Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Fast jeder wird diese Zeile vervollständigen können. Aber erst wenn Gert Westphal solche "Theaterstücke im Kleinen" rezitiert, entfalten Balladen ihre ganze Schönheit und Sprachkunst. Der "König der Vorleser" nutzt sein ausdrucksstarkes Stimmrepertoire für die Meisterstücke der deutschen Lyrik und bringt neben beliebten Klassikern auch unbekanntere Schätze zum Klingen.
Enthält:
Erlkönig, Der König in Thule, Der Zauberlehrling von Johann W. von Goethe,
Die Bürgschaft, Die Kraniche des Ibykus, Das Lied von der Glocke, Der Taucher von Friedrich Schiller,
Die Brück' am Tay, John Maynard, Herr von Ribbeck von Theodor Fontane,
Belsazar, Lorelei von Heinrich Heine,
Der Knabe im Moor von Annette von Droste-Hülshoff u. v. a.
(6 CDs, Laufzeit: 5h 19)
Fast jeder wird diese Zeile vervollständigen können. Aber erst wenn Gert Westphal solche "Theaterstücke im Kleinen" rezitiert, entfalten Balladen ihre ganze Schönheit und Sprachkunst. Der "König der Vorleser" nutzt sein ausdrucksstarkes Stimmrepertoire für die Meisterstücke der deutschen Lyrik und bringt neben beliebten Klassikern auch unbekanntere Schätze zum Klingen.
Enthält:
Erlkönig, Der König in Thule, Der Zauberlehrling von Johann W. von Goethe,
Die Bürgschaft, Die Kraniche des Ibykus, Das Lied von der Glocke, Der Taucher von Friedrich Schiller,
Die Brück' am Tay, John Maynard, Herr von Ribbeck von Theodor Fontane,
Belsazar, Lorelei von Heinrich Heine,
Der Knabe im Moor von Annette von Droste-Hülshoff u. v. a.
(6 CDs, Laufzeit: 5h 19)
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2018Theaterdonner
mit Schwalbe
Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe und in die Brandung, was Klippe, was Stein, jagt der die „Schwalbe“ mitten hinein. Ganz Griechenland ergreift der Schmerz: Hurra, die Toten reiten schnell. Dem Vater grausets, er schlachte der Opfer zweie und glaube an Liebe und Treue. – Das mag heute nach Auswendiglernen klingen und versunkenem Bildungsgut. Der hohe Ton, das Reimgeklingel und das Sinnspruchhafte sind nicht einmal verrufen, nein, nur abgetan.
Wer zuhört, merkt dennoch schnell: das Rezept – Action plus Reim plus Sinngebung – funktioniert noch. Gert Westphal, der einmal als „König der Vorleser“ galt, hat Dutzende Balladen eingesprochen, von Schiller, Goethe, Heine, Mörike, Fontane, Münchhausen, Liliencron. Die einen kennt man flüchtig, die anderen glaubt man, kennen zu müssen. Hier sind sie versammelt. Das werbende Versprechen, es seien die „schönsten deutschen Balladen“, trifft nicht ganz, da das zwanzigste Jahrhundert weitgehend fehlt. Gern hätte man auch Brecht oder Biermann im Umkreis ihrer Vorgänger gehört.
Gert Westphal ist dort am besten, wo er den Theaterdonner in der Stimme und die überlangen Pausen nicht scheut, wo er deklamiert, als sei dies das Natürlichste von der Welt. Manchmal zerhackt er die Verse in kleine Sequenzen, unterbricht den Rhythmus, sodass auch vertraute Texte ungewohnt, fremd klingen und man ungeduldig auf das Reimwort wartet. Immer genießt er die Effekte seiner Vortragskunst. Die Aufnahmen stammen überwiegend aus den frühen Neunzigerjahren, aber der Hörer empfindet einen größeren zeitlichen Abstand. Westphal liest die Balladen, als wären sie selbstverständlicher Teil der allgemeinen Bildung und bräuchten keine Rechtfertigung. Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand.
JBY
Gert Westphal: Die schönsten deutschen Balladen. Der Hörverlag, München 2018. 6 CDs, 5 h 19 min, 20 Euro.
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mit Schwalbe
Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe und in die Brandung, was Klippe, was Stein, jagt der die „Schwalbe“ mitten hinein. Ganz Griechenland ergreift der Schmerz: Hurra, die Toten reiten schnell. Dem Vater grausets, er schlachte der Opfer zweie und glaube an Liebe und Treue. – Das mag heute nach Auswendiglernen klingen und versunkenem Bildungsgut. Der hohe Ton, das Reimgeklingel und das Sinnspruchhafte sind nicht einmal verrufen, nein, nur abgetan.
Wer zuhört, merkt dennoch schnell: das Rezept – Action plus Reim plus Sinngebung – funktioniert noch. Gert Westphal, der einmal als „König der Vorleser“ galt, hat Dutzende Balladen eingesprochen, von Schiller, Goethe, Heine, Mörike, Fontane, Münchhausen, Liliencron. Die einen kennt man flüchtig, die anderen glaubt man, kennen zu müssen. Hier sind sie versammelt. Das werbende Versprechen, es seien die „schönsten deutschen Balladen“, trifft nicht ganz, da das zwanzigste Jahrhundert weitgehend fehlt. Gern hätte man auch Brecht oder Biermann im Umkreis ihrer Vorgänger gehört.
Gert Westphal ist dort am besten, wo er den Theaterdonner in der Stimme und die überlangen Pausen nicht scheut, wo er deklamiert, als sei dies das Natürlichste von der Welt. Manchmal zerhackt er die Verse in kleine Sequenzen, unterbricht den Rhythmus, sodass auch vertraute Texte ungewohnt, fremd klingen und man ungeduldig auf das Reimwort wartet. Immer genießt er die Effekte seiner Vortragskunst. Die Aufnahmen stammen überwiegend aus den frühen Neunzigerjahren, aber der Hörer empfindet einen größeren zeitlichen Abstand. Westphal liest die Balladen, als wären sie selbstverständlicher Teil der allgemeinen Bildung und bräuchten keine Rechtfertigung. Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand.
JBY
Gert Westphal: Die schönsten deutschen Balladen. Der Hörverlag, München 2018. 6 CDs, 5 h 19 min, 20 Euro.
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