Der Roman der Stunde vom britischen Großmeister
Nat hat seine besten Jahre als Spion hinter sich. Gerade ist er nach London zu seiner Frau zurückgekehrt, da wird ihm ein letzter großer Auftrag erteilt. Zur Erholung spielt Nat montags Badminton, seit neuestem gegen Ed, einen jungen Mann, der den Brexit hasst, Trump hasst, auch seine Arbeit in einer seelenlos gewordenen Medienagentur. Und ausgerechnet Ed fordert Nat auch außerhalb des Spielfelds heraus und zwingt ihn, seine Haltung gegenüber dem eigenen Land und seinem bisherigen Leben infrage zu stellen. Und eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen, die für alle Konsequenzen haben wird. John le Carré erweist sich einmal mehr in der Wahl seiner Geschichte und ihrer Protagonisten als hellsichtig und klug, als ein großartiger Chronist unserer Zeit.
"Niemand sonst benennt - schonungslos gegenüber Politikern und unglaublich faszinierend für seine Leser - die offenen und gut gehüteten Geheimnisse unsere Zeit so klar wieJohn le Carré." The Guardian
"Kein Autor vermag es wie le Carré, das höfliche Gespräch zweier Menschen, die an einem Tisch sitzen, in ein hochgefährliches Spiel zu verwandeln." The Daily Telegraph
Nat hat seine besten Jahre als Spion hinter sich. Gerade ist er nach London zu seiner Frau zurückgekehrt, da wird ihm ein letzter großer Auftrag erteilt. Zur Erholung spielt Nat montags Badminton, seit neuestem gegen Ed, einen jungen Mann, der den Brexit hasst, Trump hasst, auch seine Arbeit in einer seelenlos gewordenen Medienagentur. Und ausgerechnet Ed fordert Nat auch außerhalb des Spielfelds heraus und zwingt ihn, seine Haltung gegenüber dem eigenen Land und seinem bisherigen Leben infrage zu stellen. Und eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen, die für alle Konsequenzen haben wird. John le Carré erweist sich einmal mehr in der Wahl seiner Geschichte und ihrer Protagonisten als hellsichtig und klug, als ein großartiger Chronist unserer Zeit.
"Niemand sonst benennt - schonungslos gegenüber Politikern und unglaublich faszinierend für seine Leser - die offenen und gut gehüteten Geheimnisse unsere Zeit so klar wieJohn le Carré." The Guardian
"Kein Autor vermag es wie le Carré, das höfliche Gespräch zweier Menschen, die an einem Tisch sitzen, in ein hochgefährliches Spiel zu verwandeln." The Daily Telegraph
CD 1 | |||
1 | Federball - Teil 1 | ||
2 | Federball - Teil 2 | ||
3 | Federball - Teil 3 | ||
4 | Federball - Teil 4 | ||
5 | Federball - Teil 5 | ||
6 | Federball - Teil 6 | ||
7 | Federball - Teil 7 | ||
8 | Federball - Teil 8 | ||
9 | Federball - Teil 9 | ||
10 | Federball - Teil 10 | ||
11 | Federball - Teil 11 | ||
12 | Federball - Teil 12 | ||
13 | Federball - Teil 13 | ||
14 | Federball - Teil 14 | ||
15 | Federball - Teil 15 | ||
16 | Federball - Teil 16 | ||
17 | Federball - Teil 17 | ||
18 | Federball - Teil 18 | ||
19 | Federball - Teil 19 | ||
CD 2 | |||
1 | Federball - Teil 20 | ||
2 | Federball - Teil 21 | ||
3 | Federball - Teil 22 | ||
4 | Federball - Teil 23 | ||
5 | Federball - Teil 24 | ||
6 | Federball - Teil 25 | ||
7 | Federball - Teil 26 | ||
8 | Federball - Teil 27 | ||
9 | Federball - Teil 28 | ||
10 | Federball - Teil 29 | ||
11 | Federball - Teil 30 | ||
12 | Federball - Teil 31 | ||
13 | Federball - Teil 32 | ||
14 | Federball - Teil 33 | ||
15 | Federball - Teil 34 | ||
CD 3 | |||
1 | Federball - Teil 35 | ||
2 | Federball - Teil 36 | ||
3 | Federball - Teil 37 | ||
4 | Federball - Teil 38 | ||
5 | Federball - Teil 39 | ||
6 | Federball - Teil 40 | ||
7 | Federball - Teil 41 | ||
8 | Federball - Teil 42 | ||
9 | Federball - Teil 43 | ||
10 | Federball - Teil 44 | ||
11 | Federball - Teil 45 | ||
12 | Federball - Teil 46 | ||
13 | Federball - Teil 47 | ||
14 | Federball - Teil 48 | ||
15 | Federball - Teil 49 | ||
16 | Federball - Teil 50 | ||
17 | Federball - Teil 51 | ||
18 | Federball - Teil 52 | ||
19 | Federball - Teil 53 | ||
CD 4 | |||
1 | Federball - Teil 54 | ||
2 | Federball - Teil 55 | ||
3 | Federball - Teil 56 | ||
4 | Federball - Teil 57 | ||
5 | Federball - Teil 58 | ||
6 | Federball - Teil 59 | ||
7 | Federball - Teil 60 | ||
8 | Federball - Teil 61 | ||
9 | Federball - Teil 62 | ||
10 | Federball - Teil 63 | ||
11 | Federball - Teil 64 | ||
12 | Federball - Teil 65 | ||
13 | Federball - Teil 66 | ||
14 | Federball - Teil 67 | ||
15 | Federball - Teil 68 | ||
16 | Federball - Teil 69 | ||
17 | Federball - Teil 70 | ||
CD 5 | |||
1 | Federball - Teil 71 | ||
2 | Federball - Teil 72 | ||
3 | Federball - Teil 73 | ||
4 | Federball - Teil 74 | ||
5 | Federball - Teil 75 | ||
6 | Federball - Teil 76 | ||
7 | Federball - Teil 77 | ||
8 | Federball - Teil 78 | ||
9 | Federball - Teil 79 | ||
10 | Federball - Teil 80 | ||
11 | Federball - Teil 81 | ||
12 | Federball - Teil 82 | ||
13 | Federball - Teil 83 | ||
14 | Federball - Teil 84 | ||
15 | Federball - Teil 85 | ||
16 | Federball - Teil 86 | ||
17 | Federball - Teil 87 | ||
18 | Federball - Teil 88 | ||
19 | Federball - Teil 89 | ||
CD 6 | |||
1 | Federball - Teil 90 | ||
2 | Federball - Teil 91 | ||
3 | Federball - Teil 92 | ||
4 | Federball - Teil 93 | ||
5 | Federball - Teil 94 | ||
6 | Federball - Teil 95 | ||
7 | Federball - Teil 96 | ||
8 | Federball - Teil 97 | ||
9 | Federball - Teil 98 | ||
10 | Federball - Teil 99 | ||
11 | Federball - Teil 100 | ||
12 | Federball - Teil 101 | ||
13 | Federball - Teil 102 | ||
14 | Federball - Teil 103 | ||
15 | Federball - Teil 104 | ||
16 | Federball - Teil 105 | ||
17 | Federball - Teil 106 | ||
18 | Federball - Teil 107 | ||
19 | Federball - Teil 108 | ||
20 | Federball - Teil 109 | ||
CD 7 | |||
1 | Federball - Teil 110 | ||
2 | Federball - Teil 111 | ||
3 | Federball - Teil 112 | ||
4 | Federball - Teil 113 | ||
5 | Federball - Teil 114 | ||
6 | Federball - Teil 115 | ||
7 | Federball - Teil 116 | ||
8 | Federball - Teil 117 | ||
9 | Federball - Teil 118 | ||
10 | Federball - Teil 119 | ||
11 | Federball - Teil 120 | ||
12 | Federball - Teil 121 | ||
13 | Federball - Teil 122 | ||
14 | Federball - Teil 123 | ||
15 | Federball - Teil 124 | ||
16 | Federball - Teil 125 | ||
17 | Federball - Teil 126 | ||
18 | Federball - Teil 127 | ||
19 | Federball - Teil 128 | ||
20 | Federball - Teil 129 | ||
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21 | Federball - Teil 130 | ||
CD 8 | |||
1 | Federball - Teil 131 | ||
2 | Federball - Teil 132 | ||
3 | Federball - Teil 133 | ||
4 | Federball - Teil 134 | ||
5 | Federball - Teil 135 | ||
6 | Federball - Teil 136 | ||
7 | Federball - Teil 137 | ||
8 | Federball - Teil 138 | ||
9 | Federball - Teil 139 | ||
10 | Federball - Teil 140 | ||
11 | Federball - Teil 141 | ||
12 | Federball - Teil 142 | ||
13 | Federball - Teil 143 | ||
14 | Federball - Teil 144 | ||
15 | Federball - Teil 145 | ||
16 | Federball - Teil 146 | ||
17 | Federball - Teil 147 | ||
18 | Federball - Teil 148 | ||
19 | Federball - Teil 149 | ||
20 | Federball - Teil 150 |
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.2019Der englische Patient im Delirium
In seinem neuen Roman "Federball" verarbeitet der britische Autor John le Carré das Trauma des Brexits. Sein Fazit ist bitter: An der Spitze des Landes steht ein Mann, der immer gewinnen will und alles verspielt.
LONDON, Ende Oktober
Anfang der sechziger Jahre, als John le Carré in Deutschland für den britischen Geheimdienst tätig war, lautete die offizielle Mission des als Diplomat getarnten Spions, die Unterstützung deutscher Politiker für das Gesuch Großbritanniens zu gewinnen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beizutreten. Sechzig Jahre später ist das innenpolitisch gelähmte Britannien mit seinem Austrittbegehren nun wieder in die Rolle des Bittstellers gerutscht, obgleich die Briten in der sarkastischen Beurteilung eines desillusionierten ehemaligem russischen Geheimdienstlers in le Carrés jüngstem Roman, "Federball", "die Nase oben" tragen und sich für "Superhelden" halten, weil sie meinen, all ihre Kriege ganz alleine gewonnen zu haben.
In der Zwischenzeit hat le Carré die Spitzeltätigkeit längst eingetauscht gegen den Beruf des Schriftstellers, der, wie er selbst einmal bemerkte, dasselbe "wache Auge für menschliche Verfehlungen und die vielen Wege zum Verrat" erfordert. Die Gewissheiten des Kalten Krieges sind der postkommunistischen Weltunordnung gewichen, und le Carré hat seine Stoffe den aktuellen Herausforderungen im Zeitalter der Globalisierung und Regionalisierung angepasst. Ob er sich mit erhobener Faust des Waffenhandels, der Geldwäscherei, den Machenschaften der Pharmaindustrie oder des islamischen Terrorismus annimmt, es sind immer die gleichen angeschlagenen Helden, die in der Schattenwelt der Geheimdienste mit gespaltenen Loyalitäten, kompromittierter Moral und doppelbödigen Identitäten ringen.
Dieses Mal dient le Carré der "blanke Irrsinn" des Brexits als Folie für seine beklemmend eindringliche Erkundung gebrochener Seelenlandschaften. Das Thema treibt den leidenschaftlichen Europäer buchstäblich auf die Barrikaden. Le Carré hat von der Unmöglichkeit gesprochen, gegenwärtig zu schreiben, ohne "von innen über den Zustand der Nation" zu reden. "Ich bin Teil davon. Es deprimiert mich. Ich schäme mich dessen und ich glaube, das vermittelt sich in dem Buch." Man könnte diese Aussage als Untertreibung bezeichnen. Le Carré beschriebt ein gespaltenes Land "in freiem Fall", das den roten Teppich ausrollt für einen amerikanischen Präsidenten, "der gekommen ist, um die schwer erkämpften Beziehungen zu Europa zu verhöhnen und die Premierministerin zu erniedrigen, die ihn eingeladen hat". London ist eine "niemals stillstehende Geldwaschanlage", in der die politische Elite mit korrupten Oligarchen verkehrt, die Brexiteere mit Spenden unterstützen. Je nach dem, welcher Figur der Autor das Wort gibt, wird das Land geführt von einem "Haufen postimperialer Nostalgiker, die nicht mal einen Obststand betreiben können", oder einem "zehntklassigen Minderheitskabinett der Tories" mit einem "verfluchten Narzissten von elitärem Eton-Absolventen" zum Außenminister, "der nicht eine einzige feste Überzeugung zu bieten hätte, mal abgesehen von seinem eigenen Fortkommen".
Le Carré behauptet zwar stets, dass seine Figuren nicht für ihn sprechen. In "Federball" legt er die extremsten Tiraden gegen den Zustand der Welt denn auch einem unmoralischen Russen und einem idealistischen proeuropäischen jungen Engländer in den Mund, mit dem der Hauptprotagonist regelmäßig Federball spielt. Doch deckt sich deren Verdruss mit den Aussagen, die le Carré anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches macht. Der "schauderhafte Außenminister" des Romans ist in der wirklichen Welt inzwischen an die Spitze der Regierung avanciert, gegen deren Brexit-Politik der Schriftsteller trotz seiner 88 Jahre demonstriert. Als ehemaliger Deutsch-Lehrer des Internats, das zwanzig Premierminister hervorgebracht hat, weiß le Carré, wovon er spricht, wenn er im Zusammenhang mit Boris Johnson ein von Eton vermittelte Eigenschaft kennzeichnet. Er habe ein Dutzend Schüler seiner Art unterrichtet, sagt le Carré. Eton mache etwas Außergewöhnliches. Es bringe den Eleven nicht das Regieren, sondern das Gewinnen bei. "Darum geht es." Dass diese Ausbildung bei einem von der Lust am Wettbewerb derart getriebenen Wesen wie Johnson auf besonders nahrhaften Boden gestoßen ist, muss le Carré gar nicht hervorheben. Es versteht sich von selbst.
In "Federball" wird die politische Lage aus dem Blickwinkel eines Ich-Erzählers referiert, der nach vielen Jahren der Agententätigkeit in ehemaligen Ostblockländern nach London zurückkehrt und die Beziehung zu seiner zu Hause gebliebenen Frau,, einer politisch engagierten Menschenrechtsanwältin, wieder aufbaut. Gleiches strebt er für seine Tochter an, die ihn mit der selbstgerechten Intoleranz Jugendlicher betrachtet.
Nat, wie le Carrés Protagonist heißt, ist zwar erst 47 Jahre alt, rechnet aber mit seiner Entlassung. Statt dessen wird er von der Zentrale an der Themse auf das Abstellgleis einer "Mülldeponie für umgesiedelte Überläufer ohne Wert und für fünftklassige Informanten auf dem absteigenden Ast" geschoben. Die heruntergekommene Nebenstelle liegt am anderen Ende der Stadt und trägt den euphemistischen Namen "Oase", dessen Ironie Nat in seinem Protokoll einer Kette von Ereignissen unterstreicht, die zu einem bereits früh angedeuteten "Fall" hinauslaufen. Das anfängliche Pianissimo schwillt unter der gekonnten Feder le Carrés zu einem Forte an, das Nat von den Nebengewässern in den Hauptstrom führt auf die Spur einer verdeckten angloamerikanischen Operation mit dem Ziel, die sozialdemokratischen Institutionen und die internationalen Handelsabkommen der Europäischen Union zu unterminieren, unter anderem durch die "massive Verbreitung von "Fake News". In diesem Szenario macht sich Britannien im Gegenzug für Freihandelszusagen nach dem Brexit zum Handlanger Trumps.
Trotz der Verschwörungstheorien und ungehaltener Ausbrüche gegen Trump, Putin und die Brexiteere spielt le Carré in diesem Alterswerk gekonnt auf der Klaviatur der psychologischen Befindlichkeiten von Figuren, die weniger Verräter sind, als dass ihre Ideale verraten worden seien von zynischen Strippenziehern im Zentrum der Macht.
Als Metapher für die Wesenszüge dieser Männer, die für ihr Land lügen, dient der Federballsport, der seinen schrullig und eigenbrötlerisch wirkenden Spielern "List, Geduld, Tempo und eine unmögliche Aufholjagd" abverlangt. Nichts entgeht dem geübten Agentenblick für das verräterische Detail sowie dem Gespür für die menschlichen Unzulänglichkeiten und dem Ohr für vielsagende sprachliche Nuancen, das in der von le Carré selbst mit seinem berühmten mimischem Talent vorgetragenen Hörbuchfassung noch deutlicher zur Geltung kommt. In der Anklage gegen den Ausverkauf des europäischen Ideals halten sich der Zorn über die Unmoral der Regierenden und die altersmelancholisch gefärbte Betrachtung der Komödie des Lebens die Waage.
GINA THOMAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In seinem neuen Roman "Federball" verarbeitet der britische Autor John le Carré das Trauma des Brexits. Sein Fazit ist bitter: An der Spitze des Landes steht ein Mann, der immer gewinnen will und alles verspielt.
LONDON, Ende Oktober
Anfang der sechziger Jahre, als John le Carré in Deutschland für den britischen Geheimdienst tätig war, lautete die offizielle Mission des als Diplomat getarnten Spions, die Unterstützung deutscher Politiker für das Gesuch Großbritanniens zu gewinnen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beizutreten. Sechzig Jahre später ist das innenpolitisch gelähmte Britannien mit seinem Austrittbegehren nun wieder in die Rolle des Bittstellers gerutscht, obgleich die Briten in der sarkastischen Beurteilung eines desillusionierten ehemaligem russischen Geheimdienstlers in le Carrés jüngstem Roman, "Federball", "die Nase oben" tragen und sich für "Superhelden" halten, weil sie meinen, all ihre Kriege ganz alleine gewonnen zu haben.
In der Zwischenzeit hat le Carré die Spitzeltätigkeit längst eingetauscht gegen den Beruf des Schriftstellers, der, wie er selbst einmal bemerkte, dasselbe "wache Auge für menschliche Verfehlungen und die vielen Wege zum Verrat" erfordert. Die Gewissheiten des Kalten Krieges sind der postkommunistischen Weltunordnung gewichen, und le Carré hat seine Stoffe den aktuellen Herausforderungen im Zeitalter der Globalisierung und Regionalisierung angepasst. Ob er sich mit erhobener Faust des Waffenhandels, der Geldwäscherei, den Machenschaften der Pharmaindustrie oder des islamischen Terrorismus annimmt, es sind immer die gleichen angeschlagenen Helden, die in der Schattenwelt der Geheimdienste mit gespaltenen Loyalitäten, kompromittierter Moral und doppelbödigen Identitäten ringen.
Dieses Mal dient le Carré der "blanke Irrsinn" des Brexits als Folie für seine beklemmend eindringliche Erkundung gebrochener Seelenlandschaften. Das Thema treibt den leidenschaftlichen Europäer buchstäblich auf die Barrikaden. Le Carré hat von der Unmöglichkeit gesprochen, gegenwärtig zu schreiben, ohne "von innen über den Zustand der Nation" zu reden. "Ich bin Teil davon. Es deprimiert mich. Ich schäme mich dessen und ich glaube, das vermittelt sich in dem Buch." Man könnte diese Aussage als Untertreibung bezeichnen. Le Carré beschriebt ein gespaltenes Land "in freiem Fall", das den roten Teppich ausrollt für einen amerikanischen Präsidenten, "der gekommen ist, um die schwer erkämpften Beziehungen zu Europa zu verhöhnen und die Premierministerin zu erniedrigen, die ihn eingeladen hat". London ist eine "niemals stillstehende Geldwaschanlage", in der die politische Elite mit korrupten Oligarchen verkehrt, die Brexiteere mit Spenden unterstützen. Je nach dem, welcher Figur der Autor das Wort gibt, wird das Land geführt von einem "Haufen postimperialer Nostalgiker, die nicht mal einen Obststand betreiben können", oder einem "zehntklassigen Minderheitskabinett der Tories" mit einem "verfluchten Narzissten von elitärem Eton-Absolventen" zum Außenminister, "der nicht eine einzige feste Überzeugung zu bieten hätte, mal abgesehen von seinem eigenen Fortkommen".
Le Carré behauptet zwar stets, dass seine Figuren nicht für ihn sprechen. In "Federball" legt er die extremsten Tiraden gegen den Zustand der Welt denn auch einem unmoralischen Russen und einem idealistischen proeuropäischen jungen Engländer in den Mund, mit dem der Hauptprotagonist regelmäßig Federball spielt. Doch deckt sich deren Verdruss mit den Aussagen, die le Carré anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches macht. Der "schauderhafte Außenminister" des Romans ist in der wirklichen Welt inzwischen an die Spitze der Regierung avanciert, gegen deren Brexit-Politik der Schriftsteller trotz seiner 88 Jahre demonstriert. Als ehemaliger Deutsch-Lehrer des Internats, das zwanzig Premierminister hervorgebracht hat, weiß le Carré, wovon er spricht, wenn er im Zusammenhang mit Boris Johnson ein von Eton vermittelte Eigenschaft kennzeichnet. Er habe ein Dutzend Schüler seiner Art unterrichtet, sagt le Carré. Eton mache etwas Außergewöhnliches. Es bringe den Eleven nicht das Regieren, sondern das Gewinnen bei. "Darum geht es." Dass diese Ausbildung bei einem von der Lust am Wettbewerb derart getriebenen Wesen wie Johnson auf besonders nahrhaften Boden gestoßen ist, muss le Carré gar nicht hervorheben. Es versteht sich von selbst.
In "Federball" wird die politische Lage aus dem Blickwinkel eines Ich-Erzählers referiert, der nach vielen Jahren der Agententätigkeit in ehemaligen Ostblockländern nach London zurückkehrt und die Beziehung zu seiner zu Hause gebliebenen Frau,, einer politisch engagierten Menschenrechtsanwältin, wieder aufbaut. Gleiches strebt er für seine Tochter an, die ihn mit der selbstgerechten Intoleranz Jugendlicher betrachtet.
Nat, wie le Carrés Protagonist heißt, ist zwar erst 47 Jahre alt, rechnet aber mit seiner Entlassung. Statt dessen wird er von der Zentrale an der Themse auf das Abstellgleis einer "Mülldeponie für umgesiedelte Überläufer ohne Wert und für fünftklassige Informanten auf dem absteigenden Ast" geschoben. Die heruntergekommene Nebenstelle liegt am anderen Ende der Stadt und trägt den euphemistischen Namen "Oase", dessen Ironie Nat in seinem Protokoll einer Kette von Ereignissen unterstreicht, die zu einem bereits früh angedeuteten "Fall" hinauslaufen. Das anfängliche Pianissimo schwillt unter der gekonnten Feder le Carrés zu einem Forte an, das Nat von den Nebengewässern in den Hauptstrom führt auf die Spur einer verdeckten angloamerikanischen Operation mit dem Ziel, die sozialdemokratischen Institutionen und die internationalen Handelsabkommen der Europäischen Union zu unterminieren, unter anderem durch die "massive Verbreitung von "Fake News". In diesem Szenario macht sich Britannien im Gegenzug für Freihandelszusagen nach dem Brexit zum Handlanger Trumps.
Trotz der Verschwörungstheorien und ungehaltener Ausbrüche gegen Trump, Putin und die Brexiteere spielt le Carré in diesem Alterswerk gekonnt auf der Klaviatur der psychologischen Befindlichkeiten von Figuren, die weniger Verräter sind, als dass ihre Ideale verraten worden seien von zynischen Strippenziehern im Zentrum der Macht.
Als Metapher für die Wesenszüge dieser Männer, die für ihr Land lügen, dient der Federballsport, der seinen schrullig und eigenbrötlerisch wirkenden Spielern "List, Geduld, Tempo und eine unmögliche Aufholjagd" abverlangt. Nichts entgeht dem geübten Agentenblick für das verräterische Detail sowie dem Gespür für die menschlichen Unzulänglichkeiten und dem Ohr für vielsagende sprachliche Nuancen, das in der von le Carré selbst mit seinem berühmten mimischem Talent vorgetragenen Hörbuchfassung noch deutlicher zur Geltung kommt. In der Anklage gegen den Ausverkauf des europäischen Ideals halten sich der Zorn über die Unmoral der Regierenden und die altersmelancholisch gefärbte Betrachtung der Komödie des Lebens die Waage.
GINA THOMAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der englische Patient im Delirium
In seinem neuen Roman "Federball" verarbeitet der britische Autor John le Carré das Trauma des Brexits. Sein Fazit ist bitter: An der Spitze des Landes steht ein Mann, der immer gewinnen will und alles verspielt.
LONDON, Ende Oktober
Anfang der sechziger Jahre, als John le Carré in Deutschland für den britischen Geheimdienst tätig war, lautete die offizielle Mission des als Diplomat getarnten Spions, die Unterstützung deutscher Politiker für das Gesuch Großbritanniens zu gewinnen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beizutreten. Sechzig Jahre später ist das innenpolitisch gelähmte Britannien mit seinem Austrittbegehren nun wieder in die Rolle des Bittstellers gerutscht, obgleich die Briten in der sarkastischen Beurteilung eines desillusionierten ehemaligem russischen Geheimdienstlers in le Carrés jüngstem Roman, "Federball", "die Nase oben" tragen und sich für "Superhelden" halten, weil sie meinen, all ihre Kriege ganz alleine gewonnen zu haben.
In der Zwischenzeit hat le Carré die Spitzeltätigkeit längst eingetauscht gegen den Beruf des Schriftstellers, der, wie er selbst einmal bemerkte, dasselbe "wache Auge für menschliche Verfehlungen und die vielen Wege zum Verrat" erfordert. Die Gewissheiten des Kalten Krieges sind der postkommunistischen Weltunordnung gewichen, und le Carré hat seine Stoffe den aktuellen Herausforderungen im Zeitalter der Globalisierung und Regionalisierung angepasst. Ob er sich mit erhobener Faust des Waffenhandels, der Geldwäscherei, den Machenschaften der Pharmaindustrie oder des islamischen Terrorismus annimmt, es sind immer die gleichen angeschlagenen Helden, die in der Schattenwelt der Geheimdienste mit gespaltenen Loyalitäten, kompromittierter Moral und doppelbödigen Identitäten ringen.
Dieses Mal dient le Carré der "blanke Irrsinn" des Brexits als Folie für seine beklemmend eindringliche Erkundung gebrochener Seelenlandschaften. Das Thema treibt den leidenschaftlichen Europäer buchstäblich auf die Barrikaden. Le Carré hat von der Unmöglichkeit gesprochen, gegenwärtig zu schreiben, ohne "von innen über den Zustand der Nation" zu reden. "Ich bin Teil davon. Es deprimiert mich. Ich schäme mich dessen und ich glaube, das vermittelt sich in dem Buch." Man könnte diese Aussage als Untertreibung bezeichnen. Le Carré beschriebt ein gespaltenes Land "in freiem Fall", das den roten Teppich ausrollt für einen amerikanischen Präsidenten, "der gekommen ist, um die schwer erkämpften Beziehungen zu Europa zu verhöhnen und die Premierministerin zu erniedrigen, die ihn eingeladen hat". London ist eine "niemals stillstehende Geldwaschanlage", in der die politische Elite mit korrupten Oligarchen verkehrt, die Brexiteere mit Spenden unterstützen. Je nach dem, welcher Figur der Autor das Wort gibt, wird das Land geführt von einem "Haufen postimperialer Nostalgiker, die nicht mal einen Obststand betreiben können", oder einem "zehntklassigen Minderheitskabinett der Tories" mit einem "verfluchten Narzissten von elitärem Eton-Absolventen" zum Außenminister, "der nicht eine einzige feste Überzeugung zu bieten hätte, mal abgesehen von seinem eigenen Fortkommen".
Le Carré behauptet zwar stets, dass seine Figuren nicht für ihn sprechen. In "Federball" legt er die extremsten Tiraden gegen den Zustand der Welt denn auch einem unmoralischen Russen und einem idealistischen proeuropäischen jungen Engländer in den Mund, mit dem der Hauptprotagonist regelmäßig Federball spielt. Doch deckt sich deren Verdruss mit den Aussagen, die le Carré anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches macht. Der "schauderhafte Außenminister" des Romans ist in der wirklichen Welt inzwischen an die Spitze der Regierung avanciert, gegen deren Brexit-Politik der Schriftsteller trotz seiner 88 Jahre demonstriert. Als ehemaliger Deutsch-Lehrer des Internats, das zwanzig Premierminister hervorgebracht hat, weiß le Carré, wovon er spricht, wenn er im Zusammenhang mit Boris Johnson ein von Eton vermittelte Eigenschaft kennzeichnet. Er habe ein Dutzend Schüler seiner Art unterrichtet, sagt le Carré. Eton mache etwas Außergewöhnliches. Es bringe den Eleven nicht das Regieren, sondern das Gewinnen bei. "Darum geht es." Dass diese Ausbildung bei einem von der Lust am Wettbewerb derart getriebenen Wesen wie Johnson auf besonders nahrhaften Boden gestoßen ist, muss le Carré gar nicht hervorheben. Es versteht sich von selbst.
In "Federball" wird die politische Lage aus dem Blickwinkel eines Ich-Erzählers referiert, der nach vielen Jahren der Agententätigkeit in ehemaligen Ostblockländern nach London zurückkehrt und die Beziehung zu seiner zu Hause gebliebenen Frau,, einer politisch engagierten Menschenrechtsanwältin, wieder aufbaut. Gleiches strebt er für seine Tochter an, die ihn mit der selbstgerechten Intoleranz Jugendlicher betrachtet.
Nat, wie le Carrés Protagonist heißt, ist zwar erst 47 Jahre alt, rechnet aber mit seiner Entlassung. Statt dessen wird er von der Zentrale an der Themse auf das Abstellgleis einer "Mülldeponie für umgesiedelte Überläufer ohne Wert und für fünftklassige Informanten auf dem absteigenden Ast" geschoben. Die heruntergekommene Nebenstelle liegt am anderen Ende der Stadt und trägt den euphemistischen Namen "Oase", dessen Ironie Nat in seinem Protokoll einer Kette von Ereignissen unterstreicht, die zu einem bereits früh angedeuteten "Fall" hinauslaufen. Das anfängliche Pianissimo schwillt unter der gekonnten Feder le Carrés zu einem Forte an, das Nat von den Nebengewässern in den Hauptstrom führt auf die Spur einer verdeckten angloamerikanischen Operation mit dem Ziel, die sozialdemokratischen Institutionen und die internationalen Handelsabkommen der Europäischen Union zu unterminieren, unter anderem durch die "massive Verbreitung von "Fake News". In diesem Szenario macht sich Britannien im Gegenzug für Freihandelszusagen nach dem Brexit zum Handlanger Trumps.
Trotz der Verschwörungstheorien und ungehaltener Ausbrüche gegen Trump, Putin und die Brexiteere spielt le Carré in diesem Alterswerk gekonnt auf der Klaviatur der psychologischen Befindlichkeiten von Figuren, die weniger Verräter sind, als dass ihre Ideale verraten worden seien von zynischen Strippenziehern im Zentrum der Macht.
Als Metapher für die Wesenszüge dieser Männer, die für ihr Land lügen, dient der Federballsport, der seinen schrullig und eigenbrötlerisch wirkenden Spielern "List, Geduld, Tempo und eine unmögliche Aufholjagd" abverlangt. Nichts entgeht dem geübten Agentenblick für das verräterische Detail sowie dem Gespür für die menschlichen Unzulänglichkeiten und dem Ohr für vielsagende sprachliche Nuancen, das in der von le Carré selbst mit seinem berühmten mimischem Talent vorgetragenen Hörbuchfassung noch deutlicher zur Geltung kommt. In der Anklage gegen den Ausverkauf des europäischen Ideals halten sich der Zorn über die Unmoral der Regierenden und die altersmelancholisch gefärbte Betrachtung der Komödie des Lebens die Waage.
GINA THOMAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In seinem neuen Roman "Federball" verarbeitet der britische Autor John le Carré das Trauma des Brexits. Sein Fazit ist bitter: An der Spitze des Landes steht ein Mann, der immer gewinnen will und alles verspielt.
LONDON, Ende Oktober
Anfang der sechziger Jahre, als John le Carré in Deutschland für den britischen Geheimdienst tätig war, lautete die offizielle Mission des als Diplomat getarnten Spions, die Unterstützung deutscher Politiker für das Gesuch Großbritanniens zu gewinnen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beizutreten. Sechzig Jahre später ist das innenpolitisch gelähmte Britannien mit seinem Austrittbegehren nun wieder in die Rolle des Bittstellers gerutscht, obgleich die Briten in der sarkastischen Beurteilung eines desillusionierten ehemaligem russischen Geheimdienstlers in le Carrés jüngstem Roman, "Federball", "die Nase oben" tragen und sich für "Superhelden" halten, weil sie meinen, all ihre Kriege ganz alleine gewonnen zu haben.
In der Zwischenzeit hat le Carré die Spitzeltätigkeit längst eingetauscht gegen den Beruf des Schriftstellers, der, wie er selbst einmal bemerkte, dasselbe "wache Auge für menschliche Verfehlungen und die vielen Wege zum Verrat" erfordert. Die Gewissheiten des Kalten Krieges sind der postkommunistischen Weltunordnung gewichen, und le Carré hat seine Stoffe den aktuellen Herausforderungen im Zeitalter der Globalisierung und Regionalisierung angepasst. Ob er sich mit erhobener Faust des Waffenhandels, der Geldwäscherei, den Machenschaften der Pharmaindustrie oder des islamischen Terrorismus annimmt, es sind immer die gleichen angeschlagenen Helden, die in der Schattenwelt der Geheimdienste mit gespaltenen Loyalitäten, kompromittierter Moral und doppelbödigen Identitäten ringen.
Dieses Mal dient le Carré der "blanke Irrsinn" des Brexits als Folie für seine beklemmend eindringliche Erkundung gebrochener Seelenlandschaften. Das Thema treibt den leidenschaftlichen Europäer buchstäblich auf die Barrikaden. Le Carré hat von der Unmöglichkeit gesprochen, gegenwärtig zu schreiben, ohne "von innen über den Zustand der Nation" zu reden. "Ich bin Teil davon. Es deprimiert mich. Ich schäme mich dessen und ich glaube, das vermittelt sich in dem Buch." Man könnte diese Aussage als Untertreibung bezeichnen. Le Carré beschriebt ein gespaltenes Land "in freiem Fall", das den roten Teppich ausrollt für einen amerikanischen Präsidenten, "der gekommen ist, um die schwer erkämpften Beziehungen zu Europa zu verhöhnen und die Premierministerin zu erniedrigen, die ihn eingeladen hat". London ist eine "niemals stillstehende Geldwaschanlage", in der die politische Elite mit korrupten Oligarchen verkehrt, die Brexiteere mit Spenden unterstützen. Je nach dem, welcher Figur der Autor das Wort gibt, wird das Land geführt von einem "Haufen postimperialer Nostalgiker, die nicht mal einen Obststand betreiben können", oder einem "zehntklassigen Minderheitskabinett der Tories" mit einem "verfluchten Narzissten von elitärem Eton-Absolventen" zum Außenminister, "der nicht eine einzige feste Überzeugung zu bieten hätte, mal abgesehen von seinem eigenen Fortkommen".
Le Carré behauptet zwar stets, dass seine Figuren nicht für ihn sprechen. In "Federball" legt er die extremsten Tiraden gegen den Zustand der Welt denn auch einem unmoralischen Russen und einem idealistischen proeuropäischen jungen Engländer in den Mund, mit dem der Hauptprotagonist regelmäßig Federball spielt. Doch deckt sich deren Verdruss mit den Aussagen, die le Carré anlässlich des Erscheinens seines neuen Buches macht. Der "schauderhafte Außenminister" des Romans ist in der wirklichen Welt inzwischen an die Spitze der Regierung avanciert, gegen deren Brexit-Politik der Schriftsteller trotz seiner 88 Jahre demonstriert. Als ehemaliger Deutsch-Lehrer des Internats, das zwanzig Premierminister hervorgebracht hat, weiß le Carré, wovon er spricht, wenn er im Zusammenhang mit Boris Johnson ein von Eton vermittelte Eigenschaft kennzeichnet. Er habe ein Dutzend Schüler seiner Art unterrichtet, sagt le Carré. Eton mache etwas Außergewöhnliches. Es bringe den Eleven nicht das Regieren, sondern das Gewinnen bei. "Darum geht es." Dass diese Ausbildung bei einem von der Lust am Wettbewerb derart getriebenen Wesen wie Johnson auf besonders nahrhaften Boden gestoßen ist, muss le Carré gar nicht hervorheben. Es versteht sich von selbst.
In "Federball" wird die politische Lage aus dem Blickwinkel eines Ich-Erzählers referiert, der nach vielen Jahren der Agententätigkeit in ehemaligen Ostblockländern nach London zurückkehrt und die Beziehung zu seiner zu Hause gebliebenen Frau,, einer politisch engagierten Menschenrechtsanwältin, wieder aufbaut. Gleiches strebt er für seine Tochter an, die ihn mit der selbstgerechten Intoleranz Jugendlicher betrachtet.
Nat, wie le Carrés Protagonist heißt, ist zwar erst 47 Jahre alt, rechnet aber mit seiner Entlassung. Statt dessen wird er von der Zentrale an der Themse auf das Abstellgleis einer "Mülldeponie für umgesiedelte Überläufer ohne Wert und für fünftklassige Informanten auf dem absteigenden Ast" geschoben. Die heruntergekommene Nebenstelle liegt am anderen Ende der Stadt und trägt den euphemistischen Namen "Oase", dessen Ironie Nat in seinem Protokoll einer Kette von Ereignissen unterstreicht, die zu einem bereits früh angedeuteten "Fall" hinauslaufen. Das anfängliche Pianissimo schwillt unter der gekonnten Feder le Carrés zu einem Forte an, das Nat von den Nebengewässern in den Hauptstrom führt auf die Spur einer verdeckten angloamerikanischen Operation mit dem Ziel, die sozialdemokratischen Institutionen und die internationalen Handelsabkommen der Europäischen Union zu unterminieren, unter anderem durch die "massive Verbreitung von "Fake News". In diesem Szenario macht sich Britannien im Gegenzug für Freihandelszusagen nach dem Brexit zum Handlanger Trumps.
Trotz der Verschwörungstheorien und ungehaltener Ausbrüche gegen Trump, Putin und die Brexiteere spielt le Carré in diesem Alterswerk gekonnt auf der Klaviatur der psychologischen Befindlichkeiten von Figuren, die weniger Verräter sind, als dass ihre Ideale verraten worden seien von zynischen Strippenziehern im Zentrum der Macht.
Als Metapher für die Wesenszüge dieser Männer, die für ihr Land lügen, dient der Federballsport, der seinen schrullig und eigenbrötlerisch wirkenden Spielern "List, Geduld, Tempo und eine unmögliche Aufholjagd" abverlangt. Nichts entgeht dem geübten Agentenblick für das verräterische Detail sowie dem Gespür für die menschlichen Unzulänglichkeiten und dem Ohr für vielsagende sprachliche Nuancen, das in der von le Carré selbst mit seinem berühmten mimischem Talent vorgetragenen Hörbuchfassung noch deutlicher zur Geltung kommt. In der Anklage gegen den Ausverkauf des europäischen Ideals halten sich der Zorn über die Unmoral der Regierenden und die altersmelancholisch gefärbte Betrachtung der Komödie des Lebens die Waage.
GINA THOMAS
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