebrecherische Königin Cersei Lennister erst im zweiten der neuen Halbbände wieder das Wort, von vielen Lesern ebenso ungeduldig erwartet wie neue Kapitel mit den in alle Winde verstreuten Stark-Kindern, Cerseis Bruder Jaime oder der Ritterin Brienne von Tarth, die nur im ersten Teilband einen überdies viel zu kurzen Auftritt hat.
In den großzügig über beide Teilbände verstreuten Freischärlertruppen fahrender Ritter spielt Martin wie gewohnt Mittelalter. Innerhalb einer lehnsherrschaftlichen Werteordnung von Stand, Ehre, Treue, Betrug und Verrat inszeniert er allerdings gerade in "Ein Tanz mit Drachen" durch und durch unmittelalterliche Dramen der individuellen Emanzipation. Der einzige seiner Helden, der den Drachentanz nicht überlebt, stirbt, weil er sich an das Handlungsprogramm seines fürstlichen Vaters gehalten hat. Alle anderen Hauptfiguren glauben daran, durch eigenes Überlegen, Entscheiden und Handeln ihre Lebensumstände verändern zu können. Der Gegensatz von ständischer Gesellschaft und möglichst vollständiger persönlicher Befreiung aus jeglicher Bindung treibt das Erzählspektakel schnell umgesetzten Begehrens an, von dem Tyrion sich im "Sohn des Greifen" für einen Moment ausruht: "Wenigstens träumte er nicht. Für sein kurzes Leben hatte er längst genug geträumt. Und nur von Torheiten: Liebe, Gerechtigkeit, Freundschaft, Ruhm."
Das fortgesetzte Treffen schwieriger Entscheidungen macht "Ein Tanz mit Drachen" zum Musterbeispiel für Fantasy als Diversitätserzählung. Eddard Starks Bastardsohn Jon Schnee gewährt den nördlich der Mauer siedelnden Wildlingen als Kommandant der Nachtwache den Durchzug durch die Befestigungsanlagen, damit im bevorstehenden Kampf alle zusammenstehen können. Schließlich lauern jenseits der Eismauer seit den ersten Seiten der Reihe die Anderen, böse Geistwesen, die mit dem herannahenden Winter erstarken, tot und lebendig, den Lebenden todbringend. Ob Jon, der das eisige Ende der Handlung hütet, und Daenerys, die am entgegengesetzten Ende der Welt über Wesen gebietet, die man gegen die winterliche Erstarrung feurig ins Feld führen könnte, ihre Kräfte je vereinen werden, bleibt nach der Lektüre des fünften Bandes mindestens bis zum sechsten Spekulation.
Zu seiner Vollendung treiben Martins Leser den Autor, der vier Jahre für die Fertigstellung des vierten Teils und sechs für die des fünften brauchte, im Internet regelmäßig zurück an seinen Schreibtisch. Ihr Drängen ist egoistisch, aber erklärlich. Besser als durch Martins Romane lässt sich die Befürchtung, Unterhaltungsliteratur verrate das literarische Kunstwerk an Marktzwänge und Lesererwartungen, augenblicklich kaum widerlegen. Das "Lied von Eis und Feuer" feiert die literarische Autonomie mit einem großen Fest des Erzählens.
FLORIAN BALKE
George R. R. Martin: "Das Lied von Eis und Feuer - Der Sohn des Greifen".
Aus dem Englischen von Andreas Helweg. Blanvalet Verlag, München 2012. 832 S., br., 16,- [Euro].
George R. R. Martin: "Das Lied von Eis und Feuer - Ein Tanz mit Drachen".
Aus dem Englischen von Andreas Helweg. Blanvalet Verlag, München 2012. 800 S., br., 16,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ein großes Fest des Erzählens und den Beweis dafür, dass Unterhaltungsliteratur literarische Kunst nicht unbedingt an marktkonforme Leseerwartungen verraten muss, hält Florian Balke mit den beiden jetzt auf Deutsch erhältlichen Teilbänden von George R. R. Martins "Das Lied von Feuer und Eis" in Händen. Die teuren Einzelbände sieht er gerechtfertigt durch die gelungene Revision der Übersetzung durch Andreas Helweg, die er für flüssig hält und laut ihm den narrativen Effekten des Autors gerecht wird. Die höchst komplexe Handlung charakterisiert Balke als entwicklungsreich und übervoll an Einfällen, Personal und Ereignissen, die der Autor etwa durch das Zurückhalten von Fakten, überraschenden Wendungen und der Dramaturgie des Computerspiels immer wieder spannend arrangiere. Martins Faible für Komplikationen sorge dabei durch die notwendige Inhaltskontrolle für literarische Güte. Für Balke Fantasy at its best!
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Ersetzt ein Halbjahr Ethik, ein Halbjahr Sozialkunde, zwei Splatterfilme, ca. sieben Liter Rum und zehn Gramm Marihuana."