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Kimmo Joentaa, junger Kommissar in Turku, hat gerade seine Frau Sanaa durch Krebs verloren. Wie in Tranceversucht er, sein gewohntes Leben wieder aufzunehmen, als die Leiche einer ermordeten Frau gefunden wird. Als er den Tatort betritt, glaubt er Sanaa vor sich zu sehen - sanft eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.
Die Tote bleibt nicht das einzige Opfer des unheimlichen Mörders - und je näher Kimmo ihm kommt, desto sichererspürt er, dass er und der Täter verwandte Seelen sind ...

Produktbeschreibung
Kimmo Joentaa, junger Kommissar in Turku, hat gerade seine Frau Sanaa durch Krebs verloren. Wie in Tranceversucht er, sein gewohntes Leben wieder aufzunehmen, als die Leiche einer ermordeten Frau gefunden wird. Als er den Tatort betritt, glaubt er Sanaa vor sich zu sehen - sanft eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.

Die Tote bleibt nicht das einzige Opfer des unheimlichen Mörders - und je näher Kimmo ihm kommt, desto sichererspürt er, dass er und der Täter verwandte Seelen sind ...
Autorenporträt
Jan Costin Wagner, Jahrgang 1972, lebt als freier Schriftsteller und Musiker bei Frankfurt am Main und in Finnland, seiner zweiten Heimat. Unlängst erschien seine erste Songwriter-CD. Seine Romane wurden vielfach ausgezeichnet (Deutscher Krimipreis, Nominierung zum Los Angeles Times Book Prize) und in 14 Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2003

Der Trick heißt Atmen
Ästhetisierung der Todeswelt: Jan Costin Wagners neuer Krimi

Daß am Anfang eines Kriminalromans der Tod eines Menschen steht, ist nichts Ungewöhnliches. Selten jedoch handelt es sich dabei um natürliche Todesfälle. Am Beginn von Jan Costin Wagners zweitem Roman "Eismond" stirbt Sanna Joentaa im Alter von nur fünfundzwanzig Jahren an der Hodgkinschen Krankheit, einer Form des Lymphdrüsenkrebses. Der Mann der jungen Architektin, auch nur ein paar Jahre älter, ist Kriminalpolizist in der südfinnischen Stadt Turku. Sein Beruf konfrontiert ihn immer wieder mit dem Tod, doch der private Schicksalsschlag verändert seine Wahrnehmung. Auf einmal erhält, was bisher dienstliche Routine war, einen existentiellen Bezug zum eigenen Leben: "Er spürte, daß etwas bevorstand, er wußte, es würde etwas sein, das er nicht kannte."

Auf diesen ersten Seiten, die schildern, wie Kimmo Joentaa das Sterben seiner Frau erlebt, ist zu spüren, daß hier der Tod ernster genommen wird, als das oft in Kriminalromanen der Fall ist. Er ist hier nicht nur ein Mittel, die Handlung in Gang zu setzen, sondern zentrales Thema. Die weiteren Todesfälle in diesem Buch sind dann allerdings Morde: Zwei Frauen und ein Mann werden im Schlaf erstickt. In einem weiteren Fall, der der Polizei verborgen bleibt, scheitert der Versuch. Von Beginn an läßt Wagner den Leser diese Morde beobachten, ja sogar in die Gedanken- und Gefühlswelt des Serienmörders blicken. Nach einem knappen Drittel des Buches kennt man auch seinen Namen. Spannung muß also auf andere Weise erzeugt werden als durch die Frage nach dem Täter. Vielmehr geht es um das Duell zwischen Verbrecher und Ermittler, in dem dieser freilich nicht durch Kampf, sondern nur aufgrund von Einfühlung erfolgreich sein kann: Wandel durch Annäherung. In den überwiegend ruhigen Fluß des Erzählens fügt Wagner immer wieder Reihen meist kurzer Sätze ein, die allesamt mit "er" beginnen. Was, sparsam eingesetzt, ein wirkungsvolles Stilmittel sein könnte, erscheint in dieser Häufung als bloße Manier.

Für seinen ersten Roman "Nachtfahrt" hat Wagner den Marlowe-Preis der deutschen Raymond-Chandler-Gesellschaft erhalten, mit der Begründung, er habe die Genregrenzen erweitert. In "Eismond" fällt hingegen vor allem auf, wie kreativ der Autor gerade typische Elemente der Tradition zu nutzen versteht. Das gilt vor allem für den alten Grundsatz, daß Täter und Detektiv irgendeine gemeinsame Basis haben müssen: Miss Marple ermittelt nicht gegen die Mafia, und Humphrey Bogart mußte, als er von Gangster- zu Detektivrollen wechselte, weder an seinem Darstellungsstil noch an der Hutmode etwas verändern. Wagner geht hier allerdings ungewöhnlich weit, indem er den Polizisten Joentaa geradezu eine Art Seelenverwandtschaft mit dem psychopathischen Mörder entdecken läßt, die gemeinsame Besessenheit beider vom Thema Tod.

Die Genregrenzen des Krimis aber sind heute ohnehin schon äußerst weit gesteckt, und die Versuche allzu restriktiver Definitionen scheitern am Praxistest wie einst der berühmte Versuch Richard Alewyns, eine strikte Trennung der Begriffe "Kriminal-" und "Detektivroman" zu etablieren: Jener erzähle die Geschichte eines Verbrechens, dieser hingegen die Geschichte der Aufklärung eines Verbrechens. Heutzutage erzählen die meisten Romane beides. Die "offene Täterführung", so der Fachbegriff, ermöglicht dabei frühzeitige Einblicke in das Seelenleben und die Denkstruktur des Mörders. Genau darin liegt aber in diesem Roman auch ein Problem: So glaubwürdig Wagner die Darstellung von Joentaas Seelenzustand gelingt, so sehr sind Zweifel angebracht, wenn er das gleiche bei dem psychopathischen Serienkiller versucht. Hier scheint er sich - literarisch durchaus legitim - eher an poetischen als an psychologischen Gesichtspunkten zu orientieren und verwendet eine Fülle von Metaphern, die den Mond, Farben und immer wieder das Atmen betreffen: Der Mörder inhaliert Töne und Bilder, Angst und Macht. Eine Entsprechung gibt es beim Ermittler, jedoch in abgeschwächter Form: Statt zu inhalieren, atmet er nur ein. Wenn Wagner sagt, er interessiere sich für die Täterseelen, meint er wohl eher deren Ästhetisierung. Die Wahrscheinlichkeit bleibt dabei auf der Strecke.

Wagner, Anfang dreißig, ist im Hessischen zu Hause, jedoch mit einer Finnin verheiratet und kennt Finnland zweifellos gut. Dennoch ist die Vermutung vielleicht nicht völlig abwegig, daß sein neuer Roman auch deshalb in Nordeuropa spielt, weil in der näheren Umgebung der derzeitige Lieblingskommissar der deutschen Leserschaft, der Schwede Kurt Wallander, ermittelt. Um die Verkaufszahlen eines Henning Mankell zu erreichen, hätte Wagner jedoch vermutlich noch einen Schritt weitergehen und sich etwa Janne Kontti Vaagnäärinen nennen müssen. Denn die Deutschen pflegen bestsellerwürdige Krimiautoren überall zu suchen, nur nicht im eigenen Land.

HARDY REICH

Jan Costin Wagner: "Eismond". Roman. Verlag Eichborn. Berlin, Berlin 2003. 308 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.08.2003

Eismond im Sommerloch
Die erstaunliche Karriere eines Kriminalromans
Frohe Kunde: Bei der Eichborn AG, einem Verlag, ist ein guter Kriminalroman erschienen. Gute Kriminalromane erscheinen immer und überall, so dass dieser Nachricht nichts Besonderes innewohnt. Noch nie wurde der Kunst des Krimischreibens ein dramatischer Niedergang nachgesagt, hier besteht kein Grund zu Sorge. Es gibt keine Versorgungsengpässe, keine Krimikrise. Die Menschen morden und sterben seitenweise und suchen die Mörder und finden sie.
Jan Costin Wagners Kriminalroman „Eismond” (Eichborn Verlag, Berlin 2003, 306 Seiten, 19,90 Euro) ist ein wohlkalkulierter Beitrag zum Genre in besonders kurzen Sätzen, mit besonders vielen Absätzen dazwischen. Das in den Sätzen Mitgeteilte scheint dadurch besonders kostbar. Es ist fast immer tief innerlich, und das Innerliche erscheint uns immer kostbar. Mit der Innerlichkeit in kurzen, von vielen Absätzen unterbrochenen Sätzen transportiert Wagner also umstandslos doppelte Kostbarkeit.
Nur selten in Berlin
Überhaupt ist das Buch schwer parfümiert und handelt sofort vom letzten aller Dinge, vom Tod und seiner Sinnlosigkeit, und hört bis zur letzten Seite nicht auf, davon zu handeln. Einem Kriminalroman mögen die kurzen Sätze dabei genügen, Literatur würde gelegentlich längere erfordern, auch den einen oder anderen Gedanken. Das Buch spielt in Finnland; der hohe Norden ist ein marktgängiger Krimi-Schauplatz, schön kalt auch und gruselig; am Ende erfriert der Mörder vor der Tür des Polizisten.
Der Autor Jan Costin Wagner ist kürzlich im Feuilleton einer Sonntagszeitung zum Messias erklärt worden, zu einem „erstaunlichen Gegenschriftsteller der Popliteratur”. Zum Beweis für die erstaunliche These wurde der Dichter schwarzgekleidet in seiner Wohnung vorgeführt, und bemerkt, dass er selten nach Berlin fahre und sein Buch vom Tod handele. Ein neuer Star am Autorenhimmel wurde so umstandslos im Hessischen geboren. Hier eine kleine Warnung, liebe Leser: Das ist totaler Quatsch. Jan Costin Wagners Buch wird als Literatur, also jenseits der Geschicklichkeit in der handwerklichen Anfertigung des hübschen Konstrukts, überhaupt nicht auffällig.
Der Illustrierten-Journalismus auf Zeitungspapier braucht Ereignisse, neue Trends, dann ihre Gegentrends, er braucht sympathische Helden, die er bei Bedarf selbst produziert, und er funktioniert in prächtiger Synergie mit den Marketingabteilungen der Kulturindustrie, die ihren Medienpartnern eifrig zuarbeiten. Literaturkritik findet hier nicht statt. Kritik ist dem Genre ganz und gar fremd; es strebt einen Gleichklang mit der Marketingwelt an, die es für die wirkliche hält und mit der es möglichst schick mitswingen will.
Autoren solcher Zeitungsporträts stehen unter Druck, ihre Geschichte den Redakteuren zu verkaufen. Mit Werbetexten geht das am besten. Mit ihren Objekten verschmelzend, werben sie in ihren Texten immer vor allem für sich selbst. Aber gleichzeitig apportieren sie der Kulturindustrie ein hübsches Marketingmoment. So haben alle was davon und waschen einander die Hände. Schaudernd denkt man hier noch einmal an jenen Augenblick der deutschen Literaturgeschichte, als ein Swinger-Rezensent im Magazin Stern über Benjamin Leberts Erstling „Crazy” schrieb: „So prägnant hat noch keiner das Drama Jugend auf den Punkt gebracht.” Adieu, Salinger, adieu Richard Hughes, farewell, ihr literarischen Legionen, die ihr mit einem Federstrich dem neuen Trend geopfert wurdet und seinem sympathischen Helden Lebert, der gerade wieder ein grottenschlechtes Buch geschrieben hat und deshalb naturgemäß überall porträtiert wird.
Jan Costin Wagners Buch ist viel besser als das journalistische Begleitprodukt, das den Autor darstellen soll: Es begeht keinen Etikettenschwindel. Es ist für nichts ein Symptom und steht für keinen neuen Trend. „Eismond” ist ein guter Kriminalroman, den man liest, schließt und vergisst. Genuss ohne Reue. Der kluge Konsument wartet auf die preiswertere Taschenbuchausgabe. Und so schließt sich das literarische Sommerloch.
ROBIN DETJE
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