Abgründiges Duell der toughen Kim Stone gegen eine manipulative Soziopathin
Die junge Ruth Willis wird eines Abends auf dem Heimweg von der Uni von Allan Harris auf einen Friedhof gezerrt, zusammengeschlagen und brutal vergewaltigt. Seit dieser Nacht, in der Ruth fast gestorben wäre, hat die
einst so vielversprechende Jura Studentin ihr Leben nicht wieder in den Griff bekommen. Auch Jahre…mehrAbgründiges Duell der toughen Kim Stone gegen eine manipulative Soziopathin
Die junge Ruth Willis wird eines Abends auf dem Heimweg von der Uni von Allan Harris auf einen Friedhof gezerrt, zusammengeschlagen und brutal vergewaltigt. Seit dieser Nacht, in der Ruth fast gestorben wäre, hat die einst so vielversprechende Jura Studentin ihr Leben nicht wieder in den Griff bekommen. Auch Jahre später ist sie immer noch gezeichnet von den schlimmen Erlebnissen. Da sieht sie eines Tages zufällig ihren Vergewaltiger aus einem Pub kommen, der doch eigentlich im Gefängnis sein sollte. Allan Harris wurde aber wegen guter Führung so vorzeitig entlassen, dass er nicht einmal die Hälfte seiner Haftstrafe zu verbüßen hatte. Diesen Schock verkraftet Ruth nicht und versucht sich das Leben zu nehmen. Das bringt ihr einen Gerichtsbeschluss ein, der sie zur Behandlung bei der Psychiaterin Dr. Alexandra Thorne verpflichtet. Ruth beginnt sich Alex gegenüber zu öffnen, als sie ihr vertraut. Doch begeht sie damit einen folgenschweren Fehler? Denn Alex verfolgt nur ihre eigenen Pläne.
Gnadenloses Spiel ist der zweite Band der Reihe um Detective Kim Stone, die im englischen Original bereits 16 Bücher umfasst. Davon sind bislang aber nur die ersten drei ins Deutsche übersetzt worden. Für mich ist dies der erste Krimi von Angela Marsons gewesen, den ich gelesen habe. Dabei konnte mich Kim gleich mit ihrem ersten starken Auftritt überzeugen. Vorgestellt wird die Detective nämlich in diesem Buch, als sie mit einer Einheit das Haus der Familie Dunn stürmt, da der Vater Leonard sich an seinen beiden Töchtern vergeht.
Kim hat mich mit ihrem Engagement für ihre Arbeit bei der Polizei, der sie sich ganz und gar verschrieben hat, beeindruckt. Sie gönnt weder sich selbst noch einem Mitglied ihres Teams einen nicht zwingend erforderlichen Moment der Ruhe, wenn jede Verzögerung bedeutet, dass zwei kleine Mädchen weiter zu leiden haben. Mit dieser Motivation treibt Kim sich selbst und jeden, der mit ihr arbeiten muss, voran. Dabei zählt für Kim jedes Opfer. Nicht nur unschuldige Kinder verdienen Gerechtigkeit, sondern auch ein brutaler Vergewaltiger, der seine Haftstrafe verbüßt hat. Denn ihre Opfer kann sie sich nicht aussuchen. Geprägt ist Kim von ihrer eigenen Vergangenheit und insbesondere ihrer Kindheit, die sie in verschiedenen Pflegefamilien verlebt hat, nachdem ihr kleiner Bruder im Alter von nur sechs Jahren verstorben ist.
Gnadenloses Spiel hält von Anfang an die Spannung auf einem hohen Level. Das beginnt mit der Razzia unter Leitung von Kim bei Familie Dunn, um nahtlos zur manipulativen Psychologin Dr. Alex Thorne überzugehen. So spannend wie abwechslungsreich erzählt Angela Marsons im Folgenden weiter aus Sicht von Kim, wie sie ihren Ermittlungen in verschiedenen Fällen nachgeht. Intensiv sind die Kapitel, die aus Sicht von Alex schildern, wie sie ihre dafür geeigneten Patienten manipuliert, um sie zu Gewaltausbrüchen zu provozieren und zu brutalen Taten anzustiften. Das Bild vervollständigt sich durch die Kapitel, die aus Sicht verschiedener Patienten von Alex geschrieben sind, die sie beeinflusst hat.
Die ungewöhnlichen Figuren sind dabei authentisch von Angela Marsons charakterisiert. Besonders mochte ich die Ecken und Kanten, die die Autorin ihrer Protagonistin Kim zugestanden hat. Aufgrund ihrer mangelnden sozialen Kompetenz tut Kim sich im Umgang mit anderen schwer. Für gewöhnlich gleicht ihr Partner Bryant etwa bei Befragungen von Zeugen Kims fehlende Manieren aus. Dafür ist Kim, die eine phänomenale Aufklärungsrate vorzuweisen hat, beeindruckend gut in ihrer Arbeit als Detective. In Dr. Alex Thorne hat sie da eine ebenbürtige Gegenerin gefunden. Alex, die so charmant und intelligent wie verlogen und manipulativ ist, ist jedes Mittel recht, um zu bekommen, was sie will. Alex ist der Stereotyp einer Soziopathin und dennoch von Angela Marsons so glaubwürdig zum Leben erweckt worden, dass es mir eiskalt den Rücken runtergelaufen ist, wenn die Autorin aus Sicht von Alex tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt gegeben hat, die so anders ist. Ihre Mitmenschen benutzt Alex wie Schachfiguren, die sie nach Belieben manipuliert und nach Gebrauch wegwirft. Sie baut dabei keine emotionale Bindung auf, sondern beurteilt andere nur nach ihrem Unterhaltungswert oder ihrer Nützlichkeit, um sie dann zu ihrem Vorteil auszunutzen. Unheimlich fand ich etwa, wie Alex sämtliche Emotionen, die sie anderen zeigt, nur vorspielt, nachdem sie gelernt hat diese zu imitieren.
Die Auflösung dieses Thrillers, die ich so größtenteils habe kommen sehen, konnte mich dennoch überzeugen. Denn Angela Marsons hat damit das intensive Drama um die Familie Dunn, aber auch das spannende Duell zwischen Detective Kim und Soziopathin Alex konsequent zu Ende erzählt, für deren Showdown sie eine atmosphärische Kulisse gefunden hat. Die anderen Bände dieser Reihe lese ich bestimmt und hoffe, dass noch weitere davon ins Deutsche übersetzt werden.