Produktdetails
- Verlag: Sony Music Entertainment
- Anzahl: 1 Audio CD
- Erscheinungstermin: 24. Februar 1992
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 4007192626786
- Artikelnr.: 08248546
CD | |||
1 | Ouvertüre | 00:00:24 | |
2 | Der Grossbrand | 00:04:30 | |
3 | Harfenstückl | 00:00:43 | |
4 | Geburtstagsgrüsse | 00:05:40 | |
5 | So, Aha, Jaja | 00:00:28 | |
6 | Eine Invitation | 00:02:23 | |
7 | Halbe Zwoa | 00:00:26 | |
8 | Der Neue Mieter | 00:03:50 | |
9 | Grüass Gott | 00:00:23 | |
10 | Brotzeitmarsch | 00:00:23 | |
11 | Katastrophen | 00:04:02 | |
12 | Stimmungsmusi | 00:00:56 | |
13 | Zukunftsaussichten | 00:03:23 | |
14 | Einfacher Zwiefacher | 00:01:01 | |
15 | Advent | 00:04:43 | |
16 | Das Raucherbein | 00:00:33 | |
17 | Ausgehvorbereitungen | 00:03:23 | |
18 | Finale | 00:00:31 |
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2012Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Bibliothek des Humors 20
Das grausig
Heitere
Gerhard Polt:
„Fast wia im richtigen Leben“
Wenn sie bei Würdigungen mit den regulären Mitteln nicht mehr weiterkommen, greifen die Leute ja gern zu diesen seltsamen, nach allgemeinem Dafürhalten ehrenden Gleichsetzungen: dass Martin Walser der Goethe unserer Tage sei oder Peter Sloterdijk der wiedergeborene Diogenes, beide natürlich mutatis mutandis. Gesetzt nun den Fall, man wollte Gerhard Polt in eine irgendwie erhellende Ahnenreihe stellen und würde ihn deswegen den Karl Valentin der Jetztzeit nennen: Wäre dann Gisela Schneeberger seine Liesl Karlstadt? Wahrscheinlich, wenngleich nur mutatis mutandis, also eher doch nicht.
Was aber wäre unter dieser Vorgabe Hanns Christian Müller? Um das zu klären, müssen wir die Erblinie Karl Valentin verlassen und auf Goethe zurückgreifen, das heißt: nicht auf den Dichter als solchen, wohl aber auf ihn als Hälfte des Tandems Goethe/Schiller, das man auch als „Die Dioskuren von Weimar“ bezeichnet hat. Polt und Müller sind respektive waren auch so ein Gespann – die Dioskuren von der Amalienstraße in der Münchner Maxvorstadt, wenn man so will, und es wird dem Fleiß künftiger Doktoranden vorbehalten bleiben zu klären, was von all dem Schönen letztlich auf wessen Mist gewachsen ist.
Ob die saubere Trennung der schöpferischen Sphären gelingt, ist für unser Vergnügen unerheblich. Dank der Bühnenpräsenz Polts hat man sich damit abgefunden, dass Polt auch als der eigentliche Autor angesehen wird – eine in genialischen Kooperativen gängige Ungerechtigkeit. Wenn also in der Polt-Anthologie „Fast wia im richtigen Leben“ die Unterzeile verrät, die Geschichten seien „in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller“ entstanden, so weiß, wer diesen kreativen Brausekopf kennt, dass ein Großteil der Rohmaterie von ihm in die Welt gesetzt und dann an dem, mit Verlaub, Urgestein Polt so lange zurechtgeschliffen wurde, bis die Gaudi rund war.
Wobei das mit der Gaudi so eine Sache ist: Wer auf den ominösen „goldenen Humor“ aus ist, wäre von den knapp fünfzig Monologen und Szenen enttäuscht. Das grausig Heitere entwickelt sich darin in aller Gemütsruhe, mit jener fast pomadigen Gemächlichkeit, die zu Gerhard Polt gehört wie die grob gestrickten Westen, die er auf der Bühne einer Rüstung gleich zu tragen pflegt. Hinter diesen Fassaden – der Gemütsruhe wie der Strickjacke – ist dann aber eine ganz eigene Welt zu besichtigen, beispielsweise durch die Brille des Pförtners Heinz Heubl, dessen Steckenpferd das Sammeln von Schlachten ist und der die Geschichte anhand dieser Schlachten recht plastisch erklärt. Freilich, sagt er, „eine Schlacht im klassischen Sinne, des gibt’s ja heuzutag gar nimmer, heut gibt’s ja nur noch mehr so Massaker in der ganzen Welt“. Und was unternimmt einer wie Heubl dagegen? Die Massaker, sagt er, „de sammel i net“. So schön kann die Welt sein.
HERMANN UNTERSTÖGER
Gerhard Polt. Foto: SZ-Photo
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Bibliothek des Humors 20
Das grausig
Heitere
Gerhard Polt:
„Fast wia im richtigen Leben“
Wenn sie bei Würdigungen mit den regulären Mitteln nicht mehr weiterkommen, greifen die Leute ja gern zu diesen seltsamen, nach allgemeinem Dafürhalten ehrenden Gleichsetzungen: dass Martin Walser der Goethe unserer Tage sei oder Peter Sloterdijk der wiedergeborene Diogenes, beide natürlich mutatis mutandis. Gesetzt nun den Fall, man wollte Gerhard Polt in eine irgendwie erhellende Ahnenreihe stellen und würde ihn deswegen den Karl Valentin der Jetztzeit nennen: Wäre dann Gisela Schneeberger seine Liesl Karlstadt? Wahrscheinlich, wenngleich nur mutatis mutandis, also eher doch nicht.
Was aber wäre unter dieser Vorgabe Hanns Christian Müller? Um das zu klären, müssen wir die Erblinie Karl Valentin verlassen und auf Goethe zurückgreifen, das heißt: nicht auf den Dichter als solchen, wohl aber auf ihn als Hälfte des Tandems Goethe/Schiller, das man auch als „Die Dioskuren von Weimar“ bezeichnet hat. Polt und Müller sind respektive waren auch so ein Gespann – die Dioskuren von der Amalienstraße in der Münchner Maxvorstadt, wenn man so will, und es wird dem Fleiß künftiger Doktoranden vorbehalten bleiben zu klären, was von all dem Schönen letztlich auf wessen Mist gewachsen ist.
Ob die saubere Trennung der schöpferischen Sphären gelingt, ist für unser Vergnügen unerheblich. Dank der Bühnenpräsenz Polts hat man sich damit abgefunden, dass Polt auch als der eigentliche Autor angesehen wird – eine in genialischen Kooperativen gängige Ungerechtigkeit. Wenn also in der Polt-Anthologie „Fast wia im richtigen Leben“ die Unterzeile verrät, die Geschichten seien „in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller“ entstanden, so weiß, wer diesen kreativen Brausekopf kennt, dass ein Großteil der Rohmaterie von ihm in die Welt gesetzt und dann an dem, mit Verlaub, Urgestein Polt so lange zurechtgeschliffen wurde, bis die Gaudi rund war.
Wobei das mit der Gaudi so eine Sache ist: Wer auf den ominösen „goldenen Humor“ aus ist, wäre von den knapp fünfzig Monologen und Szenen enttäuscht. Das grausig Heitere entwickelt sich darin in aller Gemütsruhe, mit jener fast pomadigen Gemächlichkeit, die zu Gerhard Polt gehört wie die grob gestrickten Westen, die er auf der Bühne einer Rüstung gleich zu tragen pflegt. Hinter diesen Fassaden – der Gemütsruhe wie der Strickjacke – ist dann aber eine ganz eigene Welt zu besichtigen, beispielsweise durch die Brille des Pförtners Heinz Heubl, dessen Steckenpferd das Sammeln von Schlachten ist und der die Geschichte anhand dieser Schlachten recht plastisch erklärt. Freilich, sagt er, „eine Schlacht im klassischen Sinne, des gibt’s ja heuzutag gar nimmer, heut gibt’s ja nur noch mehr so Massaker in der ganzen Welt“. Und was unternimmt einer wie Heubl dagegen? Die Massaker, sagt er, „de sammel i net“. So schön kann die Welt sein.
HERMANN UNTERSTÖGER
Gerhard Polt. Foto: SZ-Photo
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de