Raphael Müller, Jahrgang 1999, hatte schon im Mutterleib einen Schlaganfall. Erst nach etwa 8 Monaten, bei der U5, wurde die Diagnose bekannt, auch die Schwere, die die Beeinträchtigung mit sich bringen würde.
Auch heute kann Raphael nicht sprechen und sitzt im Rollstuhl. Doch wer von seinen
körperlichen Gebrechen auf geistige Schwäche tippt, der liegt mehr als falsch.
Ich darf hier seine…mehrRaphael Müller, Jahrgang 1999, hatte schon im Mutterleib einen Schlaganfall. Erst nach etwa 8 Monaten, bei der U5, wurde die Diagnose bekannt, auch die Schwere, die die Beeinträchtigung mit sich bringen würde.
Auch heute kann Raphael nicht sprechen und sitzt im Rollstuhl. Doch wer von seinen körperlichen Gebrechen auf geistige Schwäche tippt, der liegt mehr als falsch.
Ich darf hier seine Mutter zitieren:
" Er besitzt die Weisheit eines 80jährigen, den Verstand eines Erwachsenen, die Emotionen eines Jugendlichen und den Körper eines Babys".
Lange konnte Raphael nicht mit seiner Außenwelt kommunizieren, anfangs verständigte er sich nur mittels Fingerzeichen, doch schon im Vorschulalter eignete er sich selbständig das Lesen, Schreiben und Rechnen an. Mithilfe einer Technik, die sich "Gestütztes Schreiben" nennt, kann er sich mit Hilfe seiner Mutter oder seiner Schulbegleitung verständigen. Dadurch kann er sich mitteilen, kann er seine Gedichte, seine Gedanken, seine Romane in Worte fassen.
U.a. sind auch bereits zwei Bände seiner Fantasygeschichte um die Zwergenzwillinge Asa und Gasa im Buchhandel erhältlich.
Raphael ist nicht nur körperbehindert, er ist auch Autist und Epileptiker, aber auch Autodiktat und Genie und hat dadurch eine ganz andere Sicht auf "unsere" Realität. Er beschreibt es in seinem Buch so, als würden wir Menschen alle in einem Haus leben, die meisten schauen durch ein Fenster nach vorne auf die Straße, während andere nach hinten hinaus in den Garten schauen.
Jeder hat eine andere Sicht, sieht eine andere Realität, dennoch ist die eine nicht schlechter als die andere, nur anders.
In seinem Buch "Ich fliege mit zerrissenen Flügeln", dass er bereits 2013 geschrieben hat, erzählt er von seinem Werdegang, seinen frühkindlichen Erinnerungen, seiner Schullaufbahn, seinen Auszeichnungen und Erfolgen, seinen Gedankenflügen, aber auch von seinen Schmerzen und seinen schlechten Tagen. Vor allem aber lässt er uns teilhaben an seinem festen Glauben, seinem Mut, seinem Wissen und vor allem an seinen berührenden Gedichten.
Er schreibt in einem Gedicht vom 29.05.2010
".......Wenn man dem Anderssein eine Chance gibt,
wenn man nicht einfach flieht,
wenn man einen Sinn in allem sieht,
und dankbar ist, trotz allem, was geschieht,
dann, ja dann ist es gut so, wie es ist......"
oder aus einem Gedicht vom 02.12.2007 betitelt mit "Der Zaun",
schreibt er am Ende:
".....Es sind die wahren Zäune wohl
in den Herzen und Köpfen der Menschen verborgen.
Morgen, so hoffe ich,
werde diese Zäune niedergerissen,
dann haben Gedanken freien Lauf,
und das Leben auch!"
Es ist ein Buch, das ganz anders ist, als ich anfangs dachte. Ein Buch, durch das ich nicht nur die Geschichte Raphaels kennen lernen durfte, sondern dass eindringlich nicht nur mir klar macht, dass man niemanden unterschätzen sollte, dass man nicht nur nach Schein und Sein beurteilen darf, dass man hinterfragen sollte und vor allem niemanden ausgrenzen darf. Weder Behinderte, noch Alte, noch sonst einen Menschen.
Daher fordert Raphael vehement und zu Recht mehr Inklusion statt Ausgrenzung.
Trotz aller Schmerzen und großen körperlichen Einschränkungen hat er den Blick fest nach vorne gerichtet, bleibt fest in seinem Glauben und denkt positiv. In unserer meist gesunden, ach so schnelllebigen Zeit, wo wir oftmals wie blind durch unseren Tag stolpern, ist seine Geschichte ein großer Ansporn für Veränderungen.