Eine fesselnder und zutiefst persönlicher Bericht darüber, wie Geschichte geschrieben wird - von dem US-Präsidenten, der uns inspirierte, an die Kraft der Demokratie zu glauben.
In diesem mit Spannung erwarteten ersten Band seiner Präsidentschaftserinnerungen erzählt Barack Obama die Geschichte seiner unwahrscheinlichen Odyssee vom jungen Mann auf der Suche nach seiner Identität bis hin zum führenden Politiker der freien Welt. In erstaunlich persönlichen Worten beschreibt er seinen politischen Werdegang wie auch die wegweisenden Momente der ersten Amtszeit seiner historischen Präsidentschaft - einer Zeit dramatischer Veränderungen und Turbulenzen.
Obama nimmt die Leser und Leserinnen mit auf eine faszinierende Reise von seinem frühesten politischen Erwachen über den ausschlaggebenden Sieg in den Vorwahlen von Iowa, der die Kraft basisdemokratischer Bewegungen verdeutlichte, hin zur entscheidenden Nacht des 4. Novembers 2008, als er zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde und als erster Afroamerikaner das höchste Staatsamt antreten sollte.
Sein Rückblick auf seine Präsidentschaft bietet eine einzigartige Reflexion über Ausmaß und Grenzen präsidialer Macht und liefert zugleich außergewöhnliche Einblicke in die Dynamik US-amerikanischer Politik und internationaler Diplomatie. Wir begleiten Obama ins Oval Office und in den Situation Room des Weißen Hauses sowie nach Moskau, Kairo, Peking und viele Orte mehr. Er teilt seine Gedanken über seine Regierungsbildung, das Ringen mit der globalen Finanzkrise, seine Bemühungen, Wladimir Putin einzuschätzen, die Bewältigung von scheinbar unüberwindlichen Hindernissen, um das Gesetz für eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu verabschieden. Er beschreibt, wie er mit US-Generälen über die amerikanische Strategie in Afghanistan aneinandergerät, die Wall Street reformiert, wie er auf das verheerende Leck der Bohrplattform Deepwater Horizon reagiert und die Operation "Neptune's Spear" autorisiert, die zum Tode Osama bin Ladens führt.
»Ein verheißenes Land« ist ungewöhnlich intim und introspektiv - die Geschichte eines einzelnen Mannes, der eine Wette mit der Geschichte eingeht, eines community organizer, dessen Ideale auf der Weltbühne auf die Probe gestellt werden. Obama berichtet offen vom Balanceakt, den es bedeutet, als Schwarzer Amerikaner für das Amt zu kandidieren und damit die Erwartungen einer Generation zu schultern, die Mut aus der Botschaft von "Hoffnung und Wandel" gewinnt, sowie den moralischen Herausforderungen von Entscheidungen auf höchster Ebene zu begegnen. Er spricht freimütig über die Kräfte, die sich ihm in In- und Ausland entgegenstellten, gibt ehrlich Auskunft darüber, wie das Leben im Weißen Haus seine Frau und seine Töchter prägte, und schreckt nicht davor zurück, Selbstzweifel und Enttäuschungen offenzulegen. Und doch verliert er nie den Glauben daran, dass innerhalb des großen, andauernden amerikanischen Experiments Fortschritt stets möglich ist.
In diesem wunderbar geschriebenen und eindrücklichen Buch bringt Barack Obama seine Überzeugung zum Ausdruck, dass Demokratie kein Geschenk des Himmels ist, sondern auf Empathie und gegenseitigem Verständnis gründet und Tag für Tag gemeinsam geschaffen werden muss.
Mit Original-Ton von Barack Obama, der mit diesen Passagen sehr persönlich zu hören ist: Die Widmung an seine Frau Michelle und an seine Töchter, zwei Gedichte und das Vorwort.
In diesem mit Spannung erwarteten ersten Band seiner Präsidentschaftserinnerungen erzählt Barack Obama die Geschichte seiner unwahrscheinlichen Odyssee vom jungen Mann auf der Suche nach seiner Identität bis hin zum führenden Politiker der freien Welt. In erstaunlich persönlichen Worten beschreibt er seinen politischen Werdegang wie auch die wegweisenden Momente der ersten Amtszeit seiner historischen Präsidentschaft - einer Zeit dramatischer Veränderungen und Turbulenzen.
Obama nimmt die Leser und Leserinnen mit auf eine faszinierende Reise von seinem frühesten politischen Erwachen über den ausschlaggebenden Sieg in den Vorwahlen von Iowa, der die Kraft basisdemokratischer Bewegungen verdeutlichte, hin zur entscheidenden Nacht des 4. Novembers 2008, als er zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde und als erster Afroamerikaner das höchste Staatsamt antreten sollte.
Sein Rückblick auf seine Präsidentschaft bietet eine einzigartige Reflexion über Ausmaß und Grenzen präsidialer Macht und liefert zugleich außergewöhnliche Einblicke in die Dynamik US-amerikanischer Politik und internationaler Diplomatie. Wir begleiten Obama ins Oval Office und in den Situation Room des Weißen Hauses sowie nach Moskau, Kairo, Peking und viele Orte mehr. Er teilt seine Gedanken über seine Regierungsbildung, das Ringen mit der globalen Finanzkrise, seine Bemühungen, Wladimir Putin einzuschätzen, die Bewältigung von scheinbar unüberwindlichen Hindernissen, um das Gesetz für eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu verabschieden. Er beschreibt, wie er mit US-Generälen über die amerikanische Strategie in Afghanistan aneinandergerät, die Wall Street reformiert, wie er auf das verheerende Leck der Bohrplattform Deepwater Horizon reagiert und die Operation "Neptune's Spear" autorisiert, die zum Tode Osama bin Ladens führt.
»Ein verheißenes Land« ist ungewöhnlich intim und introspektiv - die Geschichte eines einzelnen Mannes, der eine Wette mit der Geschichte eingeht, eines community organizer, dessen Ideale auf der Weltbühne auf die Probe gestellt werden. Obama berichtet offen vom Balanceakt, den es bedeutet, als Schwarzer Amerikaner für das Amt zu kandidieren und damit die Erwartungen einer Generation zu schultern, die Mut aus der Botschaft von "Hoffnung und Wandel" gewinnt, sowie den moralischen Herausforderungen von Entscheidungen auf höchster Ebene zu begegnen. Er spricht freimütig über die Kräfte, die sich ihm in In- und Ausland entgegenstellten, gibt ehrlich Auskunft darüber, wie das Leben im Weißen Haus seine Frau und seine Töchter prägte, und schreckt nicht davor zurück, Selbstzweifel und Enttäuschungen offenzulegen. Und doch verliert er nie den Glauben daran, dass innerhalb des großen, andauernden amerikanischen Experiments Fortschritt stets möglich ist.
In diesem wunderbar geschriebenen und eindrücklichen Buch bringt Barack Obama seine Überzeugung zum Ausdruck, dass Demokratie kein Geschenk des Himmels ist, sondern auf Empathie und gegenseitigem Verständnis gründet und Tag für Tag gemeinsam geschaffen werden muss.
Mit Original-Ton von Barack Obama, der mit diesen Passagen sehr persönlich zu hören ist: Die Widmung an seine Frau Michelle und an seine Töchter, zwei Gedichte und das Vorwort.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.11.2020Spagat beim Selbstbild
Barack Obama zeichnet auf 1000 Seiten die ersten Jahre seiner Präsidentschaft nach. Die Analyse gerät an manchen Stellen recht akademisch, es gibt
eine Portion Selbstkritik – und vieles lässt sich als Antithese zur erratischen Politik seines Nachfolgers lesen. Nur bei einem Thema wird der Autor persönlich
VON REYMER KLÜVER
Wer schreibt, der bleibt. Wer Memoiren verfasst, will zumindest mitbestimmen, wie er im Gedächtnis bleibt. Das verhält sich auch bei Barack Obamas Resümee seiner ersten drei Jahre im Weißen Haus nicht anders. Und wie wohl fast alle Politiker-Erinnerungen ist auch Obamas Opus (allein der nun veröffentlichte erste Band umfasst etwa 1000 Seiten) in erster Linie nicht nur eine persönliche Schilderung der Ereignisse, sondern zugleich eine Rechtfertigung der eigenen Handlungen, Entscheidungen und Unterlassungen, was wiederum deren – natürlich positiver – geschichtlicher Einordnung dienen soll. Siehe oben.
Obama probiert eine Art intellektuellen Spagat. Zum einen räumt er durchaus selbstkritisch ein, dass er mit seinem zentralen Wahlversprechen von „Change“, vom Wandel hin zu einer gerechteren Gesellschaft, letztlich nicht durchgedrungen ist. Amerikas Gesellschaft oder auch nur die politischen Entscheidungsprozesse in Washington haben sich nicht fundamental zum Guten verändert während seiner Präsidentschaft. Ganz und gar nicht, schließlich, und das notiert Obama zu Beginn seiner Erinnerungen, ist „jemand zu meinem Nachfolger bestimmt worden, der in allem das exakte Gegenteil von dem verkörperte, wofür wir standen“. Donald Trump und die Krise der amerikanischen Demokratie, die er heraufbeschworen hat, liegen wie ein Schatten auf Obamas Präsidentschaft.
Zum anderen versucht er aber darzulegen, dass er trotzdem keineswegs gescheitert ist. Er verstehe alle, schreibt er, „die glauben, es sei an der Zeit, den Mythos zu entsorgen“ – den Mythos, dass Amerika das Land ist, dessen Staatsräson das Versprechen von Gleichheit, Gerechtigkeit und demokratischer Teilhabe sei. Nicht ohne Pathos, zu dem der nüchtern denkende Mann immer mal wieder neigt, schreibt er: „Mit Gewissheit kann ich jedoch sagen, dass ich noch nicht bereit bin, die Möglichkeit von Amerika aufzugeben – nicht nur um künftiger Generationen von Amerikanern willen, sondern um der gesamten Menschheit willen.“
Doch in erster Linie berichtet Obama von den Ereignissen selbst. Kurz von seiner multikulturellen Jugend: Kind eines Kenianers und einer Weißen aus Kansas, aufgewachsen in Indonesien und auf Hawaii. Sein Studium in New York und Harvard, seine Heirat mit Michelle, seine Tätigkeit als Community Organizer in Chicago, schließlich ein kometengleicher Aufstieg vom Parlamentarier in der amerikanischen Provinz über den Senat in Washington bis ins Weiße Haus, und das alles innerhalb eines guten Jahrzehnts.
Dann folgen die großen Kämpfe seiner ersten Amtszeit. Der Versuch, den Zusammenbruch der amerikanischen Wirtschaft nach der Finanzkrise 2008 abzuwenden. Das Ringen um ein milliardenschweres Konjunkturprogramm (das sich im Vergleich zu den Anti-Corona-Maßnahmen fast bescheiden ausnimmt) und der unerbittliche Widerstand der Republikaner dagegen. Der Stresstest für die Banken, den seine Regierung entwickelt, das Rettungspaket für die Autobranche, die vor dem Zusammenbruch steht. Das vergebliche Mühen um ein Klimagesetz, das auch am Widerstand aus den eigenen Reihen scheitert. Er verlegt sich auf Verordnungen (die dann sein Nachfolger konterkariert hat). Der Kampf um die Gesundheitsreform, die nach schier unendlichen Zugeständnissen den Kongress passiert. Der Versuch, das Gefangenenlager in Guantanamo aufzulösen, der am Ende ebenfalls von den eigenen Leuten vereitelt wird.
Großen Raum nimmt die Außenpolitik ein, seine Reisen in den Nahen Osten, nach Russland, nach Afrika, nach Asien. Implizit antwortet Obama dabei stets auf die Vorwürfe, die ihm – nicht nur von republikanischer Seite – gemacht wurden. Etwa, dass sich die USA unter seiner Ägide vom Führungsanspruch in der Welt verabschiedet hätten, dass er zögerlich und nicht entschlossen gehandelt habe, dass seine von hehren Ansprüchen geleitete Außenpolitik denselben nicht gerecht geworden sei. Minutiös schildert er beispielsweise, warum seine Entscheidung über das US-Engagement in Afghanistan sich monatelang hinzieht (wobei sein damaliger Vize Joe Biden ihm rät, sich nicht von den Generälen „blockieren“ zu lassen). Er erläutert, warum es im Interesse der Vereinigten Staaten lag und liegt, „sich stärker als irgendeine Supermacht in der Geschichte an eine Reihe internationaler Gesetze, Vorschriften und Normen zu binden“. Was damit kritisiert wird, liegt auf der Hand: die sprunghafte, rücksichtslose America-First-Politik des gegenwärtigen Amtsinhabers. Überhaupt liest sich der Abriss seiner methodisch reflektierten politischen Entscheidungen wie die Antithese zur erratischen Ad-hoc-Herangehensweise seines Nachfolgers.
Gleich zu Beginn seiner Aufzeichnungen schreibt Obama, dass er eine „ehrliche Darstellung“ seiner Zeit im Amt liefern wolle. Was, kaum verwunderlich bei einem Universitätsdozenten, zu teilweise eher akademischen Darstellungen der jeweiligen Thematik führt. Wenn er über seine Auslandsreisen schreibt, liefert er gern ein kurzes Co-Referat zur historischen Situation des besuchten Landes. Und die Ausführungen zur Gesundheitsreform eröffnet er mit einer Zusammenfassung der Bemühungen um ein besseres US-Gesundheitssystem seit Präsident Theodore Roosevelt (der 1909 aus dem Amt schied).
In einer Hinsicht aber wird Obama persönlich. Er will, wie er schreibt, „einen Eindruck davon vermitteln, wie es sich anfühlt, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein“. Das umfasst eben die Entscheidungen im Amt – und sein privates Leben. In das gewährt er, wohl dosiert, Einblick. Vor allem, was das Leben im Weißen Haus für ihn, seine Frau und Familie bedeutete.
Sein Pressesprecher Robert Gibbs etwa treibt ihm gleich zu Beginn der Amtszeit die Flausen aus dem Kopf, dass er sich unbemerkt vom Medientross private Ausflüge leisten könnte. Er „klopfte mir nur auf den Rücken“, schreibt Obama resigniert, „und kehrte in sein Büro zurück, während ich grimmig irgendetwas murmelte“. Fast verwundert registriert der Vater zweier Mädchen, dass die beiden, Malia und Sasha, den Umzug nach Washington nicht nur gut wegstecken. Vielmehr scheinen sie ihr Leben im Weißen Haus durchaus zu genießen und wachsen im Gegensatz zu den Befürchtungen des besorgten Vaters ziemlich unbeschwert auf.
Anrührend kommt Obama auf die Belastungen zu sprechen, die sein Amt für seine Frau mit sich bringt. Sie war dagegen, dass er antritt, trägt seine Entscheidung aber loyal mit, obwohl sie ihm bereits bei seiner Kandidatur für den US-Senat sagt: „Das war’s dann aber, Barack. Ein letztes Mal.“ Als er tatsächlich die Präsidentenwahl gewinnt, „senkte die Aussicht auf Einsamkeit sich wie eine Wolke über sie“. Immer wieder, das ist aus den Zeilen deutlich herauszulesen, kämpft die erste schwarze First Lady mit Anflügen von Depression oder zumindest tiefer Niedergeschlagenheit. Und sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Aufgaben als Mutter, der Rolle einer First Lady und dem eigenen Anspruch, „Klischees über die Stellung der Frau aufzubrechen“, was sich zumindest mit den traditionellen Vorstellungen nur schwer unter einen Hut bringen lässt. Bis zu ihrem Umzug ins Weiße Haus war sie stets berufstätig, auch wenn sie, wie Obama einräumt, Karrierechancen aus Rücksicht auf die Familie sausen ließ.
Obama verwebt immer wieder mit leichter Hand mitunter erschöpfend detaillierte Darstellungen seiner Amtsgeschäfte mit derlei persönlichen Reminiszenzen. Wirklich politisch brisant dürften die Memoiren indes in einem Punkt sein: seine Abrechnung mit den Republikanern, deren Führungsleute er allesamt – und nicht nur Trump – für die gefährliche Polarisierung des Landes verantwortlich macht.
Da ist zum einen die Birther-Kampagne, die Trump bereits 2011, also lange vor seinem Einstieg in die Politik, anzettelt. Es ist der haltlose Vorwurf, dass Obama nicht in den USA geboren worden sei und damit kein Anrecht auf das Präsidentenamt habe. Klar sieht Obama den rassistischen Kern der Botschaft: dass ein schwarzer Mann nichts im Weißen Haus zu suchen habe, „als glaubten meine Gegner, die natürliche Ordnung der Dinge löste sich auf“.
Es ist aber eben nicht nur Trump. Schon in der Nominierung der damaligen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, als republikanische Vizepräsidentschafts-Kandidatin 2008, sieht Obama eine Weichenstellung. „Es schien, als würden mit Palin die dunklen Gespenster, die lange an den Rändern der Republikanischen Partei ein Schattendasein gefristet hatten – Fremdenfeindlichkeit, Antiintellektualismus, paranoide Verschwörungstheorien, die Abneigung gegenüber Schwarzen und braunen Menschen –, ihren Weg in die Mitte der Partei finden.“ Der bald entstehenden Tea-Party-Bewegung wirft Obama ebenfalls rassistische Ressentiments vor. Sie habe ihn „dämonisiert und damit eine unmissverständliche Botschaft an alle republikanischen Amtsträger gesandt: Im Widerstand gegen meine Regierung galten die herkömmlichen Regeln nicht mehr“.
Und dann ist da die Obstruktionsstrategie der Spitzenleute der Republikanischen Partei von Tag eins seiner Amtszeit an, angeleitet vom damaligen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell: „die Weigerung, mit mir oder Angehörigen meiner Regierung zusammenzuarbeiten, egal unter welchen Umständen, zu welchen Themen und ungeachtet der Folgen für das Land“. Auch ihnen, so schreibt Obama, sei „der Wahrheitsgehalt dessen, was sie sagten, vollkommen gleichgültig“. Was sie von Trump unterscheide? Lediglich, dass Letzterer noch dreister lüge. McConnell ist heute Mehrheitsführer im Senat. Das lässt wenig Gutes für die Ära Biden ahnen.
Nicht ohne Pathos versucht er
zu erklären, warum er aus seiner
Sicht keineswegs gescheitert ist
Die Republikaner sieht der
Ex-Präsident bereits seit Langem
als Problemfall für das Land
Ein Star weltweit: Porträt von Barack Obama, gestaltet vom Street-Art-Künstler Bankslave in Nairobi, Kenia, 2015. Obamas Vater stammt aus Kenia.
Foto: Ben Curtis/AP
Barack Obama:
Ein verheißenes Land. Übersetzt von Sylvia Bieker, Harriet Fricke, Stephan Gebauer, Stephan Kleiner, Elke Link, Thorsten Schmidt und Henriette Zeltner-Shane. Penguin-Verlag,
München, 2020.
1024 Seiten, 42 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Barack Obama zeichnet auf 1000 Seiten die ersten Jahre seiner Präsidentschaft nach. Die Analyse gerät an manchen Stellen recht akademisch, es gibt
eine Portion Selbstkritik – und vieles lässt sich als Antithese zur erratischen Politik seines Nachfolgers lesen. Nur bei einem Thema wird der Autor persönlich
VON REYMER KLÜVER
Wer schreibt, der bleibt. Wer Memoiren verfasst, will zumindest mitbestimmen, wie er im Gedächtnis bleibt. Das verhält sich auch bei Barack Obamas Resümee seiner ersten drei Jahre im Weißen Haus nicht anders. Und wie wohl fast alle Politiker-Erinnerungen ist auch Obamas Opus (allein der nun veröffentlichte erste Band umfasst etwa 1000 Seiten) in erster Linie nicht nur eine persönliche Schilderung der Ereignisse, sondern zugleich eine Rechtfertigung der eigenen Handlungen, Entscheidungen und Unterlassungen, was wiederum deren – natürlich positiver – geschichtlicher Einordnung dienen soll. Siehe oben.
Obama probiert eine Art intellektuellen Spagat. Zum einen räumt er durchaus selbstkritisch ein, dass er mit seinem zentralen Wahlversprechen von „Change“, vom Wandel hin zu einer gerechteren Gesellschaft, letztlich nicht durchgedrungen ist. Amerikas Gesellschaft oder auch nur die politischen Entscheidungsprozesse in Washington haben sich nicht fundamental zum Guten verändert während seiner Präsidentschaft. Ganz und gar nicht, schließlich, und das notiert Obama zu Beginn seiner Erinnerungen, ist „jemand zu meinem Nachfolger bestimmt worden, der in allem das exakte Gegenteil von dem verkörperte, wofür wir standen“. Donald Trump und die Krise der amerikanischen Demokratie, die er heraufbeschworen hat, liegen wie ein Schatten auf Obamas Präsidentschaft.
Zum anderen versucht er aber darzulegen, dass er trotzdem keineswegs gescheitert ist. Er verstehe alle, schreibt er, „die glauben, es sei an der Zeit, den Mythos zu entsorgen“ – den Mythos, dass Amerika das Land ist, dessen Staatsräson das Versprechen von Gleichheit, Gerechtigkeit und demokratischer Teilhabe sei. Nicht ohne Pathos, zu dem der nüchtern denkende Mann immer mal wieder neigt, schreibt er: „Mit Gewissheit kann ich jedoch sagen, dass ich noch nicht bereit bin, die Möglichkeit von Amerika aufzugeben – nicht nur um künftiger Generationen von Amerikanern willen, sondern um der gesamten Menschheit willen.“
Doch in erster Linie berichtet Obama von den Ereignissen selbst. Kurz von seiner multikulturellen Jugend: Kind eines Kenianers und einer Weißen aus Kansas, aufgewachsen in Indonesien und auf Hawaii. Sein Studium in New York und Harvard, seine Heirat mit Michelle, seine Tätigkeit als Community Organizer in Chicago, schließlich ein kometengleicher Aufstieg vom Parlamentarier in der amerikanischen Provinz über den Senat in Washington bis ins Weiße Haus, und das alles innerhalb eines guten Jahrzehnts.
Dann folgen die großen Kämpfe seiner ersten Amtszeit. Der Versuch, den Zusammenbruch der amerikanischen Wirtschaft nach der Finanzkrise 2008 abzuwenden. Das Ringen um ein milliardenschweres Konjunkturprogramm (das sich im Vergleich zu den Anti-Corona-Maßnahmen fast bescheiden ausnimmt) und der unerbittliche Widerstand der Republikaner dagegen. Der Stresstest für die Banken, den seine Regierung entwickelt, das Rettungspaket für die Autobranche, die vor dem Zusammenbruch steht. Das vergebliche Mühen um ein Klimagesetz, das auch am Widerstand aus den eigenen Reihen scheitert. Er verlegt sich auf Verordnungen (die dann sein Nachfolger konterkariert hat). Der Kampf um die Gesundheitsreform, die nach schier unendlichen Zugeständnissen den Kongress passiert. Der Versuch, das Gefangenenlager in Guantanamo aufzulösen, der am Ende ebenfalls von den eigenen Leuten vereitelt wird.
Großen Raum nimmt die Außenpolitik ein, seine Reisen in den Nahen Osten, nach Russland, nach Afrika, nach Asien. Implizit antwortet Obama dabei stets auf die Vorwürfe, die ihm – nicht nur von republikanischer Seite – gemacht wurden. Etwa, dass sich die USA unter seiner Ägide vom Führungsanspruch in der Welt verabschiedet hätten, dass er zögerlich und nicht entschlossen gehandelt habe, dass seine von hehren Ansprüchen geleitete Außenpolitik denselben nicht gerecht geworden sei. Minutiös schildert er beispielsweise, warum seine Entscheidung über das US-Engagement in Afghanistan sich monatelang hinzieht (wobei sein damaliger Vize Joe Biden ihm rät, sich nicht von den Generälen „blockieren“ zu lassen). Er erläutert, warum es im Interesse der Vereinigten Staaten lag und liegt, „sich stärker als irgendeine Supermacht in der Geschichte an eine Reihe internationaler Gesetze, Vorschriften und Normen zu binden“. Was damit kritisiert wird, liegt auf der Hand: die sprunghafte, rücksichtslose America-First-Politik des gegenwärtigen Amtsinhabers. Überhaupt liest sich der Abriss seiner methodisch reflektierten politischen Entscheidungen wie die Antithese zur erratischen Ad-hoc-Herangehensweise seines Nachfolgers.
Gleich zu Beginn seiner Aufzeichnungen schreibt Obama, dass er eine „ehrliche Darstellung“ seiner Zeit im Amt liefern wolle. Was, kaum verwunderlich bei einem Universitätsdozenten, zu teilweise eher akademischen Darstellungen der jeweiligen Thematik führt. Wenn er über seine Auslandsreisen schreibt, liefert er gern ein kurzes Co-Referat zur historischen Situation des besuchten Landes. Und die Ausführungen zur Gesundheitsreform eröffnet er mit einer Zusammenfassung der Bemühungen um ein besseres US-Gesundheitssystem seit Präsident Theodore Roosevelt (der 1909 aus dem Amt schied).
In einer Hinsicht aber wird Obama persönlich. Er will, wie er schreibt, „einen Eindruck davon vermitteln, wie es sich anfühlt, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein“. Das umfasst eben die Entscheidungen im Amt – und sein privates Leben. In das gewährt er, wohl dosiert, Einblick. Vor allem, was das Leben im Weißen Haus für ihn, seine Frau und Familie bedeutete.
Sein Pressesprecher Robert Gibbs etwa treibt ihm gleich zu Beginn der Amtszeit die Flausen aus dem Kopf, dass er sich unbemerkt vom Medientross private Ausflüge leisten könnte. Er „klopfte mir nur auf den Rücken“, schreibt Obama resigniert, „und kehrte in sein Büro zurück, während ich grimmig irgendetwas murmelte“. Fast verwundert registriert der Vater zweier Mädchen, dass die beiden, Malia und Sasha, den Umzug nach Washington nicht nur gut wegstecken. Vielmehr scheinen sie ihr Leben im Weißen Haus durchaus zu genießen und wachsen im Gegensatz zu den Befürchtungen des besorgten Vaters ziemlich unbeschwert auf.
Anrührend kommt Obama auf die Belastungen zu sprechen, die sein Amt für seine Frau mit sich bringt. Sie war dagegen, dass er antritt, trägt seine Entscheidung aber loyal mit, obwohl sie ihm bereits bei seiner Kandidatur für den US-Senat sagt: „Das war’s dann aber, Barack. Ein letztes Mal.“ Als er tatsächlich die Präsidentenwahl gewinnt, „senkte die Aussicht auf Einsamkeit sich wie eine Wolke über sie“. Immer wieder, das ist aus den Zeilen deutlich herauszulesen, kämpft die erste schwarze First Lady mit Anflügen von Depression oder zumindest tiefer Niedergeschlagenheit. Und sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren Aufgaben als Mutter, der Rolle einer First Lady und dem eigenen Anspruch, „Klischees über die Stellung der Frau aufzubrechen“, was sich zumindest mit den traditionellen Vorstellungen nur schwer unter einen Hut bringen lässt. Bis zu ihrem Umzug ins Weiße Haus war sie stets berufstätig, auch wenn sie, wie Obama einräumt, Karrierechancen aus Rücksicht auf die Familie sausen ließ.
Obama verwebt immer wieder mit leichter Hand mitunter erschöpfend detaillierte Darstellungen seiner Amtsgeschäfte mit derlei persönlichen Reminiszenzen. Wirklich politisch brisant dürften die Memoiren indes in einem Punkt sein: seine Abrechnung mit den Republikanern, deren Führungsleute er allesamt – und nicht nur Trump – für die gefährliche Polarisierung des Landes verantwortlich macht.
Da ist zum einen die Birther-Kampagne, die Trump bereits 2011, also lange vor seinem Einstieg in die Politik, anzettelt. Es ist der haltlose Vorwurf, dass Obama nicht in den USA geboren worden sei und damit kein Anrecht auf das Präsidentenamt habe. Klar sieht Obama den rassistischen Kern der Botschaft: dass ein schwarzer Mann nichts im Weißen Haus zu suchen habe, „als glaubten meine Gegner, die natürliche Ordnung der Dinge löste sich auf“.
Es ist aber eben nicht nur Trump. Schon in der Nominierung der damaligen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, als republikanische Vizepräsidentschafts-Kandidatin 2008, sieht Obama eine Weichenstellung. „Es schien, als würden mit Palin die dunklen Gespenster, die lange an den Rändern der Republikanischen Partei ein Schattendasein gefristet hatten – Fremdenfeindlichkeit, Antiintellektualismus, paranoide Verschwörungstheorien, die Abneigung gegenüber Schwarzen und braunen Menschen –, ihren Weg in die Mitte der Partei finden.“ Der bald entstehenden Tea-Party-Bewegung wirft Obama ebenfalls rassistische Ressentiments vor. Sie habe ihn „dämonisiert und damit eine unmissverständliche Botschaft an alle republikanischen Amtsträger gesandt: Im Widerstand gegen meine Regierung galten die herkömmlichen Regeln nicht mehr“.
Und dann ist da die Obstruktionsstrategie der Spitzenleute der Republikanischen Partei von Tag eins seiner Amtszeit an, angeleitet vom damaligen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell: „die Weigerung, mit mir oder Angehörigen meiner Regierung zusammenzuarbeiten, egal unter welchen Umständen, zu welchen Themen und ungeachtet der Folgen für das Land“. Auch ihnen, so schreibt Obama, sei „der Wahrheitsgehalt dessen, was sie sagten, vollkommen gleichgültig“. Was sie von Trump unterscheide? Lediglich, dass Letzterer noch dreister lüge. McConnell ist heute Mehrheitsführer im Senat. Das lässt wenig Gutes für die Ära Biden ahnen.
Nicht ohne Pathos versucht er
zu erklären, warum er aus seiner
Sicht keineswegs gescheitert ist
Die Republikaner sieht der
Ex-Präsident bereits seit Langem
als Problemfall für das Land
Ein Star weltweit: Porträt von Barack Obama, gestaltet vom Street-Art-Künstler Bankslave in Nairobi, Kenia, 2015. Obamas Vater stammt aus Kenia.
Foto: Ben Curtis/AP
Barack Obama:
Ein verheißenes Land. Übersetzt von Sylvia Bieker, Harriet Fricke, Stephan Gebauer, Stephan Kleiner, Elke Link, Thorsten Schmidt und Henriette Zeltner-Shane. Penguin-Verlag,
München, 2020.
1024 Seiten, 42 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2020Vorwärts in die Vergangenheit
Barack Obamas Memoiren - Brandaktuelle Erinnerungen an ein verblichenes Zeitalter
Lange bevor Barack Obama Berufspolitiker wurde, war er Bestseller-Autor. Sein Buch "Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie", 1995 im Original erschienen, wurde in 24 Sprachen übersetzt und verkaufte sich millionenfach. Der "Guardian" nannte es später das "mit Abstand ehrlichste, mutigste und ehrgeizigste Buch eines wichtigen amerikanischen Politikers in den vergangenen 50 Jahren", "Time" die "bestgeschriebenen Memoiren, die ein amerikanischer Politiker je produziert hat". Selbst Philip Roth, der größte amerikanische Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, fand es "sehr überzeugend und unvergesslich". Die Audio-Version, vom Autor gesprochen, brachte ihm 2006 einen Grammy ein, die höchste Auszeichnung der Musikindustrie.
Die Erwartungen an seine Erinnerungen sind also gewaltig - auch für den Verlag Penguin Random House: 2017 ersteigerte er die Rechte an den Memoiren von Barack Obama und seiner Frau Michelle für 65 Millionen Dollar. Bei der ehemaligen First Lady erwies sich das als Schnäppchen: Ihre Autobiographie "Becoming" verkaufte sich weltweit 14 Millionen Mal. Die ihres Mannes dürfte nicht hinter diesen Zahlen zurückbleiben. Die Startauflage von "Ein verheißenes Land" ist einem Polit-Rockstar mit 215 Millionen Followern in den sozialen Medien angemessen: 5,5 Millionen Exemplare in 25 Sprachen, davon 300 000 auf Deutsch. Kramer's, Washingtons legendäre Buchhandlung am Dupont Circle, öffnete am 17. November, dem globalen ersten Verkaufstag, schon um Mitternacht, um seine Kunden nicht bis Sonnenaufgang warten zu lassen. Das erinnerte mehr an den Hype um einen neuen Harry-Potter-Band als an einen Politikschmöker. Die Schwerkraft des Buchstarts war so enorm, dass die britische Booker-Jury ihre jährliche Preisverleihung um zwei Tage auf den 19. November verschob.
Im Gegensatz zu seiner Frau beschäftigte der ehemalige Präsident keinen Ghostwriter, sondern schrieb selbst per Hand auf gelbe Notizblöcke. Die Folge: Statt des geplanten einen Buchs mit 500 Seiten, das er innerhalb von zwölf Monaten fertigstellen wollte, werden es zwei Bände. Der erste mit mehr 750 Seiten (1000 in der deutschen Übersetzung) kam mit zweieinhalbjähriger Verspätung auf den Markt. Er umfasst Obamas politisches Erwachen als Student, seine frühen Wahlkämpfe in Illinois, seine Präsidentschaftskandidatur und seine ersten drei Amtsjahre. Das Buch schließt 2011 mit einem Treffen mit dem SEAL-Team, einer Spezialeinheit der Navy, die Usama Bin Ladin in Pakistan zur Strecke gebracht hatte. Einen besseren Zeitpunkt für die Publikation hätte man schwerlich finden können. In seinen Jahren im Weißen Haus hat Donald Trump Präsidentschaft und Demokratie schwer beschädigt. Obama mag Fehler begangen haben, sein distanzierter und zurückhaltender Charakter machten ihn zu einem wenig effektiven Parteiführer und Regierungschef. Doch im Gegensatz zum Amtsinhaber besaß er Würde, Eloquenz und Humor.
Präsidentenmemoiren sind meist Verkaufsschlager - und oft langweilig. Wenige stechen heraus, die Ulysses Grants etwa, der als General den Bürgerkrieg gewann und den Schwarzen im Süden ihre Rechte sicherte, oder die Dwight D. Eisenhowers, des Weltkriegssiegers und klugen Strategen. Obamas Erinnerungen haben viele, aber nicht alle von deren Vorzügen: Er ist ein glänzender Stilist, analysiert mit messerscharfem Verstand, reflektiert über seine Schwächen und nimmt sich bei alledem nicht allzu ernst. Immer wieder streut er freche Skizzen wichtiger amerikanischer Politiker und internationaler Staats- und Regierungschefs ein. Selbst für politische Gegner findet er faire Worte. Bei allen inhaltlichen Differenzen hält Obama seinen Vorgänger George W. Bush für "geradlinig, entwaffnend und selbstironisch", seinen republikanischen Rivalen ums Präsidentenamt John McCain für "grundanständig".
An Angela Merkel schätzt er die "stoische Art" und ihr "nüchtern-analytisches Bewusstsein", während er Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy als "Inbegriff von Gefühlsausbrüchen und übertriebener Rhetorik" wahrnimmt. Seine galligsten Worte reserviert Obama für Wladimir Putin: Er sei Chef von etwas, "das ebenso einem kriminellen Syndikat ähnelte wie einer klassischen Regierung". Mit Wonne erzählt er, wie er am Ende der Kopenhagener Klimakonferenz 2009 in ein Treffen von Chinas Premier Wen Jiabao platzte und drohte, ihn vor versammelter Weltpresse für das Scheitern des Gipfels verantwortlich zu machen, falls er nicht einlenke - was dieser prompt tat.
Zwischen seine oft professoral ausladenden Politikanalysen streut Obama Amuse-Bouches, die den Leser bei all den schweren Gedankengängen mit kurzweiligen Leckerbissen verwöhnen. Als ihn sein Wahlkampfmanager David Axelrod erstmals den (später epochalen) Slogan "Yes, we can" in einem TV-Spot sagen lässt, findet Obama das kitschig. Erst Michelle überzeugt ihn vom Gegenteil. Den saudischen König fragt Obama, wie er denn mit zwölf Ehefrauen zurechtkommt. Die Antwort: "Sehr schlecht. . . . Es ist komplizierter als die Politik im Nahen Osten." Seine schärfste Konkurrentin im Vorwahlkampf, Hillary Clinton, respektiert Obama über alle Maßen, bietet ihr aber 2008 den Job als Vize nicht an, weil sie Bill und damit einen ehemaligen Präsidenten als Gepäck mitbrächte.
Woran es dem Buch, gerade im innenpolitischen Teil, mangelt, ist das, was auch Obamas Präsidentschaft abging: Emotion, Kampfeslust, Zuspitzung, heiliger Zorn ob der Obstruktionspolitik der Republikaner. Da wünscht man sich etwas von dem rohen Politikverständnis eines Lyndon B. Johnson, oder, o je, vom Feuer und Seelen-Striptease eines Trump. Über Obamas innerste Antriebskräfte erfährt der Leser wenig, eine echte Selbstoffenbarung, die große Memoiren auszeichnet, bietet er selten. Das hat wohl mit seiner introvertierten Persönlichkeit zu tun, ist aber politisch erklärbar: Als erster schwarzer Präsident ist er sich unausgesprochen bewusst, dass er mehr an Ton, Auftreten und Stil gemessen wird als seine Vorgänger. Brandreden und Frontalangriffe wären ihm - wie auch einer Frau - kaum vergeben worden, nicht im Amt und nicht in den Erinnerungen.
Selbst bei aller vornehmen Zurückhaltung blieb der politische Rückschlag nicht aus: So offenkundig Obamas Präsidentschaft einen Markstein für ein junges, buntes Amerika setzte, so wütend formierte sich zugleich der Widerstand dagegen, vor allem bei schlechter ausgebildeten älteren Weißen. Am wahrsten und düstersten sind folgende Zeilen: "Es war, als hätte meine Gegenwart im Weißen Haus eine tief verwurzelte Angst geweckt, als glaubten meine Gegner, die natürliche Ordnung der Dinge löse sich auf." Trump befeuerte "hemmungslos" diese Ängste "vor einem Schwarzen Mann" und versprach Millionen Amerikanern "ein Elixier zur Behandlung ihrer ethnischen Ängste". Ob die Geschwulst des Rassismus von der Person herausgeschnitten werden kann, die Obama am wärmsten würdigt? Vielleicht schon: Joe Biden hält er für beschlagen, pragmatisch, anständig und ehrlich und damit für genau das, was dem Land in den vergangenen vier Jahren so sehr fehlte.
STEPHAN BIELRING
Barack Obama: Ein verheißenes Land.
Penguin Books Deutschland, München 2020. 1024 S., 42,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Barack Obamas Memoiren - Brandaktuelle Erinnerungen an ein verblichenes Zeitalter
Lange bevor Barack Obama Berufspolitiker wurde, war er Bestseller-Autor. Sein Buch "Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie", 1995 im Original erschienen, wurde in 24 Sprachen übersetzt und verkaufte sich millionenfach. Der "Guardian" nannte es später das "mit Abstand ehrlichste, mutigste und ehrgeizigste Buch eines wichtigen amerikanischen Politikers in den vergangenen 50 Jahren", "Time" die "bestgeschriebenen Memoiren, die ein amerikanischer Politiker je produziert hat". Selbst Philip Roth, der größte amerikanische Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, fand es "sehr überzeugend und unvergesslich". Die Audio-Version, vom Autor gesprochen, brachte ihm 2006 einen Grammy ein, die höchste Auszeichnung der Musikindustrie.
Die Erwartungen an seine Erinnerungen sind also gewaltig - auch für den Verlag Penguin Random House: 2017 ersteigerte er die Rechte an den Memoiren von Barack Obama und seiner Frau Michelle für 65 Millionen Dollar. Bei der ehemaligen First Lady erwies sich das als Schnäppchen: Ihre Autobiographie "Becoming" verkaufte sich weltweit 14 Millionen Mal. Die ihres Mannes dürfte nicht hinter diesen Zahlen zurückbleiben. Die Startauflage von "Ein verheißenes Land" ist einem Polit-Rockstar mit 215 Millionen Followern in den sozialen Medien angemessen: 5,5 Millionen Exemplare in 25 Sprachen, davon 300 000 auf Deutsch. Kramer's, Washingtons legendäre Buchhandlung am Dupont Circle, öffnete am 17. November, dem globalen ersten Verkaufstag, schon um Mitternacht, um seine Kunden nicht bis Sonnenaufgang warten zu lassen. Das erinnerte mehr an den Hype um einen neuen Harry-Potter-Band als an einen Politikschmöker. Die Schwerkraft des Buchstarts war so enorm, dass die britische Booker-Jury ihre jährliche Preisverleihung um zwei Tage auf den 19. November verschob.
Im Gegensatz zu seiner Frau beschäftigte der ehemalige Präsident keinen Ghostwriter, sondern schrieb selbst per Hand auf gelbe Notizblöcke. Die Folge: Statt des geplanten einen Buchs mit 500 Seiten, das er innerhalb von zwölf Monaten fertigstellen wollte, werden es zwei Bände. Der erste mit mehr 750 Seiten (1000 in der deutschen Übersetzung) kam mit zweieinhalbjähriger Verspätung auf den Markt. Er umfasst Obamas politisches Erwachen als Student, seine frühen Wahlkämpfe in Illinois, seine Präsidentschaftskandidatur und seine ersten drei Amtsjahre. Das Buch schließt 2011 mit einem Treffen mit dem SEAL-Team, einer Spezialeinheit der Navy, die Usama Bin Ladin in Pakistan zur Strecke gebracht hatte. Einen besseren Zeitpunkt für die Publikation hätte man schwerlich finden können. In seinen Jahren im Weißen Haus hat Donald Trump Präsidentschaft und Demokratie schwer beschädigt. Obama mag Fehler begangen haben, sein distanzierter und zurückhaltender Charakter machten ihn zu einem wenig effektiven Parteiführer und Regierungschef. Doch im Gegensatz zum Amtsinhaber besaß er Würde, Eloquenz und Humor.
Präsidentenmemoiren sind meist Verkaufsschlager - und oft langweilig. Wenige stechen heraus, die Ulysses Grants etwa, der als General den Bürgerkrieg gewann und den Schwarzen im Süden ihre Rechte sicherte, oder die Dwight D. Eisenhowers, des Weltkriegssiegers und klugen Strategen. Obamas Erinnerungen haben viele, aber nicht alle von deren Vorzügen: Er ist ein glänzender Stilist, analysiert mit messerscharfem Verstand, reflektiert über seine Schwächen und nimmt sich bei alledem nicht allzu ernst. Immer wieder streut er freche Skizzen wichtiger amerikanischer Politiker und internationaler Staats- und Regierungschefs ein. Selbst für politische Gegner findet er faire Worte. Bei allen inhaltlichen Differenzen hält Obama seinen Vorgänger George W. Bush für "geradlinig, entwaffnend und selbstironisch", seinen republikanischen Rivalen ums Präsidentenamt John McCain für "grundanständig".
An Angela Merkel schätzt er die "stoische Art" und ihr "nüchtern-analytisches Bewusstsein", während er Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy als "Inbegriff von Gefühlsausbrüchen und übertriebener Rhetorik" wahrnimmt. Seine galligsten Worte reserviert Obama für Wladimir Putin: Er sei Chef von etwas, "das ebenso einem kriminellen Syndikat ähnelte wie einer klassischen Regierung". Mit Wonne erzählt er, wie er am Ende der Kopenhagener Klimakonferenz 2009 in ein Treffen von Chinas Premier Wen Jiabao platzte und drohte, ihn vor versammelter Weltpresse für das Scheitern des Gipfels verantwortlich zu machen, falls er nicht einlenke - was dieser prompt tat.
Zwischen seine oft professoral ausladenden Politikanalysen streut Obama Amuse-Bouches, die den Leser bei all den schweren Gedankengängen mit kurzweiligen Leckerbissen verwöhnen. Als ihn sein Wahlkampfmanager David Axelrod erstmals den (später epochalen) Slogan "Yes, we can" in einem TV-Spot sagen lässt, findet Obama das kitschig. Erst Michelle überzeugt ihn vom Gegenteil. Den saudischen König fragt Obama, wie er denn mit zwölf Ehefrauen zurechtkommt. Die Antwort: "Sehr schlecht. . . . Es ist komplizierter als die Politik im Nahen Osten." Seine schärfste Konkurrentin im Vorwahlkampf, Hillary Clinton, respektiert Obama über alle Maßen, bietet ihr aber 2008 den Job als Vize nicht an, weil sie Bill und damit einen ehemaligen Präsidenten als Gepäck mitbrächte.
Woran es dem Buch, gerade im innenpolitischen Teil, mangelt, ist das, was auch Obamas Präsidentschaft abging: Emotion, Kampfeslust, Zuspitzung, heiliger Zorn ob der Obstruktionspolitik der Republikaner. Da wünscht man sich etwas von dem rohen Politikverständnis eines Lyndon B. Johnson, oder, o je, vom Feuer und Seelen-Striptease eines Trump. Über Obamas innerste Antriebskräfte erfährt der Leser wenig, eine echte Selbstoffenbarung, die große Memoiren auszeichnet, bietet er selten. Das hat wohl mit seiner introvertierten Persönlichkeit zu tun, ist aber politisch erklärbar: Als erster schwarzer Präsident ist er sich unausgesprochen bewusst, dass er mehr an Ton, Auftreten und Stil gemessen wird als seine Vorgänger. Brandreden und Frontalangriffe wären ihm - wie auch einer Frau - kaum vergeben worden, nicht im Amt und nicht in den Erinnerungen.
Selbst bei aller vornehmen Zurückhaltung blieb der politische Rückschlag nicht aus: So offenkundig Obamas Präsidentschaft einen Markstein für ein junges, buntes Amerika setzte, so wütend formierte sich zugleich der Widerstand dagegen, vor allem bei schlechter ausgebildeten älteren Weißen. Am wahrsten und düstersten sind folgende Zeilen: "Es war, als hätte meine Gegenwart im Weißen Haus eine tief verwurzelte Angst geweckt, als glaubten meine Gegner, die natürliche Ordnung der Dinge löse sich auf." Trump befeuerte "hemmungslos" diese Ängste "vor einem Schwarzen Mann" und versprach Millionen Amerikanern "ein Elixier zur Behandlung ihrer ethnischen Ängste". Ob die Geschwulst des Rassismus von der Person herausgeschnitten werden kann, die Obama am wärmsten würdigt? Vielleicht schon: Joe Biden hält er für beschlagen, pragmatisch, anständig und ehrlich und damit für genau das, was dem Land in den vergangenen vier Jahren so sehr fehlte.
STEPHAN BIELRING
Barack Obama: Ein verheißenes Land.
Penguin Books Deutschland, München 2020. 1024 S., 42,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für Rezensent Stephan Bierling entspricht Barack Obama mit dem ersten nun auf Deutsch vorliegenden Teil seiner Memoiren durchaus den Erwartungen. Abgesehen von etwas zu viel Dezenz in Sachen Selbstoffenbarung und zu wenig Zornesröte findet Bierling das Buch für eine Präsidentenbiografie ungewöhnlich lesenswert. Obamas Studentenzeit, seine Kandidatur und die ersten drei Jahre im Weißen Haus erzählt der Autor stilistisch glänzend, mit scharfem Verstand und fairer Haltung auch gegenüber Gegnern, staunt der Rezensent. Die ein oder andere "professorale" politische Analyse wird durch "freche" Politikerporträts wettgemacht, so Bierling.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Obama schreibt sehr leichtfüßig, unangestrengt, immer wieder humorvoll. Ein uneitler, selbstkritischer Ton.« Deutschlandfunk Kultur "Lesart"